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Text von: Lena Schulte

Liebe, Wein und Freundschaft sind die letzten Dinge, die wir uns abgewöhnen sollten – falls man mich nach meiner bescheidenen Meinung fragt. Deswegen würde ich es auch sehr begrüßen, wenn sich all meine Lieben nach (oder während) meiner Beerdigung mit griechischem Wein abfüllen und Udo Jürgens singen.

Denn was wäre die Welt für ein trauriger Ort, wenn man keine Freunde hat, die einem in schweren Zeiten beistehen und mit Dir lachen, wenn der Wein irgendwann nicht mehr hilft? Und wie traurig sind bereits diese Momente, in denen wir diese Art von Freund vermissen?

Der Kommunikationswissenschaftler und Professor Jeffry Hall  hat sich etwas genauer mit dem Thema Freundschaft befasst. Inspiriert wurde er von einer Arbeit des Evolutionspsychologen Robin Dunbar, der unter anderem ermittelt hat, wie viele Freundschaften und Beziehungen unser Gehirn insgesamt verarbeiten kann (was etwa 150 sind; davon ungefähr fünf beste Freundschaften und etwa 15 gute Freunde). Hall ging dem Phänomen Freundschaft weiter auf den Grund und führte zwei sehr spannende Studien durch.

1001 Stunden quality time

In der einen Studie befragte er 355 Erwachsene, die frisch in einen Ort gezogen waren und dort noch niemanden kannten, wo sie eine andere Person kennengelernt haben, wie viel Zeit sie in der vergangenen Woche mit dieser Person verbracht haben und wie viel Zeit die beiden in einer typischen Woche normalerweise miteinander verbringen. Anschließende sollten sie die diese Person irgendwo zwischen Bekannten und bestem Freund einordnen. In der anderen Studie bat Hall 112 Erstsemester, ihm von zwei neuen Bekanntschaften zu erzählen – und beobachtete neun Wochen lang, wie sich die Beziehung zu den zwei neuen Bekannten veränderte.

Beide Studien kamen zu dem Ergebnis, dass eine enge Freundschaft mit der Zeit zu tun hat, die wir Menschen miteinander verbringen:

  • Um vom Bekannten zur lockeren Freundschaft aufzusteigen, braucht es etwa 50 gemeinsame Stunden,
  • ungefähr 90 muss man einplanen um von einer lockeren Freundschaft zu einer Freundschaft aufzusteigen,
  • und mehr als 200 Stunden, um sich als bester Freund zu qualifizieren.
  • Die Probanden, die nie mehr als Bekannte wurden, hatten in aller Regel nie mehr als 30 Stunden zusammen verbracht.

Allerdings ist nicht nur die gemeinsame Zeit entscheidend, die man miteinander verbringt. Ich zum Beispiel habe viel Zeit mit meinen Kollegen verbracht – und ihnen trotzdem nie einen kessen Spruch ins Poesialbum gekritzelt. Deswegen ist es für die Qualität einer Freundschaft auch entscheidend, wie viel Zeit wir freiwillig miteinander verbringen – außerhalb von einem uns aufgezwungenen Rahmen, wie Schule, Ausbildung, Uni oder Arbeit.

Es ist nicht nur wichtig, Zeit miteinander zu verbringen, sondern diese Zeit zu nutzen und mit Qualität zu gestalten. Zusammen rumalbern und Gespräche führen, die über Smalltalk hinausgehen. Das tut nicht nur unserer Freundschaft gut, sondern kann auch dazu beitragen, dass wir uns selbst besser kennenlernen – Wissenschaftler  haben herausgefunden: Personen, die uns am nächsten stehen, können uns oft viel besser und objektiver einschätzen als wir uns selbst. Sie sehen Dinge in uns, die wir vielleicht übersehen und haben ein realistischeres Bild von uns. Wenn wir Zeit in unsere Freundschaften investieren und bereit sind, aktiv an ihrer Qualität zu arbeiten, können wir uns selbst sogar besser kennenlernen.

