Teile diesen Beitrag "Es gibt 3 Arten des Glücks. Läufst Du dem falschen hinterher?"
Wir sprechen von „Glück“ und meinen verschiedene Dinge. Wir suchen das Glück und jagen dem falschen hinterher. Und zwar so lange, wie wir den heute so oft propagierten Sei-glücklich-Müll schlucken, der uns alles verspricht und an dem wir am Ende ersticken.
Von den drei Arten des Glücks habe ich in den Büchern des Philosophen Wilhelm Schmid gelesen.
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#1 Das Zufallsglück
Die erste Art des Glücks ist das Zufallsglück (englisch „luck“). Wie in „Viel Glück!“ oder in „Glück gehabt“. Also ein günstiger Verlauf von etwas, das wir nicht beeinflussen können. Gute Karten auf der Hand, wenn wir spielen, das blinde Huhn, das auch mal ein Korn findet.. Der irre Geisterfahrer, der uns knapp verfehlt, wenn wir nachts auf der Autobahn unterwegs sind. Der dicke Dachziegel, der herunterfällt und den Typen neben uns trifft, der dicke Dackel, der den Nachbarn ins Bein beißt, uns nicht uns. Der Partner, den wir zufällig kennen lernen, weil der dicke Dackel doch uns gebissen hat und wir ihm Krankenhaus vom hübschen Personal versorgt werden, das wir drei Jahre später heiraten und sechzig Jahre später in tiefer Trauer begraben, kurz bevor wir selbst sterben.
Ob diese Form von Glück echter Zufall oder von Gott oder dem Universum beabsichtigt ist, ist erst mal egal: wir können es nicht beeinflussen. Im besten Fall können wir uns öffnen für die positiven Zufälle, wie der Mann auf Partnersuche, der sich nicht darauf verlässt, dass seine Traumfrau am Samstagabend zufällig in seine Wohnung stürmt, während er wie jeden Abend vorm Fernseher kauert und ein soziales Leben wie der Psycho aus dem Film Psycho führt, mit seiner seit 10 Jahren toten Mutter im Sessel gegenüber. Oder wie der Mensch aus dem Zitat, der zumindest mal in seiner Nase bohren muss.
So wirklich hinterherjagen können wir dieser von außen bestimmten Art des Glücks trotzdem nicht. Auch mit dem Glücklichsein, Glücklichfühlen hat es wenig zu tun … erinnern wir uns nur an die Studien, die belegen, dass sowohl durch einen Unfall an den Rollstuhl gefesselte Menschen als auch Lottogewinner ein Jahr nach dem folgenschweren Zufall sich als genauso glücklich wie zuvor beschrieben. Nicht mehr, auch nicht weniger. Das Zufallsglück ist also nicht unser Problem.
Wenden wir uns also dem wichtigeren inneren Glück und der Arbeit an sich selbst zu und schauen uns zunächst die Art des Glücks an, die so vielen von uns das Leben so richtig schwer macht.
#2 Das Wohlfühlglück
Die zweite Art des Glücks wird unser größtes Unglück, wenn wir ihm hinterherjagen. Und hinterherjagen, das tun die meisten von uns. Mich oft eingeschlossen – ist ein längerer Prozess, mich von dieser Glücks-Propaganda loszulösen. Überall schreit und blinkt sie, diese Propaganda, in der Werbung, im Bücherregal, in Gesprächen, auch im eigenen Kopf. „Sei glücklich!“, „Werde glücklich!“. „Jetzt reiß Dich zusammen und werde halt endlich glücklich, verdammte Scheiße!“.
Wohlfühlglück (englisch „happiness“) dominiert unsere heutige Vorstellung von Glück. Es umfasst nur die Gefühle, die wir als „positiv“ bewerten, den Spaß, die Freude, den Rausch, die Gefühle, die mit einer Ausschüttung von Glückshormonen im Körper einhergehen. Auf der angestrengten Suche nach Wohlfühlglück wollen wir Lust maximieren und Schmerz minimieren.
Dem Wohlfühlglück hinterherzujagen bringt mehrere Probleme mit sich.
