Teile diesen Beitrag "Schlagfertigkeit trainieren: 4 Wege, Dich besser zu wehren"
Text von: Lena Schulte
Hach ja. Was bin ich schlagfertig. Was habe ich immer für gewiefte Antworten parat, wenn es jemand wagt, mir dumm zu kommen. Und alle, die um mich und meinen Kontrahenten herum stehen, kriegen große Augen, schlagen die Hände über dem Kopf zusammen und rufen: „Boah! Hat sie nicht gesagt!“ Während ich damit beschäftigt bin, mein Siegerlächeln im Zaum zu halten. Denn siegen und mit der Rehtorik-Keule austeilen, das kann ich… aber leider erst im Nachhinein… im Kopfkino… zehn Minuten, nachdem ich eigentlich hätte performen müssen. Und meine Schlagfertigkeit endlich die kognitive Spielstraße Richtung Autobahn verlässt. Ja, dann kann ich das mit der Schlagfertigkeit.
Ansonsten verhalte ich mich bei fiesen Sprüchen eher wie ein paralysiertes Reh im Scheinwerferlicht. Meistens fällt mir auf die Schnelle nichts Gewieftes ein. Vor allem nicht, wenn ich richtig empört bin. Ich bewundere Menschen, die auf unvorhergesehene Situationen gut reagieren können. Sie behalten nicht nur die Oberhand, sondern wirken auch gleich unfassbar smart, selbstbewusst und sympathisch.
Ich könnte das auch gern. Nicht, um andere zu beeindrucken, sondern mir selbst zuliebe. Deswegen hier mal ein paar Gedanken zur Schlagfertigkeit.
Beginnen wir mit der wichtigsten Frage zuerst:
Ist es wirklich immer notwendig zu siegen?
Schlagfertig sein heißt: Du kannst mir nichts. Ich stehe da drüber.
Deswegen wird es mit der Schlagfertigkeit auch so schwer, wenn wir in Wirklichkeit eben nicht drüber stehen und von einem Kommentar ernsthaft verletzt sind. Dann auf Teufel komm raus den coolen Gegenangriff zu erzwingen, ist stressig. Und geht auch oft in die Hose.
Überschreitet eine wichtige Person ernsthaft unsere Grenzen, ist es nicht immer ratsam, gute Mine zum bösen Spiel zu machen und keck zum Schlagaustausch auszuholen – nur, weil wir uns nicht die Blöße der Verletzbarkeit geben möchten. Ein Schlagabtausch suggeriert nämlich nicht nur emotionale Überlegenheit, sondern übermittelt indirekt eben auch eine andere Botschaft: dass wir bereit sind, notfalls weitere Kämpfe auf diesem Territorium auszutragen.
Ehrliche Ansagen zu unseren Grenzen gestalten die Zukunft unserer Beziehungen oft konstruktiver, als der Wunsch, in einem kurzen Moment die Oberhand zu behalten.
Aber zum Glück sind wir ja weder dazu verpflichtet, mit jedem dahergelaufenen Statisten langfristige Beziehungen gestalten, noch bei jedem Kommentar eine Predigt über unsere Grenzen halten.
Manchmal dürften wir auch einfach mal das kommunikative Beinchen heben und etwas Dominanz zeigen.
Aus der Vergangenheit lernen
Die oberste Devise und Königsklasse der Rhetorik: den Gegenangriff wie einen gezielten Schuss aus der Pistole zu gestalten. Kann ich schon mal nicht. Wie gut, dass Vorbereitung die halbe Miete ist.
Zuerst gilt es, die Achillesferse zu schützen. Welche Kommentare will ich definitiv nicht auf mir sitzen lassen? Welche Kommentare begegnen mir oft? Welche Kommentare nerven mich am meisten?
Ich für meinen Teil hatte irgendwann die Sprüche á la: „Für eine Frau bist Du ja echt ziemlich hochgewachsen“ satt und antwortete mit: „Tja, der liebe Gott mag mich eben mehr und will mich näher bei sich haben.“ Den Satz habe ich im Internet gefunden und er hat mir oft gute Dienste erwiesen.
Von alleine wäre mir das nie eingefallen – und schon gar nicht auf die Schnelle. Wenn wir wissen, was wir nicht (mehr) auf uns sitzen lassen wollen, können wir uns im Vorhinein in Ruhe einen kleinen Katalog an möglichen Kontern zusammenstellen. Das spart Zeit für den Ernstfall und gibt uns ein sicheres Gefühl.
