Teile diesen Beitrag "„Wenn ein Mensch anfängt an sich zu glauben, dann kann er fast immer Berge versetzen.“ – Interview mit Maren Hofmann"
Warum immer mehr Menschen Hilfe bei einem Psychotherapeuten suchen, wann man ernsthaft über einen Jobwechsel nachdenken sollte, ob Laufen gegen psychische Erkrankungen hilft, das und mehr erklärt Psychotherapeutin Maren Hofmann im myMONK-Interview.
Woran liegt es, dass heute mehr Menschen denn je Hilfe bei einem Psychotherapeuten suchen?
Die zunehmende Nachfrage nach psychotherapeutischer Hilfe hängt vermutlich mit mehreren Faktoren zusammen. Einerseits ist die Akzeptanz von Psychotherapie ganz enorm angestiegen, so dass inzwischen auch viele Menschen nach einer Behandlung streben, die diese früher für sich ausgeschlossen hätten. Die Schwelle zum Therapeuten ist einfach nicht mehr so hoch. Auf der anderen Seite stellt der gesellschaftliche Wandel neue Anforderungen an die Menschen, die oftmals zu Stress, unballanciertem Lebensstil oder dem Verlust liebevoller, konstanter Beziehungen führen. Diese Faktoren erhöhen die Auftretenswahrscheinlichkeit von psychischen Symptomen und Störungen.
Wie groß ist die Unglücklichkeits- und Krankheits-Gefahr durch ein unpassendes Berufsleben?
Wenn das Berufsleben ungünstige Bedingungen setzt, dann kann es krank machen. So gibt es verschiedene Berufe, in denen z. B. die Wahrscheinlichkeit an Burnout zu erkranken besonders erhöht ist wie z. B. der Lehrerberuf. Da es aber auch Menschen gibt, die dem Stress gesund trotzen, kann davon ausgegangen werden, dass zudem persönliche Eigenschaften wie beispielsweise eine besonders hohe Leistungsbereitschaft eine Rolle spielen.
Woran erkennt man, dass es nicht einfach gilt, weiter durchzuhalten … sondern eine echte Veränderung im eigenen Leben notwendig ist?
Wenn man sich extrem unwohl fühlt, dann sollte man immer beginnen, über sich und das eigene Leben nachzudenken. Wenn man dann noch von wichtigen Personen Rückmeldungen bekommt, die stutzig machen, dann stellt das einen Hinweis dar zu überprüfen, ob man eventuell falschen Zielen hinterher läuft.
Manche Menschen erleben sich als „hoffnungslosen Fall“. Könnten sie recht haben – oder gibt es für jeden Hoffnung, ganz gleich, in welcher Situation er und seine Psyche sich befinden?
In meiner Praxis sehe ich keine „hoffnungslosen Fälle“. Aber tatsächlich sollte man nur eine Therapie machen, wenn man den Eindruck hat, der Therapeut hat Hoffnung auf Besserung. Übrigens ist der Gedanke, dass es hoffnungslos für die eigene Person sei, häufig und völlig unberechtigt bei depressiven Menschen anzutreffen. Wie weit einem Menschen geholfen werden kann, stellt sich ähnlich wie bei körperlichen Erkrankungen erst im Verlauf von Behandlungen heraus.
Was kann Selbsthilfe leisten – und ist professionelle Hilfe richtig und wichtig?
Selbsthilfegruppen haben vermutlich Millionen von Menschen geholfen, ganz speziell in der Suchtkrankenhilfe. Aber Selbsthilfe hat auch ihre Limits und kann in vielen Fällen keine Therapie ersetzen. Im Bereich der Suchthilfe erkennt man die Begrenzung daran, ob der Gruppenbesuch für die Abstinenz ausreicht. Wenn nicht, dann ist zusätzliche professionelle Hilfe nötig. In anderen Bereichen gibt es weniger Selbsthilfeangebote, aber auch hier wird man die Gruppenarbeit am Erfolg messen.
Wie stehen Sie zu Psychopharmaka?
Die Verordnungsrate von Antidepressiva hat sich im letzten Jahrzehn ungefähr verdoppelt und es wird häufig jedem Depressiven abweichend von den medizinischen Leitlinien ein solches Medikament verordnet. In vielen Fällen mag das eine gute Hilfe sein, in anderen Fällen bleibt die Wirkung aus und nicht wenige klagen über unangenehme Nebenwirkungen. Faustregel ist: Je schlimmer die Symptome quälen, um so sinnvoller ist das Psychopharmakon.
Welche Rolle spielt Sport bei Patienten mit Depressionen oder Burn-out?
Sport kann prinzipiell gut helfen, stellen viele Sportarten wie z. B. das Laufen doch eine Art Antidepressivum dar. Dummerweise hindert eine depressive Symptomatik viele am Sport und bei erheblichen Erschöpfungszuständen kann es auch zu einer Verschlechterung kommen.
Wie findet man einen qualifizierten Therapeuten – und woran erkennt man, dass dieser auch speziell zu einem selbst passt?
Inzwischen telefonieren viele Therapiesuchende die Listen der Kassenärztlichen Vereinigung ab, denn diese Therapeuten haben eine Kassenzulassung und damit eine qualifizierende Ausbildung. Dabei sollte man auf sein Gefühl hören und dorthin gehen, wo man sich verstanden und akzeptiert fühlt.
Wo hört Psychotherapie auf, wo fängt Coaching an (und andersherum)?
Während Psychotherapie eine Heilbehandlung bei psychischen Symptomen ist, geht es beim Coaching um eine berufliche Unterstützung und Beratung. Dabei gibt es einen Überlappungsbereich, wenn die Arbeit krank macht.
Welche drei Dinge gehören zu den wichtigsten, die Sie über die Menschen gelernt haben?
Menschen sind einzigartig und es ist immer wieder eine Überraschung, was in jedem Einzelnen an Kraft, Optimismus und Kreativität stecken kann.
Wenn ein Mensch anfängt an sich zu glauben, dann kann er fast immer Berge versetzen.
Deshalb sollte man möglichst nicht glauben, besser zu wissen, was für einen anderen Menschen gut ist, als dieser selbst.
Wo können die Leser mehr über Sie und Ihre Arbeit erfahren?
Auf meiner Webseite unter www.psychotherapie-neumuenster.de.
Herzlichen Dank!