Teile diesen Beitrag "Dieses Zitat bringt auf den Punkt, warum unsere Gesellschaft so kaputt ist"
Die Menschen hetzen sich ab, wollen immer mehr. Mehr Geld, mehr Karriere, mehr PS, mehr Sex. Mehr, als zu holen ist. Prallen dabei steinhart aufeinander wie Abrissbirnen, reißen Beziehungen ein, die Grenzen anderer, ihre eigene Gesundheit. Pausenlos, in Eile und im mit einer Freudlosigkeit, die sich genauso bedenklich ausbreitet wie die tausenden To-dos und Termine im Kalender.
Warum ist das so, was passiert da in unserer Gesellschaft?
In seinem 1970 erschienenen Buch Does It Matter? bringt’s der Philosoph Alan Watts auf den Punkt (die Übersetzung ist von mir):
Was sind die Dinge wert, die wir anstreben, weil sie angeblich gut für uns sein sollen … und was ist wirklich gut für uns?
Diese Frage ist absolut tabu. Denn ergründeten wir wir sie ernsthaft, dann würden die gesamte Wirtschaft und die soziale Ordnung auseinanderfallen und müssten komplett neu aufgebaut werden. Es wäre, als fände der Esel heraus, dass die Karotte, die er vor der Nase hat und die ihn rennen lassen soll, an seinem eigenen Kopf befestigt ist.
Das „Gute“, das wir so sehr wollen, existiert für uns immer nur in der Zukunft. Weil wir im Hier und Jetzt mit dem Greifbaren, mit dem, was gerade da ist, nichts mehr anfangen können, sind wir noch am glücklichsten, wenn wir gute Dinge erwarten, nicht wenn sie passieren. Wir bekommen so einen Nervenkitzel dabei, in Richtung zukünftiger Freuden zu schauen und zu rennen, uns abzuhetzen, dass wir nicht mehr abbremsen und sie genießen können, wenn wir sie tatsächlich erreicht haben.
Das macht uns zu einer Gesellschaft, die unter chronischer Enttäuschung leidet – ein gewaltiger Schwarm von verzogenen Kindern, die ihre Spielzeuge kaputt machen.
Wir verwechseln das wirklich Wichtige mit dem enttäuschenden Spielzeug und bezahlen mit der Gegenwart dafür. Genau dazu sollen wir auch verführt werden. Denn es hält uns – wie Kinder – beschäftigt, und solange wir beschäftigt sind, stellen wir keine unangenehmen Fragen, bleiben schön angepasst und fleißig.
Siehe auch: Weniger besitzen ist gut. Weniger wollen ist besser und Haben oder Sein? sowie An alle die glauben, sie hängen im Leben hinterher und Wie die Welt funktioniert (in 10 Sätzen).
Photo: Gary Winfield
Hallo Tim,
„Denn es hält uns – wie Kinder – beschäftigt, und solange wir beschäftigt sind, stellen wir keine unangenehmen Fragen, bleiben schön angepasst und fleißig.“ Genau das trifft den Nagel genau auf den Kopf!! Ich bin der selben Meinung. Vor einer ganzen Wiele habe ich eine super Schulung von Vera Birkenbihl mitverfolgt. Da ging es auch um dieses Thema und dass wir alle in einem Teufelskreis gefangen sind weil wir schon von Kindesbeinen an von unseren Eltern in Schubladen gedrückt werden und nicht in der Lage sind uns frei und individuell zu entfalten. Ich fand immer toll dass sie ihr Ding macht egal was alle anderen sagten. Auch ich versuche mich daran zu halten aber aus den Fängen der Gesellschaft zu kommen ist nicht so einfach. Leider.
