Teile diesen Beitrag "Wie Zeit vorm Bildschirm Kinder depressiv, faul und verrückt macht"
Kinder unter sechs Jahren schauen durchschnittlich zwei Stunden täglich Fernsehen und Videos. Zwischen acht und 18 Jahren sind es sogar vier Stunden und zusätzlich zwei Stunden am Computer, Tablet und Smartphone.
Viereckige Augen bekommen sie davon nicht. Dafür aber üble Stimmungsschwankungen, Depressionen sowie ernsthafte Motivations- und Schlafprobleme.
Dr. Victoria Dunckley hat als Kinderpsychiaterin eine Menge Kinder gesehen, die kraftlos sind oder komplett überdreht, die angeblich oder tatsächlich ADHS haben, soziale und schulische Probleme, die bipolar und sonst wie „gestört sind“, die ihren Kopf gegen die Wand hauen oder in den Sand stecken, die sich ihren eigenen Namen kaum noch merken können – dafür aber, wie alle möglichen technischen Geräten angehen.
In ihrem Buch „Reset Your Child’s Brain“ berichtet sie von den vielen Versuchen, diesen Kindern mit Therapien und Medikamenten zu helfen. Davon, dass diese Versuche oft nicht fruchten. Und davon, dass die Lösung – oder zumindest die Grundlage für eine Lösung – häufig ganz woanders liegt. Aufgrund ihrer Erfahrung rät sie Eltern, ihr Kind „elektronisch fasten“ zu lassen, damit sich deren Nervensystem „neu starten“ kann. Hinterher sollen, sofern sie noch nötig sind, auch die klassischen Behandlungen deutlich besser wirken (in der Regel sind dann zudem weniger Medikamente nötig).
Das Fasten tut aber auch all jenen Kindern gut, die noch nicht besonders auffällig geworden sind. Ihr Schlaf wird besser, ihre Stimmung hellt sich weiter auf, sie sind ausgeglichener, können sich besser konzentrieren und leichter mit Stress sowie mit anderen Menschen umgehen, bewegen sich mehr, gehen lieber in die Natur, und entwickeln eine stärkere Vorstellungskraft.
Das elektronisch Fasten mag nicht alle Probleme lösen, räumt Dunckley ein, doch es ist eine äußerst wirkungsvolle Maßnahme. Nach der Fastenzeit können die Eltern sorgsam prüfen, wie viel Zeit vorm Bildschirm die Kinder verbringen können, ohne dass ihre Symptome wiederkehren.
Warum den Stecker zu ziehen so heilende Kräfte hat? Weil die physiologischen Störungen, die Bildschirme hervorrufen, entfallen und sich das Gehirn des Kindes erholen kann. Das reagiert nämlich viel empfindlicher auf die Elektronik, als uns oft klar ist. Schon eine kleine Dosis kann den Kopf des Kindes tüchtig durch den Reißwolf drehen – und zwar ebenfalls dann, wenn es „nicht nur passiv vorm Fernseher hängt“, sondern auch, wenn es vermeintlich „vooolll interaktiv und spielerisch mit Apps lernt“.
Bei Psychology Today schreibt die Kinderpsychiaterin von sechs Wegen, wie Bildschirmzeit das Hirn stört.
1. Bildschirme drehen an der inneren Uhr und behindern den Schlaf
Das Licht von Bildschirmgeräten simuliert das Tageslicht und unterdrückt Melatonin, das dem Körper als Schlafsignal dient und von der Dunkelheit getriggert wird. Bereits ein paar Minuten des blauen Technik-Lichts können die Freisetzung des Melatonins ums Stunden verschieben und so die innere Uhr verstellen. Mögliche Folgen: hormonelle Ungleichgewichte, entzündliche Prozesse im Gehirn, ausbleibender Tiefschlaf, jener Schlaf, in dem wir verarbeiten und heilen.
(Siehe auch: Warum Du so schlecht schläfst)
2. Bildschirme desensibilisieren das Belohnungssystem des Gehirns
Schon der kleinste Mensch kann die größte Sucht haben. Zum Beispiel nach Computerspielen. Denn diese setzen Botenstoffe im Hirn frei, die sich guuuut anfühlen. Insbesondere Dopamin. Unterm Hirnscan schaut ihre Wirkung genauso aus wie Kokain. Doch je mehr sich das Kind dem aussetzt, desto eher veröden die zur Belohnung führenden Pfade im Gehirn. Mehr und mehr Stimulation wird dann nötig, um Freude zu empfinden. Weil Dopamin auch für Motivation und Fokus entscheidend ist, nun aber immer weniger wirkt, macht die Technik das Kind „faul“ und konzentrationsschwach.
