Teile diesen Beitrag "Warum Du Dein Geld für Erlebnisse ausgeben solltest, nicht für Dinge"
Text von: Romy Hausmann
Wieder einen Monat lang im Hamsterrad gestrampelt. Wieder einen Monat lang für andere krumm gemacht. Vor Stress an den Fingernägeln rumgekaut bis zum Blut oder am Bleistift bis zur Bleivergiftung. Brände gelöscht, Meere geteilt, irgendwie die Welt bewegt – zumindest im Rahmen des Arbeitsvertrags.
Und dann endlich: Gehalt auf dem Konto – hurra! Kurzfristiges Hochgefühl, während man Minuten später dabei zusehen kann, wie die Fixkosten abgebucht werden. Miete, Versicherungen, sämtliche Rechnungen. Was jetzt noch übrig ist, nutzen wir oft, um uns zu belohnen. Wir brauchen das Gefühl, dass es sich gelohnt hat, nicht ganz umsonst war. Wir sind noch am Leben, und das wollen wir spüren. Wir brauchen einen Glücks-Kick. Neues Handy, hübsches Kleidchen in der Trendfarbe der Saison. Die neuen Schuhe … oder wenigstens ein paar neue Schnürsenkel für die alten.
„Das funktioniert sogar“, sagt der Psychologe Professor Thomas Gilovich von der Cornell University. „Aber nur für eine kurze Zeit lang. Neue Dinge sind nur am Anfang spannend, denn dann gewöhnen wir uns an sie.”
Plötzlich ist es also schon wieder weg, das Hochgefühl, der Stolz über die neue Anschaffung. Das Glück, genauso schnell abgelatscht wie die Absätze der jetzt nicht mehr ganz so neuen Schuhe. Also zurück ins Hamsterrad, bis zum nächsten Gehalt und den nächsten Schuhen. Glück scheint eben nur eine kurze Halbwertszeit zu haben, denken wir, und finden uns damit ab.
Das müssen wir gar nicht, meint Professor Gilovich – wenn wir lernen, unser Geld (bzw. das, was vom Gehalt noch übrig bleibt) richtig zu investieren. Und zwar in Erlebnisse.
Erlebnisse prägen unsere Identität
Wir sind nicht unsere neuen Schuhe (auch nicht unser Auto, der Inhalt unserer Brieftasche oder eine blöde Cargo-Hose, wie Brad Pitt im Film „Fight Club“ so treffend bemerkt hat). Was unsere Persönlichkeit wirklich ausmacht, sind die Dinge, die wir gesehen haben. Die Dinge, die wir getan haben. Die Orte, an denen wir gewesen sind, und die Leute, die wir kennengelernt haben.
Klar, die neue Smart-Watch ist toll. Aber sie wird – auch wenn die Werbung uns das gerne glauben machen möchte – mit ziemlicher Sicherheit keine anderen Menschen aus uns machen.
Für ein paar Wochen aus dem Job auszusteigen, um den Kilimandscharo zu erklimmen, dagegen vielleicht schon. Die Bilder, die Du da siehst. Dein Herz, das vor Aufregung stolpert. Dein Körper, der an seine Grenzen gerät. Die Gemeinschaft, die Du unter den Mit-Bergsteigern erfährst. Das Gefühl, dass Du es nicht schaffst und die Entschlossenheit, trotzdem weiter zu machen. (Gut, wenn Deine körperliche Konstitution meiner ähnelt, reicht dafür auch schon ein Wochenendtrip auf den Feldberg.)
Das sind die Geschichten, die wir über Jahre mitnehmen und eines Tages unseren Enkeln erzählen. Erlebnisse, die uns als Erinnerungen für immer bleiben werden, während die Smart-Watch nach dem letzten Update längst den Geist aufgegeben hat.
