Wenn bei Dir die Nerven blank und die letzten freien, entspannten Tage ewig zurück liegen, wenn Du vor lauter Todos und Plänen kaum noch Luft bekommst, dann könnte dieses Gleichnis was für Dich sein:
Ein Affenfänger will tun, was er eben so tut – einen Affen fangen.
Was macht er?
Er nimmt eine Kokosnuss. Bohrt ein Loch und legt etwas Süßes hinein, etwa eine Banane. Befestigt die Nuss am Boden.
Ein Affe kommt, angelockt vom süßen Duft. Greift in die Kokosnuss, nach der Banane. Und versucht dann, sie aus der Nuss zu ziehen. Doch seine geschlossene Hand ist zu groß für das Loch.
Der Affe: gefangen. Die Hand zu öffnen: undenkbar für ihn, nieeeemaaaals! Wild hämmert er auf der Nuss herum, schreit vor Zorn … und ruft damit den Jäger herbei, der leichtes Spiel hat und das Affentheater beendet.
Der Affe hätte loslassen und sich befreien können. Aber er wollte sich ums Verrecken nicht von seinem Ziel, vom begehrten Objekt lösen.
Affe und Mensch haben zu 99 Prozent identische Gene.
Da wundert es mich nicht, dass ich für gute Noten im Studium (High Potential! Karriere!) lieber fast vor die Hunde gegangen wäre, als mein Ziel loszulassen, und na ja, weit entfernt vom Abgrund war ich nicht. Oder dass ich auch danach, auch jetzt noch manchmal, mein Wohlbefinden und meine seelische Gesundheit der Leistung opfere. Weil ich die Finger nicht von meiner Banane lassen kann.
„Wie man Sorgen, Stress und Selbstzweifel loslässt“
Ob affig oder menschlich: Ich denke, wenn wir uns gefangen fühlen oder gefangen sind, wenn wir feststecken, dann sind dafür gar nicht immer unsere aktuellen Lebensumstände verantwortlich, sondern in Wahrheit unsere Ziele. Unsere Erwartungen an das Leben und uns selbst. Daran, wie die Dinge angeblich zu laufen haben und was wir angeblich für ein gutes Leben brauchen.
Der Griff in die Nuss ist dabei oft nur ein Griff ins Klo. Wir toben und stampfen, schwitzen, fluchen und verkrampfen, reiben uns sinnlos auf … und übersehen das Naheliegende:Statt zu kämpfen könnten wir vielleicht auch das Ziel einfach loslassen.
Wenn wir die Hand öffnen, passiert sofort etwas Wunderbares: Wir sind frei.
(Und Freiheit schmeckt nicht nur besser als jede Banane der Welt, sie ist auch längst nicht so schnell verderblich.)
Wo in Deinem Leben könntest Du die Hand öffnen?
P.S.: Siehe 4 Gründe, warum Du noch nicht loslassen kannst und das myMONK-Buch Wie man Sorgen, Stress und Selbstzweifel loslässt.
P.P.S.: Ich bin nicht grundsätzlich gegen Ziele. Es ist eine Frage der Lebensphase, des eigenen Motivs und der achtsamen Herangehensweise. Mehr zum Thema unter Leben ohne Ziele und Die gefährliche Falle von Persönlichkeitsentwicklung und Zielen. Anmerkung: Der Titel ist das bekannte Zitat eines mir unbekannten Autors.
Photo: lespritrock
Das Paradox ist ja gerade, dass man durch ein Versteifen auf ein Ziel dieses gerade oft nicht erreicht. Und wenn man dann loslässt, schafft man es und wundert sich dann, wie das sein konnte.
Ja, dieses Situationen kennen wir wohl alle. Wir sollten einfach viel öfter los lassen, um die Hände frei zu haben. Gerade dein Beispiel mit der Uni hat das schön verdeutlicht. Danke für diesen Artikel…
Danke für den Artikel Tim!
Loslassen tut schrecklich weh, denke ich zumindest. Fast jeden Tag plane ich loszulassen, von dem Traum, mit meinem Freund eine glückliche, eine perfekte Beziehung zu führen, von dem Traum, das er der Richtige ist. Denn das ist letzlich nur mein Traum, hat jedoch nichts mit der echten Persönlichkeit dieses Menschen zu tun. Wenn ich mir vorstelle, loszulassen, kann ich das Gefühl der Freiheit bereits schmecken. Ich will mich durchringen, loslzulassen.
