Teile diesen Beitrag "8 Wege zum Mann-Sein (Kleiner Leitfaden für den neuen Mann)"
Vorbei die Zeiten, in denen ein Mann nur schießen, saufen, posen und sich unverletzbar hart geben musste, um als „echter Mann“ wahrgenommen zu werden. Vorbei sind aber auch die Zeiten der Gegenbewegung: weinerliche Weicheier haben genauso ausgedient, die alles … „hmmm … jaaa … klar“ … verstehen, aber weder für sich noch für andere kämpfen. Was bedeutet es aber dann, heute ein Mann zu sein? Und wie können zwanzigjährige oder fünfzigjährige Jungs zu Männern werden?
Ein Leitfaden für den neuen Mann in acht Akten:
#1 Nichts wird jemals einfach sein. Und nichts wird je anders sein.
#2 Entscheide. Keine Ausreden.
#3 Spüre die Angst. Und gehe hindurch.
#4 Sei stark. Sei schwach. Sei alles, was Du bist.
#5 Frauen verstehen für Anti-Frauenversteher.
#6 Andere Männer.
#7 Verantwortung: Kümmere Dich. Um Dich selbst, aber auch um andere.
#8 Du brauchst eine Mission (oder: Liebe für Männer, Teil 2).
1. Nichts wird jemals einfach. Und nichts wird je anders sein.
Kein Lebensbereich wird auf Dauer einfach und ohne Anstrengung verlaufen.
Und nichts wird irgendwann ganz anders, als es heute ist.
Wir glauben gern daran, dass die Partnerin sich nur ein bisschen ändern muss oder der Chef einsehen, wie sehr wir es doch eigentlich drauf haben im Job. Oder dass das Leben mühelos wird, wenn die Kinder erst aus dem Haus sind, man im Lotto gewonnen oder seinen Job gekündigt hat.
Deine Partnerin wird sich nicht ändern. Versuchst Du, sie auszutauschen, kommen alte und neue Probleme, Muster, die sich wiederholen und Charakterzüge, mit denen Du neu umzugehen lernen musst.
Dein Chef wird Dich nicht morgen und nicht übermorgen und nicht in fünf Jahren in den Arm nehmen und Dir sagen, wie glücklich er über Dich ist und dass es ihm leid tut, dass er erst jetzt erkannt hat, was für ein Glück er doch mit Dir hat.
Deine Kinder ziehen irgendwann aus (vielleicht erst viel später, als Du heute glaubst), dafür benötigen dann vielleicht Deine Eltern oder Schwiegereltern mehr Hilfe.
Wenn Du „endlich reich“ bist und für immer tatenlos am Strand herumliegen kannst, wirst Du neu herausgefordert werden: von Langeweile, Einsamkeit, Depressionen.
Es gibt zwar Herausforderungen, die besser zu einem passen, als andere. Die Herausforderung und die Verpflichtungen selbst bleiben aber. Das gesamte Leben lang.
Es hört niemals auf. Ein Mann weiß das und flüchtet sich nie lange in die Fantasie vom mühelosen Leben.
Geh’ davon aus, dass nichts jemals fundamental anders sein wird. Fang’ heute an, so zu leben, wie Du es schon immer wolltest. So, wie Du es liebst. Oder nimm Deine Träume mit ins Grab.
Ein Mann wartet nicht.
2. Entscheide. Keine Ausreden.
Ein Mann weiß um die Macht einer echten Entscheidung. Er weiß, dass er manchmal alte Türen schließen muss, um neue zu öffnen.
Er mag sich unsicher sein, während er den Türgriff heranzieht, um die alte Tür zu schließen. Er mag Angst haben. Und dennoch wird er es tun und einen lauten, prall gefüllten Raum voller anderer Männer hinter sich lassen, die sich lieber gegenseitig mit Ausreden beruhigen als Entscheidungen zu treffen:
„Dieses und jenes wollte ich schon immer tun. Wenn ich Rentner bin, hab’ ich endlich Zeit dazu.“
„Meine Geschäftsidee ist zwar verdammt clever und erfolgversprechend … aber so, wie die wirtschaftliche Lage gerade ist, konzentriere ich mich besser auf meinen öden Job, sicher ist sicher.“
„Ich würde ja gern meinen Lebenstraum angehen, aber der Zeitpunkt ist einfach nicht ideal.“
Ein Mann fällt Entscheidungen so, wie er Bäume fällt. Er schleicht nicht jahrelang um den Baum herum, kratzt nicht zögerlich mit seinen Fingernägeln am Stamm, um den Baum eventuell doch noch stehen lassen zu können. Mit seinem Willen und einem kräftigen Schlag bringt er Altes endgültig zum Einstürzen und Neues zu Tage.