Erstens vertreiben wir es oft, wenn wir es herbeizwingen wollen, wie in der folgenden Geschichte von Anthony de Mello:
„Das Glück ist wie ein Schmetterling.“ sagte der Meister. „Jag ihm nach, und er entwischt dir. Setze dich still hin, und er setzt sich auf deine Schulter.“
„Was soll ich tun, um das Glück zu erlangen?“
„Hör auf, hinter ihm her zu sein!“
„Aber gibt es nichts, was ich tun kann?“
„Du könntest versuchen, dich ruhig hinzusetzen, wenn du es wagst!“
Zweitens besteht das Wohlfühlglück nur aus Momenten. Es ist kein Dauerzustand. Der Schmetterling wird schon bald wieder weiterfliegen, der Sex, der Rausch, das tiefe Gespräch vorbei sein. Auch wenn die Promis im Fernsehen und so ziemlich alle Leute auf Facebook und Co. so tun, als wäre ihr Leben ein einziges Juhuuuuuu.
Drittens nutzt sich der Moment mit dem Schmetterling ab. Selbst wenn wir es schaffen, ihn mit irgendetwas anzulocken, oder ihn in einem Käfig einzusperren … so wird sich die Situation immer mehr abnutzen, der Körper bei jedem Schmetterlingsbesuch weniger Glückshormone ausschütten, das Wohlfühlglück austrocknen. Klar erkennen wir im Laufe unseres Lebens immer mehr, was uns solche Glücksmomente einbringt – Sex, Sauna, Saufen, Schlemmen, Shopping, … – ununterbrochen am Band produzieren lassen sie sich trotzdem genauso wenig wie die kostbaren Ming-Vasen. Die Lust muss sich erholen, schreibt Wilhelm Schmid.
Viertens und schlimmstens verneinen wir auf der Jagd nach Wohlfühlglück alles andere. Wir wollen die vermeintlich „negativen“ Gefühle ausrotten. Ein Tag ohne Wohlfühlglück ist ein Tag für die Tonne, denken wir. Halten es für unser Recht, ständig wohlfühl-glücklich zu sein. Und spätestens dann, wenn sich der Schmetterling einige Tage am Stück nicht blicken lässt, werfen wir eine Pille ein. Für uns ist die Abwesenheit jubelguter Gefühle eine Krankheit, die mit eisener Härte ausgemerrrzzzzt werden muss. Wer nicht dauergrinst, wird zum Feind, der einen herunter zieht und dem ENDSIEG gegen die unwürdigen Gefühle im Weg steht. Eine Art Glücksfaschismus.
Wenn wir Glück mit Wohlgefühl gleichsetzen, den sanften oder brachialen Rausch zur Messlatte machen, können wir doch nur scheitern.
Das Wohlfühlglück hat seine Berechtigung, klar. Es gibt so viele schöne Dinge und Momente, die ich gern genieße: Kaffee am Morgen, spazieren gehen in der Mittagspause, Musik hören und schreiben und quatschen und bowlen gehen, ab und zu, oder Bowle trinken. Aber: es macht wenig Sinn … und uns unglücklich … wenn wir alles andere im Leben verdrängen wollen, Langeweile, Flauten, Krisen, Abgründe, Schatten, Traurigkeit und Kummer. Die Zeit ohne Glücksgefühl ist nicht nur die Zeit zwischen zwei Glücksgefühlen, die es möglichst schnell zu beenden gilt. Auch sie ist berechtigt. Sie leitet uns an, gibt uns Orientierung, zeigt uns, wo wir stehen. Viel mehr noch: auch sie kann zum Glück dazugehören, und zwar zur dritten Art des Glücks, zum Glück der Fülle.
#3 Das Glück der Fülle
Das Glück der Fülle umfasst alles, was uns das Leben bietet, das „Positive“ wie das „Negative“. Auch wenn wir das Negative, Öde wie Schmerz, nicht gerade von uns aus suchen, so gehört es doch dazu, immer. Ob wir es akzeptieren oder nicht – es gibt keinen Ausweg, es gibt immer auch Negatives. Eingewachsene Nägel, Falten, Krebs, Beleidigungen, Ideendiebstahl, Giftgasanschläge, Motten im Kleiderschrank, Pisse im Schwimmbecken, Horror im Kopf. Der Schmetterling, der gerade noch auf unserer Schulter saß, fliegt weiter und wird von einer Eule gefressen, verdaut und ausgekackt (was für die Eule wiederum positiv ist).
