Teile diesen Beitrag "Die 5 Orte, an denen unglückliche Menschen das Glück suchen"
Text von: Romy Hausmann
„Glück ist keine Station, bei der man ankommt, sondern eine Art zu reisen.“ – Margaret Lee Runbeck, amerikanische Autorin
Es gab eine Phase in meinem Leben, da hat mir alles wehgetan. Jeder Körperteil, jeder Gedanke. Die ganze Welt drückte mir auf den Kopf und verursachte Schmerzen wie eine Art chronische Migräne, gegen die kein Mittel zu helfen schien. Ich war fertig. Konnte nicht mehr. War ausgebrannt, ziellos, allein.
Ich wollte endlich wieder glücklich sein.
Also begann ich, nach dem Glück zu suchen. Irgendwo musste es sich doch versteckt haben, dieses scheue kleine Etwas. Ich suchte und suchte (komm raus, Glück, puttputtputt!) und suchte unablässig – an den, wie ich heute weiß, völlig falschen Orten.
Ich suchte das Glück in meinem Geldbeutel
Geld macht glücklich. Glück ist käuflich. Neue Klamotten, neue Wohnung, neues Auto mit vielen PS und schnell genug, um das Glück einzuholen – damit donnerte ich gleich mal ungebremst in die erste Sackgasse. Ernüchterung, Enttäuschung.
Alles, was wir uns kaufen können, ist ein kleiner Kick, der wirkt, während wir die Kreditkarte durch den Schlitz ziehen. Der wirkt, während wir uns in unseren schicken, neuen Klamotten zum ersten Mal vor dem Spiegel drehen. Und dann lässt er nach, dieser Kick – und wir kaufen wieder was Neues und wieder was und wieder was. Wie ein Junkie, der sich von einem Schuss zum nächsten hangelt. Süchtig nach Zeug – aber glücklich nicht.
Im Gegenteil sogar, wie der Neurobiologe Gerald Hüther meint: „Wenn es so weit gekommen ist, dass jemand nur noch Augenblicke von Glück erlebt, wenn er Shoppen geht, dann ist das schon ein ziemliches Problem. Das übersteigt ja dann auch schnell das eigene Budget. So entsteht Stress, noch mehr Geld muss aufgebracht, noch mehr gearbeitet werden, damit man sich das alles leisten kann. So etwas kann ziemlich aufreibend werden und nicht selten gar in einem Zusammenbruch, einem Burnout, enden.“
Ich suchte das Glück in einer neuen Beziehung
Ein neuer Partner musste her, ganz klar, und das hochtechnologisch und zeitsparend gleich per Mausklick. Und jetzt, mein Schatz, mach mich glücklich, los! Ein wackliges Fundament aus unrealistischen Erwartungen. Eine Beziehung zu führen heißt auch, selbstlos zu sein. Bereit sein, zu teilen. Ich jedoch hatte nichts zu teilen, bis auf meinen Weltschmerz und meine chronische Unzufriedenheit.
Niemand hat die Pflicht, einem anderen etwas zu geben. Liebe ist keine Bringschuld. „Wenn du dich selbst nicht liebst, wirst du kaum jemand anderen lieben können. Wenn du nicht freundlich zu dir selbst bist, kannst du zu niemandem freundlich sein“, hat Osho gesagt. Und Recht damit gehabt, zumindest in meinem Fall: Nach drei Wochen war ich wieder Single – und unverändert unglücklich.
Ich suchte das Glück in meinem Spiegelbild
„Wenn ich erst schön bin, dann bin ich auch glücklich.“ Eine Kleidergröße weniger, ein paar Muskeln mehr. Bizeps, Trizeps, Sixpack, Achtpack – ach komm, was soll’s, nehmen wir das „Pack“ doch einfach gleich im Dutzend. Wir trainieren bis zum Umkippen, hungern uns auf Strichmännchen-Maße. Starren in den Spiegel – und sehen darin trotzdem (oft) kein glückliches Gesicht.