LG Lin
Lieber Tim, DEINE das Zitat ummantelnden Zeilen PLUS die allgemein gehaltenen und damit recht zeitlosen Gedanken Watts‘ ergeben zusammen einen perfekten Blick auf die gegenwärtige Situation, den heutigen Ist-Zustand der „first world“-Gesellschaft. 🙂 Kurz: Gut zitiert UND gut formuliert. *wink*
Ich bin zuversichtlich, dass immer mehr Menschen hinter diese absurde Dynamik kommen und sich wieder darauf besinnen, was ihre wirklichen Bedürfnisse sind. Mich macht dieser ganze Werbeterror inzwischen richtig aggressiv. Ständig werden einem schwachsinnige, unnütze Dinge eingeredet, bis der Kopf platzt. Konsum ist die Religion der Gegenwart und Religion ist Opium für das Volk. „Shoppen gehen“ ist inzwischen die einzige Freizeitbeschäftigung für viele. Schade, wenn das den Kindern schon so vorgelebt wird, anstatt Ihnen die Welt außerhalb von Shoppingmals und Innenstädten zu zeigen. Wie sollen daraus kritische und emphatische Menschen werden, wenn sie die Realität kaum kennen?
Warum nimmt am Abend die Geschwindigkeit unseres schnell drehenden Karusells ab?
Weil die Gruppe von Leuten, die es anschuppsen, abnimmt.
Das Verlangen nach mehr, höher, weiter, günstiger, schneller, umfassender, besserer, usw.nimmt ab.
Es tritt eine gewisse Sättigung ein, wenn man es zulässt, innerlich loszulassen, es einfach ausklingen lässt, es genug sein lässt und sagen kann: passt schoh‘
Kapitalismus macht kaputt und ist widernatürlich
Wenn alles stillsteht bewegt sich nix mehr. Weisheit kommt wenn man innehält und nachdenkt….sinnvoll
Dies ist ein sehr wichtiges Thema, mit dem sich jeder beschäftigen sollte. Es könnte nur sein, dass die alten, falschen Werte wegfallen und erst mal eine Leere da ist. Eine Leere, die man mit Bedacht füllen sollte. Denn solch eine Leere kann unangenehm, sogar verwirrend sein.
nennt man auch arbeitslosigkeit,,, aber haste recht! is nich soo angenehm!!
[…] „Wir bekommen so einen Nervenkitzel dabei, in Richtung zukünftiger Freuden zu schauen und zu rennen, uns abzuhetzen, dass wir nicht mehr abbremsen und sie genießen können, wenn wir sie tatsächlich erreicht haben“, schreibt Alan Watts über unsere chronisch enttäuschte Gesellschaft. […]
[…] dazu unter Dieses Zitat bringt auf den Punkt, warum unsere Gesellschaft so kaputt ist sowie 5 Gründe, anders zu sein und Muße: Das Leben ist mehr als bloßes […]
Hallo lieber Tim,
ich glaube, unsere Gesellschaft ist gar nicht so kaputt, wie wir häufig annehmen. Nie zuvor gab es so viele Menschen, die sich freiwillig für andere Menschen engagieren. Es war früher undenkbar, dass Nationen anderen Nationen in einem Katastrophenfall zur Hilfe kommen. Die Frage ist glaube ich, worauf wollen wir unsere Aufmerksamkeit richten? Sicher gibt es Hunger, Kriege und Terror. Aber es gibt auch Ärzte ohne Grenzen, tausende Ehrenamtliche, die im Flüchtlingsbereich arbeiten und ein erstes völkerrechtlich bindendes internationales Klimaschutzabkommen.
Liebe Grüße,
Carsten
In dem Text steht ständig wir und uns. Woher willst du wissen , dass es mir so geht wie hier beschrieben?
Ich empfinde nicht so und auch viele um mich herum nicht.
Ich bin sehr glücklich wenn Dinge jetzt passieren . Ich bin auch nicht chronisch enttäuscht. Ich kenne viele Kinder , die ihr Spielzeug nicht kaputt machen . Du brauchst nicht alles auf die Gesellschaft schieben , wir haben einen eigenen Willen und ich übernehme die Verantwortung für mich selbst.
gut geschrieben … Danke … alles zu verallgemeinern, ist sicherlich nicht richtig, aber so den einen oder anderen Anstoss kann so ein Text schon geben 🙂
@Lothar: Das hast du gut erklärt und mir geht es gerade so. Fühle mich total leer weil nach der Arbeit nichts mehr passiert womit ich meine Zeit sinnvoll verbringen kann. Dann suche ich vergebens nach neuen Freizeitaktivitäten damit die Zeit vergeht. Jedoch erkenne ich langsam das man Zeit für sich einfach geniessen kann.