3. Bildschirmlicht in der Nacht macht depressiv
Einer Vielzahl an Studien zufolge erhöht abendliches und nächtliches Licht aus elektronischen Geräten das Risiko für Depressionen und Suizide (wobei sich natürlich die wenigsten kleinen Kinder absichtlich umbringen). Dieser Zusammenhang wurde in Experimenten mit Tieren sogar dann bestätigt, wenn diese nicht direkt auf das Gerät schauten, das Licht im Raum allein reichte aus. Im Schlafzimmer des Kindes sind Fernseher wie auch Nachtlichter daher nur mit großer Vorsicht zu genießen. Die Dunkelheit lässt das Kind nicht verzweifeln – sie schützt es.
4. Bildschirme lösen Stressreaktionen aus
Zeit vor Bildschirmen entspannt das Kind nicht, wie wir vielleicht gern annehmen (um selbst ein bisschen entspannen zu können) – sie stresst sie. Das Hormon Cortisol setzt sich bei chronisch werdendem Stress im Körper fest, verunsichert, macht ängstlich, aufgedreht, anfälliger für Süchte. Außerdem verringert es die Aktivität im Frontallappen des Gehirns, jener Region, in der die Stimmungsregulation stattfindet.
5. Bildschirme überfordern das sensorische System, zersplittern die Aufmerksamkeit und beuten die mentalen Reserven aus
Experten zufolge liegt die Ursache von impulsivem und aggressivem Verhalten eines Kindes oft daran, dass es sich nicht fokussieren kann. Wer nur schlecht aufmerksam bleiben kann, ist schneller von dem überfordert, was außerhalb und innerhalb von ihm passiert. Auf diese Weise können kleinste Anforderungen riesig werden, die mentalen Kräfte erschöpfen sich zunehmend. Das Problem verschärft sich umso mehr, je mehr die Technik das Kind mit sensorischen Reizen überlastet. Um kurzzeitig noch die letzten mentalen Reserven aufzubringen, rastet das Kind aus, Ärger wird so zu seinem Bewältigungsmechnismus.
6. Bildschirme reduzieren körperliche Aktivitäten und Zeit draußen
Wer zuhause daddelt oder glotzt, ist in dieser Zeit nun mal zwangsläufig nicht draußen, nicht an der frischen Luft, nicht in Bewegung. Doch genau diese Aktivität regeneriert unsere Aufmerksamkeit, baut Stress und Aggressionen ab.
Alternativen zum elektronischen Fasten
Wer Angst hat, dass sein inzwischen unberechenbar gewordenes Kind ihn erschlägt, wenn er einfach so den Stecker für einige Wochen zieht, kann dennoch einiges tun. Der Minimalist Joshua Becker von Becoming Minimalist gibt Eltern dafür unter anderem die folgenden Tipps:
- Vorbild sein. Kinder lernen sehr viel mehr durch das Verhalten ihrer Eltern als durch ihre Worte. Sehen sie die Eltern lesen, greifen sie selbst eher zu einem Buch.
- Eltern sein. Eltern müssen Entscheidungen treffen. Zuweilen auch unpopuläre. Gut ist jedoch stets, wenn sie ihrem Kind das Warum erklären.
- Bildschirmzeit begrenzen. Zum Beispiel nur eine halbe Stunde Videoschauen am Abend für ein kleines Kind.
- Bildschirm aus beim Essen. Zwei Drittel aller jungen Menschen berichten, zuhause würde der Fernseher bei gemeinsamen Mahlzeiten laufen. Da kann man doch ansetzen! Und die Zeit für den nächsten Punkt nutzen:
- Sprechen. Viel sprechen. Was bewegt das Kind? Was braucht es? Gibt es vielleicht Gründe, warum es sich vorm Fernseher ablenken will?
- Raus gehen statt raus schicken. Gemeinsam was in der Natur unternehmen, statt nur darauf zu beharren, dass das Kind doch bitte rausgehen und mit Torben-Malte und seinem naturbelassenem Holzspielzeug spielen soll.
So. Ich geh jetzt erst mal ne Runde Fernsehen. Solange ich noch kein Papa/Vorbild bin, muss ich das ausnutzen.
Frage an alle Eltern: Wie geht ihr mit dem Thema um, wie viel Zeit vorm Bildschirm erlaubt ihr eurem Kind? Freue mich über Kommentare!