Daher genießt er großes Vertrauen in sich selbst und von denen, die er liebt.
3. Spüre die Angst. Und gehe hindurch.
Jeder Mann kennt den Zweifel und die Angst. Doch nur echte Männer atmen beides mit offenem Herzen ein und schreiten voran.
In einem Buch über die buddhistische Psychotherapie von Matthias Ennenbach habe ich gelesen:
„Es geht nicht um die Befreiung VON den Gefühlen. Sondern um die Befreiung INMITTEN der Gefühle.“
Zweifel und Ängste werden den Mann immer begleiten. Die Frage ist, wie er damit umgeht.
Wenn er sie verdrängt oder sich ihnen beugt und stehen bleibt, werden sie stärker und der Mann fühlt sich schwächer, impotenter und hilfloser.
Wenn er sie annimmt und spürt und trotzdem unter Schmerzen hindurch geht, dahin, wohin es ihn hinzieht, dann wird der Mann stärker. Er spürt dann, auf dem richtigen Weg zu sein.
Manchmal sind es die Ängste und Zweifel allein, die einen Mann loslaufen lassen. Weil er niemals bereit ist, sich ihnen unterzuordnen.
Er weiß, dass er scheitern kann und häufig auch wird. Und er weiß, dass er auch damit umgehen und Neues über sich selbst lernen kann.
4. Sei stark. Sei schwach. Sei alles, was Du bist.
Nicht nur die Angst und seine Zweifel nimmt er an, ohne sich von ihnen bestimmen zu lassen. Gleiches gilt auch für all seine Stärken und Schwächen.
Er weiß, dass er sich immer wieder ausbrechen, sich von Verpflichtungen und Beschränkungen befreien und wie ein gesetzloser Krieger umherziehen will, der niemand anderen zu brauchen und alles zu beherrschen glaubt. Manchmal folgt er diesem Ruf, manchmal nicht. Aber immer hört er ihn.
Ein Mann versucht nicht, Teile von sich abzuspalten, auch wenn sie ihm dunkel und bedrohlich oder schwach und beschämend erscheinen.
Um sich selbst zu erforschen, zieht er sich regelmäßig zurück und meditiert.
5. Frauen verstehen für Anti-Frauenversteher.
Ein Mann weiß jedoch, wie (s)eine Frau ist und akzeptiert es. Er kennt ihre Bedürfnisse, ihre Verhaltensweisen, ihre Gewohnheiten. Er kennt aber auch seine Bedürfnisse und steht für sich ein.
Ein paar Dinge, die ich gelernt habe:
- Halte Deine Liebe nicht zurück, nur weil Du Angst hast, dadurch verletzbar zu werden. Liebe mit allem, was in Dir ist.
- Wenn eine Frau weint, nimm sie wortlos in den Arm. Auch wenn Du eigentlich viel lieber Vorschläge anbringen würdest, wie sie ihre Situation verändern kann.
- Wenn eine Frau morgen eine andere Meinung hat als heute, ist das weder eine Lüge noch eine Bösartigkeit von ihr. Männer sagen (eher), was sie denken, Frauen (eher), was sie in diesem Moment fühlen – die Energie ihrer Gefühle strömt wie die Wellen eines Meeres.
- Eine Frau unterstützt man in ihrer Entwicklung am besten, indem man sie wertschätzt, lobt und liebt. Und nicht, indem man sie anklagt oder herausfordert.
- Setze Deine Grenzen. Sag es ihr klar, wenn Du ihr Verhalten Dir gegenüber nicht akzeptieren kannst. Die Beziehung wird dadurch besser, nicht schlechter.