Warum also nicht unser Glück als diese Fülle definieren?
Glück als Fülle zu betrachten, hat viele Vorteile:
- Wir müssen (fast) gar nichts dafür tun, nur achtsam sein und annehmen, was im Innen und Außen geschieht
- Es ist von Dauer
- So wie erst Dunkelheit das Licht kostbar macht, und Hunger das Mahl, und Gewöhnliches das Ungewöhnliche … so werden auch Momente der Lust erst kostbar, wenn wir Unlust und Schmerz zulassen
- Anders als bei der Jagd nach ständigem Wohlfühlglück verblöden wir nicht und verrennen wir uns nicht … nein, wir nehmen die Schmerzen an, lauschen, was sie uns sagen wollen, nehmen sie zum Anlass, nachzudenken und uns eventuell neu zu entscheiden
Wer das Glück der Fülle auskosten will, kann sich fragen:
Finde ich das Leben grundsätzlich lebenswert?
Sage ich JA zum Leben, mit allem, was dazu gehört?
Wer das für sich bejaht, braucht dem Wohlfühlglück nicht weiter hinterherzujagen. Er kann das Leben willkommen heißen und spüren – ob gerade ein Schmetterling auf der Schulter sitzt oder nicht, ob das Zufallsglück ihm gerade wohlgesonnen ist oder nicht, ob es gerade schwerer oder leichter ist, die Herausforderungen zu bewältigen. Er weiß in guten Zeiten, dass schlechtere bevorstehen und in schlechteren, dass die guten wieder folgen werden.
Im Fluss sein, mal aktiv und mal passiv, mal laut und mal leise und oft komplett unspektakulär … ohne dabei ständig vor lauter Lust und Ekstase tanzen zu wollen, das ist das Glück der Fülle.
Diese Art des Glücks hoch halten, das macht uns vom Lustmolch zum ganzen Menschen.
P.S.: Siehe auch „Dein Unglücklich-Sein kotzt mich an!“
Photo: Andrea Willa
Hey Tim,
für mich gibt es Glück nicht. Es ist nur das suchen oder finden einer Begrifflichkeit, für einen Zustand der sowieso schon in uns ist. Wie Liebe auch, ist Glück einfach da. So lange wir uns über Glück und Liebe die Birne zerreißen und uns Konzepte erstellen, trennen wir uns von Energien die sowieso in uns sind.
Lieben Gruß
Matthias
Hey Matthias,
Konzepte ganz loszulassen fällt vermutlich vielen von uns schwer, da ist es doch schon ein großer Fortschritt, wenn man allzu falsche und unglücklich machende Konzepte erweitert oder gegen neue eintauscht.
Aber klar, die wirklich wichtigen Dinge kann man kaum volltreffend in Worte fassen.
LG
Tim
„du solltest die brille erst wechseln, bevor du sie weglässt“ (Absz)
Klasse Text, Danke 😉
Dankeschön, Unbekannte(r)!
Hi Tim, ein sehr schöner und wahrer Text! Das Leben ist wie es ist, polar für unsere Wahrnehmung und voller Kontraste. Und genau DAS macht Leben erst vital, voll, prall und intensiv! Ich erlebe immer wieder, das gerade die unangenehmen Situationen, die ich am liebsten gar nicht haben möchte, meine grössten Entwicklungsgehilfen sein können. Ich lerne daraus und kann mich stärker weiterentwickeln als wenn alles immer toll und easy läuft (toll und easy ist trotzdem klasse!) ;-). Glück findet sich in unermeßlich vielen auch – oder vor allem – kleinen Augenblicken, immer und überall. Ich sehe und spüre es, wenn ich mit offenen Augen, offenen Sinnen und offenem Herzen bin.
Liebe Grüsse von Sam
Hi Sam,
mir geht’s ähnlich, auch für mich waren die härteren Zeiten letztlich die, die mir das meiste gebracht haben. Und trotzdem: wenn man gerade in einer harten Zeit steckt, kann man sich daran kaum noch erinnern! 🙂
Auf die kleinen Augenblicke – Dir wünsch ich einen Haufen davon!
