Viel zu oft hören wir auf das, was Eltern, Bekannte, Freunde und Feinde, Lehrer und Bosse, Ärzte und Psychologen sagen.
Passen uns an. Quetschen uns in Formen wie der Hai, den Helge Schneider in einer seiner Geschichten als Baby in seinem Portemonnaie fand und in einem viel zu kleinen Aquarium aufwachsen ließ, sodass er am Ende quadratisch war.
Glauben den Gedanken, die uns andere eingeimpft haben, willentlich und unwillentlich, mit guter und mit schlechter Absicht.
Das fängt bei den grundlegendsten Dingen an. Wie dem Trinken.
Zwei Liter voll Unsinn
Jahre-, ach was, jahrzehntelang hieß es: „Trink 2 Liter am Tag!“
Ob Durst oder nicht. Runter damit. So ziemlich jeder Arzt und jeder Ratgeber schwang diese Fahne hin und her. Das war so sicher wie der Sonnenaufgang am Morgen.
Jetzt haben Studien von australischen Forschern gezeigt: stimmt so nicht.
Wir tun uns keinen Gefallen, wenn wir ohne Durst trinken, um irgendwelche Quoten zu erfüllen. An zu viel Wasser kann man nicht nur seine Nieren schädigen, sondern sogar sterben, wie es immer wieder bei Thriatlons und Ultramarathons vorkommt. Grund dafür ist, dass eine Übermenge an Wasser den Elektrolyte-Haushalt des Körpers in großes Ungleichgewicht bringen und zu bedrohlichen Hirnschwellungen führen kann.
Das Problem beginnt aber schon viel eher. Die Forscher untersuchten die Gehirne ihrer Probanden mittels MRT. Beim Trinken ohne Durstgefühl stiegen die Aktivitäten im präfrontalen Kortex des Gehirn. Und zwar, weil der Körper, wenn er keinen Durst hat, den Schluckreflex verhindern will und das Gehirn Energie aufwenden muss, um sich darüber hinwegzusetzen.
Ohne Durst zu trinken ist also widernatürlich und anstrengend.
Stattdessen, so die neue Forschung, sollten wir – Überraschung! – trinken, wenn uns wirklich danach ist.
(Ausnahmen sind Kinder, Senioren und manche chronisch Kranken, deren Durstgefühl weniger zuverlässig sein kann.)
Dein Körper lügt nicht
Wenn wir so Elementarem wie den allgemeinen Trinkmengen-Empfehlungen schon nicht glauben können, was dann?
Unseren eigenen Gedanken? Nein. Ein großer Teil der Gedanken, die wir für unsere eigenen halten, sind es nämlich gar nicht.
So schreibt der Religionsphilosoph Alan W. Watts in The Book on the Taboo Against Knowing Who You Are:
„Wir machen uns viel zu selten klar, dass selbst unsere privatesten Gedanken nicht unsere eigenen sein müssen. Wir denken in Begriffen und Bildern, die wir nicht erfunden haben, sondern die uns von der Gesellschaft geliefert wurden. Wir kopieren Meinungen und Reaktionen von unseren Eltern, lernen zum Beispiel, dass Exkremente „ekelig“ sind, oder dass der Tod eine schlimme Sache sei, dass wir uns vor Krankheiten fürchten müssen und auf Beerdigungen zu weinen haben.“
Vielleicht wollen wir die Karriere eigentlich gar nicht, die wir so sehr anstreben. Die Beziehung nicht, die alle und scheinbar auch wir selbst für eine so gute Idee halten („Ihr passt so gut zusammen, macht doch nichts, dass ihr Geschwister seid!“). Den Hauskauf nicht, obwohl er uns so vernünftig scheint (klar, ein Paarhunderttausend Schulden, das ist schon was Feines).
Der Stimme im Kopf ist also ebenfalls nur sehr eingeschränkt zu trauen.
Was bleibt uns, auf wen sollen wir hören?
Auf unseren Körper.
Was beim Durst auf Wasser beginnt, können wir ausweiten. Mehr auf das Körper- und Bauchgefühl hören, es zu unserem besten Ratgeber machen.
Wo im Leben spürst Du Hunger, hast Appetit auf mehr? Und wo bist Du satt, wovon hast Du genug? Welche Arbeit schmeckt Dir und welche nicht? Nach welchen Begegnungen ist es warm im Bauch und nach welchen ist Dir zum Brechen zumute?