- Ein Mann ergreift die Initiative. Er geht auf die Frau zu, die er attraktiv findet, und macht den ersten Schritt. Das gilt nicht nur für das Kennenlernen, sondern auch für das Zusammenziehen und den Heiratsantrag. Und für eventuelle Trennungen, wenn der gemeinsame Weg vorbei ist.
- Ein Mann zieht sich nicht dauerhaft in eine Beziehung zurück. Er liebt seine Frau, er liebt aber auch sein eigenes Leben und er will die Welt verändern.
6. Andere Männer.
Ein Mann weiß, dass er andere Männer braucht, um sich selbst zu sehen und weiter zu entwickeln.
Sieht ein Mann einen anderen Mann, wertet er ihn nicht ab. Weder, weil er sich bedroht von ihm fühlt, noch weil er glaubt, ihm überlegen zu sein.
Im Gespräch mit anderen Männern versteckt sich ein Mann nicht. Er vermeidet es aber auch, sich aufzublasen und anders oder „nach mehr“ aussehen zu wollen, als er ist.
Er spricht mit seinen Vertrauten offen über seine Erfahrungen, Niederlagen und seinen Schmerz und nimmt sich zu Herzen, was seine Freunde ihm sagen. Ebenso spricht er einen Freund an, wenn er glaubt, dass dieser sich unter Wert verkauft, anstatt sein volles Potenzial auszuleben.
7. Verantwortung: Kümmere Dich. Auch, aber nicht nur um Dich selbst.
Ein Mann muss, um erwachsen zu werden:
- Finanziell auf eigenen Beinen stehen. Auf beiden. Er lebt unabhängig von seinen Eltern, von Freunden, der Partnerin und der Bank.
- Sich auch sonst selbst versorgen können: kochen, aufräumen, Kleidung wählen, die ihm steht, etwas für seinen Körper und Gesundheit tun.
- Sich um seine persönliche Entwicklung kümmern.
Doch das reicht nicht. Ein Mann muss auch Verantwortung für andere Menschen übernehmen.
Und zwar wirtschaftlich (seine Familie ernähren können) und spirituell (seine Freunde und andere Menschen beim Wachstum unterstützen, so gut er kann).
Dabei vergisst er jedoch nie seine eigenen Grenzen.
8. Du brauchst eine Mission (oder: Liebe für Männer, Teil 2).
Wenn ein Mann nur des Geldes wegen in einem Beruf arbeitet, ist er verloren. Ein solcher Job saugt ihn aus wie ein Blutegel der „Verpflichtungen“.
Seine Arbeit muss Ausdruck seiner Liebe sein.
Dafür benötigt er eine Mission.
Ein Mann muss seine Vision für eine bessere Welt entwickeln und mit aller Kraft und aller Leidenschaft für sie kämpfen.
P.S.: Ich selbst habe in vielen dieser Bereiche noch einen langen Weg vor mir. Und ich bin gewillt, auch heute wieder ein paar kleine Schritte voranzukommen. Wenn’s Dir ähnlich geht, freue ich mich sehr, von Dir zu lesen.
Photo: Sukanto Debnath
Ich mag diese Leitfäden-Artikel. Allerdings würde ich sagen: Alle Punkte können so oder in Abwandlung auch für Frauen gelten. Und ich würde mich nicht einmal als Feminist bezeichnen.
Aber ja, es mag sein, dass es eine motivierende Wirkung hat, die acht Akte als eine „Männersache“ anzugehen. Oft fehlen ja heute geschlechtsspezifische identitätsstärkende Abgrenzungsmöglichkeiten und klare Grenzen geben Orientierung. Wenn es also zum Erfolg beiträgt, darf man die „Acht Akte“ von mir aus auch gern in zwei Varianten veröffentlichen. 😉
Und zu #5: Keine Frage, Männer sind oft weniger kommunikationsstark in Beziehungen als Frauen, aber trotzdem würde ich dann auch einmal an Frauen appellieren, sich zu bemühen, echte Männerversteher zu werden :).
Das versuche ich verzweifelt. Leider hat DER Mann echte Defizite, sich auszudrücken. Ich fühle mich machtlos…
Kann ich so bestaetigen, ich gehe diesen Weg seit drei Jahren und ich finde es ist egal ob Mann oder Frau, DAS ist AUTHENTISCHES LEBEN im SEIN. 🙂
Ich finde das hört sich alles wieder sehr nach „richtig“ und „falsch“ an.
