Teile diesen Beitrag "Warum Du nicht vor Deinen Problemen weglaufen solltest"
Ein Problem taucht auf, irgendwo am Horizont oder direkt vor meiner Nase, und mein erster Impuls ist: weglaufen. Einfach die Beine in die Hand nehmen und weit, weit weg.
Dann fällt sie mir ein, nach ein paar Schritten auf der Flucht oder auch erst nach vielen Monaten und Kilometern, diese kleine Geschichte, von der ich im Buch „Der Kaufmann und der Papagei“ gelesen habe:
Es war einmal eine Taube. Die wechselte ständig ihr Nest. Denn die Nester stanken nach einer Weile immer. So sehr, dass es die Taube nicht ertragen konnte.
Irgendwann beklagte sie sich bei einer weisen alten Taube. Diese nickte. Und sagte:
„Du kannst ständig Deine Nester wechseln, aber das bringt gar nichts. Der Geruch, der Dich stört, kommt nicht von den Nestern. Sondern von Dir selbst.“
Autsch.
Wir sollten nicht vor unseren Problemen wegzulaufen versuchen, weil wir nicht vor unseren Problemen weglaufen können.
Sie haben ihre Wurzeln eben vor allem in uns.
Die Knöpfe, die andere Menschen in uns drücken können.
Die wirren Muster, die uns immer wieder in dieselben kaputten Beziehungen lenken („Hab ich ein Pech, schon zum dritten Mal mit einem narzisstischen Junkie zusammen, der mich mit seiner Schwester betrügt“).
Die fantastisch bescheuerten Erwartungen und die zuverlässig folgenden Enttäuschungen und schmerzhaften Gefühle, die ihre Runden in uns drehen („Oh nein, schon wieder kein Erfolg mit meinem Business, obwohl ich doch ein ganzes Wochenende lang den Coaching-Kurs im Internet gemacht habe!“).
Vor den eigenen Problemen fliehen wollen ist wie vor dem eigenen Kopf fliehen wollen. Kann man versuchen, ist aber ziemlich kopflos.
Und selbst wenn es uns irgendwie gelingen sollte, wird das Problem wiederkehren, wie der Geruch im Nest der Taube.
Halten wir also an. Atmen ein tief ein und aus. Und kümmern uns so gut wir eben können um das, was da ist – auch wenn’s uns vielleicht stinkt.
Siehe auch: Der einzige Unterschied zwischen reifen und unreifen Menschen und Was Menschen über Dich verraten, die Dich aufregen.
Photo: PhotoAtelier
Hallo Tim,
vielen Dank für diesen Beitrag und das schöne Bild mit der Taube. Das trifft es m.E. sehr gut.
Ich gehe ja so weit, dass ich sage: ein Konflikt (egal welcher Art) entsteht immer dann, wenn etwas in unserem aktuell geführten Leben nicht zu unseren inneren Wünschen & Bedürfnissen passt!
Von daher stimme ich dir 100%ig zu: der Weg bei Problem muss zu uns und in unser Herz führen, um es lösen zu können.
Dir einen schönen Tag & einen lieben Gruß von
Dirk
Das erinnert mich an die Geschichte mit dem Buddha und dem Bauern und dem 84. Problem 🙂
Ich glaube, die kenne ich nicht. Erzähl mal, wenn Du magst!
Einst kam ein Mann zum Buddha. Wie wir auch, hatte er einige Probleme in seinem Leben und hoffte, Buddha könne ihm helfen. Er erzählte, dass er Bauer sei, ein guter Bauer, aber manchmal würde es (ihm) einfach nicht genug regnen. Letztes Jahr sind wir fast verhungert deshalb!
Der Buddha hörte dem Mann voll Mitleid zu.
