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Es passiert etwas. Uns passiert etwas, vielleicht ja etwas, das wir uns anders gewünscht haben. Schnell lassen wir uns dann davon mitreißen, ärgern wir uns, verzweifeln, fürchten, dass nun die Welt untergeht.

Das Wort „passieren“ meint aber eigentlich „vorbeifahren“.

Wenn etwas passiert, dann fährt es an uns vorbei, nicht über uns drüber oder so nah an uns dran, dass wir den Boden unter den Füßen verlieren.
Wir müssen es nur lassen.

Statt aufzuspringen können wir das, was uns passiert, betrachten, bis es die Zeit wieder vorbeifahren lassen hat.

So wie in Theodor Fontanes Gedicht „Überlass es der Zeit“:

Erscheint dir etwas unerhört,
Bist du tiefsten Herzens empört,
Bäume nicht auf, versuch’s nicht mit Streit,
Berühr es nicht, überlass es der Zeit.
Am ersten Tag wirst du feige dich schelten,
Am zweiten lässt du dein Schweigen schon gelten,
Am dritten hast du’s überwunden,
Alles ist wichtig nur auf Stunden,
Ärger ist Zehrer und Lebensvergifter,
Zeit ist Balsam und Friedensstifter.

Wenn wir der Zeit, dem Lauf der Dinge, etwas überlassen, werden wir gelassen – in Ruhe gelassen.

Dafür brauchen wir Achtsamkeit: wahrnehmen, was ist, uns dem Leben, dem Moment, den Gefühlen und Gedanken öffnen, ohne anzuhaften.

Achtsamkeit können wir üben, doch stehen dieser Übung und damit unserem Leben voller Achtsamkeit und Gelassenheit einige Hindernisse im Weg.

Es folgen fünf dieser Hindernisse.

#1 „Mir fehlt die Zeit“

Achtsamkeit spielt sich nicht nur auf einer Matte während einer Meditation ab. Du kannst jederzeit alles achtsam tun – gehen, stehen, sitzen, liegen, fahren, arbeiten, essen, abwaschen, sprechen, zuhören, den Müll runter bringen:

Fang an, die Welt zu benutzen, um gegenwärtiger zu werden. Dann wird die Welt zu deinem Lehrer anstatt zu deinem Gegner. Die unbedeutendsten Umstände verwandeln sich in wunderbare Gelegenheiten, um deine Zentriertheit und deine Wachsamkeit zu testen und zu verstärken.
– Samuel Sagan

Achtsamkeit kostet keine Zeit, sie macht es erst möglich, die Zeit voll zu erleben, ganz gleich, mit was wir gerade beschäftigt sind.

Am meisten profitieren wir allerdings, wenn wir sowohl meditieren, als auch im Alltag üben.

Glaubst Du, Dir fehlt die Zeit zum Meditieren?

Warum?

Womit bist Du so beschäftigt, dass Du nicht einmal zehn Minuten am Tag für Dich hast, ganz für Dich, für Deinen inneren Frieden?

Je mehr Du glaubst, keine Zeit dafür zu haben, umso wichtiger ist es, sie Dir zu nehmen.

Nur ein paar Minuten am Tag. Wenn Du auf den Geschmack der Meditation gekommen bist, kannst Du die Portion immer noch vergrößern.

#2 „Mir fehlt die Geduld“

Wenn wir achtsamer werden wollen, müssen wir uns reichlich Zeit dafür geben, denn die braucht es. Die meisten von uns werden dabei jedoch genauso schnell ungeduldig wie bei allen anderen, weltlichen Zielen.

Schon wieder nicht 15 Kilo abgenommen seit gestern! Immer noch nicht Millionär!

Doch gerade Übung der Achtsamkeit benötigt Geduld:

Du bist eine Sekunde lang vollkommen bewusst und in der nächsten bist du vielleicht unachtsam. Aber sei dir bewusst, dass du unachtsam bist. Sage nicht: „Unachtsamkeit muss zur Achtsamkeit werden.“ Dadurch erzeugst du nur einen Konflikt und in diesem Konflikt hören Bewusstheit und Achtsamkeit vollkommen auf.
– Jiddu Krishnamurti

Es ist okay abzuschweifen. Fast niemand schafft es permanent, achtsam zu sein. Gerade zu Beginn werden Deine Gedanken im Kopf zappeln und tanzen, als wären sie auf Speed, Du wirst es bemerken und vielleicht glauben, sie niemals in den Griff zu bekommen. Das ist ganz normal.