Jeder „Leitfaden“ ist und bleibt doch wieder Ausdruck unseres doch so starken menschlichen Bedürfniss nach Ordnung/Orientierung.
Es klingt als wäre dieses Verhalten richtig und jenes falsch, also gäbe es eine Allmacht die dies sagen könnte.
Und zu Punkt 1, dem scheinbar sehr tiefen Glaubenssatz (welcher sich natürlich allein dadurch seine Manifestation in der Realität gibt): Es gibt kein müheloses Leben (Lebe Bitte sei mir anstrengend).
Vielleicht wäre es hier angebracht das Wort „Mühe“ zu definieren.
Für mich jedoch möchte Ich durchaus sagen das es ein müheloses Lebeb gibt, in Frieden, ohne Kampf, mit einem, von Herzen kommenendem, Ja, zu allem.
Das gleiche gilt für mich für den Glaubenssatz „ein Mann MUSS eine Mission haben“ und MUSS mit aller Kraft.. etc. …MUSS er nicht. MEINE Meinung.
Finde ich (als Frau) sehr gut und augenöffnend.
Dankeschön, Tarja!
Hoffe Dir geht’s gut!
LG
Tim
Ein Mann muss echt sein. Ein Mensch. Authentisch. That’s all. Punkt. 🙂
Hi Ela,
find ich gut.
Wer echt ist hängt auch nicht so stark von der Meinung seiner Mitmenschen ab – und das ist aus meiner Sicht einer der größten Punkte, warum sich Männer heute so schwer damit tun, Männer zu sein.
Sie wissen nicht, wer sie sind, stehen nicht zu sich und sind daher zu sehr dem Äußeren ausgeliefert.
LG
Tim
Hallo Tim,
dem ist quasi nichts hinzuzufügen. Genau so ist es.
Allerdings gilt das auch in gleichem Maße für die Frauen, deswegen: Wir sind alle einfach Menschen und das sollten wir leben in unserer ganzen Individualität.
Liebe Grüße
Ela
Toller Artikel. Kann ich nur so unterstützen. Vielen Dank dafür!
Viele der Punkte ist dennoch Männer spezific, auch wenn die moderne Frau das nicht gerne hört.
da würde ich aber gerne wissen, welcher Punkt denn männerspezifisch wäre
Hi Siggi,
Dankeschön! 🙂
Männer-spezifisch, ja, oder vielleicht noch besser: spezifisch für das Maskuline, das auch bei Frauen stark ausgeprägt sein kann (und bei manchen Männern eben weniger stark).
LG
Tim
Hi Tim,
Ich stimme Dir zu dass jeder seine Mission haben sollte und viele mit dem Leben nach Ihrer Mission viel zu lange warten. Aber und vielleicht genau wegen solcher Weltverbesserungs-Missionen:
„Ein Mann muss seine Vision für eine bessere Welt entwickeln und mit aller Kraft und aller Leidenschaft für sie kämpfen.“
Fangen viele nie damit an. Die schoenste und einfachste Mission jeden Tag einen Menschen zum Laecheln zu bringen mag die Welt nicht retten aber jeder Mann (und Frau) kann heute damit anfangen.
Hi Tim, das sind wieder sehr gute Anstösse, finde ich. Doch machen wir uns nichts vor. Das Thema ist sehr vielfältig und, tief gehend. Vielleicht erkennt so manche Frau im Text den Mann für sie, oder auch so mancher Mann sich selbst, wie das zu seinen Sehnsüchten passt. Doch sobald das Verstand-Denken einsetzt, kann es schwierig werden.
Im Grunde geht es nur um die Sehnsüchte eines Menschen hier mit hauptsächlich maskuliner Essenz und eines anderen Menschen dort mit hauptsächlich femininer Essenz. Und manchmal steht uns eben das Angelernte Denken sehr im Weg,um diese Sehnsüchte überhaupt anzunehmen und zu erkennen.
