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Welch eine himmlische Empfindung ist es, seinem Herzen zu folgen!

– Johann Wolfgang von Goethe

„Hör auf das, was Dein Herz Dir sagt“ … heißt es immer wieder und vielleicht hältst auch Du das für Eso-Quatsch. Als könnte das Herz was anderes tun als stumpf pumpen! Klar, so etwas wie ein Bauchgefühl kennt man schon, aber auch das wird sich alles nur in einem Teil des Gehirns im Kopf abspielen. Oder?

Wenn Du diesen Artikel liest, wirst Du vielleicht genauso pump pump pump perplex sein wie ich, als ich das erste Mal von den vielen Studienergebnissen rund um die Sprache des Herzens erfuhr. Kann gut sein, dass Du Dich und Dein Herz und die Welt danach mit anderen Augen siehst.

Erst seit etwa 20 Jahren arbeiten Kardiologen und Psychologen enger zusammen. Bis dahin wusste man zwar, dass das Hirn das Herz beeinflusst. Zum Beispiel so: emotionaler Stress erhöht das Herzinfarkt-Risiko stärker als Rauchen und eine Depression nach einem Herzinfarkt die Todeswahrscheinlichkeit mehr als alle anderen bekannten Faktoren. Doch erst seit die Wissenschaftler aus den verschiedenen Bereichen ihre Köpfe zusammen stecken, ist klar, wie sehr das Gleichgewicht des Herzens auch das Gehirn ununterbrochen beeinflusst.

Viel mehr noch:

Das Herz hat ein eigenes kleines Gehirn.

Seit kurzem ist erst bekannt: das Herz hat – ebenso wie der Darm – ein eigenes Netzwerk aus etwa 40.000 Neuronen, eine Art eigenes kleines Gehirn.

Dieses Herz-Gehirn kann unabhängig vom Kopf:

  • eigenständig wahrnehmen
  • die Funktion des Herzens regulieren, je nachdem, was es wahrnimmt
  • sich entsprechend von Erfahrungen verändern, also erinnern und lernen
  • veränderungen schneller spüren als das Kopf-Gehirn, also die Zukunft intuitiv „vorhersehen“
  • das Kopf-Gehirn und den gesamten Organismus beeinflussen

Neben den Neuronen besitzt das Herz über eine eigene Hormonfabrik, mit der es mittels der Hormone Adrenalin und Noradrenalin die Leistungsfähigkeit und den Blutdruck steuern kann. Außerdem kann diese Fabrik das herzeigene Hormon Oxytocin freisetzen. Das passiert zum Beispiel beim Orgasmus, wenn sich Liebende Umarmen oder wenn eine Mutter ihr Kind stillt. Oxytocin stärkt die emotionale Bindung.

Nicht nur über Hormone beeinflusst das Herz-Gehirn das Kopf-Gehirn. Es ist über das vegetative Nervensystem direkt mit ihm verbunden und kann so auch direkt auf das Kopf-Gehirn einwirken.

Die Forscher haben weiterhin herausgefunden: das elektromagnetische Feld des Herzens ist das größte des menschlichen Körpers und kann über mehrere Meter Entfernung gemessen werden. Es kann nicht nur den eigenen Körper, sondern auch die Hirnwellen von Mitmenschen in unserer Nähe beeinflussen und sich mit ihnen synchronisieren. Andere Menschen können unsere „Herz-Energie“ daher spüren. Dass es dieses elektromagnetische Feld gibt, liegt in der Evolution begründet. Die elektromagnetische Kommunikation ließ Gruppen sich besser austauschen und verstehen, was in früheren Zeiten überlebenswichtig war.

Was das Herz und sein Gehirn tun, hängt davon ab, ob es im Gleichgewicht ist. Gerät das Herz aus den Fugen, tut es das emotionale Gehirn auch. Und anders herum: wenn wir lernen, wie wir es ins Gleichgewicht bringen können, tun wir unseren Gedanken, Gefühlen und dem ganzen Organismus Gutes.

Das Herz im (Un)gleichgewicht.

Nur, wenn Anspannung – etwa als Kampf oder Flucht – und Entspannung gleichermaßen gut funktionieren, arbeitet das Herz harmonisch. Um sich schnell anpassen zu können, ist das Intervall der Herzschläge ständig im Wechsel: keine zwei Herzschläge hintereinander haben denselben zeitlichen Abstand.

Wie ein Fußball-Torwart beim Elfmeter hin und her springt, tut es das Herz auch. Es bleibt in Bewegung und passt sich in jeder Sekunde an kleinste Kleinigkeiten an. Zumindest bei gesunden Menschen zeigen sich daher gleichmäßige Wellen auf einem Monitor, der die Abstände zwischen den Herzschlägen aufzeichnet.

Wird das Herzintervall auf diese Weise gleichmäßig kürzer und länger, wechseln sich also kurze und lange Abstände zwischen den Herzschlägen ebenmäßig ab, spricht man von „Kohärenz“.