Darin liegt mehr Wahrheit als in tausend Büchern.
Mehr dazu unter Was Dein Herz Dir sagen will (unglaubliche Studien + Übung) und unter Was Dein Körper über Deine Psyche verrät.
Photo: Lee
Lieber Tim,
jeden Morgen freue ich mich schon auf deinen neuen Text.
Heute trifft er mich wieder mal mitten ins Herz und bestätigt mir
vieles.
Ich höre jetzt gerade auf mein Bauchgefühl dir das auch mal mitzuteilen.
Ein junger Mann wie du der seine Träume verwirklich hat mit diesem Blog,
das gibt mir Hoffnung das das auch meine Söhne schaffen können.
Bitte bleib dran.
Viele liebe Grüße
Claudia
Diese „man sollte mindestens x Liter pro Tag trinken“-Empfehlungen sind schon lustig. Neulich laß ich auf einer Webseite (zum Glück nicht auf meiner eigenen ;)) dass „allgemein bekannt“ sei, dass man 3 Liter pro Tag trinken müsse. Man solle aber auch nicht über 30 Liter trinken. Das fand ich ziemlich amüsant, auch wenn es vermutlich ernst gemeint war.
Übrigens gibt es einen iranischen Arzt (Fereydoon Batmanghelidj), der die Theorie aufgestellt hat, dass chronische Krankheiten wie Allergien und Astham darauf zurückzuführen sind, dass man zuwenig trinkt und der Körper versucht Wasser zu sparen. Hintergrund: Der Mann saß im Gefängnis und hat dort – mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln – kranke Menschen geheilt. Die Mittel, die ihm zur Verfügung standen: Wasser und Salz. Er hat auch ein Buch darüber geschrieben. „Wasser hilft“ heißt das. Darin erklärt er das alles sogar biochemisch auf hohem Niveau. Bin mir noch nicht so ganz sicher, was ich davon halten soll, aber ist schon höchst interessant.
Hey Jan,
also ich hab schon oft 25 Liter an einem Tag getrunken, manchmal auch nur so zum Mittagessen, und dann dachte ich: jetzt musste aufpassen, mehr als 30 Liter sollten’s nicht werden!
Ja, da muss man wirklich höllisch aufpassen. Nicht, dass es einem noch so ergeht wie diesem Dicken in „der Sinn des Lebens“, der dieses eine Minzplätzchen zuviel gegessen hat (Monty Python) 😀
Hallo Tim,
dein Text passt ziemlich gut zu der Erkenntnis, die ich vor kurzem hatte. Mich plagen schon lange Schmerzen in der linken Schulter. An Massagen, Sport, etc. hatte ich alles durchprobiert und wirklich geholfen hat alles nicht. In den Semesterferien hab ich nun ein Praktikum gemacht, wo es mir (im Gegensatz zum Studium) super gefallen hat und während dieser ganzen Zeit hatte ich keine Probleme mit meiner Schulter. Und seit die Uni wieder angefangen hat, schmerzt auch die Schulter wieder.
Ich werde das Studium nun fertig machen und dann eine Ausbildung in der Firma starten, obwohl dieser Weg etwas ungewöhnlich ist…
Und dann möchte ich noch ganz allgemein ein Danke für deine tolle, inspirierende Seite loswerden.
Viele Grüße
Sarah
Dankeschön, Sarah!
Das ist wirklich ein ungewöhnlicher Weg. Aber nur deshalb, weil so viele von uns eben nicht darauf achten, wie es ihnen geht. Find ich auch alle Fälle toll. Worum geht es denn bei Deinem Studium, und hat das Praktikum irgendwas damit zu tun gehabt?
Hey Tim,
ich studiere Wirtschaftsmathematik und das war ein Pflichtpraktikum, welches ich im Bereich Controlling abgeleistet habe. Und jetzt starte ich dann eine Ausbildung als Industriekauffrau, wofür meine erworbenen Kenntnisse nicht ganz unnütz sind.
Viele Grüße
Sarah
Schöner Beitrag.