So finde ich wieder einen „tu dies“ und „mach das“ Ratgeber eher bedenklich. Aus meiner Sicht sind die Punkte sehr schöne Anstösse, in sich hinein zu hören und die Sehnsüchte kennen zu lernen und vielleicht so manche Vorstellung von „Mann und Frau sind gleich“ zu verlernen, damit wir wieder eine Chance zu bekommen, unsere Sehnsüchte zu leben.
Hi Richard,
Du sagst es – mal wieder ging’s mir nicht darum, irgendwelche Anweisungen oder auch nur Handlungsempfehlungen zu geben, sondern vor allem darum, in sich zu schauen. Und mal wieder laufe ich mit dem Text Gefahr, dass der eine oder andere vielleicht das Gegenteil tut – ihn wortwörtlich zu nehmen und dann MACH ICH oder IST DOCH SCHEISSE zu denken.
LG
Tim
Hi Tom,
das wird mir auch immer klarer, dass das Thema „Vision“ eher Hindernis als Kraftspender sein kann (https://mymonk.de/keine-lebensaufgabe/). Ich empfinde es dennoch als wertvolles Konzept – für all die Menschen, für die es sich gerade richtig anfühlt.
LG
Tim
ein Mann ergreift die Initiative……….
wo steht das geschrieben?
deine Frau wird sich nicht ändern? warum sollte sie? schließlich ändet sich ein Mann ja auch nicht oder? habe ich zumindest vor einigen Wochen von einem Freund gehört („eine Frau meint immer, ihren Mann ändern zu müssen, er tut es aber nicht“ so hat er sich sinngemäß ausgedrückt)
also wie jetzt?
Hi Bettina, ich erinnere mich, dass David Deida sowas schreibt, meint aber eigentlich die maskuline bzw. die feminine Energie.
Beides ist natürlich in Mann und Frau, wenn auch in die ein oder andere Richtung tendierend. Feminine Energie ist eben auch wie sie ist und Mann kann keine maskuline Energie daraus machen (natürlich auch umgekehrt nicht – war ja als Vorschlag an den Mann gerichtet).
Einfach genial der Artikel, sehr viele Punkte erfasst für ein guten Weg. Das alles zu erfüllen ist denke durchaus erstrebenswert, auch wenn es einem nicht immer gelingen mag. Doch ist es in meinen Augen ein wert(e)voller Weg. Wünsche allen viel Freude dabei ihn für sich selbst zu erkunden.
Ich war einmal ein stolzer Biker!
Ich war männlich, verwegen, ich war frei und hatte lange Haare.
Meine Frau lernte mich kennen, nicht umgekehrt. Sie stellte mir förmlich nach. Egal wo ich hinkam, sie war schon da. Es ist nun zwölf Jahre her. Damals war ich eingefleischter Motorradfahrer, trug nur schwarze Sweat-Shirts, ausgefranste Jeans und Bikerstiefel, und ich trug lange Haare. Selbstverständlich hatte ich auch ein Outfit für besondere Anlässe. Dann trug ich ein schwarzes Sweat-Shirt, ausgefranste Jeans und weiße Turnschuhe.
Hausarbeit war ein Übel, dem ich wann immer es möglich war aus dem Weg ging.
Aber ich mochte mich und mein Leben. So also lernte sie mich kennen. „Du bist mein Traummann. Du bist so männlich, so verwegen und so frei.“ Mit der Freiheit war es alsbald vorbei, da wir beschlossen zu heiraten. Warum auch nicht, ich war männlich verwegen, fast frei und ich hatte lange Haare. Allerdings nur bis zur Hochzeit. Kurz vorher hörte ich sie sagen: “ Du könntest wenigstens zum Frisör gehen, schließlich kommen meine Eltern zur Trauung.“ Stunden, – nein Tage später und endlose Tränen weiter gab ich nach und liess mir eine modische Kurzhaarfrisur verpassen, denn schließlich liebte ich sie, und was soll`s, ich war männlich, verwegen, fast frei und es zog auf meinem Kopf. Und ich war soooo lieb.