Wir haben das Glück dann an der äußeren Hülle festgemacht, das Geschenk am Geschenkpapier – und nun: erneute Ernüchterung. Das Gefühl innendrin bleibt das Gleiche und hat mit Glück schon wieder nichts zu tun. (An diesem Punkt aß ich dann aus Frust Schokolade. Auch gerne mal einen Six- bis Zwölf-Pack davon.)
Ich suchte das Glück im Erfolg.
Wer erfolgreich ist, wird beachtet. Hofiert. Gefeiert. Geliebt. Das muss doch glücklich machen, oder? Also noch eine Sprosse höher auf der Karriereleiter. Ein größeres Projekt, ein besserer Job (mit noch mehr Überstunden und noch weniger Freizeit), die fettere Kohle, die schönere Visitenkarte. Und dann?
Der englische Comedian Russel Brand hat es mal so formuliert: „Ich ging den Pilgerweg des Ruhms, ich ging in die Tempel des Konsums, stand in den Hallen der Celebrities – und ich merkte, dass sie leer sind. Je mehr ich die Dinge bekam, die ich vorher wollte, erhärtete sich in mir die Einsicht, dass das alles Placebos sind. Ich war berühmt, ich spielte in Filmen, aber das alles war ein großer Scheißdreck.“
Ich suchte das Glück… woanders
Flucht aus dem Alltag, der nicht glücklich macht. Ablenkung, Verdrängung. Ausgehen, trinken, irgendwas einwerfen, um die Leere zu betäuben. Fernseher an für eine andere (bessere) Realität. Eine Urlaubsreise dorthin, wo die Sonne heller scheint und die Farben bunter sind. Das hat immer gut geklappt – für einen Abend lang oder auch mal für eine Woche. Dann war ich zurück in meinem Alltag, und habe gemerkt: Gar nichts hat sich verändert. Meine Probleme waren immer noch da. Haben während meiner Abwesenheit das Haus gehütet, auf mich gewartet, mit den Fingern langsam auf dem Tisch getrommelt und zur Tür geschaut. Oder waren inzwischen sogar noch größer geworden. Verdrängung macht nicht glücklich, sondern schlimmstenfalls krank.
Schöner Mist, mal ganz abgesehen davon, dass mir nun die Ideen ausgingen, wo ich denn sonst noch nach dem Glück suchen sollte – und das war im Grunde das Beste, was mir passieren konnte. Das erste echte „Glück“ seit langem, wenn Du so willst.
Denn endlich schien ich etwas zu begreifen.
Wo wir das Glück doch noch finden können
Heute denke ich: Glück ist kein Ort, zu dem man mit dem nächsten Bus hingelangt, mit Vollgas, mit dem richtigen Style oder mit Hilfe irgendwelcher Mittelchen oder Pillen zum Einnehmen (auch wenn da manchmal Smileys drauf sind, die einen vom Gegenteil überzeugen wollen). Genauso wenig können wir unser Glück an anderen Menschen festmachen, ihnen die Verantwortung dafür in die Schuhe schieben.
Glück ist nichts Äußeres, sondern liegt in und bei uns selbst.
Indem wir achtsam sind, bemerken wir die vielen, manchmal mikroskopisch kleinen Dinge, die das Leben auch dann noch gut machen, wenn’s mal nicht so rund läuft. Wenn wir dafür dankbar sind, bleibt uns auch in den schlechtesten Zeiten noch eine Reserve an Zufriedenheit.
Und vielleicht genügt es ja auch schon, sagen zu können: „Ich bin zufrieden.“ Vielleicht ist das sogar schon ziemlich viel.
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Photo: Susanne Nilsson
Toller Text Romy, vielen Dank dafür!
Du sprichst mir aus der Seele…
LG
Vielen lieben Dank, Henry!
