Teile diesen Beitrag "Vertrau dem Leben: Warum wir nicht immer einen Plan brauchen"
Text: Johanna Wagner
Wir haben heutzutage eine Unmenge an Möglichkeiten – unsere Biographie ist nicht mehr vorgeschrieben, wir dürfen unsere Geschichte selbst schreiben. Wir dürfen uns entscheiden, aber wir müssen uns auch entscheiden, und bei der Vielzahl an Möglichkeiten zweifeln wir manchmal (oder oft), ob wir eine gute Wahl getroffen haben.
Während der Ausbildung oder dem Studium sind wir jung und fühlen uns frei, wir haben Träume und sind auf dem Weg, aber eben noch nicht angekommen – erst hinterher bemerken viele von uns schnell, dass Berufsleben nicht dasselbe ist wie Berufung. Denn diese ruft von innen nach sich selbst, während wir feststellen, dass unser derzeitiges Leben so gar nicht das ist, was wir uns einst erträumten.
Im Alltag festgefahren
Wo sind der Sinn und die Erfüllung plötzlich hin? Die kindliche Lebendigkeit von damals, die das Leben spürt und schmeckt, liegt unter den Verpflichtungen und Aufgaben versteckt. Unser Potential sehnt sich nach Verwirklichung und die eigenen Ideen wollen leben, während wir für unsere Selbstbestimmung kämpfen.
Dort, wo wir gerade eingestiegen sind, wollen wir wieder raus. Nur wie? Mit Spielgeld können wir die Miete und die Versicherungen nicht bezahlen. Wir suchen nach Alternativen. Nach einem perfekten Plan. Während Jahre vergehen und der Alltag unverändert bleibt. Wir sind wie Gefangene in unserem eigenen Leben und das Skurrile ist: Wir halten uns selbst gefangen.
Den Sprung ins kalte Wasser wagen
Wenn sich das eigene Leben nicht mehr wie das eigene Leben anfühlt, fordert es eine Veränderung von uns.
Manchmal weiß man vielleicht nicht, was genau man möchte, aber ganz genau, was man nicht (mehr) möchte. Eines ist sicher: Immer, wenn wir eine Tür hinter uns schließen, befinden wir uns schon in einem neuen Raum. Dass nichts passiert, geht nicht. Es wird immer etwas passieren, immer wird sich etwas Neues auftun.
In dem Augenblick, indem wir uns selbst aus der unstimmigen Situation befreien, macht sich Erleichterung breit und wir fragen uns, warum wir uns so lange an der Unzufriedenheit fest- und uns dort aufgehalten haben. Sicher werden Zweifel und Rückschläge auftauchen (ich kenne sie nur allzu gut), aber nur wenn wir unsere Komfortzone verlassen, können wir uns selbst begegnen und unser Potential und unseren Traum leben.
Die Kündigung, der Orts- oder Berufswechsel, der Versuch einer Selbstständigkeit sind wie der Sprung ins kalte Wasser: Man scheut sich, zögert, springt, schreit und wenn man auftaucht, fühlt man sich lebendiger denn je und fragt sich, warum man sich so schwer getan hat.
„Wie man Sorgen, Stress und Selbstzweifel loslässt“
Was ist schon sicher?
Ein Leben in der Komfortzone ist bequem und vermeintlich sicher. Wer möchte nicht abgesichert sein, wenn er schwer krank wird oder von einem Unfall aus der Mitte des Lebens gerissen wird und noch einmal ganz von vorne anfangen muss. Viel langsamer. Und mit Einschränkungen.
Doch selbst wenn dieser Fall eintritt, werde ich mir eines wünschen: Dass ich mein Potential und die Möglichkeiten, die ich zuvor hatte, nach meinen eigenen Vorstellungen genutzt, gelebt und geliebt habe.
Selbstverwirklichung gelingt auch ohne Plan
Ohne den perfekten Plan zu sein bedeutet: Vertrauen lernen. Sich und dem Leben. Wenn uns die derzeitige Situation von innen auffrisst und kaum etwas von uns übrig lässt, kann das Nächste nur besser werden.