Jeder sollte in sich gehen und genau das erfragen was benötigt wird oder nicht. Auch sollte man versuchen nur das zu tun, was einem Freude bereitet! ( Ist nicht immer möglich)
Aber eine Frage beschäftigt mich…Wenn Menschen unter Depressionen leider oder einer anderen psychischen Erkrankung, haben sie oft eine verzerrte Wahrnehmung. Man kann oft nicht mehr wirklich unterscheiden was man will oder nicht. Dinge die man immer liebte verlieren an Bedeutung… die Interessen verschieben sich. Mir stellt sich da oft die Frage… stimmt was mit meinem Kopf nicht oder ist es nur der Lauf der Zeit dass man sich verändert?
Lg
Ich würde deinem text blind zustimmen, hätte ich nicht schon so oft die erfahrung gemacht, dass der körper dem geiste folgt und etwas mir z.b. bauchschmerze bereit hat, nur, weil meine (gedankliche) erwartungshaltung mich in das körperliche unwohlsein hinein manövriert hat. Man muss sehr achtsam sein, um genau zu spüren, folgt der körper nun symptomatisch meinen vorherigen gedanken oder ist mein körper meinem kopf gerade tatsächlich voraus. Zumindest geht es mir so. Denn wie oft wird einem flau im magen, nur weil einem der mut fehlt. Und hinterher bereut man…
Lg
Danke wieder hierfür. ich finde deine Art zu schreiben immer wieder wunderbar – albernster Witz und tiefe Weisheit, Gefühle und Körper verbindend – so geht’s. Danke!
Hallo Tim,
ich persönlich trinke zwischen 4 – 5 Liter am Tag (Wasser, Tee und 1 – 2 Tassen Kaffee). Und das schon seit über 20 Jahren. Bin schon negativ auf Diabetes getestet worden, weil ich einen erhöhtes Durstgefühl habe. Vermutlich ist es eine persönliche Sache, denn ich genieße jeden Schluck. 🙂
Liebe Grüße
Rana
Hallo Tim,
Selten habe ich einen Beitrag so genossen…. wie ungern ich selbst trinke und dieses Ekelgefühl überwinden muss! Meistens höre ich auf mich und lass es beim Ekel und ohne Wasser aber dann mit schlechtem Gewissen.
Das tiefere Fazit aus deinem Beitrag möchte ich dabei nicht aus dem Auge verlieren: wie wichtig ist es, seiner eigenen Körpersprache wieder zu lauschen und ihr zu vertrauen. Der Körper ist so oft weiser als wir selbst mit all unseren Gedanken und Theorien. Ich darf manchmal miterleben, welch schönen Gefühle entstehen, wenn ein Mensch nach längerer „Taubheit“ mal wieder in seinen Körper horcht.
Vielen Dank, das du mit deinem Artikel das Bewusstsein dafür bei so vielen Menschen auf deine frische Art mal wieder weckst!
Viele Grüße,
Regina
Also ich habe ein Video von Tony Robbins gesehen, wo er sagte, dass man viel Wasser trinken muss und dass das erste Anzeichen von Wassermangel Müdigkeit ist und nicht Durst. Wenn man Durst hat, ist der Wassermangel schon extrem.
Es ist echt frustrierend, wenn jeder Experte irgendetwas anderes sagt.
Scheinbar ist der einzige Experte nur mein Körper.
Zu jeder These gibt es eine entsprechende Antithese. Und zu jeder Studie eine, die genau das Gegenteil besagt.
Deshalb gibt es nichts wichtigeres auf seinen Körper und auf seinen Bauch zu hören. Auch wenn der Geist von uns subjektiv das Körpergefühl verfärbt.
Auf dein Trinkbeispiel bezogen heißt das für mich, dass seit dem ich bewusst darauf achte mindestens 2-3 Liter am Tag zu trinken, bin ich einfach länger konzentrierter, weniger müde und fühle mich insgesamt einfach wohler. Auch habe ich nach anstrengenden Sporteinheiten nicht mehr ein solches heftiges Durstgefühl.
Viele Grüße
Torsten vom ausdauerblog
PS: Dein Beispiel bei den Triathlons ist nur bedingt richtig dargestellt. Das Schwitzen der Athleten über einen langen Zeitraum führt zu Elektrolytmangel, den Wasser nicht mehr ausgleichen kann. Deshalb nehmen clevere Ausdauersportler bei langen Einheiten auch immer Salz zu sich…
Hallo Tim,
ein toller Beitrag und du kannst dir denken, dass er mir aus dem Herzen spricht!
Womit wir schon bei dem Teil der Körpers wären, auf den wir noch viiiiiel mehr hören dürfen: unser Herz!
