Teile diesen Beitrag "Sein Leben mehr lieben in 3 Minuten (ein „Trick“ aus der Wissenschaft)"
„Ich will glücklicher sein“, denke ich, und dann denke ich an die Dinge, die mir dazu fehlen. An drei Jahre am Strand oder drei Millionen auf dem Konto oder dreimal mehr Leser hier auf myMONK. An makellose Gesundheit, an einen Ehrendoktortitel (ich würde irgendwann gern in Wartezimmern als „Dr. Tim, bitte“ aufgerufen werden). Daran, dass ich einen Raum betrete und sich alle umdrehen und jubeln, einfach so, weil ich sie mich so toll finden.
Ich frage also: „Was fehlt?“ und nehme in Gedanken einen Stift in die Hand und füge dem Bild, das mein Leben ist, etwas hinzu.
Das tun die meisten von uns. Und das ist auch, was uns viele Experten raten: Such Dir einen neuen Job oder Partner, kauf Dir einen Hamster.
Minus-Rechnen im Kopf
Wissenschaftler haben nun einen anderen Weg zum Glück gefunden. Einen, bei dem wir nicht ständig den faden Geschmack von Mangel im Mund haben, weil das Leben wie es jetzt ist, weniger bietet als die Fantasie.
Dieser andere Weg lautet: nichts hinzufügen, sondern etwas wegnehmen. „Mentale Subtraktion“ nennen sie‘s, Minus-Rechnen im Kopf.
Dazu fragen wir nicht: „Was fehlt?“
Sondern: „Was wäre, wenn etwas Positives, das wir schon in unserem Leben haben, auf einmal fehlen würde?“
Statt einen Stift nehmen wir also einen Radiergummi in die Hand und stellen uns das Leben ohne diesen positiven Faktor vor.
Besser als gewöhnliche Dankbarkeit
In Studien kam heraus, dass Menschen, die diesen Weg praktizierten:
- Glücklicher sind als die, die‘s nicht tun
- Ihre Beziehungen mehr genießen, indem sie sich ihr Leben ohne ihren Partner vorstellten (funktioniert nur bei intakten Beziehungen)
- Achtsamer waren, den Alltag bewusster erleben, die vielen kleinen und großen Erlebnisse, die uns jeder Tag schenkt (Sonne auf der Haut, Blätter, die im Wind rascheln, Vögel, die singen, das Lächeln der Kollegin, die gelungene Arbeit)
- Mehr Glück und Dankbarkeit verspüren als jene, die sich nur direkt auf das Positive konzentrierten, sich also fragten: „Wofür bin ich dankbar?“ oder „Was in meinem Leben ist gut?“
Die mentale Subtraktion geht tiefer als jede herkömmliche Dankbarkeit. Weil sie sich von hinten anschleicht, uns erschrickt, am scheinbar Selbstverständlichen rüttelt und es damit wieder präsent und kostbar macht.
Die Technik
Dazu gibt es eine kleine Übung. Sie wirkt am besten, wenn Du die Antworten aufschreibst (geht aber auch so):
- Wähle etwas Gutes aus Deinem Leben, etwas, das Dir am Herzen liegt. Ein Freund vielleicht oder Dein Partner und wie er Dich unterstützt, Dein Kind, Hund, Haus, Boot, Bunker, Klunker, Beruf, Deine Gesundheit, Deine Spaziergänge, die Zeit mit Deinem Hobby.
- Stell Dir Dein Leben ohne diese gute Sache vor. So klar und genau wie möglich. Du in diesem Bild (oder Film) ohne sie oder ihn oder es. Wie würde sich Dein Leben unterscheiden, wie anders wären Deine Tage, Wochen oder Wochenenden, Monate und Jahre ohne sie/ihn/es? Wie fühlst Du Dich bei dem Gedanken?
- Atme tief und langsam ein und aus, komm‘ zurück ins Jetzt. Wie fühlt sich diese gute Sache in Deinem Leben nun an, nach dieser kleinen Übung?
Wir brauchen nichts Neues, nicht mehr von irgendetwas, um glücklicher zu sein. Und das ist doch eine wunderbare Nachricht.
Es insgesamt lockerer anzugehen, ist ebenfalls immer eine gute Sache – siehe 5 Mantras, um die Dinge nicht mehr so persönlich zu nehmen. Mehr zur Dankbarkeit findest Du hier: Du hast nur 5 Minuten am Tag Zeit, um Dein Leben zu verändern? Forscher empfehlen DAS.