Es wird sich immer ein neuer Weg auftun.
Es ist das Bedürfnis nach Sicherheit, das sich an das gewohnte Seil klammert, selbst wenn uns dieses die Luft zum Atmen nimmt. Doch sobald wir nicht mehr die Sicherheit, sondern unser Glück und unsere Gesundheit zur Priorität machen und darauf hören, was uns wirklich guttut, wird unser Leben ganz von selbst seinen Weg finden. Ob wir es wollen oder nicht. Aber wenn wir es wollen und zulassen, ist es viel leichter.
Wir haben das große Glück, in einer Zeit zu leben, in der es vielen von uns so gutgeht, dass wir uns die Frage nach dem eigenen Lebenssinn stellen dürfen – ein Privileg, das wir nicht an die Sicherheit verkaufen sollten.
Selbstverwirklichung gelingt auch ohne Plan. Es ist vielmehr so, dass wir den Plan dafür allein in uns selbst finden, wenn wir uns Raum und Zeit zum Eintauchen nehmen. Manchmal können wir erst außerhalb der selbsterrichteten Gefängnismauern wieder klar und frei denken.
Leben ist der Gegensatz zum Plan
Denn Leben ist der Gegensatz von Plan: Leben ist Sein. In jedem Moment neu.
Im Prinzip wissen wir doch trotz aller trügerischen Pläne nie, was der nächste Tag oder die nächste Stunde bringt. Das Leben selbst birgt das größte Risiko. Unser Dasein ist begrenzt, und wir sollten versuchen, es mit dem zu füllen, was wir uns für uns wünschen. Denn nur wir sind für das, was wir tun – oder eben nicht tun – verantwortlich.
Für eine Veränderung brauchen wir nicht immer einen Plan. Manchmal müssen wir einfach ins kalte Wasser springen, um wieder erfrischt und lebendig zu sein und in die Freiheit zu schwimmen.
Mehr unter 7 seltsame Fragen, mit denen Du Deine Berufung finden kannst und unter Wie man Angst in Stärke verwandeln kann.
Photo: Walk away / Shutterstock
Absolut Richtig. Persönlichkeit wächst durch die Hingabe zum Unbekannten. Ständiges Planen reduziert meist den Zauber den uns das Leben schenkt.
Wow … danke für diesen Beitrag!
LG
Kerstin
Das finde ich, ist wieder ein sehr schöner Abholer und ehrt die Marke MyMonk, Johanna. Eine Antwort auf die Frage, wo es weiter geht, wenn die Entwicklung der Persönlichkeit stockt. Nach allem, was wir gegeben haben. Vielleicht haben wir viel erreicht was wir wollten und uns von vielem befreit, das und beengt hatte. Haben uns emotional entwickelt und unsere Erkenntnisfähigkeit gepflegt. Und nun dies. Was ist der Sinn des Ganzen? Wir kennen nun besser das für uns Wahre, das Schöne und das Moralische. Eines ist dann vielleicht zurückgeblieben. Das höchste Anliegen des Menschen. Die genannte Frage führt uns dann unweigerlich in tiefere Sehnsüchte und dann auch in tiefere Erfahrungen.
Vertrauen Wagen. Das wird wohl tatsächlich eingeleitet mit einer Entscheidung, die einem Sprung gleich kommen kann. Ein Loslassen. Die initiale mentale Weichenstellung, die den Prozess ermöglicht. Bisherigem die Bedeutung wegziehen, was wir hochgehalten haben. Unsere Erkenntnisse. Unsere Wahrheit. Unsere Moral. Dann bekommt das Tiefere mehr Bedeutung. Und auf einmal könnten wir mehr davon erkennen, wissen und für gut finden, was bisher ausserhalb unserer Bewusstheit war.
