Teile diesen Beitrag "3 Methoden, Entscheidungen im Alltag zu vereinfachen"
Text von: Romy Hausmann
„Entscheidung“ – dieses Wort klingt groß und wichtig. Nach Lebensveränderung. Nach Ehe, Scheidung, Kind, Jobwechsel, Auswandern, Organtransplantation. Nach vielleicht einer Handvoll Weggabelungen im Laufe eines Lebens, rechts oder links, hop oder top, rot oder schwarz.
Dass wir in Wirklichkeit jeden Tag Entscheidungen treffen – und zwar bis zu 100.000 an der Zahl – merken wir oft gar nicht. Angefangen morgens, wenn der Wecker klingelt: Hochquälen oder doch noch mal auf „Snooze“ drücken? Mit dem rechten oder dem linken Fuß aufstehen? Duschen oder Katzenwäsche? Den roten oder den grünen Schlüpfer anziehen? Wahrscheinlich haben wir uns bereits vor der ersten Tasse Kaffee hundertmal für oder gegen etwas entschieden – blitzschnell, aus der Routine heraus scheinbar völlig automatisch und ohne jegliche Anstrengung.
Aber dann gibt es eben auch noch diese anderen Situationen, ebenfalls Lappalien eigentlich – und trotzdem tun wir uns plötzlich elendig schwer, eine Entscheidung zu treffen. Die Frage nach dem richtigen Anstrich fürs Wohnzimmer (Super-hyper-cool-Beton-Granit-Grau oder doch lieber kuschelig-Burgunder-Samt-Rot?) bekommt gefühlt ähnliche Dimensionen wie „Willst Du mich heiraten?“. Die Speisekarte beim ersten Date im Restaurant liest sich mit einem Mal wie Hieroglyphen (lieber den gesunden Salat, das unkomplizierte Nudelgericht oder doch das proteinreiche Steak?). Der Kellner trippelt schon ungeduldig auf der Stelle herum. Dem Date knurrt der Magen in Grizzly-Bär-Manier. Was-tun-was-tun-was-tun? Plötzlich sind wir völlig überfordert, wie schockerstarrt, entscheidungsunfähig. Das raubt uns nicht nur wertvolle Zeit, sondern auch Energie.
Der amerikanische Autor Peter Bregman, der unter anderem Führungskräfte in Sachen effizientes Zeitmanagement coacht, stellt in seinem Buch „Four Seconds“ drei Möglichkeiten vor, Alltags-Entscheidungen zu vereinfachen.
Die erste Methode: Entscheide nach der Gewohnheit
Entscheidungs-Probleme entstehen dann, wenn wir zu viele Möglichkeiten haben. Das fühlt sich auf der einen Seite zwar nach Freiheit und Luxus an. Auf der anderen Seite ist da aber auch immer die fiese kleine Stimme im Kopf, die uns einredet: „Egal, wofür ich mich entscheide, es gäbe bestimmt noch eine bessere Variante.“
Zum Beispiel bei der Speisekarte im Restaurant mit ihren hundert Gerichten. Denjenigen von uns, die damit schon überfordert sind, empfiehlt Bregman, sich eine Routine anzueignen, die eine Entscheidung von vornherein überflüssig macht. „Wenn Du es Dir zur festen Gewohnheit machst, im Restaurant immer Salat zu bestellen, nimmst Du Dir von Anfang an die Entscheidung ab und kannst Deine Energie auf etwas anderes verwenden.“ Dem Date über den Tisch hinweg schöne Augen machen zum Beispiel.
Die zweite Methode: Entscheide nach dem „Wenn/ dann…“- Prinzip
Kennst Du das? Der Kollege, der einem immer wieder ins Wort fällt. Innerlich hab ich das Messer gewetzt, trotzdem weiß ich in diesem Moment nicht so recht, ob ich ihn auf seine Unart hinweisen oder es einfach ignorieren (und ihn mich damit weiter unterbrechen lassen) soll. Bregman empfiehlt für solche Fälle die „Wenn/ dann“-Methode. Das heißt: Ich setze dem unhöflichen Kollegen in meinem Kopf eine Frist: Wenn er mich zum dritten Mal unterbricht, dann werde ich ihn darauf aufmerksam machen. („Klappe zu, Müller!“)
Die dritte Methode: Entscheide nach einer festen Deadline
Das Wohnzimmer ist immer noch ungestrichen, die Farbmuster liegen seit drei Wochen im Fensterbrett und haben bereits eine Staubschicht angesetzt. Die Entscheidung zwischen Super-hyper-cool-Beton-Granit-Grau und kuschelig-Burgunder-Samt-Rot verfolgt mich schon im Schlaf. Trotzdem denke ich: „Ach, kommt Zeit, kommt Rat. Ich warte einfach noch ein bisschen, irgendwann ist die Entscheidung einfach da.“ Fällt vom Himmel direkt in meinen Schoß. Oder kommt aus dem Bauch. Wird sich mir schon irgendwie offenbaren.