Das Gegenteil der Kohärenz wird als „Chaos“ bezeichnet. Hier sind die Wechsel nicht mehr gleichmäßig wie Wellen, sondern auf Monitoren als irre gezackte Linie sichtbar: mehrere gleichschnelle Schläge treten hintereinander auf, dann ein paar langsamere hintereinander, statt ständig zwischen schneller und langsamer zu wechseln.

In der Kohärenz kann sich das Herz viel besser an Veränderungen anpassen, es liegt eine hohe „Herzratenvariabilität“ vor. Bei der Geburt ist diese Herzratenvariabilität am höchsten, wenn wir sterben, ist sie am niedrigsten.

Dass die Herzratenvariabilität abnimmt und wir immer mehr ins Herz-Chaos verfallen, liegt vor allem daran, dass wir im Laufe des Lebens trainieren, ständig aufs Gaspedal des Körpers zu treten, aber das Bremsen verlernen. Während das gesunde Herz schnell auch auf kleine Gefühlsschwankungen reagiert, tut es das kranke immer weniger, wodurch Bluthochdruck, Diabetes, Krebs und Herzinfarkte begünstigt werden. Im schlimmsten Fall – wenn das Herz bei Gefühlsschwankungen überhaupt nicht mehr reagiert – ist das ein sehr gefährliches Zeichen: ein plötzlicher Herzstillstand und Tod ist nie wahrscheinlicher als in diesem Fall der komplett stillstehenden Herzratenvariabilität.

Sind Herz und Gehirn jedoch im Gleichgewicht, dann, so zeigen Studienergebnisse:

  • atmen wir ruhiger
  • haben einen niedrigeren Blutdruck
  • verbrauchen weniger Energie
  • altern langsamer
  • haben eine bessere Immunabwehr und sind dadurch deutlich seltener erkältet
  • sind weniger verspannt
  • sind weniger müde und gestresst und weniger anfällig für Ängste und Depressionen
  • kommen emotional besser mit den Anforderungen des Lebens zurecht
  • erleben mehr Flow-Zustände

Eine weitere Studie zeigte: Kinder mit einer höheren Kohärenz leiden viel weniger darunter, wenn ihre Eltern sich scheiden lassen.  Drei Jahre nach der elterlichen Trennung waren sie psychisch weniger davon beeinflusst, hatten mehr positive Gefühle, konnten sich besser an andere Menschen binden und waren in der Schule leistungsfähiger.

Zum Glück können wir lernen, das Herz ins Gleichgewicht – in die Kohärenz – zu bringen. Das geht mit dem sogenannten Herz-Kohärenz-Training.

Das Herz ins Gleichgewicht bringen (Übung).

Die folgende Übung wurde am Heart-Math-Institute in Kalifornien erforscht und entwickelt, gelesen habe ich von ihr (wie auch erstmalig insgesamt vom Herzgehirn) in einem Buch von David Servan-Schreiber, „Die neue Medizin der Emotionen“.

Ihr Name: Herz-Kohärenz-Übung.

Die Herz-Kohärenz-Übung ist eine Art Meditation, jedoch kein klassisches Entspannungsverfahren. Sie hat nichts mit der Anzahl der Herzschläge selbst zu tun, sondern nur mit deren gleichmäßigem Wechsel. Kohärenz lässt sich bei einem Puls von 50 genauso erzeugen wie bei einem Puls von 150 und ermöglicht innere Ruhe auch bei Anspannung und in Stresssituationen.

Die Übung besteht aus drei Schritten:

  • 1. Schritt: Zweimal langsam und tief einatmen. Dabei auf die Atmung konzentrieren und nach dem langsamen Ausatmen kurz pausieren, bis der Körper von sich aus nach dem nächsten Atemzug verlangt. So wird der entspannende Parasympathikus aktiviert, man tritt also schon mal auf die Körperbremse.
  • 2. Schritt: Weiter langsam und tief einatmen, ohne die Atmung willentlich zu beeinflussen. Dabei stellt man sich bildlich und sinnlich vor, man würde durch das Herz atmen (wer sein Herz noch nicht spürt, kann sich vorstellen, wie er durch den zentralen Brustbereich atmet). Beim Einatmen vorstellen, wie das Herz all die frische, beruhigende, reinigende Luft bekommt, die es braucht. Beim Ausatmen vorstellen, wie alle überflüssigen Abfallstoffe weggeblasen werden. Das Herz dabei beobachten, als würde man ein Kind beobachten, wie es friedlich und wohlig spielt.
  • 3. Schritt: Ruhig weiteratmen. Nun auf ein Gefühl von Wärme und Ausdehnung in der Brust achten und / oder auf Gefühle von Dankbarkeit oder Liebe. Unterstützen kann man dies, indem man an einen geliebten Menschen oder ein geliebtes Tier denkt, an einen schönen Urlaubstag oder an ein Bild friedlicher Ruhe inmitten der Natur. Die Erinnerungen lösen positive Gefühle aus, und positive Gefühle können genauso schnell zu Kohärenz führen, wie Angst, Sorgen, Traurigkeit oder Zorn Herz-Chaos auslösen.