Deine letzte aussage ist ein ansatz an dem man arbeiten kann. traurig dass du das erst langsam erkennst. So zu denken halte ich für normal!! Noch trauriger ist jedoch dass du nach freizeitaktivitäten suchst und keine findest… armes phantasieloses wesen:(
[…] meisten von uns. Was uns fehlt, ist nicht Zeit, sondern die Entscheidung, sie richtig zu nutzen. Wir hetzen durch die Tage und Jahre, verwechseln Beschäftigtsein mit Erfüllung. Sammeln irgendwelche „Erfolge“, die uns […]
[…] dazu unter Warum unsere Gesellschaft so kaputt ist und Warum unsere Gesellschaft so pausenlos […]
Gibt’s das Buch von Alan Watts als deutsche Fassung?
[…] Mehr dazu unter Was Dein Herz Dir sagen will und unter Dieses Zitat bringt auf den Punkt, warum unsere Gesellschaft so kaputt ist. […]
[…] Mehr Geschichten aus dem Taoismus findest Du unter Sei wie der hässliche Baum und unter Du kannst nie wissen, wofür es gut ist. Siehe auch Warum unsere Gesellschaft so kaputt ist. […]
Es sind unsere Systeme, die marode sind und veraltet. Ob Gesundheits-, Finanz-, Bildungssysteme oder Erziehungs system, die uns regeln und ratgeben wollen. Unbewusst, wie wir immer noch zumTeil sind, werden wir dann auch geregelt und beratgabt.
Doch die Systeme bröckeln bereits in unserem Prozess der Bewusstwerdung. Sogar die Kirchen verlieren zunehmend Macht, indem wir erkennen, wie absurd und menschgemacht die Angstmacherei ist und der Handel mit Schuld. Mancher wird vieles als Leere oder Chaos empfinden. Zeichen von eher geringem Vertrauen in sich und usere intuitiven Fähigkeiten einen Paradigmenwechsel.
Seit kurzem schreibe ich jeden Tag ein schönes Erlebnis in ein kleines Buch. Es muß nichts spektakuleres sein. In Gedanken gehe ich den Tag durch und ich erinnere mich z.B. daran das mein neuer und mein alter Hase mich nun Zeitgleich begrüßen wenn ich ihnen das Futter bringe, oder das ich einen lustigen Tag auf der Arbeit verbracht habe, besonders gut geschlafen habe oder das eins meiner Paprikasamen aufgegangen ist. Ich möchte gerne den Tag bewusster erleben und es funktioniert.
Es ist wohl grundsätzlich nichts falsch daran, sich in die Themen der 1968er hinein zu versetzen, was wir mit dem Lesen dieses Buches von 1970 wohl tun würden. Aus heutiger Sichtweise ist die Darstellung wohl nur eine extreme Sichtweise, die den damals noch extremer erfolgsorientierten Mainstream nach einem Ausbruch aus Zwängen und Regeln gegenübergestellt wurde.
Sicher ist die Welt nach den seither vergangenen 50 Jahren noch immer durchdrungen davon. Doch gibt es heute zunehmend Bewegungen, Strömungen und Wahlmöglichkeiten für den Einzelnen. Je nach Erziehung des Einzelnen kann wohl der Weg heraus immer noch ganz schön Mut, Selbstwertgefühl, oder eben Schmerz verlangen. Doch gibt es auch Hoffnung. Nicht nur die gezeichnete Dunkelheit. Wenn auch unsere Systeme allesamt nicht mehr so ganz passend und zu überholen sind.
Mir scheint, so manche flüchten sich auch in eine Haltung, wonach uns die Gesellschaft keine Wahl liesse.
LG Richard