Teile diesen Beitrag "Warum Du Deine große Liebe nicht vergessen kannst"
Text von: Lena Schulte
Richard hat soeben Luna kennenglernt, die zukünftige Mutter seiner Kinder. Luna nur ihren neuen besten Freund.
Sarah hatte diesen einen Fehler begangen. Er wollte ihr verzeihen – wollte er wirklich.
Zwischen Ina und Dominik lief es perfekt. Dann kam das Jobangebot aus Übersee.
Es gibt viele Sachen, die wir Menschen so anstellen, um die eine Person zu finden. Der eine tollt im Tinder-Garten, der andere durchläuft jedes Wochenende einen Partymarathon und der nächste lässt sich von Ilse „Washana“ Müller in ein altes Leben zurückführen, um endlich die innere Liebesblockade aufzulösen.
Irgendwann muss es ja mal klappen! Den Partner fürs Leben zu finden ist für viele von uns schwer, sauschwer sogar. Umso berauschender, wenn man ihn dann tatsächlich gefunden zu haben scheint. Diesen einen wunderbaren Menschen, der uns vom Hocker haut. Unseren Menschen. Für den sich alles gelohnt hat. Bei dem wir eine Verbindung spüren, die sonst nur Catherine und Graf Rutherford auf ihrem pittoresken Gut in Nordschottland erleben dürfen, weil sie für eine Rosamunda-Pilcher-Verfilmung vor der Kamera stehen.
Und dann: das Ende – vielleicht noch, bevor es richtig begonnen hat. Auf Wolke sieben mit zweihundert Sachen gegen die Realität gekracht und in tausend Einzelteile zerschellt. Schmerzen und Tränen und der wenig hilfreiche Rat von anderen: „Komm, vergiss ihn / sie einfach!“
Warum aber fällt uns das so schwer … was können wir tun, wenn Vergessen unmöglich scheint?
Es ist normal, nicht loslassen zu können
Die Tage vergehen und vergehen, die Welt verändert sich, nur die Gedanken bestehen darauf, sich weiter im Kreis drehen zu dürfen. Vielleicht sieht eine Zeit lang alles gut aus, endlich geschafft. Doch dann reicht schon eine Kleinigkeit aus, ein Lied, oder ein bestimmter Geruch – und schon steigen die Erinnerungen wieder auf aus ihrem Grab. Und das Hier und Jetzt: wieder nur eine dürftige Notlösung und so viel anders, als es sein sollte.
Ich für meinen Teil komme mir in solchen Momenten wie der einzige Mensch auf Erden vor, der einfach nicht in der Lage ist loszulassen.
Und damit bin ich in bester Gesellschaft. Von der Sehnsucht nach der besonderen Person, mit der es nicht geklappt hat, können laut Umfrage selbst Leute mit sieben Jahrzehnten Lebenserfahrung noch ein Lied des Bedauerns singen. Ja, Siebzigjährige. Rentner, die teilweise für ganze Stammbäume verantwortlich sind und wer weiß was für Hürden im Leben gemeistert haben! Obwohl das in akuten Trauerphasen natürlich nur mäßig berauschende Aussichten sind, zeigt es dennoch: Wir sind nicht allein. Und auch nicht verrückt. Sondern ziemlich normal. Also brauchen wir auch nicht so hart zu uns sein (oder dem Freund, den das gerade erwischt hat). Es liegt nicht nur an uns, sondern auch daran, dass uns das Ende einer Liebe naturgemäß große Trauerenergie abverlangt.
Das Gehirn macht sich die Welt, wie es ihm gefällt
Ein Grund dafür könnte sein, dass uns unser Gehirn im Falle einer Zurückweisung nicht gerade hilft. Immerhin löst das Nein eines anderen – vor allem das „Nein, ich will Dich nicht (mehr) “ – dieselben neurologischen Vorgänge aus, die auch für die körperlichen Schmerzen zuständig sind. Ein Überbleibsel aus den Zeiten, in denen unser Überleben noch von der Gruppe abhängig war und soziale Zurückweisung unseren Tod bedeutet hätte.