Photo: Sjoerd Lammers
Sehr geehrter Dr. Tim,
eine super Methode, bei dem Satz (…) Ihre Beziehungen mehr genießen, indem sie sich ihr Leben ohne ihren Partner vorstellten (funktioniert nur bei intakten Beziehungen) wurde ich in der ersten Sekunde allerdings starr, weil ich selbst noch dachte, oh mein Gott, was wenn man dann plötzlich noch schlechter drauf ist, weil man merkt, wie viel schöner es ohne den Partner wäre? 😀 😀 😀 Also alles immer mit Risiken und Nebenwirkungen betrachten.
All zu oft merken wir ja erst, was wir doch Gutes hatten, wenn wir es plötzlich nicht mehr haben, dies dann ganz bewusst im Kopf immer wieder sich vorzustellen, ist eine echt klasse Idee. Das muss ich gleich direkt mal ausprobieren,
danke 😀
Nice, das ist das erste Mal, dass ich auf diese Weise angesprochen werde, Dankeschön Prof. Ildiko! 🙂
Wenn das beim Thema Beziehung rauskommt ist es ja auch ein echter (schmerzhafter) Gewinn, für den man wiederum dankbar sein könnte.
Eine schöne Osterzeit Dir und hoffentlich bis bald,
Tim
Das ist ein guter Trick, der Fokus verlagert sich dadurch auf das was bereits da ist und man beginnt dies zu schätzen. Wenn man auf das Fehlende sieht, wird man immer etwas finden und dann ist man nie glücklich, ganz egal wie gut es einem objektiv auch gehen mag.
Dr. Tim. Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Approbation 👍
Dem Thema Ihrer Doktorarbeit, kann ich nur zustimmen.
Dies in der Praxis zu leben, ist sehr entspannend und beglückend.
Wie gern vergisst man doch die Geschenke, die uns bereits umgeben, in der Sucht nach mehr…………..
Muchas Gracias, Vio! Und wenn’s vom Clowns-Collage ist, hauptsache ein (echter, nicht gekaufter) Doktortitel. Und hauptsache ich muss dafür nicht viel machen.
Ich kann aber auch sagen: schon ohne Doktortitel kann ich für sehr vieles in meinem Leben dankbar sein.
Schöne Oster, Vio
es liest sich wie eine sehr gute Anleitung, den Wunsch nach immer mehr und immer Neuem aufzugeben.
Dankbarkeit ist eine sehr wertvolle Eigenschaft.
Wie kann man dies denn mit der Bereitschaft, auch loszulassen, wenn man diese Dinge irgendwann mal aufgeben muss, verbinden ? Die Vergänglichkeit aller Dinge lässt ja nur bedingt aus sich warten…
Überwiegt dann im besten Fall die Dankbarkeit, dass man diese gute Erfahrung machen konnte ?
Hi Sabine,
ich denke, dass Loslassen so mit die schwerste Lektion des Lebens ist. Die Verbindung könnte zum einen das sein, was Du schreibst – Dankbarkeit dafür, dass man es mal haben und erleben durfte. Außerdem können wir die Dankbarkeit dann auch auf etwas anderes richten, etwas, das noch geblieben ist, und den Verlust somit vielleicht ein bisschen leichter ertragen.
Ansonsten kommen wir um den Schmerz nicht herum, fürchte ich, und jeder Versuch, ihn „wegzumachen“, geht nach hinten los (https://mymonk.de/trauer-phasen/)
Liebe Grüße, Tim
Das funktioniert und macht einen gleich viel Dankbarer, für das, was man im Leben hat! Und Dankbarkeit für das was ist, ist sehr wichtig. Schöner Beitrag !
[…] Anschließend atmen wir tief durch, öffnen die Augen und freuen uns, dass es doch da ist. Mentale Subtraktion nennt der Psychologe […]
Wunderbar. Kopfrechnen können. Und wir freuen uns, es nachzumachen! Sich direkt sich den Wert von etwas (positiv oder negativ) bewusst machen zu sollen, gefällt uns doch weniger.
Eine wunderbare, einfache und klare Herangehensweise!
Ist wirklich hilfreich!
Danke hierfür!
[…] kann dich wachrütteln, damit du wieder schätzen kannst, was du hast. Der Prozess nennt sich mentale Subtraktion, dabei stellst du dir bestimmte positive Erlebnisse vor und überlegst, wie es wäre, wenn die […]