„Schatz ich liebe Dich so wie Du bist“ hauchte sie. Das Leben war in Ordnung obwohl es auf dem Kopf etwas kühl war. Es folgten Wochen friedlichen Zusammenseins bis meine Frau eines Tages mit einer großen Tüte unterm Arm vor mir stand. Sie holte ein Hemd, einen Pullunder ( Bei dem Wort läuft es mir schon eiskalt den Rücken runter ) und eine neue Hose hervor und sagte:“ Probier das bitte mal an.“ Tage, Wochen, nein Monate und endlose Papiertaschentücher weiter gab ich nach, und trug Hemden, Pullunder ( Ärrrgh) und Stoffhosen. Es folgten schwarze Schuhe Sakkos, Krawatten und Designermäntel. Aber ich war männlich, verwegen, totchic und es zog auf meinem Kopf. Dann folgte der größte Kampf. Der Kampf ums Motorrad. Allerdings dauerte er nicht sehr lange, denn im schwarzen Anzug der ständig kneift und zwickt lässt es sich nicht sehr gut kämpfen. Außerdem drückten die Lackschuhe was mich auch mürbe machte. Aber was soll`s, ich war männlich, spießig, fast frei, ich fuhr einen Kombi, und es zog auf meinem Kopf.
Mit den Jahren folgten viele Kämpfe, die ich allesamt in einem Meer von Tränen verlor. Ich spülte, bügelte, kaufte ein, lernte Deutsche Schlager auswendig, trank lieblichen Rotwein und ging Sonntags spazieren. Was soll`s dachte ich, ich war ein Weichei, gefangen, fühlte mich scheisse und es zog auf dem Kopf. Eines schönen Tages stand meine Frau mit gepackten Koffern vor mir und sagte:“ Ich verlasse Dich.“ Völlig erstaunt fragte ich sie nach dem Grund. „Ich liebe Dich nicht mehr, denn Du hast Dich so verändert. Du bist nicht mehr der Mann den ich mal kennen gelernt habe.“ Vor kurzem traf ich sie wieder. Ihr „Neuer“ ist ein langhaariger Biker mit zerrissenen Jeans und Tätowierungen der mich mitleidig ansah.
Ich glaube ich werde Ihm eine Mütze schicken.
Tolles Beispiel für das was David Deida sagt, Jörg. Der feminine Partner ist nicht festgelegt und testet dich aus, ob du zuverlässig deinem Weg folgst. Denn sie will sich fallen lassen und dafür musst du die Tests bestehen. Und die hören nicht auf. Und du bestehst auch dann den Test nicht, wenn du ihr nicht ihre Grenzen zeigst, trotz aller Tränen (die ja nur enorme Waffen sind). Und dabei brauchst du gar nicht viel tun oder argumentieren. Nimm sie einfach fest in den Arm, bist sie sich fallen lässt und wieder auf deinem Weg ist.
Nur Punkt 1 finde ich frustrierend. Ansonsten ein schöner Artikel! Was auch noch fraglich ist, ist die totale Unabhängigkeit von Allen. Das Konzept Familie, also Jeder hilft Jedem, ist unübertroffen das Stärkste. Auch ohne totale Unabhängigkeit. Viele „SUPER-Männer“ versauen sich Ihr Studium, nur weil sie sich zu fein sind, Geld zu nehmen und später dafür den Eltern zu helfen.