Genauso wenig, wie man beim Laufen eine dicke Brandblase unter dem Fuß ignorieren kann, lässt sich also ein gebrochenes Herz mal eben ignorieren. Besonders sensible oder verwundete Menschen, die nach leidvollen Erfahrungen unter einem niedrigen Selbstwertgefühl leiden, trifft eine Zurückweisung natürlich besonders hart.
Oft kommt nach dem ersten Schock noch Hoffnung erschwerend hinzu. Vielleicht wird es ja doch noch was. Wir haben doch so gut zusammengepasst. Vielleicht braucht meine Person gerade einfach nur Zeit, um zu merken, dass ich der Partner fürs Leben bin. Und wenn es wirklich die große Liebe ist und es wirklich sein soll (und das soll es ja) wird es sich schon irgendwie wieder finden. Sowas gab es schließlich schon oft genug – wieso also nicht bei mir?
Klar ist das nicht ausgeschlossen. Als bekennender Fan von Wundern sind mir diese Gedanken auch sehr vertraut. Dann verliere ich mich schnell in Sehnsüchten – und mache mir das Leben im Angesicht der Realität damit noch viel schwerer. Wenn Träume für uns plötzlich zu transzendentalen Vorahnungen werden und Erinnerungen an die schöne Zeit auf einmal die stärksten Motivationsschübe auslösen, uns jetzt erst recht ins Zeug zu legen, ist zumindest Vorsicht geboten. Denn meistens sind Erinnerungen und Träume einfach nur das: Erinnerungen und Träume.
Die Illusionen durchschauen
Da es die verlorene Person eben nur ein einziges Mal gibt, schmerzt es, dass es nie wieder so werden kann, wie es mal war. Und dann sind da noch unsere idealisierten Vorstellungen, wie es denn gewesen wäre, wenn die Beziehung weitergegangen wäre. Wie es sich wirklich entwickelt hätte, das können wir dabei gut ausblenden. Immerhin gibt es dazu keine störenden Fakten.
Allerdings ist auch die große (verlorene) Liebe bloß ein Mensch, der sich mit der Zeit verändert, weiterentwickelt und vielleicht irgendwann absolut gar nichts mehr mit der Person zutun hat, in die wir uns anfangs verliebt haben. Anderenfalls würden wohl kaum so viele Ehen zerbrechen.
Ich selbst habe meine verlorene Beziehung und vor allem ihn als Person mit Vorstellungen vergoldet, die wenig mit der Wahrheit zu tun hatten. Unnötig zu erwähnen, dass ich Ewigkeiten damit verbrachte zu trauern und über ihn hinweg zu kommen. Diesen zweifelhaften Einsatz meiner Lebenszeit bemerkte ich natürlich erst, als ich die Person nach Jahren wiedertraf und mir ein absolut fremder Mensch gegenüberstand, der mir zudem sogar ziemlich unsympathisch war.
In diesem Moment wurde mir eins bewusst: Was uns nach einem Beziehungsende heilt, ist nicht das Vergessen, nicht der Wettkampf im Starksein und nicht das Zurechtbiegen von Erinnerungen auf eine Weise, die uns möglichst nicht mehr weh tut.
Es ist die Erfahrung, dass wir jemanden aus ganzem Herzen lieben, ihm das Beste der Welt wünschen und ihm vergeben können – und dass auch ohne ihn oder sie wieder ein gutes Leben auf uns wartet … ja, vielleicht sogar ein besseres.
Mehr unter Liebe ist nicht genug – 3 harte Wahrheiten über Beziehungen und unter Ist es wahre Liebe? 7 Dinge, die wir mit Liebe verwechseln.
Photo: Depressed young woman von Shutterstock
Ja liebe Lena. Ich schätze, da da hast du dir nicht den hilfreichsten Retter ausgesucht. Das Gehirn.
Eine gute Übung ist für mich die folgende: Sehe ihn einmal genau vor dir. Den Menschen deiner Sehnsucht in seiner schönsten Form. Schaue hinein in die Augen, egal wie schmerzhaft. Dann schaue hindurch, lass die Form blasser werden. Dann nimm wahr, wer hinter ihm erscheint. Nimm auch diesen Schmerz deutlich wahr.