Siehe auch: Forschung zeigt: DAS macht Liebe mit dem Gehirn eines Kindes.
Photo: anthony kelly
Tim, da hast du mal wieder ein spannendes Thema erwischt. Das Buch „Reset your child’s brain“ werde ich mir auf jeden Fall bestellen. Schön, dass du dieses Thema hier ansprichst (schreibst) und hoffentlich einigen Eltern damit die Augen öffnest.
Hi Michel,
Danke! Ich bin gespannt, wie Du’s findest, das Buch. Kannst mir ja hinter mal schreiben (oder kommentieren), wenn Du magst.
Liebe Grüße Tim
Mach‘ ich auf jeden Fall. Danke.
Ich frage mich ob das bei Erwachsenen ebenfalls der Fall ist? Es gibt ja auch Erwachsene die sehr häufig Computerspiele zocken und fernschauen. o.O
Hey May,
ist für Erwachsene sicher auch nicht ideal (siehe https://mymonk.de/wichtige-stille/), für das Kindergehirn der Psychiaterin zufolge aber besonders schädlich; es ist anfälliger für die negativen Auswirkungen der Bildschirme.
Liebe Grüße Tim
Hi Tim!
Mein Großer, bald 8, kann sich unter der Woche „Fernsehgutscheine“ a 15 Minuten verdienen, wenn er mit mir Joggen geht. Oder zum Fussi joggt statt sich bequem hinfahren zu lassen. Diese darf er dann am Sonntag (max. 2) einlösen.
Hey Sinah,
das ist eine sehr coole Idee. Ich finde das irgendwie ein sehr liebevollen Umgang. Fällt es Dir schwer, streng zu sein, wenn die Gutscheine aufgebraucht sind?
Liebe Grüße Tim
cool, werde ich mit meinen Kind wohl auch mal machen…tolle Idee und danke dafür
Danke für diesen Literaturtipp.
Ich kannte bisher nur die Ansichten von Manfred Spitzer zu dem Thema.
Ich bin Grundschullehrerin und erlebe deutlich, dass die Kinder, die häufig vom Fernsehen und Computerspielen erzählen und hier scheinbar unbegrenzte Freiheiten haben, sich schlechter konzentrieren, schlechtere Leistungen erbringen und unglücklicher wirken.
Danke für diesen Beitrag!
Danke Angela für Deinen Bericht aus der Praxis!
Ich stelle mir das gar nicht so leicht vor, wenn Du als Lehrerin diesen Eindruck gewinnst und vermutlich nicht so viel dagegen tun kannst, dass die Eltern ihr Kind vor der Glotze abstellen und dieses dann schulische und psychische Probleme bekommen.
Oder ist das ein Thema, was Du zum Beispiel beim Elternabend schon mal ansprechen kannst?
Liebe Grüße Tim
Ja es ist schwer da was zu tun, wenn ich als Lehrerin das feststelle.
Ich spreche es am Elternabend oder Elternsprechtag an. Es gab auch schon Elternabende mit Fachleuten, die den Eltern nochmal professioneller und als Person von außen erklärt haben, wie sich die Bildschirmmedien auswirken.
Leider ist es eine Art Kampf gegen Windmühlen, weil die Eltern, die es beträfe oft hier keinen Weiterbildungsbedarf sehen und genau dann nicht dabei sind. Oder sie hören sich den Rat an und verfahren doch wie vorher, weil sie in ihrem System so festsitzen, dass sie es nicht schaffen den Konsum zu ändern.
Die Eltern die sensibel sind..sind dies ja meist von selbst und achten schon entsprechend auf Begrenzungen.
Selten mal gewinnt man jemanden dazu und kann sensibilisieren…und selten ist ja viel besser als nie 🙂
Was ich außerdem manchmal bedenklich finde ist, dass in Zeiten von Whiteboards (elektrischen Tafeln) und Tablets manche Kollegen ihren Unterricht sehr mit diesen Geräten anreichern. Dann werden Vokabeln mit Tablets gelernt und Filmchen auf der Tafel gezeigt…auch mal als Pausenvergnügung.
