Teile diesen Beitrag "Schmerzhafte Erinnerungen loslassen mit einer einfachen Frage"
Text von: Lena Schulte
Überall, wo wir nicht freiwillig sind, sind wir gefangen. Dieser Ort war (und ist viel zu oft noch) mein Kopf. Es hat lange gedauert, bis ich verstanden habe, warum ich nie so wirklich frei war. Warum ich mich an Plätzen tonnenschwer fühlte, an denen ich mich wie eine frisch geschlüpfte Feder fühlen sollte. Immerhin war ich jung und frei und so. Das ganze Gedöns halt, von dem gesagt wird, dass ich später genau darauf sehnsüchtig zurückblicken werde. Also, dachte ich mir, muss ich mich jetzt auch mal frei und unbeschwert fühlen. Meinem künftigen Lebensrückblick zuliebe!
Die Reise dafür ging an schöne Strände, in neue Städte, ins „Hier und Jetzt“ und auf Kunststoffmatten in einem Raum voller Deo-Verweigerer, dessen unglaubliche Körperverrenkungen das Herz eines geübten Vollblut-Exorzisten hätten höherschlagen lassen. Versucht wurde viel, erreicht hingegen wenig. Denn sobald die Yoga-Matte zusammengerollt war, die exzessive Party vorbei, oder ich halt in irgendeiner anderen Art wieder mit mir allein war, begann mein Gehirn fleißig damit, schlimme Momente meiner Vergangenheit zu reproduzieren.
Lass…endlich…LOS!
Es ist ein vernichtendes Gefühl, wenn man die Vergangenheit loslassen will und es aufs Verrecken nicht schafft. Und es wird kaum besser, wenn überall „Loslassen“ als Lösungsvorschlag präsentiert wird, aber man keine Ahnung hat, wie das funktionieren soll. Egal, was ich ausprobiert habe, irgendwann musste ich einsehen: Meine Gedanken gehören mir nicht. Sie machen, was sie wollen. Ein happy „Hier und Jetzt“ ist irgendwie nicht drin. Ich war gefangen und in mir selbst eingesperrt und wurde von meinen Erinnerungen förmlich tyrannisiert. Sie erinnerten mich an alles, was ich nicht geschafft hatte. Wie ich trotz wochenlanger, eiserner Vorbereitung in einer wichtigen Prüfung durchfiel. Wie meine Zukunft schallend zusammenkrachte und der Mann, der eigentlich als Protagonist vorgesehen war, stattdessen einen Zukunftsbetrieb mit einer anderen eröffnete. Oder wie ich ungerechte Dinge gesagt habe, die weit über das Ziel hinausgeschossen sind.
Keine hilfreichen Details mehr vorhanden
Obwohl ich es natürlich besser wusste, habe ich durch das ständige Wiederbeleben meiner Erinnerungen wohl gehofft, doch noch ein verborgenes Detail zu finden, das mich und meine vernarbte Vergangenheit irgendwie heilt. Vielleicht musste ich nur noch sorgfältiger suchen und analysieren! Überraschenderweise gab es ziemlich schnell nichts mehr zu entdecken, was mir hätte ernsthaft weiterhelfen können. Stattdessen gab es nur die alten Bilder, den alten Schmerz, die alte Scham und die alten Unsicherheitsgefühle – gerne auch mal in Dauerschleife. Dank dieser Funktion bin ich unter dem Strich also nicht nur einmal um meine Zukunft betrogen worden. Es waren tausend Male. Und mit jeder Wiederholung wurden die Erinnerungen stärker und realer.
Du hattest einen schlechten Tag? Ah, erinnerst Du Dich noch an diese fürchterliche Woche von vor zwei Jahren?
Unsere Erinnerungen sind wichtig. Sie zeigen uns, wer wir sind. Sie machen uns auch zu dem, was wir sind – und was wir nicht sind. Sie navigieren uns durch ein Leben, das ohne sie nicht zu bewältigen wäre. Aber manchmal versperren sie uns auch den Weg, verbieten uns das Loslassen, und ein „Irgendwie weitermachen“ rückt in utopische Ferne. Die Forschung kann sogar erklären, warum das so ist: Zum einen erinnern wir uns generell leichter an negative Ereignisse. Und noch lieber erinnern wir uns an sie, wenn es uns eh schon schlecht geht. Als ob unser Gehirn zusätzlich nach einer Bestätigung sucht, die unseren aktuellen, schlechten Gemütszustand noch weiter rechtfertigt.