LG
Tim
Hi Tim
Auch von mir: danke 🙂 für den klasse Text mit sehr ansprechenden Wortbildern für diesen schimmernden Schmetterling, den ich seit einiger Zeit auch genauer zu „begreifen“ versuche. Wenn es mir gelingt, das was ist als „Lebensmolch“ einfach wahrzunehmen, zu sehen, zu spüren, mich dabei selbst zu spüren, stellt sich mit der Zeit ein Gefühl ein, als bade ich in Honig. Ich glaube – und darum bin ich auch der Meinung, dass es eben gerade wichtig ist, sich auch begrifflich mit solchen Themen auseinanderzusetzen, auch wenn wir die „Energien“ dahinter kaum exakt fassen können – dass dieses Fülleglück gewissermassen das persönlichste ist und Selbsterkenntnis uns dahin bringen kann, dass wir keine „Rezepte“ übernehmen können, keine „fremden Füllen“, sondern jeder selber lernt, wie er oder sie am besten achtsam sein kann, wie er oder sie die Augen offen behalten kann, woran er oder sie Freude hat, wie er oder sie sich Freude am besten erlaubt etc.
Liebe Grüsse, Bernadette
Hi Bernadette – Danke Dir für Deine Zeilen, denen ich nichts hinzuzufügen habe! 🙂 LG Tim
Wow. Ich habe schon einige selbsternannte Lebensberater kennen gelernt, angefangen von Eltern über Lehrer bis hin zu professionellen Motivationstrainern. Und das meiste, was sie alle bisher gesagt haben, fand ich auch wichtig und gut.
Aber bis jetzt hat mir noch keiner irgendwas sagen können, was nicht entweder meiner Sichtweise widersprach oder ich mir nicht schon selbst gedacht habe. Das hast du jetzt gerade geschafft (okay, ehrlich gesagt, so etwas ist mir auch shcon durch den Kopf gegangen, aber noch nie so konkret)
Ich bin glücklich. Optimismus ist meine Lebensgrundlage.
Aber manchmal, und in letzter Zeit etwas häufiger, habe ich das Gefühl, dass das auch nciht so das Gelbe vom Ei ist. Dass ich zwar so gut wie nie wirklich unglücklich bin, aber dass sich die Momente, in denen ich glücklich bin, weniger intensiv anfühlen.
Ich habe darüber nachgedacht und festgestellt, dass es tatsächlich ein Fehler ist, Unglück immer relativieren zu müssen. Wenn mir etwas Schlechtes passiert, denke ich immer „Aber zumindest ist es nicht noch schlimmer.“ Letztendlich erlaube ich mir nicht, unglücklich zu sein. Ich habe ein schlechtes Gewissen. Denen gegenüber, denen es schlechter geht, und mir selbst gegenüber, weil das Leben dafür eigentlich zu kurz ist.
Das ist schließlich auch das, was einem ständig von der Öffentlichkeit präsentiert wird: Sei gefälligst glücklich! Ich finde deien Begriff „Glücks-Propaganda“ dazu sehr treffend.
Als ich das heraushatte, habe ich mir gedacht, dass das so nicht richtig sein kann. Und dann habe ich, wenn ich schlecht drauf war, gedacht: „Jetzt darf ich auch einfach mal schlecht drauf sein!“
Leider war das aber auch nicht so ganz der goldene Weg. Denn das hat dazu geführt, dass ich mich total hängen ließ. Ich habe mir das jedes Mal gesagt, wenn ich nicht gut drauf war, und das Ende vom Lied war: Zu der Zeit war ich ständig schlecht gelaunt. Irgendwann hat es seinen Höhepunkt erreicht, ich habe mich mit meiner Freundin gestritten, war einen Tag lang gemein zu jedem (was ich sonst nie bin) und habe mich total schlecht gefühlt.
Und dann habe ich gedacht: Okay, so geht es auch nicht. Dann lieber so, wie es vorher war.
Jetzt bin ich genauso weit wie am Anfang.
Ich glaube, es ist schwer, wenn man sich einmal angewöhnt hat, glücklich sein zu MÜSSEN, wieder die Richtige Balance zu finden. Wann darf ich ruhig mal schlecht drauf sein und wann sollte ich mich besser zusammenreißen? Wie oft und wie lange darf ich schlecht drauf sein? Solche Fragen muss ich mir stellen, weil ich mir zu lange angewöhnt habe, meine Stimmung zu kontrollieren und alles Negative doch irgendwie Positiv zu sehen.