Es weist uns stets den Weg, sagt uns genau, was WIR in JEDER Situation WIRKLICH wollen…ABER:
Wie du schon schreibst, werden diese Wegweiser aber permanent zugeschüttet: von Erziehung, Erwartungen anderer, Vorgaben der Gesellschaft, wie etwas sein soll…
Dabei hat jeder von uns seine eigene Gebrauchsanweisung in sich verankert. Ich würde mir wünschen, wir würden sie alle einmal lesen und dann verinnerlichen. Wir wäre glücklich und zufrieden!
LG
Dirk
Bei „Wassersparen“ muss ich immer an diese Handseife hier denken 😀 http://stop-the-water-while-using-me.com/en/online-shop/body-care/4/all-natural-lemon-honey-soap?c=2153
Die Seele kann schmerzen und wird sich melden.Viel zu oft wird dieser Ruf ignoriert und die Folgen verlagern sich in den Körper. Dort wird er eher wahrgenommen. Der Körper ist stark, irgendwann hält er dem ganzen Dilemma aber nicht mehr Stand und dann musst du auf ihn hören und beachten. Oft wenn es leider schon zu spät ist
Hallo Tim,
das ist ein interessanter Artikel und das Thema erinnert mich an eine damalige Freundin.
Sie zog in eine andere Stadt mit ihrem Partner und gemeinsamen Sohn.
Von Anfang an ging es ihr hundselend.
Sie musste sich ständig erbrechen, war depressiv und konnte kaum noch etwas essen. Nach vielen quälenden Monaten erkannte sie, dass sie dieses Leben nicht wollte. Sie wollte ihren Partner nicht ( 4 mal getrennt und immer zurück wegen dem Kind) Sie stand so unter Druck das weiß ich noch. Doch sie hatten das Haus, viel Geld investiert und wollte dem Kind nicht weh tun. Aus der Ferne versuchte ich ihr zu helfen, aber das war schwer, 400 km weit weg. Das ist jetzt schon paar Jahre her und ich weiß nicht was aus ihr geworden ist. Konnte sie nicht mehr ausfindig machen. Ich hoffe einfach ihr geht es heute gut.
Aber wenn der Körper so heftig reagiert, muss man wirklich versuchen herauszufinden was es ist und schafft es hoffentlich etwas daran zu ändern.
LG Elle
Wahrscheinlich unterschätzen wir die Bedeutung dieser Wahrheit in der Regel. Wenden wir das doch einfach einmal umfassend an auf alles, was uns begegnet. Auch wenn es zunächst weh tut, der Kopf betroffen ist und Menschen um uns enttäuscht sind.
Warte konsequent mit allem, was dir angetragen, angeraten und von dir selber als Pflicht oder Verantwortung gesehen wird. Bis du soweit bist. Und wirklich bereit bist.
Für mich ist dann auch ein Selbsthilfe Produkt nur so gut, wie es diesen Gedanken pflegt. Mach diesen Schritt nur, lies nur dann weiter, wenn du so weit bist. Befrage gut deinen Körper. Denn ohne seine Bereitschaft wird alles zur Kopfnummer und so weit bin ich selber schon. Leider nicht weiter, oder wäre ich sonst angezogen von dem Getrommel?
Im Beruf und in Geselldchaft erscheinen wir damit zuweilen als eigenwillig und wenig bereit, was beizutragen. Werden aus Enttäuschung wenig geschätzt. Scheinbar.
Doch, was wir dann geben, das ist authentisch und von Herzen geben. Dem haftet auch hilfreiche Energie an, wo anderenfalls die unsichtbare Negativität insgesamt eher belastend sein kann. Selbst erschaffenes Karma.
Aber in einer Zeit, wo der Körper durch so viele Drogen, Gifte, etc (dazu gehören auch Zucker, Pestizide, Zusatzstoffe,..) manipuliert wird, ist es gerade bei der Nahrungsaufnahme gefährlich, bzw falsch, auf den Körper zu hören! Die Leute wissen oft gar nicht mehr, was zB Hunger und was Zuckersucht ist!!
Und vor meiner Entschlackungskur habe ich nie viel Durst gehabt, erst seit ich meinen Körper entgiftet habe, kommt der sehr sehr regelmäßig und ich komme auf meine 2-3 Liter. Vorher hätte ich das nicht geschafft, dabei hilft u.a. Wasser ja dabei, den Körper zu entgiften…