Nur: Wie lange will ich eigentlich darauf warten, auf die große Offenbarung? Bis der Farben-Hersteller nächste Saison noch mehr Farben auf den Markt bringt und ich dementsprechend noch mehr Möglichkeiten habe? Die mich wiederum noch mehr in die Entscheidungs-Bredouille bringen?
Bregman sagt:
„Wenn Dir Deine Möglichkeiten alle gleichwertig erscheinen und Du einfach keine klare Antwort findest, dann gibt es vielleicht einfach keine. Und daran wird sich in nächster Zeit wahrscheinlich auch nichts ändern. Außer, dass Du noch mehr sinnlose Zeit und Energie investierst. Triff Deine Entscheidung innerhalb einer festgesetzten Deadline. Zum Beispiel innerhalb der nächsten drei Minuten.“
Wenn uns mehrere Möglichkeiten zur Wahl stehen (ach, dieses Sonnengelb wäre ja vielleicht auch noch eine schöne Farbe fürs Wohnzimmer!), können wir sie aufschreiben. Schriftlich sind Pro und Contra oftmals besser ersichtlich.
Der Vorteil, Entscheidungen innerhalb einer bestimmten Frist schnell zu treffen, liegt auf der Hand: Anfangs spielt die Intuition noch mit. Je länger wir allerdings hadern, desto eher trampeln (und denken) wir unsere Intuition tot. Das ist schade, denn das spontane Bauchgefühl kann bei der Entscheidungsfindung eine große Hilfe sein. Das Unterbewusstsein wird unter anderem durch unsere bisherigen Erfahrungen gespeist und kann laut Hirnforschung einige Millionen Informationen pro Sekunde verarbeiten. Das Bewusstsein dagegen nur 0,1 Prozent davon.
Machen wir uns klar, dass unsere Alltags-Entscheidungen selten welche fürs Leben sind oder sein müssen. Es reicht, eine gute Entscheidung für den Moment zu treffen. Sich zu fragen, was sich in diesem Moment am besten oder passendsten anfühlt.
Also streiche ich mein Wohnzimmer in kuschelig-Burgunder-Samt-Rot. Und selbst wenn ich es in drei Monaten wieder in einer anderen Farbe streiche, habe ich in diesem Moment ein gutes Gefühl. Ich habe eine Entscheidung getroffen. Stecke nicht mehr fest. Komme voran. Habe wieder freie Energie, die ich anderweitig investieren kann. In die Frage, welche Vorhänge jetzt am besten zur neuen Wandfarbe passen zum Beispiel…
Mehr unter 10 Gedanken, wenn Du Dich nicht entscheiden kannst und unter Soll ich oder soll ich nicht? Wie man sein Herz entscheiden lässt in 20 Sekunden und im myMONK-Buch Wie man die richtigen Entscheidungen trifft.
Photo: Question marks / Shutterstock
Für mich entscheidet sich das meiste eher ohne viel Nachdenken, sobald es irgendwie stimmt. Und ich stelle das danach auch wenig in Frage. Vieles geschieht auch einfach so. Es ist dann einfach gesprochen. Und ich halte mich im nachhinein eher heraus aus diesem „geführten“ Ablauf.
Ein paar gute Tricks, für Entscheidungsmuffel, wie mich! Lustigerweise kann ich mich bei größeren Entscheidungen eher festlegen, als beispielsweise bei der Frage, was ich im Restaurant bestellen soll.
Habt ihr auch Tipps für Kompromissentscheidungunen? Das sind ja meistens die schwersten Entscheidungen: Wenn mein Standpunkt das Schicksal anderer mitbeeinflusst bzw. deren Meinung Konsequenzen für mich hat.
In Teams spielen doch häufig Vertrauen und Sympathie die größere Rolle, als stichhaltigen Argumente. In unseren Planspielen bekommt man zum Beispiel das Ergebnis der Teamentscheidung immer gleich auf dem Silbertablett (dem Beamer) in Form von Statistiken serviert. Aber im Arbeitsalltag, gehen die direkten Zusammenhänge von Entscheidungen auch schon mal unter, oder?
Hey Romi,
ich persönlich finde die zweite Variante ja am besten. Man überlegt sich einfach welche Auswirkungen die einzelnen Optionen haben und schaut dann einfach was am besten passt. Wenn es eine Entscheidung ist, die wirklich komplett unwichtig ist, einfach mal aus dem Bauch heraus entscheiden. Ist meistens gar nicht so schlecht!
Liebe Grüße
Tim
Ein schöner Artikel. Finde für mich aber noch keine Lösung für ganz große Entscheidungen, die auf die nächsten 20-30 Jahre wirken, ein Hausbau und Finanzierung z.B.
Hi,
Was mir oft hilft: Die Entscheidung einfach treffen.
Denn hinterher weiß man ziemlich genau, ob es „die richtige“ Entscheidung war.
Falls nicht, kann man oft einfach wieder korrigieren.
Wer meint denn, dass ich nicht heute A und morgen B sagen darf?
Nur keine falsche Scheu und überhöhter Anspruch an sich selbst.
Grüße