Zum anderen aktivieren Erinnerungen reale Emotionen und beleben sie wie in Echtzeit wieder. Wenn wir uns beispielsweise an eine Situation erinnern, in der wir uns schlecht gefühlt haben, hat dies auch Auswirkungen auf unsere gegenwärtige Physiologie. Die bloße Erinnerung reicht aus, um unseren Herzschlag zu verändern, oder uns zum Schwitzen zu bringen. Je öfter schlimme Erinnerungen vor unserem geistigen Auge auftauchen, desto größer wird der emotionale Schmerz im Hier und Jetzt.
Gegenwart.exe ausführen?
Was also tun, wenn es mal wieder so weit ist und die Vergangenheit unsere Gegenwart überflutet? Eine gute Frage dazu, die auch in der Psychotherapie gerne Anwendung findet, lautet:
Wie würde dieser Moment aussehen, wenn ich diese schlimme Erinnerung nicht hätte?
Wir sind oft dazu geneigt, uns auszumalen, wie eine bestimmte Erinnerung optimal verlaufen wäre. Diese Strategie erinnert uns allerdings auch immer wieder schmerzlich daran, dass etwas eben ganz und gar nicht gut gelaufen ist. Wir konzentrieren uns hingegen produktiver auf die Gegenwart, wenn wir uns fragen, wie das Hier und Jetzt ohne diese Erinnerung aussehen würde. Wie dann unser Selbstverständnis wäre. Wie wir uns fühlen würden, wenn wir diese schlimmen Gefühle nicht erlebt hätten, wenn wir uns nicht daran erinnern würden, wie wir verlassen wurden, wütend oder ängstlich waren.
Das mag ein wenig nach Verdrängung und gekünstelter Schönrederei klingen, allerdings ist unser Gehirn meistens stärker, was das Aufzwingen von schlechten (und vor allem nicht mehr gegenwärtigen) Bildern angeht. Mit dieser Frage können wir uns jedoch wehren und aus dem Gefängnis der Vergangenheit ausbrechen, indem wir gezielt positive (Selbst-)Bilder im gegenwärtigen Augenblick erschaffen, von deren Stärke wir profitieren können. Wir können auch etwas mit dem Gedanken spielen:
Wie könnte ich mein Leben positiv gestalten, wenn ich diese Erinnerung ein Jahr lang nicht hätte? Wie könnte ich mich selbst stärken, um dieser Erinnerung dann wieder entgegenzutreten?
Ja, Erinnerungen machen uns aus. Sowohl die guten als auch die schlechten. Erinnerungen sind jedoch nicht die Gegenwart! Und haben haben kein Recht, uns immer wieder wehzutun, oder uns zu diktieren, wie wir uns fühlen dürfen. Wir dürfen uns die Erlaubnis geben, uns und unser Selbstbild mit guten Erinnerungen zu stärken. Wir dürfen (und wenn es nur zeitweise ist) unsere schlechten Erinnerungen in der Vergangenheit lassen. Dort, wo sie hingehören.
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Photo: Letting go von mmkarabella / Shutterstock
Also manchmal sind eure Texte so schlampig geschrieben (Satzstellung Horror, Orthografie, Druckfehler), dass man echt Schwierigkeiten hat, bestimmte Sätze zu verstehen. Und leider vergeht mir dann die Lust am Lesen….
Liebe Sonja,
im Moment ist echt der Wurm drin 🙁 Ich probiere gerade ein paar Möglichkeiten aus, um den Fehlerteufel zu bekämpfen. Ich versinke oft viele Stunden in der Thematik eines Textes und überlege, wie ich das, was ich sagen möchte, am besten in verständliche (und trotzdem noch interessante) Sätze verpacke… Dann ist es natürlich umso frustrierender, wenn es nicht gelingt. Vielleicht hast Du ja ein paar Ideen für den Umgang mit dieser „Betriebsblindheit“?
Liebe Grüße
Lena
liebe lena,
schreib doch einfach mal aus der hüfte raus…………………….also nicht lange überlegen……………fließen lassen…..
intuition freien lauf lassen……………………..das ist nämlich loslassen par excellence………………sozusagen: kopf-los 🙂
ein inspiriertes wochenende
herzlichst
kalypso
Hey kalypso, danke für Deine Anregungen 🙂
Liebe Grüße
Lena
Liebe Lena,
danke für den Text mit den guten Anregungen.