Das Gehirn kann nichts anderes. Es baut eine Form nach der anderen. Gereihte Illusionen. Getriggert von einem eher unsichtbaren Medium, versucht es Schaltungen und baut Formen, um irgendwie nützlich zu sein.
Achte auf die Pausen dazwischen. Alles wird liquider. Wir sehen dann aber mehr von dem Bedeutsameren.
Und das Gehirn ist es, das die Schmerzen macht. Die Energie kann ja weniger fliessen und der Schmutz erreicht die Erde schlechter mit all den Formen im Weg.
Tatsächlich ist das Loslassen selber das Problem, denke ich. Wer sagt denn, du sollst loslassen? Das ist doch auch nur ein Gehirnkonstrukt. Eine Form im Weg des Flusses. Fühle ihn doch einfach in der Ferne oder auch im Jensets, so oft und so intensiv du willst. Wem solltest du damit schaden zufügen? Und wenn du fühlst dann achte darauf, was erscheint, wenn du durch die Form hindurchschaust.
Das Gehirn hat dir schon wieder etwas gebastelt?
Ging direkt ins Mark, Lena. Ich hinterfrage ja viel, quasi jeden Stein am Wegesrand. Aber so habe ich DIESE Geschichte noch nie betrachtet. Vielen Dank, hat mir grad sehr geholfen von Dir zu lesen. Alles Gute!:)
(Danke auch Dir Richard!:)
Ich finde es immer superhilfreich, von anderen Menschen solche Geschichten zu hören, weil man dann wirklich merkt, dass man nicht alleine dasteht. Und das kann schon vieles bewirken, wie ich finde.
Es ist gut, wenn man einen liebevollen „Abschluss“ findet, denn man hat ja immerhin eine intensive Zeit mit dem anderen verbracht und ist mit ihm gewachsen. Man kann aus vielen Gründen zutiefst dankbar für den anderen Menschen und für die Beziehung sein, ohne dass man vergangenen Zeiten hinterhertrauert. Das Lebensglück lässt sich immer wieder finden. Und wie Lena schreibt: Vielleicht wartet sogar ein besseres Leben auf uns …
Ich für meinen Teil, würde die Überschrift für mich anders wählen. Eher der Mann, der für mich als Erster sehr wichtig war. Ich denk nur am Ende eines Lebens, kann man wirklich sagen, welcher Mann bzw. Frau die wahre große Liebe war. Nur hat man diese Möglichkeit nicht mehr.
der Begriff „große Liebe“ ist meiner bescheidenen Meinung nach viel zu sehr idealisiert worden; jede Beziehung tritt mit der Zeit hinter die Vorstellungen und Erwartungen zurück, die Mann oder Frau anfangs darin gesetzt haben – es sind ja nur endorphine Bilder unseres Verstandes/Gehirns. Ich möchte nicht sarkastisch sein, sondern lediglich hinzufügen, dass die „große Liebe“ – ich nenne sie lieber „dauerhaft“ richtig viel anstrengende Arbeit bedeutet.
liebe Grüße, Dieter
Sehr schön erzählt und beleuchtet, liebe Lena (meine Tochter heißt auch Lena)! Es tut wahrlich gut, zu lesen und daran erinnert zu werden, dass man mit seinem Verlustschmerz nicht allein ist und sich für die Trauerphase nicht zu schämen braucht, egal, wie lange sie auch dauert…
DANKE für deinen tröstenden Text!
