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Text von: Romy Hausmann

Ich bin ein Frühvogel. Nicht, weil ich so dermaßen aufs Würmer-Fangen stehe, so wahnsinnig diszipliniert oder gar fleißig wäre. Im Gegenteil. Dass ich mich um fünf Uhr morgens bereits aus dem Bett quäle, ist aus der Not geboren worden. Ich bin Mutter, das heißt, mit dem ersten Wimpernschlag meines Sohnes ist Rock’n’Roll angesagt (oder besser: Heavy Metal). Da wird geplappert, dass einem der Schädel platzen will. Da wird am Ärmel oder am Hosenbein gezogen, wegen diesem und jenem, immer begleitet von: „Mama? Mamaaa!“ Da muss ich flitzen und rennen und funktionieren wie ein aufgezogenes Spulchen, für Nahrung sorgen, noch schnell hier, noch schnell da… und bin, kaum, dass mein Sohn aus der Tür und auf dem Weg zur Schule ist, erst mal nur eins: fertig. Die nächste halbe Stunde verbringe ich dann erst mal mit dem Kopf in einem Eimer Kaffee und damit, meine Einzelteile zu sortieren. Den Morgen-Stress abzuschütteln, meinen Puls wieder runter auf normal zu atmen.

Das fand ich irgendwann sehr anstrengend und habe mir daher eine neue Morgenroutine zugelegt, die mir Raum verschafft, überhaupt erst einmal zu mir zu kommen, bevor ich mich meinen täglichen Aufgaben stelle. Also klingelt der Wecker nun um fünf. Das sind fast zwei Stunden, die ich jetzt für mich selbst habe. Ich und meine Tasse Tee. Ich und eine lange Dusche. Ich und die Ruhe in meinem Kopf. Ich und die ganzen Dinge, die sich aus dieser Ruhe heraus entwickeln und im Morgengrauen gedeihen. Vor allem aber: ich und mein Morgen-Tagebuch. Darin notiere ich meine Gedanken und Ideen, reflektiere ich den vergangenen Tag, das, was mir bevorsteht – oder ganz allgemein die Themen, die mich in meinem Leben bewegen. Die Dinge, die mich glücklich machen. Die Baustellen, von denen ich ahne, dass ich mich um sie kümmern sollte.

Ob Du’s glaubst oder nicht: Ein Morgen-Tagebuch kann wirken wie Meditation.

Was Tagebuchschreiben kann (Spoiler: eine Menge!)

Ernsthaft: es gibt eine Tagebuchforschung, so richtig offiziell untersucht und mit Studien belegt. Ins Rollen gebracht hat sie in den 1990er Jahren der amerikanische Psychologe James Pennebaker. In einer seiner ersten Studien hat er 50 Studenten pro Tag eine Viertelstunde Tagebuch schreiben lassen. Die Hälfte der Teilnehmer ließ Pennebaker über Belangloses schreiben („Liebes Tagebuch, habe heute ein sehr leckeres Eis gegessen. Schoko, jammjamm.“). Die andere Hälfte der Probanden wurde angeregt, über Dinge und Erfahrungen zu schreiben, die ihnen Sorgen bereiteten oder ihr Leben in ernsterer Weise beeinflussten. Im Verlauf des Versuchs zeigte sich, dass die Teilnehmer der zweiten Gruppe in den folgenden Wochen nicht nur körperlich fitter waren (zum Beispiel seltener an Erkältungskrankheiten litten), sondern auch angaben, sich psychisch besser und widerstandsfähiger zu fühlen. Vielleicht funktioniert es also wirklich, dass man sich gewisse Dinge „von der Seele schreiben“ kann. Oder: sich zumindest ein wenig entlasten kann auf dem geduldigen Papier – besonders, wenn man das Gefühl hat, dass generell zu viel Zeug den Kopf verstopft, wie bei mir. Da ist der Alltag. Sind die Pflichten. Die Rechnungen, die noch bezahlt werden müssen. Und irgendwo zwischen all meinen Zweifeln und Ängsten hat sich auch noch eine Idee für einen neuen Text verkantet. Tagebuchschreiben hilft, sich zu strukturieren. Ordnung zu schaffen. Manchmal vielleicht sogar Bedürfnisse zu entdecken, die man so noch gar nicht bewusst auf dem Schirm gehabt hat.

Hast Du Lust, es zu probieren?

Wie man ein Morgen-Tagebuch anfangen kann

Der Morgen ist die beste Zeit – selbst wenn Du nicht wie ich im Mutter-Modus bist. Da ist der Kopf noch frisch. Die Welt still. Das Email-Postfach leer. Die Gedanken sind ungefiltert und vor allem: Du bist wach. Anders wahrscheinlich als am Abend, wenn Du in den Feierabend kriechst und einen Stift zu halten oder gar noch übers Papier zu führen, Dir ähnlich anstrengend vorkommt wie eine spontane Kilimandscharo-Besteigung.

Nimm Dir also Zeit am Morgen, zehn Minuten genügen schon. Um Dir das Beginnen zu erleichtern, habe ich hier ein paar Anregungen für die erste Woche für Dich.

Tag 1

Entschuldige Dich bei Dir selbst. Dafür, dass Du manchmal so hart mit Dir bist. Vergib Dir die ein oder andere Entscheidung, die Du falsch getroffen hast. Mit der Du Dich selbst oder andere verletzt hast. Vergib Dir, dass Du es manchmal einfach nicht besser weißt. Du bist ein Mensch, Du darfst Fehler haben und machen, denn nur dadurch wirst Du innerlich wachsen.

Schreibe:

Gibt es etwas, das Du Dir vergeben könntest? Etwas, das nicht schön, aber lehrreich war? Was hast Du daraus gelernt?