Du bist gut genug. So wie Du bist, jetzt.

Bei der Achtsamkeit ist der Weg wichtig, nicht das Ziel – es gibt hierbei gar kein erreichbares Ziel jenseits des Moments, jenseits dessen, was ist – und sei es, entspannt zu bemerken, dass man gerade unachtsam war.

Je länger Du übst, umso leichter wird es Dir fallen, achtsam zu sein und inneren Frieden im Hier und Jetzt zu finden.

Das Schöne ist: schon dadurch, dass wir beim Üben geduldig sind mit uns, werden wir auch in anderen Situationen geduldiger und gelassener.

#3 „Mich auf das einzulassen, was ist, tut mir zu weh“

Wenn wir zum ersten Mal aufhören, gegen die Gefühle anzukämpfen, die unser Herz schon lange beschweren: keine leichte Übung. Schmerzhaft, aber notwendig.

Du wirst womöglich wütend. Oder traurig. Oder ängstlich und besorgt.

Dennoch, nein gerade deswegen solltest den Zug Deiner Gefühle passieren lassen, damit er vorbeifährt, statt Dich kurz vorm Bahnhof gegen ihn zu stemmen, mit aller Gewalt, und doch auf Dauer chancenlos. Weder kannst Du sie in die Flucht schlagen, noch selbst vor ihnen fliehen.

Es gibt keine falschen Gefühle. Nur solche, die Dich umso mehr beherrschen, je mehr Du gegen sie kämpfst.

Lass sie zu, dann lassen sie Dich los.

(Mehr dazu unter Wie man schmerzhafte Gefühle überlebt.)

#4 „Ich will doch nicht gleichgültig werden – ich habe Ziele!“

Gelassen sein bedeutet für mich auch nicht, dass uns die Zukunft völlig egal wird. Nein, es ist eher so, wie Ernst Reinhardt sagte: „Gelassenheit nimmt das Leben ernst, aber nicht schwer.“

Gegen Ziele ist nichts einzuwenden.

Verbeißen wir uns allerdings zu fest in ihnen, wie Bluthunde auf der Jagd, mit Schaum vorm Mund und Hetze im Herzen, dann entstehen Stress und Frust und vergehen Monate oder Jahre unseres Lebens, als wären sie nichts.

Die meisten Ziele setzen wir uns außerdem, um glücklicher zu werden. Dann erreichen wir sie entweder nicht und bleiben unglücklich, oder erreichen sie, sind kurz glücklich und setzen uns danach neue Ziele, die eine neue Kluft schaffen zwischen dem, was wir haben und genießen könnten, und dem, was wir gern anders hätten.

Willst Du erfolgreicher werden, irgendwann … oder Frieden finden, noch heute?

(Siehe auch: Die gefährliche Falle von Persönlichkeitsentwicklung und Zielen.)

#5 „Ich möchte die Kontrolle nicht verlieren“

„Klar, das Leben macht mit einem, was es will, aber wenigstens mich selbst habe ich unter Kontrolle!“, magst Du denken. Und die Kontrolle verlieren, nein, das möchtest Du nicht.

Aber ist es wirklich wahr, hast Du wirklich die Kontrolle über Dich?

Wenn ja, dann konzentriere Dich ohne abzuschweifen für nur eine Minute auf Deinen Atem, nur auf Deinen Atem. Schwierig … hmm?

Wenn Dir bereits eine scheinbar so einfache Aufgabe so schwer fällt, wie viel Kontrolle wirst Du wohl wirklich über Dich haben?

Erst die Übung der Achtsamkeit schafft Kontrolle und Sicherheit in aller Unsicherheit, die Dich umgibt.

Mehr dazu im myMONK-Buch Wie man Sorgen, Stress und Selbstzweifel loslässt sowie unter Diese einfache Übung stärkt Dein Gehirn und macht Dich gelassener.

Photo: Harold Navarro