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Wir schuften und hetzen, von früh bis spät. Wenn nicht im Job, dann im Fitnessstudio. Wenn nicht im Fitnessstudio, dann zuhause oder in irgendwelchen Abendschulen, Vereinen, Netzwerken.

„Freizeit“ ist längst eine Farce. Denn auch dort soll alles „optimiert“ werden, alles reingesteckt, alles rausgeholt.

Immer in Bewegung. Nie haben wir genug getan. Nie kommen wir zu Ruhe.

So weit ist es schon, dass jegliches Nichtstun verpönt ist. Dass wir dabei sofort an „Assis“ denken. Die sich den ganzen Tag lang mit Reality-Soaps selbst verblöden. Flecken auf dem seit Tagen getragenen Unterhemd, Chips in der Hand, Leben am Arsch.

Sogar ich, der das Glück hat, so gut wie ohne Termine leben zu können, bin davor nicht gefeit, überhaupt nicht.

Oscar Wilde brachte schon 1890 in seinem Essay „The Critic as Artist“ wunderbar auf den Punkt, warum wir unentwegt so hetzen:

Handeln … die Zuflucht jener, die sonst keine Aufgabe haben. Es beruht auf Fantasiemangel. Es ist der letzte Ausweg derer, die nicht zu träumen verstehen. Alles Tun ist begrenzt und relativ. Unbegrenzt und absolut ist die Schau dessen, der ruht und beobachtet, der im Alleinsein wandelt und träumt.

Doch diese schreckliche Tyrannei vom Ideal des ständigen Handels beherrscht die Menschen so sehr, dass sie immerzu mit lauter Stimme fragen: „Was treibst Du?“, während doch die Frage: „Was denkst Du“ die einzige ist, die ein zivilisiertes Wesen je einem andern zuflüstern dürfte.

Kontemplation – das Vertiefen, Nachdenken, Träumen – gilt in den Augen der Gesellschaft als schwerste Stünde, in den Augen der Höchstkultivierten ist sie jedoch die einzige menschenwürdige Beschäftigung.

Gar nichts zu tun, das ist die allerschwierigste Beschäftigung auf dieser Welt, die schwierigste und intellektuellste. Um nichts zu tun, dafür lebt der Auserwählte.

Das kontemplative Leben, jenes Leben, das sich nicht das Handeln, sondern das Sein, und nicht nur das Sein, sondern das Werden zum Ziel gesetzt hat – das ist es, was der kritische Geist uns Geben kann. Die Götter leben so …

Viele Menschen haben das Träumen, das Fantasieren, das Nachdenken verlernt. Die Ruhe, das Alleinsein, die Muße. Umso fremder ihnen diese Dinge werden, desto feindseliger sind sie ihnen gegenüber. Und desto mehr verlangen sie von anderen, dass sie genauso schuften und hetzen wie sie selbst (zu Zeiten Nazi-Deutschlands wurden „Arbeitsverweigerer“ übrigens sogar zuhause abgeholt und ins KZ gebracht). Es ist schwer, da nicht mitzumachen.

Ein übler Kreislauf, bei dem alle verlieren. Mit Ausnahme der Wirtschaft natürlich. Schließlich stellen wir so keine Fragen; stattdessen opfern wir unser ganzes, kostbares Leben dem gedanken- und pausenlosem Treiben und Leisten, Geldverdienen und Geldausgeben.

 

Siehe auch Dieses Zitat bringt auf den Punkt, warum unsere Gesellschaft so kaputt ist und Ein bedeutsames Leben braucht keine Karriere.

 

Photo: Diego Torres Silvestre