Dein Beitrag hat mir gezeigt, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Ich denke, ich werde mein natürliches Gleichgewicht mit all seinen Höhen und Tiefen schon wiederfinden, und das Konzept des „Glücks der Fülle“ ist ein toller Ansatz! Ich werde auf jeden Fall noch mal darüber nachdenken (meditieren? :))!
Danke also, dass du mir tatsächlich etwas erzählen konntest, das mir neu war. Ich bin ein Fan von deiner Seite (ich könnte jetzt auch noch sehr ausführlich darlegen, warum, aber ich glaube, der Kommentar ist lang genug ^^)
lg Caro
Hi Caro,
freut mich, dass Dir der Artikel etwas gegeben hat. Dafür nehm ich Dir auch das mit dem „Lebensberater“ nicht übel, falls Du das Wort auch auf mich bezogen hast. 🙂
Ja, wenn Du Dir das Unglücklichsein verbietest, schrumpft das Kontrasterlebnis, das Glücksgefühl vermutlich mit ihm.
Den Mittelweg hast Du ja noch als Möglichkeit vor Dir! 🙂
Ist doch total nachvollziehbar und okay, wenn man dann am Anfang erst mal etwas übersteuert.
Auf Dein Leben in Fülle!
LG
Tim
Hi Tim,
Das mit dem Schmetterling und der Eule…das hat mir einen dicken Glücksmoment beschert. Herrlich!
Lieben Gruß,
Dila
Danke Dila! 🙂
Glück ist die Liebe !? Oder hab ich da wieder was falsch verstanden ? 😉
WUNDERschön geschrieben ! DANKE 🙂 ,
Liebe Grüsse ,
Heike
Ich habe vor einigen Wochen feststellen müssen – oder dürfen? -, dass auch die negativen Momente Glück bedeuten können. Ich habe jemanden loslassen müssen, der mir sehr viel bedeutet, und das hat mir fast den Boden unter den Füßen weggezogen. Ich konnte in jenen Tagen diese ganzen „Glücksanleitungen“, dieses tu dies-tu das-tu jenes-nur so wirst du glücklich, nicht ertragen, weil ich eben nicht glücklich war. Bis zu einem Tag, an dem mir eine Erkenntnis über mich selbst wie Schuppen aus den Haaren fiel: ich erkannte, dass ich in den letzten Jahren vor allen Dingen in Beziehungen immer ein bestimmtes Muster an den Tag legte. Als ich vertieft darüber nachdachte, fühlte ich mich plötzlich leicht. Im Nachhinein ein Glücksmoment in all meinem heulenden Elend, und interessanterweise wirkt er sogar nachhaltig: ich bin wieder lebensfähig, möchte mich nicht mehr unter der Decke verkriechen und sterben, ich kann wieder arbeiten, ich kann und darf mich wieder um mich selbst kümmern. Und das macht mich tatsächlich – ja – glücklich. Das heißt nicht, dass ich jeden Tag super drauf bin, die Schmerzmomente sind noch da, aber es macht mich glücklich, dass sie mich nicht mehr töten. Ich darf auch mal weinen, schlecht drauf sein, gedanklich Diskussionen mit „ihm“ ausfechten – alles gut und richtig so. Und am nächsten Tag gehts mir wieder gut 🙂
Super Artikel, Tim. Da gibt es wenig hinzuzufügen. Nur ein paar Sätze aus meiner Erfahrung, die mir gerade so zufliegen. Oder sind es Einfälle, die einfach in mich einfallen? Zeichen für mich, dass ich im Fluss bin. Oder schließe ich mich dem Fluss an, der hier so schön zu spüren ist? Jedenfalls sind es Momente, in denen mir nichts fehlt. Ich bin gerade bei mir, denke nichts anderes. Die Gefühle laufen durch mich hindurch ungehinderter als oft. So blüht auch das Sakral Chakra etwas mehr. Noch mehr und man könnte es Champagner Prickeln nennen. Ich möchte so einen Zustand „glücklich“ nennen.