Allerdings haben besonders Idioten ein speziell ausgebildetes Näschen für blöde Kommentare, mit denen sie an Stellen treffen, die wir vorher nicht für angreifbar gehalten hätten. Aber auch dafür gibt es Strategien.
Recht geben
Ein einfaches „Okay“, „Stimmt“ oder „Du hast recht“ geht schnell von den Lippen und verlangt nicht viel Denkschmalz. In einem Seminar zur Hass- und Konfliktforschung habe ich gelernt, dass Menschen von Außenstehenden als Konfliktsieger bewertet werden, die dem Gegenüber zugestehen können recht zu haben.
Wenn uns jemand beleidigt, hat er natürlich weder das Recht dazu, noch hat er mit seinen Anschuldigungen recht. Aber das Recht-geben wird in erster Linie mit Größe verbunden. Außerdem lebt eine Beleidigung von unserer Verletzung und Gegenwehr. Durch ein einfaches „Ja, da wirst du wohl recht haben“ nehmen wir dieser die Luft zum Leben.
Schweigen
Nichts kann für das Gegenüber so unangenehm werden, wie die plötzliche Stille. Und gegebenenfalls ein zielgerichteter, standhafter Blick, der mehr als tausend Worte sagt. Man muss nicht immer die größte Rhetorik aus dem Hut zaubern, wenn man mit kühler Ignoranz ein Statement setzen kann. Nicht jeder dumme Spruch ist kommentarwürdig. Alternativ natürlich auch möglich: Sorry, ich habe nicht zugehört oder Sorry, ich habe dich nicht verstanden – und wenn wir gerade in guter Verfassung sind, auch gerne in Dauerschleife.
Verwirren
Eine Taktik, die oft auch Vorbereitung und auf jeden Fall Mut zur kommunikativen Regelverletzung abverlangt: mit ernstem Gesicht völlig unsinniges Zeug antworten und für Verwirrung stiften. Am besten im Mantel kluger Wörter, Phrasen oder vermeintlichem Expertenwissen, wie zum Beispiel:
„Du kennst ja das alte Sprichwort: Große Worte können der größten Wortgewalt nur standhalten, wenn der Redner von ihrer Größe nicht überfordert ist.“
„Keine Synthese der Welt kann Kohlenwasserstoff in ein eigenständiges Atom verwandeln. Es bleibt einfach so wie es ist. Mehr muss ich dazu nicht sagen, oder?“
„Weißt Du, die Geschichte hat doch bereits bewiesen, dass ein Degenauer niemals ein Richtersfeld werden kann. Egal, wie sehr er sich anstrengt.“
Der Kreativität sind dabei natürlich keine Grenzen gesetzt. Die Zeit, die der andere benötigt, um den Satz zu entschlüsseln, können wir dann nutzen, um das Gespräch zu beenden.
Mir persönlich gefallen die letzten zwei Strategien am besten. Die werde ich in Zukunft häufiger anwenden, wenn jemand seine schlechten Gedanken an mir auslassen möchte.
Und jetzt gehe ich vor den Spiegel und übe meinen vielsagenden Schweigeblick. Denn wie Dichter Nebel bereits vor zweitausend Jahren zu sagen pflegte: Nur der gewiefte Hai kann die Schönheit des Mondes genießen.
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Sieger sein wollen oder Kopfkino danach? Wir haben wohl alle beides mehr oder weniger. Und wie bereiten wir uns auf die Ereignisse vor? Ich persönlich möchte möglichst wenig Energie investieren als Reaktion. Doch wenn mich was wurmt, dann bin ich eben bereits getroffen. Und die Emotionen wollen beachtet werden. Ansonsten bleibt nur Verdrängung, wenn das gerade nicht geht.
Wie sehr mich was trifft, hat wohl auch damit zu tun, ob und in wie weit ich abgegrenzt war oder ob ich mich dem Menschen geöffnet hatte. Auch von meinen Erwartungen, die nun vielleicht entteuscht wurden. Und nicht zuletzt von meinen eigenen Baustellen.
„Das ist allein seine Sache“ ist vielleicht oft eine mentale Not-Pille. Obgleich natürlich auch hier was Wahres dran ist. Hat mit seinen Baustellen zu tun. Doch auch verschobene Emotionen und Kopfkino sind damit immer noch nicht weg, kommen bei nächster Gelegenheit wieder. Auch wenn mit harter Schale die Gelegenheiten weniger werden.