Da bin ich sehr skeptisch und frage mich, ob wir unsere Medienerziehung nicht dringend hinterfragen sollten. Klar ist es wichtig, dass die Kinder den Umgang mit neuen Medien lernen und reflektiert herangeführt werden. Dennoch sollte man sich fragen a) ab welchem Alter das sinnvoll ist und vor allem b) in welcher Häufung. Den ganzen (Vormitt)Tag Unterricht mit Bildschirmmedien…ist das wirklich die Richtung in die wir wollen? Auf jeden Fall ist es im Moment die Entwicklungsrichtung…
Hi Angela,
im Norden Europas wird der zunehmende Einsatz von Bildschirmen ja ziemlich gefeiert. Und ich fand den Gedanken immer schön, dass Siebenjährige keine dreißig Kilo schweren Rucksäcke mit Büchern mehr schleppen müssen. Aber es stimmt sicher: diese Gewöhnung ans Auf-Bildschirme-Klotzen im Schulischen ist sicher ebenfalls nicht total unkritisch. Ein Zurück kann ich mir da aber auch nur schwer vorstellen …
Liebe Grüße Tim
Ich glaube wir leben in sehr verrückten Zeiten. Auf der einen Seite gibt es immer mehr Menschen, die sich ihrer Selbstentwicklung widmen, die persönlich wachsen wollen und nicht mehr dem Mainstream folgen wollen. Auf der anderen Seite dümpeln auch immer mehr Menschen stupide vor sich hin, ohne irgendwelche Ambitionen im Leben zu zeigen. Die Polarisierung nimmt eindeutig zu. Es ist interessant zu beobachten, wohin uns diese Entwicklung führen wird (die USA sind uns in dieser Hinsicht ein paar Jahre voraus – vielleicht gibt uns das einen gewissen Hinweis?)
Hey Oliver,
ich weiß gar nicht, ob ich darüber so genau nachdenken möchte – vielleicht konzentrieren wir uns am besten auf die mehr werdenden, die was DRAUS MACHEN wollen. Oder anders gesagt: im Herzen wollen bestimmt alle Menschen ein richtig gutes Leben haben, sind aber (noch?) zu verängstigt, pessimistisch, selbstzweifelnd dafür?
Liebe Grüße Tim
Hi Tim!
Ne, mir fällt es dann nicht schwer streng zu bleiben, weil mein Junior superleicht zum Joggen zu motivieren ist…und dann kann er sich ja wieder Gutscheine sammeln. Und das macht ihm richtig Spaß und mir auch… 🙂
Liebe Grüße!
Sinah
Tim,
mit diesem Artikel hast Du ein wichtiges Thema angesprochen.
Als ich noch ein kleines Kind war, durfte ich immer so viel Fernsehen gucken, wie ich wollte und hatte keine Einschränkungen. Das hatte einen großen Einfluss auf meine Entwicklung. Ich war vieles von dem, was Du hier beschreibst.
Kinder sollten wirklich nicht fernsehen. Besonders in jungen Jahren. Da gibt es so viel scheiß, der einen runterzieht, so viele Bilder, die einen prägen und sich ins Unterbewusstsein einprägen.
Stress, Schlaflosigkeit und all diese Probleme, die Du angesprochen hast sind die Folge.
Wenn man das behebt, wird die Gesundheit und Mentalität sich stark verbessern und heilen.
Fernsehen kann ich eigentlich keinem empfehlen. Zeitverschwendung und man guckt oft irgendwas, was man gar nicht gucken will. Dann lieber Streamen, Netflix oder so, und sich etwas aussuchen, was man auch wirklich sehen will.
Hi Dan,
Danke für Deinen Erfahrungsbericht!
Bei den Kommentaren auch auf Facebook zum Text ist mir ein Einspruch aufgefallen:
„Auf’s richtige Maß kommt’s an, dann kann man alles machen!“
Zum einen fordert die Forscherin ja nicht, dass man nie wieder fernsehen lässt, sondern erst mal Diät macht und das richtige Maß dann anhand wiederkehrender Symptome festlegt. Zum anderen gibt man auch Kindern kein Heroin, auch nicht „im richtigen Maß“ – manches muss einfach nicht sein, in keiner Dosis, denke ich.
Liebe Grüße!