Im Alltag ist es natürlich nicht immer ganz so einfach Freunde und Pflichten unter einen Hut zu bekommen, zumindest nicht für mich. Drei Dinge können aber helfen, meine Freunde (wieder) näher an mich und mein Leben zu holen.

Das gute alte Abhängen

Was ist aus den guten alten Zeiten geworden, in denen die Zeitplanung so aussah: „Ich bin in zehn Minuten da!“ „Ich kann nicht, ich muss mein Zimmer aufräumen.“ – „Macht nix, ich schaue dir zu und wehe, der Kühlschrank ist leer.“ Es gibt viele Dinge, die wir im Alltag tun müssen und ziemlich viel Zeit fressen. Auch wenn die Teenagerzeiten und das Maß an Freizeit vielleicht vorbei sind – Freundschaft muss auch nicht immer nur dann stattfinden, wenn man sich gerade zwei Stunden mühsam für einen gemeinsamen Kaffee freigeschaufelt hat. Bei vielen alltäglichen Aufgaben spricht nichts dagegen, den Freund einfach mitmachen oder zumindest zusehen zu lassen. Zusammen im Supermarkt einzukaufen, während des Putzens über den Chef lästern, gemeinsam das Auto zur Reparatur bringen oder abends halbtot vor dem Fernseher liegen und einfach gemeinsam gammeln…Nehmen wir uns ein Beispiel an den Teenagern – zelebrieren wir wieder das gemeinsame Abhängen!

Dranbleiben

Oh, ich müsste mich mal wieder melden…Oh, jetzt sind schon wieder drei Wochen vorbei und ich habe mich immer noch nicht gemeldet… Ja, ist denn heut’ schon Weihnachten?!   Oh ja, die Zeit rast. Und je mehr Leute wir kennenlernen, je öfter wir unseren Lebensmittelpunkt ändern (müssen), desto schwieriger wird es, alle irgendwie unter einen Hut zu bekommen (das bemängeln zumindest meine 150 Katzen).

Mir passiert es viel zu oft, dass ich mich zu wenig bei meinen Liebsten melde. Ganz schön ironisch heutzutage, wo wir stundenlang mit unserem Handy Händchen halten. Es braucht so wenig Aufwand wie noch nie, um in Kontakt zu bleiben. Es war nie einfacher. Wir müssen uns nur dran erinnern, dass wir das Handy auch dafür gebrauchen können. Und fürs regelmäßige Melden, kann man sich zur Not sogar einen Wecker stellen.

Spread The Love

Guten Freunden gibt man nicht nur Schoko-Küsschen, sondern auch eine Umarmung. Eine richtige Umarmung, nicht diese Grußfloskel-Umarmung, sondern die mit Herz, für die man sich oft Mut antrinken muss. Eine richtige Umarmung kann für einen guten Freund nicht verkehrt sein. Lasst uns einander richtiger in den Arm nehmen. Lasst uns umarmen, weil eine gute Freundschaft – man kann es nicht anders sagen – richtig geiler Scheiß ist. Und durch nichts zu ersetzen. Lasst uns vor allem die Freunde ganz fest umarmen, die nicht nur anbieten, für uns da zu sein, sondern es auch unaufgefordert tun. Die uns nicht nur vom Flughafen abholen, sondern ein hochgradig peinliches Schild hochhalten. Die Freunde, die nicht nur immer noch, sondern trotz oder wegen alledem mit uns befreundet sind.

Denn wenn wir schon nichts auf dieser Welt festhalten können, dann sollten wir es zumindest ganz, ganz fest umarmen. Und so viel Zeit wie möglich damit verbringen.

Siehe auch: 10 Anzeichen, dass Du eine Freundschaft beenden solltest.

Foto: Friends von  Elena Makovei / Shutterstock