Teile diesen Beitrag "Work-Life-Ballance ist Unsinn. Hier 4 bessere Alternativen."
Ganz schön viel manchmal. Ganz schön viel Arbeit und ganz schön viel noch daneben. Arzttermine (Vorsicht, Witz: Kommt ein Skellett zum Arzt, sagt der Arzt: Sie hätten früher kommen sollen). Reifenwechsel, Familienfeiern, volle Mülleimer und leere Kühlschränke, laute Nachbarn und leise einschlafende Beziehungen.
Wie können wir diese Dinge jonglieren, ohne dass am Ende alles in Scherben auf dem Boden liegt?
Geh bitte nachhause, Work-Life-Balance, bitte
So nicht.
Wenn ich einen Begriff ab 2016 nicht mehr hören will, dann ist es „Work-Life-Balance“. Weil er nervt. Und weil er blöde ist. Denn:
- Arbeit und Leben sind keine Gegenpole, keine getrennten Dinge, die man wie Äpfel auf zwei Waagschalen portionieren könnte, bis sie gleichschwer sind. Arbeit ist Teil des Lebens, gehört zum Leben. Und das Leben ist immer größer (man kann leben, ohne zu arbeiten, aber nicht arbeiten, ohne am Leben zu sein).
- Arbeit und Leben klingt nach Entschädigung: Arbeite genug (kotz!), dann kannst Du ein bisschen Pause machen (juhuu!).
- Es gibt kein Gleichgewicht im Leben, weil nichts stillsteht. Die Umstände wie unsere Bedürfnisse. Mal ist der Beruf das wichtigste für uns. Freiwillig aus Leidenschaft oder zur Ablenkung, oder weil uns das Geld ausgeht und wir Mutti schon alles Geld aus dem Portemonaie geklaut haben. Mal sind es die Beziehung oder die Kinder oder das Kindermädchen.
- Suchen wir trotzdem nach dieser „Balance“, müssen wir scheitern. Werden unzufrieden. Da können wir auch gleich versuchen, Eier im kalten Wasser zu kochen.
Keine Sorge, ich will nicht darauf hinaus, dass wir „nie wieder arbeiten müssen, wenn wir eine Arbeit gefunden haben, die wir lieben“, weil auch das Käse ist und vielleicht sogar noch blöder. Arbeit bleibt Arbeit, und verdammt, was soll daran so schlimm sein. Solange wir ihr was abgewinnen können sie uns nicht dazu bringt, aus dem Fenster zu springen.
Zum Glück gibt’s andere Wege, mit dem ganzen bunten, verrückten Haufen klarzukommen.
Die Alternativen
Bei FastCompany hab ich von drei Alternativen zur Work-Life-Balance gelesen:
1. Work-Life-Boundaries
Grenzen (boundaries) setzen, damit das eine nicht vom anderen überrannt wird. Räumliche und zeitliche Inseln schaffen, auf denen keine Arbeit strandet. Zum Beispiel keine Mails im Bett checken oder wenigstens nicht beim Sex. Spätestens 20 Uhr Feierabend machen.
Als ich bemerkte, wie meine Energie-Reserven schwinden, hab ich für viele Monate zwischen Freitagabend und Montagmorgen gar nichts gemacht, was mit Arbeit zu tun hatte – alles eine Frage der Gewohnheiten, und eine sehr heilsame Erfahrung.
2. Work-Life-Negotiation
Wenn ein großes Projekt ansteht, müssen wir andere Dinge ab und an hinten anstellen. Wenn immer große Projekte anstehen, wird alles, was zu lange hinten anstand, irgendwann gehen. Die Gesundheit, die Partnerschaft, die Frau. Was helfen kann, ist eine Verhandlung (negotiation): „Liebe Ehefrau, wenn ich dieses Projekt annehme, muss ich den nächsten Monaten ranklotzen und komme später heim. Dafür fahren wir anschließend eine Woche nach Disney-Land.“ Verhandeln können wir auch mit uns allein, zwischen unseren eigenen Bedürfnissen, falls die Frau doch schon weg ist.
3. Body-Mind-Balance
Unsere Energie managen statt den Terminkalender und die Lebensbereiche.
Wir achten darauf, was uns gut tut. Darauf, dass unsere Batterien immer wieder gefüllt werden. Bekommen wir genügend Schlaf? Machen wir ausreichend Pausen (idealerweise alle 90 Minuten oder häufiger)? Bewegen wir mehr von uns als nur Augend, Mund und Fingern? Wissen wir noch, wie Obst aussieht? Können wir uns noch konzentrieren?