Das erinnert mich an Eckhart Tolle, Romy. Er ist auch erst angekommen, als er den Störenfried erkannte. Das Denken. Und Aktionismus.
Erkennen wir doch alle irgend wann, dass wir mit unserem Wollen meist das Gefühl haben wollen, das sich mit den Dingen mal eine Weile meldet.
Dann erahnen wir es vielleicht. Was wir suchen ist gar nicht im Land des Bekannten. Es ist im grossen Unbekannten, im Undenkbaren. Und das Denken und Wollen verdunkelt eher das Erspüren dorthin.
Es lässt unsere inneren Sinne erlahmen. So kann es mit unter dauern, bis wieder etwas Vertrauen im Nebel aufsteigt. Und mit Vertrauen dann vielleicht Zufriedenheit, die sich lange einfach nicht herbeidenken ließ.
Ganz wunderbar, formuliert, Richard. Vielen Dank dafür (nein, eigentlich vielen Dank für alle Deine Kommentare, die sicher viele von uns als sehr bereichernd empfinden).
Liebe Grüße
Romy
Danke, das freut mich zu lesen, Romy.
Ein wunderbarer Text… Manchmal drehe ich mich aber trotzdem noch gerne noch in neuen Klamotten vor dem Spiegel 😉
Wer nicht, Indie? 😀
Geld ist nicht Alles, doch reicht es nicht aus, ist es wieder Alles.
Gähnende Leere im Kühlschrank?
Du kannst deine Rechnungen nicht bezahlen?
Du kannst..
Die zum Thema Geld.
Und was die Achtsamkeit und das Gewahrsein angeht, dass sind nur Spielzeuge des ICH.
Habe einen schönen Tag, mit oder ohne Geld, wen interessiert das schon wirklich.
Glück ist nur ein Wort, dass individuell interpretiert wird. Glück, ist weder innen noch außen zu finden, es ist überhaupt nicht vorhanden. Glück, beschreibt einen individuellen Zustand oder ein individuelles Ereignis, jenes das Etikett Glück verpasst bekommen hat.
UnGLÜCK auch so ein krankes ICH Wort.
Super Text, danke dafür.
Du schreibst wirklich toll Romy.
… und wie könnte ich allein wegen solch eines schönen Kommentars nicht glücklich sein? 🙂 Vielen lieben Dank, Jutta!
Ich wollte nur sagen, das ich rundherum zufrieden bin!
Eine sehr mutige Meinung, aber diesen Eintrag hat sich gut gelesen.
Liebe Romy, wieder ein sehr schöner und sehr wahrer Text von dir. Vielen herzlichen Dank und liebe Grüße
von Ivaine
P.S: Richards Kommentare lese ich auch immer sehr gerne
Und ich danke Dir, liebe Ivaine, fürs Lesen und Loben 🙂
Viele Grüße zurück, Romy
Treffend! Glück ist kein Haben sondern sein, wie es bereits einige kluge Köpfe in der Vergangenheit konstatiert haben. Von einem Mangel ausgehend werden wir egal was wir tun oder erhalten nicht glücklich sein. Wer jedoch überlegt was er selbst kann und beitragen kann wird aus den Vollen schöpfen.
Schöner Artikel
„Wer jedoch überlegt was er selbst kann und beitragen kann wird aus den Vollen schöpfen.“
That’s it!
JEDER kann etwas, das er beitragen kann zu einem ganzen Guten.
Um etwas Ganzes zu schaffen, reichen viele kleine Puzzleteile und braucht’s keines Wettbewerbs
à la „ich habe aber mehr gegeben, gemacht.“
Und soeben ist auch bei mir eben wieder ein Knoten geplatzt.
Danke für Deine ‚Inspiration‘, Denis! ;-))
Danke Romy,
Du hast mir mit Deinem Text geholfen, hinter den Vorhang zu sehen. Mal gespannt, ob es mir hilft.