Tag 2

Unsere Köpfe sind Schlachtfelder. Krisenherde heftigster Konflikte. Da wohnt die Angst, die sich überall einmischt und manchmal unser Urteilsvermögen trübt. Die uns viele Dinge gar nicht erst versuchen lässt. Hier wohnen die Erwartungen, die immer wieder dafür sorgen, dass wir enttäuscht werden, von unseren Mitmenschen, der Welt, oder von uns selbst.

Schreibe:

Welche Ängste beschäftigen Dich in letzter Zeit? Welche Erwartungen würdest Du gerne loslassen? Und was würdest du tun oder anders machen, wenn Du wüsstest, Du könntest nicht scheitern?

Tag 3

Glück ist das Loslassen von Erwartungen. Von den oft falschen Vorstellungen, wie Dein Leben aussehen sollte (aber eben nicht aussieht in der Realität). Atme tief durch. Schalte zurück. Du bist genug. Du hast genug. Du tust genug. Lass los und lebe jetzt, genau in diesem Moment.

Schreibe:

Wofür bist Du in Deinem Leben dankbar? Und warum? Worin liegt Dein kleines Glück, das Du gegen nichts in der Welt eintauschen würdest? Was magst Du an Dir selbst? Worauf bist Du stolz?

Tag 4

Wir verschwenden viel Zeit damit, auf die ideale Gelegenheit zu warten. Die beste Möglichkeit. Den bequemsten, sichersten Weg. Aber den gibt es nicht. Wege entstehen, indem wir sie gehen – nicht durch’s Warten. Es geht immer nur um den nächsten kleinen Schritt, nicht um die nächsten hundert Meter im Sprint. Nur ein paar Zentimeter nach vorne, in Deinem eigenen Tempo. Das genügt nicht nur. Das ist sogar richtig viel.

Schreibe:

Welchen nächsten Schritt in Deinem Leben würdest Du gehen, nur fehlt Dir dazu bisher der Mut? Wie könnte der kleinstmöglichste nächste Schritt aussehen? Was hält Dich davon ab, ihn zu versuchen? Was könnte bestenfalls geschehen, wenn Du Dich traust?

Tag 5

Deine Fähigkeit, glücklich zu sein, hängt auch immer an den Menschen, mit denen Du Dich umgibst. Menschen, die Dir Kraft geben. Die da sind, um mit Dir auf Deine Erfolge anzustoßen. Die aber auch da sind, um die Kleenex-Packung zu halten, wenn’s mal nicht so läuft. Die, die ehrlich, kritisch und fair zu Dir sind. Und dann sind da noch die anderen. Die – auch wenn’s Dir wehtut, es einzusehen – eigentlich immer nur nehmen und nie was dalassen. Die ihre spitzen Zähne in Dich schlagen und Dir Deine Energie aussaugen. Vielleicht hängst Du trotzdem an ihnen, aus sentimentalen Gründen oder aus reiner Gewohnheit.

Schreibe:

Mit wem umgibst Du Dich in Deinem Alltag? Wie beeinflussen diese Menschen Dein Leben und Dein Befinden? Gibt es jemandem, dem Du endlich mal „Danke“ sagen solltest? Gibt es vielleicht auch jemanden, von dem Du Dich langsam verabschieden möchtest?

Tag 6

Es gibt einen Unterschied zwischen Aufgeben und Loslassen. Aufgeben muss nicht bedeuten, dass Du versagt hast. Vielleicht hast Du einfach nur eine neue Richtung eingeschlagen und startest von dort aus neu.

Schreibe:

Würdest Du in Deinem Leben gerne etwas verändern oder sogar ganz aufgeben, hast aber Angst, dass Du Dich als Versager/in fühlen oder von anderen so wahrgenommen werden könntest? Gibt es etwas in Deiner Vergangenheit, über das Du jetzt sagen würdest: Es war gut, dass ich es aufgeben habe – auch wenn’s im ersten Moment wehgetan hat?

Tag 7

Es gibt Zeiten und Tage, da denkst Du, alles ist vorbei. Die Welt ist zappenduster. Aber selbst die dunkelste Stunde hat nur sechzig Minuten. Selbst nach der schwärzesten Nacht geht die Sonne wieder auf. Was, wenn Du einfach nur eine Pause brauchst, um neue Kraft zu schöpfen und Dir klarzuwerden, dass es auf dieser Welt immer einen Platz für Dich geben wird? Für Deine Ideen. Für einen neuen Anfang.

Schreibe:

Was würdest Du tun, wenn Du heute neu anfangen könntest? Was oder wer könnte Dir helfen, noch ein wenig durchzuhalten, wenn die Welt gerade schwarz ist? Wie könnte Dein Neuanfang aussehen?

Nein, die Welt verbessern wird ein Morgen-Tagebuch nicht. Aber vielleicht Dein Leben. Das Tagebuch kann ein Ort werden, an dem Deine Zweifel und Ängste Gehör finden. An dem Du Mut findest in Deinen eigenen Antworten. Ein kleines Kloster im Kladdenformat. Vielleicht hast Du nach den sieben Tagen sogar Lust, eine dauerhafte Gewohnheit daraus zu machen.

Lass mich in den Kommentaren gerne wissen, wenn Du’s ausprobiert hast und wie Deine Erfahrungen dazu ausgesehen haben!

P.S.: Wenn Du das Morgen-Tagebuch (oder etwas anderes) fest in Dein Leben holen willst, kann Dir das myMONK-Buch helfen: 12 Gewohnheiten, die Dein Leben verändern.

Photo: Journaling von UNIKYLUCKK / Shutterstock