Ist Burn-out nur ein mediengemachter Modebegriff, oder leiden tatsächlich immer mehr Menschen unter der Erkrankung?
Das kommt darauf an, welchen Zahlen man glaubt. Industrie und Gewerkschaften etwa veröffentlichen sehr unterschiedliche Ergebnisse aus ihren Befragungen. Während die Industrie dazu neigt, die Arbeitsplätze als geradezu himmlisch-wohlig anzusehen, geben die Zahlen aus Umfragen der Gewerkschaften ein anderes Bild ab, ein möglicherweise übertrieben pessimistisches.
Schwierige Erfassung
Hinzu kommt: während viele Führungskräfte „ihren Burn-out“ heute als Statussymbol und Beweis ihres großartigen Einsatzes und des noch viel größeren Gebrauchtwerdens ins Spiel bringen, sind die tatsächlich betroffenen eher verschwiegen. Zu groß ist hier die Angst, als „Weichei“ oder „Sensibelchen“ gemobbt oder gar aus dem Unternehmen entfernt zu werden.
Auch klinische Studien sind nicht zuverlässig. Diese basieren meist nur auf Umfragen unter den eigenen Patienten – also denjenigen mit einem weit fortgeschrittenem, schweren Burn-out. Alle akut gefährdeten und all jene, die sich zielsicher auf einen ernsthaften Burn-out zu bewegen, sind in diesen Zahlen nicht repräsentiert.
Ein weiteres Problem: der Burn-out überschneidet sich zu sehr mit anderen Erkrankungen wie:
- Chronisches Erschöpfungssyndrom
- Depression
- Auch Bluthochdruck, Herzinfarkte, Suizide und weitere Krankheiten sind häufig Folge eines unerkannten Burn-outs
Mindestens jeder dritte Angestellte ist Burn-out-gefährdet
Am zuverlässigsten scheinen uns die Studienergebnisse der Krankenkassen, wie sie zum Beispiel 2009 erhoben wurden:
- Jeder dritte Arbeitnehmer gibt starke psychische Belastungen an
- Zwei von drei Arbeitnehmern klagen über psychische und psychosomatische Symptome
- Jeder dritte Arbeitnehmer befindet sich in der Burndown-Spirale, also im Abwärtsstrudel Richtung Burn-out
- Allein zwischen 2006 und 2009 haben die psychischen und psychosomatischen Krankheiten um 25% zugenommen
Die Arbeitnehmer, die während der Befragung aufgrund von Burn-out krankgeschrieben, dauerhaft aus dem Arbeitsleben ausgeschieden oder gerade in einer Therapiesitzung waren, wurden von der Studie nicht befasst, kommen also noch hinzu. Zudem haben etliche Befragte vermutlich ihren Zustand beschönigt. Zwar wurden die Fragebögen den Arbeitgebern offiziell nicht gezeigt, aber ganz sicher kann man sich da auch nie sein, also: lieber Stärke zeigen als den Arbeitsplatz zu gefährden.
Heißt: die Dunkelziffer liegt sicherlich weitaus höher. In Wahrheit könnte also sogar die Hälfte aller Angestellten dauerhaft überfordert sein – und psychisch abbrennen. Experten schätzen, das jeder neunte 18-70jährige in Deutschland an Burn-out erkrankt ist. Das sind sechs Millionen Betroffene.
Als häufigste Ursachen der Beschwerden wurden genannt:
- Schlechtes Betriebsklima
- Keine oder wenige eigene Gestaltungsspielräume
- Angst vor Entlassung
- Angst vor den Vorgesetzten
- Ungerechtigkeit
- Steigende Abneigung gegen die Tätigkeit
Während in der Industrieproduktion seit einigen Jahren zunehmend Wert auf bessere Arbeitsbedingungen gelegt wird, spitzt sich die Lage in den Dienstleistungsberufen eher zu. Steigender Druck und immer weniger eigene Entscheidungsbefugnisse sind verantwortlich dafür, dass die Büro-Angestellten deutlich Burn-out-gefährdeter sind. Da die Verlagerung der Jobs vom Fließband an den Schreibtisch fortfahren wird, werden auch mehr und mehr Menschen mit den psychischen Belastungen des Büroalltags ausgesetzt sein.
Was kostet das alles?
Dass der Burn-out Deutschland, seine Unternehmen und Einwohner teuer zu stehen kommt, ist klar. Wie teuer genau, nicht. Burn-out verursacht in vielerlei Hinsicht Kosten:
- Arbeitsunfähigkeit
- Behandlungskosten
- Einarbeitung neuer Mitarbeiter, wenn alte aufgrund von Burn-out aus dem Unternehmen ausscheiden
- Insolvenzen und Betriebsaufgaben, wenn der Chef eines kleinen Unternehmens dauerhaft nicht mehr arbeiten kann
- Verrentung / Invalidität
Daraus ergeben sich in Deutschland jährliche Kosten von – zurückhaltend geschätzten – 25 Milliarden Euro.
Burn-out
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Quellen