Tim
Hallo Tim,
ich kann an mir selbst sogar diese Auswirkungen feststellen. Ich wohne alleine, arbeite zu hause und häufig lasse ich Musik oder den Fernseher als Unterhaltung (oder Ersatzbefriedigung trifft es vielleicht eher) nebenbei laufen. Ich kann sogar nicht mehr einschlafen ohne Fernseher und das, obwohl ich zweimal bestimmt ein Jahr gar keinen Fernseher mehr besaß und auch weiß, wie bekloppt es ist. Im Prinzip ist es auch verrückt, dass ich mir da selbst etwas vormache und anderen Menschen beim gespielten Leben zusehe bzw. teilweise nur halb zuhöre während ich arbeite oder versuche zu arbeiten. Man guckt in einen Kasten (oder lauscht diesem) und guckt Menschen dabei zu wie sie leben bzw Leben spielen… ^^ Allerdings gibt es einfach auch tolle Reportagen oder auch mal schöne Filme auf Arte und co, die ich als Bereicherung ansehe. Trotzdem bemerke ich aber an mir, dass ich manchmal das Gefühl habe, ich könne etwas gaaanz tolles verpassen, was auch stimmt, DENN man verpasst tatsächlich seine körperliche Aktivität, selbst, wenn man ne geistig anregende Doku anschaut. Es bleibt etwas extrem passives, stark vorgekautes und ersetzt nur etwas viel besseres. Dieses Gefühl des Verpassens deutet eigentlich schon auf ein Suchtverhalten hin. Sobald ich mit anderen zusammen bin, komme ich nicht mehr auf die Idee fernzusehen, aber es ist eine merkwürdige Einschlafhilfe oder Ablenkung von der Arbeit. Eigentlich auch der Versuch des Versüßens, ähnlich wie Musik. Ich habe übrigens im Freundeskreis beobachtet, dass eine alleinerziehende liebe Freundin von mir ihr Kind vorm Fernseher „parkt“, wenn ich zu Besuch bin. Natürlich Kinderprogramm oder gezielt eine DVD auf dem Laptop…Einmal, weil das Kind drängelt, es wolle schauen und vor allen Dingen, weil man sich ansonsten nicht in Ruhe über absolut wichtige Erwachsenenangelegenheiten unterhalten kann, denn als arbeitende Alleinerziehende gibt es keine andere Gelegenheit. Früher gab es halt noch Familienmitglieder, die mal eine habe Stunde zwischendurch aufpassen konnten, heute sittet der Fernseher und gibt natürlich kein Contra und strahlt auch da die Gehirnzellen weg. Das Kind starrt auf den Fernseher und ist wie hypnotisiert und absolut nicht ansprechbar und wenn die Fernsehzeit begrenzt wird, herrscht selbstverständlich absoluter Terror. Ich denke auch, Fernsehen ist Gift für Kinder. Ab dem Schulalter einmal wöchtlich eine Folge Pippilangstrumpf oder etwas wirklich schönes gucken als seltene Alternative zu einer vorgelesenen Geschichte, wäre noch akzepatabel. Hm…mir selbst würden vorgelesene Geschichten auch gut tun, glaube ich 😉 Vielleicht wechsele ich zumindest zu Hörspielen… Liebe Grüße!
Hey Liv,
der Wechsel auf Hörbücher wäre vermutlich wirklich ein guter Schritt. Im Fernsehen wirst Du Dir vermutlich viel mehr Schrott vorsetzen lassen, als wenn Du bewusst ein Audio anmachst.
Eine gute Frage könnte aber auch sein: Vor welchem Gefühl laufe ich weg … und schaffe ich es, kurz in mich hineinzuspüren, es wahrzunehmen und zu benennen?
Liebe Grüße
Tim
Hallo liebe Monks, hallo liebe Fernsehgucker… Wer nicht viel lesen möchte und wissen möchte, wie er sich vor Todesdrohungen der Lütten schützen kann. Nicht selbst den Fernseher ausschalten, einfach Sicherung raus. Und wer das nicht kann: es gibt countdown-Zeitschaltuhren, z.B. AES1. Bis die Kiz 7 sind, funktioniert das. Danach für die Heizdecke benutzen, bevor man im Winter ins Bett will ;D
Tolle Serien habe ich als Kind gesehen, mußte im Familienbetrieb aber auch hart mit anpacken. Meine Kinder haben diese Umgebung nicht mit mehreren Familiengenerationen auf einen Haufen und erkennen nicht, welche Konsequenzen ihr Tun oder Lassen unmittelbar hat oder hätte für andere Familienmitglieder. Stattdessen die eigenen Folgen zu erahnen ist auch nicht möglich und Vati zuzuhören ist anstrengend. Wer kann das in einem Alter unter 10? Wenn sie von der Kita kommen, dürfen sie eine geschlossene(!) Hand voll Naschi. Jeder ist zufrieden. Analogie zum Fernsehen: 25-40 Minuten Filmchen auf yout+be. Ein Ritual. Ein besseres Ritual aus eigener Kindheit, zum Einpennen eine Kasette hören – geil. Mit 5 Benjamin Blümchen, mit 6 HuiBuh, mit 7 TKKG, mit 8 die ???, bald kam Kuschelrock, Klassik, etc. … und immer Licht aus. PS: wir haben keine Daddelspiele wie smartphone etc.