Für Fehler, die man selbst nicht mehr sieht, gibt es doch Korrekturleser 😉
Herzliche Grüße
Uta
Liebe Uta,
danke für das Lob und Deinen Kommentar 🙂
Liebe Grüße
Lena
Hallo Tim,
habe gerade deinen Podcast – 5 Wege wie ich souverän reagiere, wenn Menschen unfreundlich sind- gehört.
Danke, das kam wieder mal genau richtig.
Habe mir den Kopf zerbrochen, wie ich den richtigen Umgang mit einem unfreundlichen Kollegen finden kann. Hatte dabei lediglich vergessen, dass das Problem wohl bei ihm liegt, warum er so unfreundlich ist.
Ein stark überarbeiteter Alten- und Kranken-Pfleger, dessen Arbeit viel zu wenig Annerkennung findet. Nächste Woche versuche ich ihm ein bisschen Anerkennung zu geben, vielleicht ist er dann freundlicher und macht mir meine Arbeit nicht auch noch schwerer.
Danke dir Tim und noch einen schönen Sonntag bei dem herrlichen Wetter
Liebe Lena, vielen Dank für diesen Text, von dem ich sehr viel teilen kann. Ich bin jetzt etwa zwei Jahre lang von Mobbing-Erfahrungen durch meinen Chef geflutet gewesen, die schon eine Weile her sind. Die vielen gut gemeinten Ratschläge der Umgebung, ich möge doch endlich loslassen, haben mir mehr geschadet als genutzt. Nun, wenn es so einfach wäre, würde man es tun, nicht war? Man wird hingestellt, als sei man schlicht zu blöd zum loslassen.
Deine Frage finde ich sehr hilfreich, sie baut eine Brücke für den überlasteten Kopf, sich endlich auszuruhen.
Ein Leben ohne diese Erinnerungen ist aber vielleicht nicht möglich, immerhin bergen sie eine wichtige Information für die Zukunft: Lass so etwas nie wieder geschehen! Beim nächsten Mal passt du besser auf, fällst nicht mehr auf dies oder das herein.
Wut ist ein Geschenk, diesen Buchtitel habe ich kürzlich gelesen. Erinnerungen auch und heute kommen sie etwa einmal am Tag, ich nicke ihnen zu und sage „Hallo, ihr schon wieder. Ja. Verstanden. Ich gebe acht.“ Und dann gehen sie wieder.
Leider habe ich kein Rezept außer: Zeit.
Lieben Gruß
Gwen
Liebe Gwen,
Du sprichst etwas Wichtiges an, wenn Du die „Information für die Zukunft“ erwähnst. Es tut mir sehr leid, dass Du so schlechte Erfahrungen mit Deinem Chef machen musstest. Zwei Jahre sind ja schon ziemlich lang. Ich hoffe, Du hast nun einen besseren! Danke für Deinen Kommentar 🙂
Liebe Grüße
Lena
Verstehe die Mitleidstour hier nicht. Jeder hat sein Glück selbst in der Hand und kann sich seinen Arbeitgeber selbst aussuchen…
Normal lese ich nur mit, aber jetzt muss ich mal so zwei Dinge loswerden.
1. Richtig ist, dass jeder sein Glück selbst in der Hand hat (wobei die Umsetzung nicht immer so ganz einfach ist). Sich seinen Arbeitgeber selbst aussuchen zu können – das ist mir zu einfach dahingesagt. Ich denke, das hängt von sehr vielen Umständen und Faktoren ab.
2. Wenn ich hier einen Artikel, wie diesen, lese, dann konzentriere ich mich auf den Inhalt, denn der interessiert mich, der betrifft mich, macht mich betroffen, gibt mir Anregungen, bringt mich zum Nachdenken, gibt mir Hilfestellung usw.
Obwohl mir normalerweise Schreibfehler und solche Dinge auch ins Auge springen, hab ich diesmal so gar nichts davon mitbekommen, weil ich so vertieft war in den Text, der mich und mein Leben, mein Denken und Fühlen angesprochen hat . Und das finde ich hier wichtig, darum geht es zumindest für mich hier bei MyMonk.