Wann bin ich dann glücklich? Ich würde sagen, dann wenn ich gerade nicht unglücklich bin. Wann bin ich unglücklich? Da gibt’s immer wieder Dinge, die mir gerade nicht gefallen. Der Kollege, Chef oder Auftraggeber, der gerade im Stress ist und mich grob anredet? Weil ich etwas nicht habe, das ich so dringend haben möchte (damit ich mich eine Weile glücklich fühle)? Weil die Partnerin gerade nicht da ist für mich oder gar unsinnig Geld ausgibt oder Energie vergeudet, obwohl sie Schulden hat?
Schau ich genauer hin, dann sehe ich vielleicht das Drama in meinem eigenen Kopf! Mit einiger Erfahrung habe ich gelernt, oft immer noch Wertschätzung zu fühlen für diese Menschen, ihnen gerade dann etwas zu geben, obgleich ich authentisch dazu stehe, dass ich nicht schätze, was gerade abgeht. Und ich brauche sie gerade jetzt mal wieder nicht. Die Erfahrung sagt, sie zahlen zurück. Ihr Inneres drängt sie gerade dazu, ob sie wollen oder nicht. Wichtig ist dabei, dass das Unglücklich Sein nur kurz ist.
Und dann gibt es Menschen, die mir sagten, glücklich zu sein, einfach weil jemand geredet hat mit ihnen. Oder den Moment, wenn deine Frau strahlt, nur weil du ihre Augen geküsst hast. Ja, auch wieder ein Moment im Jezt, in dem die Gedanken stehen blieben, einen Moment zu mindest.
LG Richard
Glücksfaschismus.. göttlich, echt. Tim, du schreibst einfach so tolle Artikel, die ich immer wieder gern lese und die jedes Mal genau den Nagel auf den Kopf treffen. Gerade heute morgen habe ich mich von einem Newsletter einer anderen Seite verabschiedet, in denen ständig das Thema „Glück“ in allen Varianten durchgekaut wurde, und mich so nur noch nervte. Dieser Artikel kommt also wunderbar passend 🙂
Respekt…
Warum nicht einfach aufhören zu jagen und statt dessen Zufriedenheit finden mit dem was ist und geschieht, und glauben das alles zu meinem Besten geschieht. Dann ist der Glückszustand auch nicht weit. Auch die Zufälle ereignen sich dann günstiger.
Glück zu finden ohne Zufriedenheit, das geht nur mit Mittelchen oder was immer mental versucht werden kann. Doch hält dies dann nur kurz an und braucht bald wieder Stärkeres bzw. größeren Energieaufwand.
Selbstmitgefühl ist für mich das größte Glück. Bin jetzt erst dabei es zu erlernen. Könnt ihr dazu auch mal was schreiben. Ist ein ganz neuer Zweig. Daran wurde vor 2 Jahren Pionierarbeit geleistet.
Hi Dieter, sieht so aus, als wäre dies der Weg, sich um das innere Kind zu kümmern. Nimm ruhig den kleinen Dieter immer wieder auf den Arm und Sri für ihn da…. Susanne Hühn hat dieses Thema super behandelt.
LG Richard
„Wenn wir Glück mit Wohlgefühl gleichsetzen, den sanften oder brachialen Rausch zur Messlatte machen, können wir doch nur scheitern.“ – Mein absoluter Lieblingssatz dieses Artikels. Ich versuche gerade für mich zu lernen, dass ALLE Gefühle – auch die Negativen – ihre Existenzberechtigung haben und gefühlt werden sollten, um die andere Seite auch erleben zu können. Keine Up’s ohne Down’s und hey – ist doch alles nicht so wild – den meisten von uns geht’s doch eigentlich recht prima, oder 😉
Danke Tim für den tollen Post, lg Mä ***
Dankeschön Mä!
Ich denke auch, unser Leben wird einfach reicher, ehrlicher, und gefestigter, wenn wir uns auch den „negativen“ Gefühlen stellen.
LG
Tim
Hi…ich weiß zwar nicht, wie du es anstellst immer genau das Thema zu bearbeiten, welches mir gerade Unbehagen bereitet, aber mit diesem hast du wiedermal voll ins Schwarze getroffen! !! By the way. ..deine Art zu schreiben ist echt der Brüller. ..so down kann ich gar nicht sein, dass mich dein Blog nicht zum Lachen bringt….dafür sei dir auch mal ein riesen Danke ausgesprochen!!!