Am wenigsten Energie verliere ich aus meiner Sicht mit wenig Erwartungen trotz Vorschuss im Geben. Auch den Mut, Grenzen sofort zu nennen, statt ängstlich am Wollen zu hängen. Und mit wenig Verdrängung. Eben mit Vertrauen darin, dass sich das alles irgendwie ausgleicht.
Mit einer Haltung, die Dinge anzunehmen, lösen sich auch Blockaden. Warum Betroffenheit und Schmerz verstecken? Warum kämpfen? Ist doch auch irgendwie ärmlich, wenn der das braucht. Die Chancen stehen doch ganz gut, dass auch ihm das bewusst wird. Auch dass ich ihn nicht brauche.
haha – seit 2 wochen beschäftigt mich dieses thema – grenzen setzen
war mit einer bekannen und ihrem mann – den ich noch nicht so gut kenne – spazieren…….und der liebe drückte doch
glatt 4x meine knöpfe – vor allem weil er weiß, daß mich das gewisse thema stört. 4x habe ich es „durchfließen“ lassen – sprich versucht es nicht zu kontern. beim letzten male spürte ich ein regelrechtes kribbeln und drücken im magen…..
dann beim abschied meinte er dann nur: du, daß war alles gar nicht so gemeint. (also war er sich schon seiner taten bewusst)
und da kam dann der schuß aus der hüfte – antwort: dann paß bloß auf, daß ich beim nächsten mal nicht so richtig sauer werde. und bin abgezischt…….
daheim habe ich mich dann ziemlich heftig geärgert. und eine frage kam immer wieder hoch: warum muß man andere
wissentlich ärgern?
das das natürlich mehr mit ihm als mit mir zu tun hat ist mir auch klar. harmonische menschen verletzen keine anderen.
die nächste frage war dann: muß ich mir das bieten lassen……….wenn wir immer alles cool und lustig und ach was weiß ich nicht strategie………in wie weit tolerieren wir dann des anderen schlechte manieren. weil das sind sie nämlich – schlechte
manieren und charakterfehler.
im spirituellen kreisen heißt es ja immer: nicht kontern – lässig durchfließen lassen – nicht aufregen –
dazu bedarf es ja nun auch ein wirklich ausgeprägtes selbstwertgefühl – und ein fast nicht mehr vorhandes ego.
es nicht persönlich nehmen……
alles schön und gut – doch meine frage ist: zivilcourage und ein gewisses maß an erzieherischer maßnahme.
man kann zwar andere nicht ändern – doch man muß sich längst nicht alles bieten lassen!
Ach ja. Wenns so einfach wäre, wie es in „spirituellen Kreisen“ so geklugscheissert wird ….
Als erstes fällt mir dazu ein, dass zu ausgewogener Spiritualität gehört, auf sich selber zu achten. Es anzunehmen, wenn eine Emotion bereits aufgestiegen ist und auch mit Mut und Vertrauen das zu tun, was (ausgewogen) gerade gut tut. Auf eine Grenzüberschreitung spontaner zu reagieren.
Ansonsten regiert ja der Kopf, nicht das Herz. Und wir bauen noch Blockaden und Verdrängtes auf. Die Energie (und der Mensch) fliesst noch weniger. Als erstes zu sich selber stehen. Wir sind niemandem was schuldig, noch sind wir Opferlämmer.
Ich würde auch nicht von vorne herein Böswilligkeit unterstellen, wenn einer an meinen Knöpfen drücken möchte. Für viele ist das auch eine Art, Kontakt aufzunehmen. Irgend eine Reaktion herauszufordern „was sich liebt das neckt sich“. Nach so einem kleinen Schlagabtausch sind wir uns oft näher, wenn wir das nicht zu sehr krumm nehmen. Natürlich ist es ein Art aus scheinbarer Stärke heraus – und das Klein/Gross wird abgetastet. Deshalb, wie schon vermutet, eine Schwäche. Aber bei Schwächen können wir uns umso besser Gross (zügig) zeigen. Es sei denn, die eigenen Baustellen blockieren das zu sehr.
Was ist nun dran an dem „was spirituelle Menschen tun und nicht tun“? Die Beobachtung, dass weniger Emotionen aufsteigen, gehört bestimmt dazu. Das Annehmen aber zu zu allererst. Denn mit viel Verdrängung werden die Emotionen eher weniger kontrollierbar. Ab einem bestimmten Mass, kann eben nicht weiter kontrolliert und verdrängt werden. Das „tu dies #1, #2, …“ und du wirst spirituell, ist eine arge Kopfgeburt aus meiner Sicht. Die oft beschriebenen und in Kreisen rezidierten Punkte sind mögliche Ergebnisse, wenn nach langem Weg eine gelassenere Haltung erreicht wurde. Mehr nicht.