Ein Artikel der mir unglaublich aus der Seele spricht! Der Kommentar von Jörg ist die perfekte Ergänzung dazu. Unabhängigkeit interpretiere ich auch als ein gefestigtes Selbstbild. Nicht, dass es unabänderlich wäre, aber man weiß was man mag und was nicht. Darum wiederum fühle ich mich unabhängig oder oft frei von äußeren Einflüssen. Finanzielle Abhängigkeit ist sicher ein Übel, allerdings sollte man schon auch soweit nach vorne Blicken um seine Chance zu erkennen. Als Beispiel: ich persönlich würde die finanzielle Hilfe schon annehmen wenn ich weiß das ich damit meinen Helfer nicht in Schwierigkeiten bringe. Ich würde dann halt nicht 18 Semester studieren wie in Simones Beispiel. Aber das ist eine persönliche Ermessenssache und die Konsequenzen trägt man schließlich allein…
Mir persönlich hat es zunächst mal geholfen, meine weiblichen Anteile zu erkennen und anzunehmen. Trotz des Schocks, denn ich habe mich immer als Mann empfunden. Lob des Sexismus, ein Buch aus der sogenannten Pickup-Scene fand ich sehr interessant und anschließend Der Weg des wahren Mannes von David Deida. Letzteres finde ich wert- und niveauvoller. Ich besinne mich heute einiger Tugenden: Geduld, innere Ruhe und Vertrauen. Trotzdem steckt auch ein Teil Verbitterung in mir. Denn in der westlichen Kultur werden Frauen männlicher und Männer weiblicher. Was dazu führt, dass beide Geschlechter sich suchen, aber aufgrund der Tendenzen sehr schwer oder gar nicht zueinander finden. …also irgendwo Frust oder Resignation von/auf beiden Seiten. Für mich ist erst mal Ansage, Selbstvertrauen aufzubauen und mir mein bester, treuster, liebevollster,… Freund zu werden. Die acht Richtlinien von oben finde ich super! So in etwa arbeite ich an und mit mir. Und auch für mich ist es noch ein Stück Weg. Eine Herausforderung, die ich angenommen habe – eine tragende Beziehung zu und mit mir selbst aufzubauen und zu leben. Irgendwann wird dann auch die Herzdame an meiner Seite sein.
Die meisten der erwähnten Punkte verfolge ich – als Frau – selbst und fühle mich dadurch nicht weniger weiblich – ganz im Gegenteil. Ein „Mann“, der eine „Frau“ braucht, um sich männlich zu fühlen, ist kein Mann. Und in Schubladen denken, ist sowieso mal ganz kontraproduktiv, weil es dich von dir selbst entfernen kann. Wir Frauen kommen nicht alle mit derselben Persönlichkeit auf die Welt und damit auch folglich nicht mit denselben Bedürfnissen, nur weil wir eine Vagina haben. Ebenso verhält es sich bei Männern.
„Ein Mann ergreift die Initiative. Er geht auf die Frau zu, die er attraktiv findet, und macht den ersten Schritt. Das gilt nicht nur für das Kennenlernen, sondern auch für das Zusammenziehen und den Heiratsantrag. Und für eventuelle Trennungen, wenn der gemeinsame Weg vorbei ist.“ – Ach so? Wieso habe ich dann vor allem die Erfahrung gemacht, dass Männer ewig nicht verstanden haben, dass der gemeinsame Weg längst vorbei ist und die Trennung endgültig?
Das sind entweder Weicheier und du ergreifst gern die Initiative oder du hast was nicht verstanden. Im ersten Fall stimmt es ja wieder. Deine (gelebte) Energie ist eher maskulin und die gelebte Energie deiner Männer eher feminin.
Warum forderst du vom Mann er müsse finanziell auf eigenen Beinen stehen und uunabhängig von seiner Partnerin sein? Gleichzeitig soll er die Familie versorgen.
Ich finde, wenn sich ein Paar entschließt eine Familie zu gründen, dann sollten beide partnerschaftlich zusammen arbeiten und gemeinsam über Finanzen und Kinderbetreuung entscheiden.
Dies ist ein sehr schöner Artikel. Ich habe gerade eine Beziehung zu einem sehr femininen Mann hinter mir, der meine eher maskuline Seite einerseits brauchte andererseits verändern wollte… er zeigte mir meine weibliche Seite. Als ich diese immer mehr lebte, verließ er mich, weil ich meine maskuline Seite verloren habe und ihm keine Sicherheit und Führung mehr bieten konnte. Doch ich bin ihm dankbar, dass ich mein Frau-Sein lieben und schätzen lernte. Doch nun meine Frage gibt es auch einen solchen Leitfaden fürs Frau-Sein?
Ich empfehle „Du bist Liebe“ von David Deida.
LG Richard
Hat mir beim Lesen sehr gefallen.
Aus meiner Erfahrung unterschätzen viele Männer hierbei den Punkt 6. Einer meiner Mentoren meinte einmal zu mir: „Der Weg zu den Frauen führt über die Männer.“
Und er hat recht. Durch andere Männer verstehen wir uns selbst als Mann. Es ist jedes Mal wieder erstaunlich, wie viel Mut, Selbstvertrauen und Männlichkeit schüchterne Männer bekommen, wenn sie längere Zeit nur unter Männern waren.