Hier geht es um einen Rhythmus, der zu uns passt, um ein Spiel aus Anspannung und Entspannung, das wir nicht verlieren. Um „Wie geht es mir?“, nicht um „Geht’s noch irgendwie?“
Der Körper weiß oft mehr als der Verstand sieht oder sehen will. Mit ihm als Kompass weichen wir nie zu weit ab von der Strecke.
Und dann wäre da noch etwas, das die ganze Sache etwas leichter machen kann:
4. Gute Arbeit
Nicht unbedingt die „große Berufung“, nichts, was uns „unsterblich macht“ (siehe 9 Gründe, warum Du keine Berufung brauchst). Doch eine Arbeit, in der wir Sinn erkennen, für die wir gerecht bezahlt werden und die uns weiterbringt.
Photo: João Lavinha
Also in meiner bescheidenen Meinung sind alle genannten Punkte in Work-Life-Balance enthalten. Nichtsdestotrotz eine schöne Erklärung, worauf man achten sollte.
Lieber Tim,
ich mag den Begriff Work-Life-Balance auch nicht. Damit assoziiere ich immer zwei Gegenpole, der eine negativ (Work) und der andere positiv (Life). Ich habe lange versucht, mir meine Festanstellung schmackhaft zu machen, indem ich eben diese gewisse Balance einzubauen versuchte. Aber letztlich waren das doch alles nur Versuche, die das eigentliche Problem verschleierten: Ich will gar nicht angestellt sein! Seit Kurzem bin ich Freiberuflich und ich muss zu Beginn viiiiel mehr Zeit in diesen Status investieren. Aber: Es ist keine Arbeit. Ich kann das gar nicht mehr so definieren, weil es ein selbstverständlicher Teil meines „Life“ ist. Und dementsprechend kann ich auch keine Trennung mehr zwischen Work & Life machen.
LG – Anja
Hi Anja,
dass es zwei Pole sind, finde ich gar nicht weiter schlimm (siehe auch Karl’s Kommentar) – aber sobald einer davon „negativ“ ist, schmeißen wir die Hälfte unseres Lebens weg, zumindest bei einem Zeitfresser wie der Arbeit.
Mir geht es mit der Arbeit etwas anders als Dir – sie fühlt sich natürlicher und passender an, ich habe weniger Widerstände … aber trotzdem ist es für mich Arbeit, mein Beruf und das über die Zeit wieder mehr so gespürt zu haben, hat mir sogar gut getan.
LG
Tim
Ich halte den Grundgedanke zwischen den Polen im Leben für ok. Das Problem liegt eher im Wort Life. Denn im Leben steckt alles, der Gegenpol wäre nur der Tod. Die Frage ist nur was ist der Gegenpol von Work. Wie wäre es mit Work-Leisure Balance? Lg Karl
Es geht nicht darum Sinn oder Unsinn von Begriffen zu diskutieren, das ist wast, Zeitverschwendung. Es geht darum in der jeweiligen realen Lebenssituation seinen Einsatz für Arbeit (sei es nun zur notwendigen Existenzsicherung oder im Sinne der selbstdefinierten Lebensaufgabe) und Privatleben in eine Balance zu bringen welche einen selbst und seine Lieben möglichst nachhaltig happy macht. Auch diejenigen, welche Ihr Hobby zur Arbeit gemacht haben, stehen über kurze oder lang vor der gleichen Herausforderung seine begrenzte Lebenszeit richtig einzusetzen. Einfach mal einige Dinge streichen, welche einen definitiv nicht weiterbringen, z.B in die Klotze schaun, sorry muss jetzt schnell den Tatort anschaun..
Schönen abendlichen Balanceakt
Herbert
Hi Herbert,
die Begriff selbst sind natürlich egal – die Frage ist nur, was sie mit einem machen.
Man könnte auch sagen: wenn man schon was in Balance bringen will (was schwer ist, weil Balance etwas Falsches suggeriert), dann vielleicht sich selbst.
Liebe Grüße!
Tim
PS: Ich glaube, gestern kam ein Polizeiruf, hoffe, das hat Dir nicht den Abend ruiniert 😉
Vielleicht sollten wir einfach balancieren beim Einsatz unserer beiden Gehirnhälften. Z.B. wenn gewisse Grenzen erreicht werden oder wenn der Body Signale schickt. So sind wir doch ständig irgendwie am Verhandeln zwischen dem was der Verstand mit seinen Illusionen und Plänen sagt und den leiseren Tönen aus dem Kötper heraus, die uns daran erinnern, dass gelassenes Treiben im Fluss uns auch irgendwo hin bringt. Vielleicht sogar in bessere Arbeit.
Hi Richard,
das passt ganz gut zur Mind-Body-Balance, denke ich. Da haben wir’s wieder – diese leisen Töne kommen oft nur schwer an gegen das Gebrüll von Chefs und Kunden und ZIELEN.
LG
Tim