Schön beleuchtet, auch, wenn ich zugeben muss, die Antworten gab ich mir schon vor langer Zeit selbst. Es ist nun fast ein Jahr her, dass ich den einen kennenlernte und ich merkte es anfangs nicht einmal selbst so sehr wie mein Umfeld es tat. Vermutlich auch, weil ich zu diesem Zeitpunkt noch in einer Beziehung steckte. Einer leider ziemlich kaputten Beziehung, in der uns beiden die Kraft fehlte, weiterzumachen. Besonders mir fehlte sie, denn ich hatte sonst keinen Rückhalt und mein Umfeld auf der Uni war in der Zeit einer Hölle gleich, die sich mir auf den Magen schlug, dass ich zwei Wochen lang nichts oder nur einmal am Tag aß und auch das wieder erbrach. Er war mir einfach sympathisch vom ersten Moment an und er hatte etwas an sich, dass mich prompt wissen ließ: Für den hier geh ich durch die Hölle und wieder zurück. I don’t mind. Ich genoß damals, dass ich mit ihm reden konnte, ohne, dass wir auf die Zeit achteten. Ich habe sogar fast vergessen zu erwähnen, dass ich meinen Freund habe seit Jahren. Als es mir bewusst wurde, sprach ich mit meinem Freund, denn ich habe keine Geheimnisse vor ihm, das ist bis zum heutigen Tag so und nein, wir sind nicht mehr zusammen. Im Endeffekt war das ganze wie ein Traum, aus dem ich nie mehr aufwachen wollte, selbst, wenn mein Körper dabei kaputt gegangen wäre, denn ich war in einem Strudel aus glücklich sein, verzaubert sein und konstanter Übelkeit und Stress. Es war schon eigenartig, dass ich letzteres in seiner Nähe komplett vergaß und ich lachen konnte. Auch er schien Gefühle zu haben, sonst wär es niemals so weit gegangen, wie es ging. Aber die Sache zwischen uns hatte einen großen Haken: Er plante schon lang ins Ausland zu gehen und das tut er jetzt auch. Die Sache ist außerdem schon lange vorbei, denn er beendete es aus Vernunft im Oktober und ich war ihm nicht mal böse. Ich wusste es einfach, dass er sich so entscheiden würde, denn ich hätte es auch nicht anders getan. Es ist nicht einfach von Liebe zu reiner Freundschaft zu gehen. Wirklich nicht. Es gibt Tage, an denen strauchel ich noch immer, aber um nichts auf der Welt hätte ich diesen Mensch komplett gehen lassen wollen. Dafür hat er mir in kürzester Zeit zu viel ermöglicht, zu viel gezeigt und ich wünsch mir nichts mehr, als das er glücklich ist, wer wär ich dann also, wenn ich ihn verfluche nur weil er seine Träume umsetzt? ich halte jeden Tag in Erinnerung, in meinem Kopf und meinem Herzen und vielleicht, vielleicht, vielleicht, vielleicht darf ich noch einmal im Leben Schmetterlinge spüren, etwas, was ich dachte, dass ich sowieso nie haben werde. Zuerst jedoch muss ich mich – mal wieder – kitten. Ich hatte über einige Monate einen zunehmend ungesunden Kontakt, der mein kümmerliches kleines Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl in Stücke geschlagen hat und ich stellte Anfang der Woche mit Entsetzen fest, dass ich nicht da bin, wo ich sein wollte und überhaupt weit weg bin von dem, was ich Dank dieser einen Liebe geworden bin. Ich bin wieder nur in meinem kleinen schwarzen Loch und kratz mir eine Treppe ins Gestein, um rauszukommen.
Danke für diesen Beitrag.
Es hilft mir im Moment ein wenig hinwegzukommen über den Trennungsschmerz. Und dass es Hoffnung gibt sich neu zu verlieben….. dieser Gedanke macht Mut.
Schlimm ist nur dass ich in meinem Fall noch nicht mal weiss warum…
Wenn man nicht mal die Möglichkeit bekommt nachzufragen weil Messenger und Telefon blockiert werden….. damit kann ich schwer umgehen….immer ist da dieses warum???? gibt es dafür vielleicht auch einen Rat?
Mir geht es derzeit identisch. Kein Kontakt. Urplötzlich…
Keine Antwort auf das Warum.
Diese Ungewissheit zerreißt das Herz!
Leider habe ich (noch) keinen Rat für Dich, aber wisse, auch in diesem Fall bist Du nicht allein. Ich wünsche Dir die Kraft da bald drüber hinweg zu sein!
Möge jedes geschundene Herz erst Frieden und dann Liebe erfahren.
LG, S.