Alles Gute für Dich,
Richard
lieber richard,
danke –
weißt du was mich am allermeisen geärger hat – dass ich mich soooooo geärgert habe.
de facto – meine fresse – wie viel macht gebe ich anderen menschen über mich.
beobachten – spüren – lernen – handeln…..
hey……wir sind hier noch lange nich fertig….. 🙂
beste grüße 🙂
Warst du nicht einverstanden mit dem Ärger. Da gibt es vielleich doch einmal nur das „Alles Oder Nichts“. Grosszügig mit allem oder mit nichts.
lieber richard,
ich lese gerade assagioli – psychosynthese –
die phasen des wandlungsprozesses
und da steht…….seie 141
auch das ist eine der prüfungen, die zu bestehen sind. sie lehrt die persönliche überempfindlichkeit zu überwinden, sich
unabhängig von der meinung anderer ein urteil zu binden und sicherheit im handeln zu erlangen. deshalb sollte man eine
solche prüfung ohne auflehnung, ja sogar freudig annehmen.
die quintessenz jeder spirituellen wahrheit: zu allem JA sagen
also kein widerstand – annehmen – akzeptieren – mit HUMOR nehmen.
geht manchmal besser – manchmal verfällt man doch wieder in alte muster.
sich dieses einzugestehen ist doch auch schon förderlich 🙂
wie sagt anthony de mello so schön: bewusstsein – bewusstsein – bewusstsein
schönen tag dir*
Da hat er wohl recht, Kalypso. Um irgendwo weiter zu kommen, hilft bewusster zu werden. Das Gegenteil von einer sich zusammen ziehenden Bewusstheit, wenn wir fixiert sind undxetwas haben oder los werden wollen. Aber auch das hilft zeitweise. Man denke nur an die Fokussierung, um einmal mit etwas gezielt vorzugehen.
Zu allem Ja sagen ist mir aber auch zu absolut. Ich würde für eine Bereitschaft zum Annehmen wie auch zum Ablehnen sein. Schliesslich geht es bei meiner Spiritualität auch um mich. So sollte ich auch zuerst Ja sagen zum Nein, wenn das Ja gerade nicht stimmt für mich.
Soll nicht heissen, dass es unbedingt absolut gemeint ist im Buch. Das ist doch sehr im Kontext zu lesen.
LG Richard
Da hat Lena recht. Ein feiner Artikel! Umdrehen und einfach weggehen. Das schmerzt den „Aggressor“ viel mehr als uns selbst.
Wenn wir davon ausgehen, daß alles Energie ist (so sehe ich die Welt; die Energie fließt hin und her), .und negative Energie zu UNS gesendet wird, und wir sie absorbieren, anschließend noch verstärkt zurücksenden und in noch böseren Worten wieder ausstoßen, was wird wohl passieren?? Ein Streit entsteht, na klar! Und wir fühlen uns mies. Dabei können wir gar nix dafür? Aber wenn der Arsch, der uns jetzt kränken will, schlicht ignoriert wird? Oha. Zum Totlachen! Hab´s ein paarmal erlebt: Der knickt ein wie…naja, das wünsche ich ihm natürlich nicht…aber, wir dürfen das nicht aufsaugen oder auf uns beziehen! Diesen unsichtbaren Regenschirm müssen wir über uns tragen oder wie ein Fels in der Brandung stehen bleiben, welche Metapher auch immer dafür hilfreich seien mag.
LG Grete
Recht geben und Schweigen (mit einem Augenrollen und einem „jjjaaa…“) sind dann eher so meins 😉 wende ich auch „gerne“ an. Das „frustet“ die Leute zum Teil sogar 😉 Kommt zum Glück aber nicht so oft vor, dass ich mich in solchen Situationen wiederfinde.
Was nimmt dem Gegenüber denn den Wind aus den Segeln, wenn er mit hohlen Drohungen um sich wirft? Also sowas wie „Leg dich bloß nicht mit mir an!“. In solchen, mit Aggressionen aufgeladenen Situationen werde ich schnell emotional. Weiche Knie, leichter Schock, zitternde Stimme.
Ich will ja nicht zum Opfer werden aber auch nicht weiter provozieren.
Okay sagen signalisiert doch, dass der andere einem immer drohen kann.
Die Info finde ich sehr gut. Hier noch ein guter Spruch dazu: „Es ist schwierig einem Brunnenfrosch etwas vom großen weiten Meer zu erzählen…“ 🙂