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„Scheiße, ja, ihr wart ewig zusammen und so, aber Du musst mal wieder nach vorn schauen, Du kannst doch nicht ewig diese Trauernummer durchziehen. Ich mein, wie lange ist das jetzt schon her, mit Deinem Mann?“

„Die Beerdigung war gestern.“

 

Schmerz scheint inakzeptabel zu sein in dieser Welt. Ein Riss in der glatten Oberfläche. Etwas, das uns in den Abgrund der Vergänglichkeit schauen lässt. Etwas, an das keiner von uns erinnert werden will.

Trauernde haben sich zu beeilen. Die Trauer hat sich zu beeilen. Ein paar Mal heulen, okay, von mir aus, damit können die meisten anderen gerade so umgehen. Aber wenn Du dann immer noch kein Strahlegesicht machst, dann werden sie wütend, dann kannst Du bitte heimgehen und allein weiter jammern.

Früher gab es ein Trauerjahr. Sogar mit schwarzer Kleidung, ganz auffällig. Huiuiui. Oder aus heutiger Sicht wohl eher: ihgittigitt, so viel nicht verstecktes fremdes Leid!

Inzwischen sind zwei Tage Krankschreibung nach einem „Vorfall in der Familie“ – lasst es uns doch so nennen, damit es nicht zu unangenehm ist – das höchste der Gefühle. Hinterher soll wieder performt werden, beruflich und privat.

An diesen Erwartungen von außen kann ein Trauernder leider nicht viel ändern. Er kann jedoch beeinflussen, wie er mit sich selbst umgeht.

Wenn wir trauern, dürfen wir uns das erlauben – so lange wie nötig. Aus psychologischer Sicht sollten wir das sogar.

Trauer hat kein Verfallsdatum.

Sie ist so lange da wie sie eben da ist, braucht so viel Raum und Zeit wie sie eben braucht. Das ist überhaupt kein Grund für Scham.

Je nachdem, um was oder wen wir trauern und wie wir gestrickt sind, können das Monate sein, Jahre, Jahrzehnte. Oder für immer. In der Regel nimmt der Schmerz ab. Doch gerade beim Verlust eines geliebten Menschen können und werden ein Leben lang Erinnerungen aufflackern und vielleicht auch weh tun.

Nur wenn wir diesen Schmerz zulassen, heilen wir. Denn das aus dem Germanischen kommende Wort „Heilung“ bedeutet: ganz werden. Den Schmerz nicht abspalten, den Schmerz nicht unterdrücken, ihn nicht „wegmachen“ wollen. Sondern ihm einen Platz geben in uns und unserem Leben.

Ganz gleich, wie viel Zeit das braucht.

 

P.S.: Wenn Du das Gefühl hast, in der Trauer festzustecken, kann eine Therapie sinnvoll sein. Aber eben nicht, um der Welt zu genügen – sondern für Dich allein.

P.P.S.: Siehe auch: Die 4 Phasen von Trauer, Wie man schmerzhafte Gefühle überlebt und Warum Du so traurig bist.

 

Photo: Konstantin Tilberg | Inspiriert von: Tiny Buddha