Noch ein PS: die Gutschein-Methode klingt super. Aber in welchem Alter hört man mit der Taktik Belohnung-Bestrafung auf?
Hey liebe Hauke,
Benjamin Blümchen hatte ich damals auch, TKKG ebenfalls, kurz später kamen die Simpsons auf Kassette. Da ist es schon ein bisschen verlockend, an die guten alten Zeiten zu denken. Auf der anderen Seite ist heute halt mehr möglich, dass man zumindest theoretisch bewusst einsetzen kann.
Liebe Grüße Tim
Hallo,
ich lese oft hier, bin immer wieder erstaunt über die Fülle von Gedanken die in deinen Beiträgen zum Ausdruck kommen und finde viele Anregungen.
Heute möchte ich gerne mal meine Gedanken zum Thema „Bildschirmnutzung und seine Auswirkungen“ mitteilen.
Vielleicht braucht die Welt für manche Symptome einen Sündenbock?
Ich glaube der Fernseher oder der Bildschirm sind solche Sündenböcke.
Nach meinen Beobachtungen stecken hinter den beschriebenen Symptomen bei Kindern (z.B. kraftlos, überdreht) oft unglückliche Menschen (meiner Meinung nach gibt es auch noch andere Ursachen, aber das würde jetzt zu weit führen). Das Fernsehen dafür verantwortlich zu machen erscheint mir zu einfach.
Ich habe erfahren, dass es das Wchtigste ist in Beziehung/im Kontakt zum jungen Menschen zu bleiben und dann kann auch kein Fernseher/Bildschirm/Computer schädlich sein.
Mein Sohn hat seine Mediennutzung seit er ca. 4 Jahre alt ist (bei uns ist es ein Computer, einen Fernseher haben wir nicht) selbstbestimmt geregelt. Er macht alles was landläufig als sehr schädlich angesehen wird (z.B. stundenlang Filme sehen, vor dem Bildschirm essen) und wir setzen den Computer als elektronischen „Babysitter“ ein.
Es gab Zeiten, in denen ich mich gefragt habe, ob er mit dieser Form der Selbstbestimmung überfordert ist und ich habe mich gesorgt, dass alle angenommenen schädlichen Auswirkungen der Mediennutzung zutreffen könnten. Meine diesbezüglichen Zweifel habe ich ihm gegenüber geäußert, aber ich konnte nie mit Gewissheit sagen, dass ich mir sicher bin, dass Mediennutzung schädlich ist, so dass ich mich nicht dazu entscheiden konnte, seine Mediennutzung zu regulieren.
Letztendlich bin ich immer dahin zurück gekommen, darauf zu vertrauen, dass er gut auf sich achten kann.
Er lässt sich nicht berieseln, sondern wählt gezielt Filme aus, die ihn interessieren. Er achtet darauf keine Filme zu sehen, die ihn ängstigen, bittet ggf. um meine Begleitung und fragt mich um Rat. Wir reden immer wieder über Inhalte von Filmen und was sie transportieren möchten. Wenn ich das Gefühl habe, dass er mit Inhalten überfordert ist, können wir das besprechen und er kann entscheiden sich manche Filme nicht anzusehen.
Bisher kann ich keine schädlichen Auswirkungen seiner, er ist heute 10 Jahre alt, selbstbestimmetn Form der Mediennutzung festtstellen. Er zieht reale Kontakte immer dem Bildschirm vor, er spielt viel nicht digital, er geht gerne raus, macht gerne Sport, hat ein gutes Allgemeinwissen, ein kleinen guten Freundeskreis, ist reflektiert und kann im Zelturlaub auf den Bildschirm verzichten.
Es gab und gibt aber auch Phasen, in denen ihm der Verzicht auf den Bildschirm im Urlaub schwer gefallen ist. In den Phasen war er aus verschiedenen Gründen sehr unglücklich und hätte sich gerne abgelenkt. Er lenkt sich immer wieder von unangenehmen Dingen ab, in dem er sich z.B. mit Filme sehen beschäftigt. Aber es kommt auch immer der Punkt, an dem er sich mit den unangenehmen Theman auseinander setzt.
Herzlichen Dank, dass ich meine Sicht der Dinge hier aufschreiben darf und liebe Grüße
Antje
Hi Antja,
herzlichen Dank an Dich für Deine Wertschätzung und Deine Zeilen.