Alles Liebe Doris
Du musst ins Schwarze treffen, dann trifft es einen wirklich und nicht scheinbar. treffen und betreffen… unterscheide dies. Ansonsten bleibst du eine Zielscheibe des Lebens.
Beste Grüße,
Stephan
Hey Doris,
ich danke Dir von Herzen und hoffe, dass ich noch das eine oder andere Mal ins Schwarze treffe! 🙂
Liebe Grüße
Tim
Sehr interessant und hilfreich!
Vielen Dank 🙂
Dankeschön Nicci!
Das Glück … gibt es wohl als durchschnittlichen Zustand, in dem wir relativ viele Glücksmomente verspüren, Momente, in denen wir nicht auf Signale anders reagieren. Und wir reagieren immer gleich auf ähnliche Signale/Situationen. Wir reagieren so, weil wir uns einmal dafür entschieden haben. Nun ist es an uns, uns anders zu entscheiden, jedesmal wenn eines dieser Programme läuft. Dann ändert sich das Programm. Und den Änderungs-Prozess beschreiben wir mit Begriffen wie z.B. „Gewohnheit“. Tim hat es beschrieben in seinem Buch.
Das bedeutet, es ist ein „Umentscheiden“, nicht ein „positiv Denken“ oder mentales Übertönen. Letztlich heißt dies, das Negative annehmen und transformieren.
das Wort Glück, ist nur ein Wort? Glück existiert nur als individuelle Definition. Es ist der perfekte Moment. Und der perfekte Moment, beinhaltet kein Glück, sondern einen Moment, des Glücklichsein an sich.
Das was du (bzw. Wilhelm Schmid) als Glück der Fülle bezeichnet, wird in der psychologischen Forschung auch häufig eudämonisches Wohlbefinden genannt. Es bezeichnet das gelingende Leben und die Verwirklichung des wahren Selbst.
Es bedeutet aber nicht einfach nur zu akzeptieren, was ist (denn dann wäre jedes Leben zu jedem Zeitpunkt glücklich) sondern einen Zustand positiven psychologischen Funktionierens. Dieses Leben kann also auch mit Leid einhergehen, aber es zeichnet sich durch bestimmte Ressourcen aus, die dazu beitragen, dass man mit den Anforderungen des Lebens positiv und konstruktiv umgehen kann. z.B. dass man über Selbstakzeptanz und positive Beziehungen zu anderen verfügt, dass man autonom ist, einen Sinn im Leben empfindet, sich weiterentwickelt und Einfluss auf die Umwelt nehmen kann.
Solche Menschen sind übrigens auch deutlich gesünder, leben länger und haben ein sieben Mal geringeres Risiko an einer Depression zu erkranken.
Ein gutes, gelingendes Leben also…
LG, Katharina
Hallo Tim,
großartig! Ich bin in letzter Zeit fast täglich auf Deiner Seite und werde immer wieder überrascht von Deinen Beiträgen die einen wirklich zum Nachdenken (und Handeln) bringen.
Noch ein Wort zum Glück:
Das Bild des Weges zum Glück, das in unserer westlichen Gesellschaft häufig vermittelt wird (mein Haus, mein Auto, mein hippes Hobby, meine hübsche sportliche Freundin…) führt geradewegs dazu, dass die Menschen immer irgendetwas hinterherrennen, dass sie aber auf Dauer nicht ausfüllen wird.
Wer einmal z.B. in Thailand oder Bali unterwegs war und gesehen hat mit wie wenig materiellem Wohlstand (aus unserer Sichtweise) die Menschen eine unglaubliche Zufriedenheit ausstrahlen, der weiß dass der Weg zum „Glück der Fülle“ nicht über die oben genannten Dinge führt.
Meine Frage ist immer in wie weit Religion hier eine Rolle spielt oder spielen kann. Ich bin ein eher unreligiöser Mensch, habe aber manchmal das Gefühl dass (gemäßigt) religiöse Menschen (welcher Richtung auch immer) dem Glück der Fülle etwas näher sind… Vielleicht mal ein Thema für einen Artikel 🙂
Vielen Dank Tim für die immer tollen Inputs.