Ich stimme dir absolut zu! Das Glück finden wir nur in uns selber! Total gut.
Schlaue Worte! 🙂
Ich selbst kam auch vor einiger Zeit plötzlich auf den Gedanken. Wir verreisen heutzutage ja ständig in die entlegendsten Ecken der Welt, weil wir irgendwie auf der Suche nach dem Glück sind. Aber auch der Film diesbezüglich (hab grad den Namen vergessen) hat uns schon gezeigt, Glück liegt nicht irgendwo rum, es ist kein bestimmter Ort. Es ist ALLE Orte! Weil wir es die ganze Zeit mit uns rumtragen. Deshalb schrieb ich auch in einem anderen Kommentar, wir sollten uns vielleicht darauf konzentrieren mal wieder mehr Liebe zu geben und wieder Leidenschaft in unser Leben legen. Dann merken wir, dass das Glück schon immer da war, wir es nur vor Blindheit nie gesehen haben. Weil wir von einer Weltverbesserung zur nächsten hasten… Dumm ist nur der Mensch. Und dabei auch noch jeder selbst der dümmste. 😀
Hi Romy!
Ich habe deinen Text nun schon ganz oft gelesen, und ich würde dir grundsätzlich auch absolut Recht geben mit der Aussage, dass man das Glück weder in irgendwelchen materiellen Dingen findet, noch in Ruhm und Reichtum, noch dürfen wir andere Menschen (etwa den Partner) für unser Glück verantwortlich machen.
Ich finde es aber irgendwie trotzdem wichtig und verständlich, einen Partner haben zu wollen, einen Job der einen erfüllt, und ich finde es auch gar nicht schlimm, wenn man mal nicht die Stärke hat, sich mit einem neuen Pulli zumindest ein wenig kleine, nicht lang währende, Glücksgefühle zu erkaufen. Irgendwie sind wir doch alle nur Menschen!
Liebe Grüße, Holly
Zitat: „Und vielleicht genügt es ja auch schon, sagen zu können: „Ich bin zufrieden.“ Vielleicht ist das sogar schon ziemlich viel.“
Aus meiner Sicht — DAS ist es.
Hallo!
Vor ein paar Jahren ‚antwortete‘ mir mal ein befreundeter Banker auf meine Aussage, dass ich zufrieden sei:
“ Nee, das halte ich für eine grundverkehrte Einstellung. Wenn man erstmal zufrieden ist, hört man auf zu leben.“
Mich hat das sehr ins Straucheln gebracht. Sollte tatsächlich etwas an seiner Aussage stimmen?
Das hat mich ziemlich lange beschäftigt. Ich gab mir also noch mehr Mühe mit Beziehungen, Kindern, beruflichem Fortkommen uswusf. Und es hat mich aufgebraucht.
Vielleicht hat er es anders gemeint, als ich es verstanden hatte.
Heute kann ich mit Fug und Recht behaupten, dass ich zufrieden bin.
Ich bin einigermaßen gut durch eine Krankheit gegangen, habe trotz Unbillen ein gutes Verhältnis zu meinen Kindern, habe ein Dach über dem Kopf, zu essen jeden Tag (wenn auch ein vom Geldbeutel diktiertes), finde Lösungen für Probleme, kann unschöne Momente aushalten, überwinden und wieder lachen und fühle mich reich beschenkt.
Ich finde, ich darf zufrieden sein.
Und manchmal überkommt mich ein Schauer des Glücks. Dann ist es zum Weinen schön und zwar immer dann, wenn das Erlebte voller positiver Energie steckte und ich den Spirit zwischen/in einer Menschenmenge spürte.
Das ist besser als Sex — ich schwöre! ;-))
Wow das ist super geschrieben und beschreibt alles was ich aus drücken will.
Ich werde es in meine Therapie Stunde mit rein fließen lassen.
Ich hab alles diese Punkte so ziemlich durch.