Wir hatten uns selbst begrenzt und eingesperrt! Und aus der Tiefe erscheint nun zunehmend einfache Neugierde und Vertrauen. Und Impulse zum stimmigeren Tun. Ich hatte doch kürzlich diese wichtige Frage, was war das doch gleich …..?
LG Richard
@Jannik Ich finde, das hast du wunderbar ausgedrückt! Deine Worte fassen für mich auch die Essenz des Textes zusammen.
Alles gut und richtig… ABER: der Punkt mit der Selbstständigkeit und Selbstverwirklichung ist nur denen vorbehalten, die das nötige Kapital für die Umsetzung ihrer Lebensträume bereits besitzen (mehrere Zehntausend Euro mindestens) oder einen unterstützenden Gönner haben. Das vergessen die meisten, wenn es um dieses Thema geht.
Das ist ja alles schoen und gut und entspricht auch der Wahrheit. Was aber, wenn man schon jahrelang dem Herzen gefolgt ist und ausserhalb der Komfortzone gelebt hat, mit sich selbst im Reinen und da, wo man hingehoert….doch einem das Leben dann einen Haken schlaegt und man sich wieder in der allzu verhassten, zu Tode langweiligen Komfortzone wiederfindet, die alles andere als komfortabel ist? Dann zu allem Uebel, oder auch zum Guten, die Liebe des Lebens kennengelernt, geheiratet und nun hilflos in der sog.Komfortzone festsitzt, aus der man um des eigenen Seelenfrieden willen wieder entfliehen sollte, die Liebe einen aber fesselt?….Doch nicht so einfach, wie es manchmal klingt, oder? Also ich kaempfe taeglich gegen aufkommende Depression und mein alter ego, das mit einem weinenden Auge auf die grosse, bunte Welt schaut, die doch vorher zu Fuessen lag….LG, Christina
Hm, kommt mir alles sehr bekannt vor. Hatte den Traum und hab ihn möglich gemacht, aber hey, das war ein Kraftaufwand…gegen alle Widerstände…. der mir aber damals gut gelungen ist, denn ich hatte etwas, wofür ich gebrannt habe, was ich unbedingt wollte. Sind die Gedanken auf ein Ziel gerichtet, kommt einem vieles entgegen. Hab leider den Fehler gemacht, mir selbst nicht treu zu bleiben, mein Partner… genau die Person, mit der ich seit 15 Jahren zusammen war und Freud und Leid geteilt habe, genau er, dem ich vertraut habe, hat alles sabotiert. Ich musste lang drüber nachdenken, es ist jetzt 2 Jahre her…und immer noch weiß ich es nicht genau. Glaube, er war nicht aufrichtig… erst war alles ok, dann begann er, die Dinge schlecht zu reden… heute weiß ich, es war schlecht nur aus seiner Sicht. Hab mich so beeinflussen lassen, dass ich schließlich überzeugt war, dass er recht hat. Hab aufgegeben.Dann seine Motivation erkannt. Er wollte nichts von dem, was ich wollte, er wollte sein Ding machen, das durchdrücken… er hat manipuliert und ich Depp hab das nicht gemerkt.
Letztendlich hab ich ihn eines Morgens einfach rausgeworfen, aus meinem Leben, das kam plötzlich und von mir nicht geplant….ich hab vielleicht gespürt, was los war, konnte ihn auf einmal nicht mehr ertragen…, er hat einfach einmal mehr übertrieben. So. Und jetzt hab ich keinen Plan mehr…seitdem beschäftige ich mich in Gedanken mit dem, was schiefgelaufen ist und warum ich mich so habe beeinflussen lassen. Klar, bitte nicht sagen, wird schon wieder usw. Nee, wird erst mal nicht wieder. Wie geht man mit einem Fehler, einer Partnerwahl um? Bin seit fast 2 Jahren ratlos. Es kommt nichts nach…kein Traum, keine Vorstellung, wie das Leben sein soll. So eine Situation hatte ich bisher noch nie…und ich bin auch schon 50+