Wenn alle Kinder von sich aus so mit den Medien umgehen könnten, wäre dieses Problem vielleicht keins mehr. Ich kann mir aber vorstellen, dass es anderen Kindern weit schlechter gelingt, auf die Auswahl und die Zeitdauer so zu achten.
Da scheint es mal wieder so zu sein: jedes Kind ist anders und braucht was anderes (bis auf den Kontakt, von dem Du schreibst, den brauchen sicher alle) – und ja, „die Bildschirme“ an sich sind unschuldig, aber wir Erwachsenen könnten uns der möglichen Auswirkungen hier und da womöglich noch etwas bewusster sein.
Liebe Grüße Tim
Hey Tim,
ich finde deinen Beitrag sehr interessant. Ich bin hier eigentlich reinzufällig zu diesem Beitrag gekommen, aber mich spricht der Beitrag doch sehr an. Ich bin selber noch Jugendlicher und kann mich sehr gut mit deinem Text indentifizieren. Für mich gehören meine Schlafstörungen schon länger zum Leben, Depressionen hatte ich auch eine Zeit bzw habe sie manchmal noch und meine Schulischen Leistungen werden auch immer schlechter, da ich mich nicht konzentrieren kann. Das alles liegt ,wie in deinem Beitrag, ziemlich an meinem Handy. Es lenkt mich ab und ich verpasse vieles was in meinem Umfeld passiert, das merke ich selber aber es zu ändern ist schwer. Sozial Media Plattformen drücken einen aus. Man präsentiert sich wie man von anderen gesehen werden will und lernt Leute kennen mit denen man sich im „echten Leben“ garnicht getraut hat zu sprechen. Du willst auch nie etwas verpassen , doch wenn ich genau nachdenke weiß ich garnicht was ich verpassen könnte. Das Handy hat mich aufjedenfall sehr süchtig gemacht und dieser Sucht will ich entgegenwirken und habe mir deine Buch Empfehlung gleich bestellt.
Lieber Tim.
Also … ich bin ganz baff wie du mit den Ängsten der Eltern spielst … dieser Artikel oder auch dieses Buch (Nein ich habe es noch nicht gelesen) haben nicht mit der Realität mit der Wirklichkeit zu tun.. mit 2 Kindern in der Aktuellen Zeit wo du ohne Medien nicht mal dich beim Ballett anmelden kannst oder die Filme und Fotos vom Fussballspiel deines Sohnes nicht bekommt, weil du selbst krank warst und ne Freundin ihn hingebracht hat … wir haben die Medien jetzt schon wir müssen mit ihr Inklusion betreiben wir müssen Bildschirme so bauen, dass sie sowas nicht mit unseren Hirnen anstellen können … aber sie wegzusperren und ihnen daher noch mehr Macht zu verleihen ..nein, das geht echt nicht. Oder wann hast du diesen Artikel geschrieben? Vormittags um 10 und dann ausgeschalten oder doch eher nachts? Ich sag sowas echt sehr selten.. aber das Familienleben sieht echt nicht so aus… Fernsehen verdienen – dem Fernseher überhaupt soviel Macht zu geben..man oh man .. der Junge soll laufen gehen weil es ihm Freude bereitet…nicht böse gemeint aber dieses Angst schüren bei Eltern – wo doch jeder das Beste versucht und dieses schlechte Gewissen einreden und dieses Regeln und Grenzen setzten … davon bekommt man Depressionen .. Freiheitseinschränkung verursacht Depressionen (siehe Sozialpsychologie).
[…] (Mehr dazu unter Wie Zeit vorm Bildschirm Kinder depressiv, faul und verrückt macht.) […]
Hi, habe diese Seite Zufällig entdeckt. Auch wenn der Artikel jetzt schon einpaar Jahre alt ist, immer ein aktuelles Thema. Zum TV Konsum möchte ich sagen, dass ich als Kind (Jahrgang 80) selten vorm Fernsehen saß. Mein Vater fand, dass drei Sender völlig genügten 😉 Im Gegensatz zu meinen Klassenkameraden, hatten wir also keine privaten Sender, was automatisch dazu führte, dass ich weniger vor der Glotze verweilte. Allerdings hatte das bei genau den gegenteiligen Effekt. Sobald ich volljährig war und auszog, wurde ich zum TV Junckie. Ich hatte soviel Nachholbedarf, dass ich, ohne Übertreibung, jede freie Minute am TV verbrachte. Später wurde dieser vom PC abgelöst aber Bildschirm ist Bildschirm. Daher bin ich der Meinung, das weder Verbote, noch absolute Narrenfreiheit sinnvoll sind. Ein verantwortungsbewusster Umgang mit diesen Medien ist das beste, schätze ich.