Ich habe auch einige Probleme mit meiner Familie, sagte der Mann. Meine Frau ist eine gute Frau, aber manchmal keift sie schrecklich, und dann verliere ich meine Geduld, und wir streiten heftig. Und dann habe ich einen Bruder, der versucht, sich immer wieder Geld zu borgen, aber er ist nicht bereit, mir bei der Ernte zu helfen. Manchmal bin ich darüber so wütend, daß wir uns schlagen. Und dann ist da noch das Problem meiner …
Der Mann fuhr in dieser Weise fort, seinen Ärger und noch weitere Probleme auszubreiten. Als er schließlich genug Dampf abgelassen hatte, schaute er den Buddha fragend an: Und jetzt?
Buddha antwortete: Es tut mir leid, aber ich kann dir nicht helfen.
Was soll das heißen, du kannst mir nicht helfen?
Jedermann hat Probleme, entgegnete der Buddha, in der Tat, wir alle haben 83 Probleme. Du hast 83 Probleme, ich habe 83 Probleme, und daran können weder du noch ich etwas ändern. Wenn du fest an deinen Problemen arbeitest, kann es sein, dass du einmal eines lösen kannst. Aber sobald du es gelöst hast, wird sich ein anderes ergeben [erheben!?]. Du bemühst dich, das Regenproblem zu lösen; du hast einen Weg gefunden die Felder zu bewässern, wunderbar. Schon aber kommt der Monsun und überflutet deine Felder und spült das Getreide fort. Beim besten Willen kann ich dir bei deinen Problemen nicht helfen.
Ich dachte, du könntest jedem helfen. Für wen ist denn dann Deine Lehre gut?
Buddha sagte: Es kann sein, dass sie dir durch das 84. Problem hilft!
Das 84. Problem? Ich dachte, es gibt nur 83. Was ist denn das 84. Problem?
Das 84. Problem ist, dass du keine Probleme haben willst!
Eine schöne Geschichte. Danke Zelda.
Hmm, aber dass man vor Problemen nicht weglaufen sollte, das weiß doch im Grunde schon jeder selbst, oder habe ich da was verpasst?
Dass wir in der Praxis trotzdem weglaufen, liegt häufig am an diesem verfluchten Automatismus fight-or-flight so wie der etwas in Vergessenheit geratenen dritten automatischen Handlung :dem Erstarren. Dieser Automatismus wird vor dem rationalen Denken aktiviert und schaltet das rationale Denken bei Bedarf sogar einfach aus. An die Vernunft zu appelieren ist daher leider zwecklos.
Was den Umgang mit Problemen angeht, habe ich für mich festgestellt, dass man sich um diese kümmern muss, wenn sie noch nicht da sind oder wenn sie noch klein und niedlich sind, so dass man keine Angst vor ihnen bekommt.
Ist halt nicht einfach.
P.S. das soll jetzt übrigens nicht bedeuten, dass ich das in dem Artikel gesagte für falsch halte. Im Gegenteil! Man sollte nur nicht zuviel von dieser Einsicht erwarten. Und wenn andere Menschen entgegen dieser Einsicht handeln, dann heißt das nicht, dass sie diese Einsicht nicht haben sondern, eher, dass ihr fight-or-flight-or-erstarren aktiv ist.
Hi Tim, wieder ein sehr schöner Artikel. Vielen Dank 🙂
Vor Problemen sollte man wirklich nicht weglaufen, sie sind sowieso schneller als wir, d.h sie holen uns
irgendwann, irgendwo wieder ein. Durch Weglaufen und Verdrängen, geben wir ihnen meiner Meinung nach
zuviel Macht.
Ich stimme dir vor allem in dem Punkt zu, dass die Probleme in uns selber liegen.
Also können nur wir selbst sie lösen.
Wenn wir uns durch Probleme zu bedroht fühlen, sollten wir uns Hilfe suchen.
Zum Beispiel mit irgendwem reden. Ich persönlich finde, dass Reden sehr gut hilft.
Auch wenn man dadurch keine unmittelbare Lösung findet, tut es gut
und macht die Seele ein bißchen freier.