Coole Geschichte und das neue Design von deinem Blog gefällt mir 😉
Das ist halt immer der Punkt, der schwer zu finden ist. Ich bin der Meinung, dass es Zeiten gibt, in denen man mit Vollgas seine Ziele verfolgen sollte. Es gibt aber auch den Moment, indem man erkennen sollte, dass es sinnvoller ist mal los zulassen und sich für eine gewisse Zeit auf andere Dinge zu konzentrieren.
Liebe Grüße
Dario
Ein guter Artikel, den ich aber etwas zwiegespalten sehe.
Ich denke auch, dass man an einem bestimmten Zeitpunkt loslassen sollte, wenn es einfach nicht mehr weitergeht.
Aber für seine Träume sollte man auch kämpfen! Und es lohnt sich auch 🙂
Liebe Grüße
Ina
Hallo Tim,
ein Text voller Inspiration.
Lass los und Du hast beide Hände frei. Die Story mit dem Affen ist lustig, aber wahr. Loslassen fällt einem manchmal schwer. Es gibt Tage, an denen geht es nicht vorwärts. Durch liegen lassen der Sache und wann anders weiter machen, geht es dann auf einmal wieder weiter.
Das bedeutet für mich Loslassen. Auf die richtige Zeit warten, um Erfolg mit etwas zu haben.
Liebe Grüße aus Laos
Alex
Hallo Tim,
ja, loslassen ist manchmal wichtig – und manchmal genau das falsche. Das schwierige ist wohl zu erkennen, wann man aufgeben oder weitermachen sollte. Ich finde, gerade in Zeiten, in denen alles immer schnell gehen muss, geben viele Leute viel zu früh auf. Und die tollen Ratgeber alle „erfolgreich werden in x Tagen“, x Neukunden in 1 Monate etc., bestärken das nur noch. Ich finde, es gibt immer „Durststrecken“ und schwierige Zeiten – dann muss man sich sehr klar sein, wonach man greift und was das eigentliche Ziel ist.
Alles Liebe
Annika
Die klugen Affen lassen los, aber die allerklügsten schauen, wie die Banane in die Kokosnuss rein kam. Denn da kommt sie meist auch wieder raus.
Funktioniert nur mit Gegenständen, nicht mit Gefühlen.
Erst gestern gelesen:
„Loslassen ist keine mögliche innere Handlung“. – Tattva Viveka 58. Die Verwirrung der Gefühle.
Meistens meint man ja mit dem Loslassen vergangene Ereignisse. Diese Ereignisse wiederum, sind aber mit Gefühlen verknüpft. Erleben wir im Jetzt etwas Ähnliches, taucht dieses Gefühl wieder auf. Das Ereignis, welches wir eigentlich loslassen wollten, ist wieder präsent, wenngleich nur gefühlt und nicht gedacht.
Hi Vio,
ich denke auch, dass man nicht aktiv loslassen kann. Man kann aber aktiv zulassen – bis ES einen loslässt. Und wenn wir von Gefühlen sprechen, lassen sie uns natürlich nicht für immer los, kein Mensch ärgert sich in seinem ganzen Leben nie wieder, wenn er einmal losgelassen hat / losgelassen wurde. Trotzdem: der Ärger, der mit einem bestimmten Ereignis in der Vergangenheit verknüpft ist, von dem kann man durchaus frei werden (wieder und wieder, bis er immer seltener und schwächer auftaucht).
Liebe Grüße
Tim
Anbei:
Die Kokosnuss heute, war super lecker.
War kein Affenfänger in Sicht 😀
Loslassen ist eine großartige Eigenschaft. Ich muss sie wirklich hart trainieren, aber es lohnt sich durchzuhalten ^.~
Jedoch sollte man lediglich Dinge loslassen, die sowieso nicht gesund für einen sind…hätte ich den Traum losgelassen, denn ich seit meinem sechsten Lebensjahr hatte und der mich teilweise an den Rand gebracht hat, dann wäre ich jetzt nicht glückliche Archäologin 😀
Für manche Dinge lohnt es sich zu kämpfen…herauszufinden, welche das sind ist wohl das schwere daran…
danke Tim für deine tollen Blogeinträge