Danke erst einmal für diesen tollen Artikel…
Ich möchte hier verdeutlichen/rückmelden wie schnell so etwas gehen kann…
Mein Sohn ist 4,5Jahre und wir haben vor 2 Monaten noch eine Tochter bekommen, die super anstrengend ist, do dass ich mich wirklich sehr sehr viel um sie kümmern muss, hinzu kamen andere Probleme im Wochenbett und auch noch ein Umzug mit 2 Wochen altem Baby (leider hing es nicht anders). Mein Mann arbeitet tgl. bis 14 Std. (LKW), schläft dann und konnte halt nur 1-2 Std. unterstützen und für unseren Sohn da sein, wenn er nicht grad einkaufen musste o.ä.. Ich war dann natürlich mit allem überfordert und auch teilweise depressiv so dass mein Sohn sehr sehr kurz kam in dieser Zeit und ganz anders als sonst fernsehen durfte und sogar das Handy von mir bekam damit er eine Weile „allein“ beschäftigt war. Und dann sind ja auch noch Ferien und die Kita ist zu…Natürlich gefiel mir dieser Schritt mit dem Medienkonsum überhaupt nicht und ich habe auch oft deswegen geweint, dass ich mich nicht mit meinem Sohn beschäftigen konnte, war noch depressiver etc. aber ich konnte einfach nicht für ihn da sein, wie er es gewohnt war. Ich war nur noch in der Lage seine Grundbedürfnisse zu decken (Essen,Trinken, Schlafen, etwas Kuschelzeit). Ab und an kamem Oma und Opa, aber das reichte nicht. Bis dahin war mein Sohn es gewohnt täglich mit Mama etwas zu unternehmen, sehr viel draußen und halt auch zu Hause. Spielplatz, Fahrrad.fahren, Backen,worauf wir grad halt Lust hatten.
Nun ist die kurze 2 Monate alt und wird langsaaaam pflegeleichter, so dass ich wieder in die Lage komme klar zu denken und mich auch mehr um meinen Sohn kümmern kann. Fernseher und Handy kommen jetzt natürlich weg. Handy gibt es, wie vorher, nur wenn wir mal beim Arzt sind (ausser Kinderarzt) wegen der langen Wartezeiten.
Wie dem auch sei: mein Sohn hat sich in diesen 2 Monaten verändert. Er ist aggresiv, Wutanfälle wenn ihm etwas nicht passt schmeisst, wirft, tretet, stampft und wird sehr laut, brüllt sogar wenns nicht nach seinem Willen geht. Und es ist mit Sicherheit kein Geschwisterneid! Denn mit der kleinen geht er immer sehr liebevoll um. Grenzen und Regeln sind plötzlich nicht mehr da für ihn. Die Konzentration ist extrem gesunken. Seine Spielsachen umd Bücher, selbst seine geliebten Hörspiele sind völlig uninterresant geworden. Erst wenns ins Bett gehen sollte, fiel ihm dann immer ein, dass er ja heute noch nicht dies und das gespielt hat und er müsse doch erst damit spielen etc., also Diskussionen ohne Ende. Dann war er entsetzt über sich selbst und weinte natürlich entsprechend viel und kann sich nicht wieder beruhigen und braucht Mama um wieder runterzukommen. Er kann seine Emotionen also auch nicht gut regulieren.
Jetzt habe ich wieder die Kraft um mich intensiver um ihn zu kümmern, und während ich hier so schreibe merke ich auch, dass ich ihn zwar bewusst vor dem Fernseher geparkt habe um „Entlastung“ zu haben, weil es einfach nicht anders ging, ich aber im Endeffekt viele Kräfte investieren musste in Wutanfälle, Brüllattacken, Endlos-Diskussionen und Trösten. Der Medienkonsum hat in nur 2 Monaten viel kaputt gemacht was ich jetzt mit ihm mühselig wieder aufbauen muss.
Aber ich weiss wofür und freue mich darauf, wenn wir es dann geschafft haben und er wieder mehr echte Freude hat und nicht diese künstliche.
Würde ich es nochmal tun? Ihn parken?
Ich möchte es nie wieder tun müssen!
Wenn man mehr oder weniger auf sich allein gestellt ist, in schwierigen Lebenssituationen, hat man aber glaube ich manchmal keine andere Wahl.
(Rechtschreibfehler bitte ich zu entschuldigen)