Die Übung dauert höchstens ein paar Minuten. Sie wirkt umso schneller und besser, je regelmäßiger man sie anwendet. Je länger man sie einübt, umso schneller gelangt das Herz in Gleichgewicht und Kohärenz, und man selbst in ein Wohlgefühl.

Nach einem eintägigen Herz-Kohärenz-Training an mehreren Tausend Führungskräften in Großbritannien und den USA und der täglichen Übung über sechs Monate wurden die Teilnehmer befragt, wie sich das Training ausgewirkt hatte. Die Ergebnisse:

  • Sechsmal weniger Teilnehmer als vorher klagten über Schlaflosigkeit
  • Achtmal weniger fühlten sich „angespannt“
  • Fünfmal weniger fühlten sich „ausgelaugt“
  • Fast alle gaben an insgesamt gedanklich leistungsfähiger zu sein und sich besser konzentrieren zu können, auch unter Stress

Doch auch schon nach den ersten Übungen wirkt sich die Herz-Kohärenz-Übung deutlich aus.

Die Sprache des Herzens verstehen (Übung).

Wir haben gesehen: das Herz hat ein eigenes kleines Gehirn und es beeinflusst Körper und Geist auf vielfältige Weisen. Wir haben weiter gesehen, wie wichtig ein Gleichgewicht im Herzen für uns ist.

Dieses Gleichgewicht spielt auch eine wichtige Rolle, wenn wir mit unserem Herzen reden – also die Sprache des Herzens verstehen – wollen.

Nur in dieser Kohärenz können wir direkt mit dem Herzen kommunizieren.

Wenn Du wissen willst, „was Dein Herz Dir sagt“, kann Dir die folgende Übung Klarheit verschaffen. Sie stammt ebenfalls vom Heart-Math-Institute und geht so:

  1. Herz-Kohärenz herstellen (siehe Übung oben)
  2. Sich eine Frage stellen, zum Beispiel „Liebe ich ihn wirklich?“ oder „Will ich diesen Job wirklich von ganzem Herzen hinter mir lassen?“. Dabei auf das Herz konzentrieren. Was passiert, wenn Du Dir diese Frage stellst?a.    Fühlt es sich warm (bzw. wärmer als zuvor) in der Herzgegend an, fühlt es sich so an, als würden sich Brustkorb, Herz und Liebe ausdehnen? Dann lautet die Antwort des Herzens JA.b.    Fühlt es sich hingegen eher so an, als würde sich das Herz zurückziehen und verschließen, dann lautet seine Antwort NEIN.

Es gibt auch noch eine zweite Übung dazu, eine, mit der sich man sich leichter entscheiden und zukünftigen Stress so gering wie möglich halten kann:

  1. Wenn es ein Problem gibt, dass Dir Stress bereitet, nimm einen Zettel und schreibe auf, was Du darüber denkst und wie Du Dich mit dem Problem fühlst.
  2. Herz-Kohärenz herstellen (siehe Übung oben)
  3. Frage Dich, wie eine bessere Reaktion auf das Problem aussehen könnte. Eine Reaktion, die den zukünftigen Stress für Dich damit so weit wie möglich reduziert.
  4. Schreibe auf, was Dein Herz auf diese Frage antwortet (auch dann, wenn Dir die Antwort als zu einfach oder zu abwegig erscheint).
  5. Vergleiche die Antwort, die Du im ersten Schritt niedergeschrieben hast, mit dem, was Dein Herz geantwortet hat. Was fühlt sich besser für Dich an … einfacher … fließender?

Was das Herz antwortet, muss nicht immer wahr sein und nicht immer befolgt werden. Vielleicht kriselt es gerade nur vorübergehend in der Beziehung oder im Job. Aber: man kann die Sprache des Herzens immer mit in seine Überlegungen und Entscheidungen einbeziehen, zum Beispiel, um zu schauen, ob Herz und Verstand im Einklang sind.

Wenn Du vor einer wichtigen Entscheidung stehst, wird Dir das neue myMONK-Buch helfen: Wie man die richtigen Entscheidungen trifft.

Quellen:

Die neue Medizin der Emotionen. Stress, Angst, Depression: Gesund werden ohne Medikamente“, David Servan-Schreiber
http://www.rcpsych.ac.uk/pdf/Heart,%20Mind%20and%20Spirit%20%20Mohamed%20Salem.pdf, http://appliedconsciousnessintl.com/thinking-from-the-heart-heart-brain-science, http://www.nature.com/neuro/journal/v7/n2/full/nn0204-102.html, http://www.ssporer.com/downloads/Energetic_Heart.pdf, http://www.heartmath.com/personal-use/quick-coherence-technique.html, http://www.heartmath.org/research/science-of-the-heart/head-heart-interactions.html?submenuheader=3, http://www.heartmath.org/templates/ihm/downloads/pdf/research/publications/intuition-part1.pdf

Photo: Cornelia Kopp