Teile diesen Beitrag "Wie Du mühelos mit jedem Menschen gute Gespräche führen kannst"
Ich dachte die längste Zeit meines Lebens, es ginge beim Kommunizieren um reinen Informationsaustausch. Oder darum, gut dazustehen. Oder darum, jemanden zu überzeugen. Oder gemocht zu werden. Oder ein bestimmtes Problem zu lösen. Oder einen Gefallen erfüllt zu bekommen. Ich hatte oft ein konkretes Ziel vor Augen, wollte irgendwas bezwecken.
Sehr, sehr anstrengend ist das.
Ein ganz anderer Ansatz liefert die Gelassenheit und Freiheit, nach der ich mich in Gesprächen so lange gesehnt habe:
Das Gespräch ist ein Fluss und wir fließen mit ihm.
Es fließt, wohin es will. Wir haben kein konkretes Ziel vor Augen, dass wir unbedingt erreichen müssen.
Neulich habe ich ein sehr gutes Buch gelesen, „Improve your conversations“ von Patrick King.
Er schreibt davon, dass er Konversation sieht wie Impro-Comedy, also improvisierte Comedy, wo Menschen auf der Bühne stehen und aus dem Nichts eine möglichst unterhaltsame Geschichte entstehen lassen.
Auf der Bühne gibt es dort eine Regel: Sag ja zu dem, was passiert. Geh mit, steig drauf ein.
Dabei geht’s nicht um Diskussion oder Informationsaustausch, sondern darum, dass die Dinge fließen, dass das Gespräch auf der Bühne Flow hat und alle Teilnehmer inklusive der Zuschauer eine gute Zeit zusammen.
Patrick King sagt: Gespräche sind Entertainment. Nicht Diskussionen oder Recht zu haben oder den anderen zu etwas zu bringen sollte im Mittelpunkt stehen, sondern: dass es fließt und spielerisch ist.
Das ist eine ganz andere Herangehensweise als das übliche Gesprächs-Ping-Pong, das wir irgendwie gewinnen wollen.
Jedes Gespräch ist dabei ein einzigartiger Fluss, der irgendwo hin führt … oder auch schnell verebbt, und im Sand verläuft – wenn wir Barrieren aufbauen.
Die häufigsten Barrieren sind dabei Ziele, die wir uns in den Kopf gesetzt haben. Erstaunlicherweise erreichen wir Gutes – wie so oft – am besten dann, wenn wir uns nicht darin verbeißen.
Stell Dir vor, Du gehst zu einer Jobmesse. Fast alle, die dort sind, wollen den Gesprächspartner, die Kontaktperson des dort vertretenen Unternehmens, unbedingt überzeugen und dazu bringen, sich für ihn zu interessieren. Der Personaler ist den gesamten Tag damit konfrontiert.
Dann kommst Du und fragst nicht schon im dritten Satz, wie viel Geld Du bekommst oder ob Du Deinen Jahresurlaub gleich in den ersten fünf Wochen nehmen kannst. Sondern Du willst einfach eine gute Zeit haben, Unterhaltung, bist präsent, interessierst Dich für Deinen Gesprächspartner.
Es fließt und vertraust darauf, dass der richtige Job schon kommen wird, egal ob durch diese Messe oder nicht, egal ob durch dieses spezielle Gespräch oder nicht. Du haftest nicht an konkreten Ergebnissen an.
Was glaubst Du, wer dem Firmenvertreter eher im Kopf bleibt … die 99 von 100%, die sich ganz toll für den Job darstellen wollten. Oder das 1%, mit dem der Firmenvertreter ein echt angenehmes Gespräch hatte?
Nach meiner Erfahrung entsteht auf diese Weise viel einfacher Gutes und selbst wenn nicht, hatte man ein paar schöne Minuten.
Also können wir unseren Geist vielleicht hier und da ein wenig leeren von dem ganzen Zukunfts-Gegrübel und -Geplane und raus aus unserem Kopf und den ganzen Gedanken kommen.
Im Taoismus nennt man das „Wu wei“, absichtloses, mühelosen Tun im Fluss, im Hier und Jetzt.
Wenn wir einfach das tun, was gerade jetzt richtig ist, ganz spontan und ohne alles kaputtzudenken in diesem Moment, dann handeln wir, so die Chinesen, im Einklang mit der Welt, wir lassen uns tragen vom Strom statt dagegen anzukämpfen.
Klar kostet es eine Entscheidung, uns ganz auf den Moment einzulassen, aber es ist doch eine ganz andere Art der Mühe, als den Fluss des Gesprächs mit unserer Willenskraft hierhin oder dorthin biegen zu müssen.
Laotse hat es so ausgedrückt:
„Weil er nicht scheinen will, leuchtet er. Weil er von sich absieht, wird er beachtet.
Weil er nichts für sich will, hat er Erfolg. Weil er nichts aus sich macht, hat er Macht.
Weil er nicht widersteht, widersteht ihm nichts.“
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Photo (oben): Stock Photos von loreanto/ Shutterstock
Gute Ratschläge besonders für Introverten.
Hey Tim,
lang ists her, seit meinem letzten Kommentar, aber diesmal kann ich einfach nicht anders (nicht dass ich mich sonst bewusst zurückhalten würde XD).
Tolle Metapher, das Gespräch mit einem Fluss zu vergleichen und seinen Lauf zu respektieren.
Ich habe früher schon oft festgestellt, dass ich oft die besten Gespräche hatte, wenn sie spontan und unvorbereitet stattfanden. Weil ich dann im Geiste frei war, mich auf meinen Gegenüber wirklich einzulassen und dem Lauf des Gespräches zu folgen und es sich entwickeln zu lassen.
Sogar bei Vorstellungsgesprächen ist es mir aufgefallen, dass die ohne akribische Vorbereitung bei mir oft besser liefen ^^
Oder wichtige Telefonate:
Wenn man es vorher tausendmal durchspielt und ja nichts vergessen will, wird es total verkrampft und häufig vergisst man gerade deshalb die Hälfte, weil man so aufgeregt ist.
Wenn ich niemanden erreiche und derjenige dann irgendwann unerwartet zurückruft, läuft es oft viel entspannter.
Ich finde ja, dass der Fluss bzw. sein Prinzip des Fließen- und Loslassens eine wunderbare Metapher nicht nur für Zwischenmenschlichkeit, sondern für das ganze Leben ist und wir uns damit vieles einfacher machen können (was wir uns sonst selbst schwer machen) 😉
Liebe Grüße
Norman
Hi Tim!
Mir ging’s auch so. Allerdings nur bei nichtprivaten Gesprächen. Zu überlegen was man sagen würde, wenn der oder die das sagen würde. Und dann sagten sie etwas völlig anderes und mein Konzept war dahin. Jetzt nehme ich mir gar nichts vor und lasse mich hineinfallen ins Gespräch.
Es gibt ein gutes Buch. Trying not to try. Es erklärt wu wei ziemlich gut. Allerdings ist die logische Konsequenz die, dass es nicht wirklich möglich ist, etwas erreichen zu wollen ohne es erreichen zu wollen. Aber das muss jeder selbst herausfinden. Eines ist aber klar. Den Verstand, das Ego muss man halt abschalten, um völlig frei zu sein.
Monk on
Sascha