Anwo
Gute Frage, Anwo. Ich meine, eine Religion ist eine Lehre mit Regeln, die von Menschen zumindest interpretiert wurden. Eine Religionsgemeinschaft kann dich durchaus ein Stück des Weges bringen. Kinder ohne eine solche Anbindung sind dann auch oft mehr verkopft und auch hilflos in Situationen, in denen nur mehr Urvertrauen helfen würde.
Andererseits können uns manche Regeln „du sollst … ich bin unwert …“ ganz schön in in Zustände von Unwertsein, Schuldgefühlen und Scham bringen. Letztlich werden wir nur frei, wenn wir einfach der Stimme des Herzens folgen und uns bedingungslos selber annehmen können, ohne ein „wenn ich dann …“ oder ich übernehme Verantwortung und der?“. Das letzte Stück müssen wir alleine gehen, emanzipiert und sich selbst treu.
Und wieder ein unglaublich toller Artikel, ein toller Text. Ich liebe es, wie du tiefgründige Themen und Ideen so angenehm leicht, sympathisch und witzig verpackst!
Ich bin inzwischen echter My-Monk-Junkie. Ich würde Dich gerne (unabhängig vom Kauf der Bücher) bei deiner Arbeit unterstützen. Hast du dafür eine Möglichkeit (Spende, PayPal, CrowdFounding)? Ansonsten bin ich eine begeisterte Grafikerin… falls ich Dich damit unterstützen kann, gib mir Bescheid 😉 Liebe Grüße aus München
Liebe Junkie-Leserin Ya :),
vielen, vielen Dank für Deine tollen Worte, es freut mich sehr, dass Du mein Zeug so gern magst und natürlich auch, dass Du mich unterstützen möchtest. Danke, wirklich!
Im Moment gibt’s keine Spendenmöglichkeit, ich weiß immer nicht so recht, ob sich das eventuell beißen würde, eben weil ich ja hier auch was verkaufe. Aber vielleicht spricht Dich ja eines der Bücher an, jetzt oder später mal, und Du magst mich mit einem Buchkauf unterstützen?
Herzlicher Gruß
Tim
Super Text 😉
Der Text ist super!
Er hat mir bei einem Plakat (2 A3 Seiten)super geholfen.
Hi nochmal Tim ,)
für die Eule positiv, genial ,)
ja du hast recht, Schmerz gehört auch zum Glück
Könnte mir vorstellen, Epikurs Zitat, „Glück ist die Abwesenheit von Schmerz.“ ,ist so eine Momentaussage.
z.B. ständige Zahnschmerzen, bis endlich erkannt wurde das die Wurzel raus muss. Nach der Behandlung beim Zahnarzt passen Epikurs Worte .)
Den Schmerz kennen hilft danach sein Glück zu erkennen. Es polt einen, macht auf eine bestimte Situation wieder achtsam. Leider verliert sich, wie du es beschreibst, dieses Gefühl wieder im „Normalzustand“.
Liebe Grüße Ferenc
Wahrscheinlich unterscheiden sich die drei Arten von Glück dann doch nicht so grundsätzlich, wie wir zu glauben neigen. Zumindest können wir die drei Arten Glück auf gleiche Weise vermeiden. Indem wir dem Glück im Wege stehen.
Zudem gibt es wohl nicht den einen Glückszustand. Genauso wenig wie es das eine „Hell“ gibt, das bedeuten würde, dass wir alles andere „Dunkel“ nennen würden.
Auch schliessen wir mit „Glück“ einiges ein, oder begünstigen es zumindest. Zufriedenheit. Bewusst erlebtes Gefühl. Erfüllung. Dankbarkeit. So können wir diese Aspekte auch getrennt in unser Leben holen. Und damit ein anderes Sein. Ein Sein, das sich durch unsere Momente definiert. Und durch unser Denken, das Bewusstheit ausdrückt.
Tim, du schreibst einfach göttlich! Danke, dass es dich und deine Texte gibt
Was ist der nächste Schritt für jene, die auf die unten genannten Fragen nur mit „Nein“ antworten können?
Wer das Glück der Fülle auskosten will, kann sich fragen:
Finde ich das Leben grundsätzlich lebenswert?
Sage ich JA zum Leben, mit allem, was dazu gehört?