“Du kannst Deine materiellen Dinge wirklich mögen“, bestätigt Dr. Gilovich. „Du magst sogar denken, dass ein Teil Deiner Identität durch diese materiellen Dinge geprägt wird, aber am Ende bleiben sie immer von Deiner Persönlichkeit getrennt. Ganz anders ist das bei Erfahrungen – die sind wirklich Teil von Dir. Wir sind die Summe unserer Erlebnisse.“
Schon die Vorfreude macht glücklich
„Vorfreude ist die schönste Freude“. Vermutlich bin ich nicht das einzige Kind gewesen, das in den Wochen vor Weihnachten von seinen Eltern mit diesem Satz gequält wurde. Ich wollte, wollte, wollte meine Geschenke. Vorfreude: (unter) Null, mein zweiter Vorname lautete „Ungeduld“.
Auch Professor Gilovich ist bei seinen Studien auf diesen Effekt gestoßen: Während Erlebnisse wie ein Urlaub oder das Musikfestival, auf das man immer schon mal wollte, uns von der Planung an mit (Vor-)Freude erfüllen, löst das Warten auf materielle Dinge vielmehr Ungeduld und manchmal sogar richtiggehend Stress aus. Frag mal die Frau, die darauf wartet, dass der Postbote endlich mit dem Paket vom Online-Warenhaus klingelt. Miss mal ihren Puls. Oder den des Mannes, der darauf wartet, dass das Autohaus anruft, um ihm mitzuteilen, dass er endlich seinen neuen Wagen abholen kann.
Erlebnisse schaffen Gemeinsamkeit
Los, Handys auf den Tisch – Modellvergleich. Lass mich mal kurz nach dem Etikett in Deiner Bluse gucken – Markenvergleich. Wir vergleichen, bis wir schwarz werden (und dann vergleichen wir noch, wer der Schwärzeste von uns allen ist). Nur macht der materielle „Schwanz-Vergleich“ uns einsam, macht sogar unsere Freunde zu Konkurrenten. Macht uns, wenn wir nicht aufpassen, vielleicht sogar zu Angebern, wenn wir die anderen ausstechen oder (gefühlt) zu Losern, wenn wir nicht mithalten können.
Erlebnisse dagegen gehören uns allein, sind so einzigartig wie wir selbst, sind nicht messbar und vergleichbar. Gleichzeitig können wir gemeinsam etwas erleben, während sich das neue iPhone eher schwierig durch mehrere Besitzer teilen lässt (hier, Tim: Du kriegst das Display. Ich nehm den Akku.). Denken wir an den Urlaub, den wir mit der Familie oder guten Freunden verbracht haben. Wir teilen selbst nach dem Urlaub noch unsere Erinnerungen und Erfahrungen in Gesprächen darüber.
Was würde auf Deiner „Bucket-List“ stehen?
Vielleicht kennst Du den Film „Das Beste kommt zum Schluss“ mit Jack Nicholson und Morgan Freeman: Ein schwerreicher Großunternehmer und ein einfacher Mechaniker sind Zimmergenossen auf der Krebsstation eines Krankenhauses, beide mit der Aussicht, nur noch sechs Monate zu leben. Sie schreiben eine Liste mit allem, was sie in ihrem Leben noch machen wollen, ehe sie „den Löffel abgeben“ (im Englischen: „kick the bucket“).
Obwohl einer fiktionalen Geschichte entsprungen, haben weltweit Menschen – gesunde und kranke, alte und junge – die Idee der „Bucket List“ aufgegriffen, um sich daran zu erinnern, was für sie wichtig ist im Leben. Ganz oben zu finden: Mit Delfinen schwimmen, eine neue Sprache lernen, die Nordlichter sehen, Bungee springen, eine Kreuzfahrt machen, kurz: Erfahrungen, Erlebnisse. Nicht etwa: das neue iPhone besitzen oder den super-duper-ultra-flachen-HD-Bildschirm.
Auch das deckt sich mit den Ergebnissen, zu denen Professor Gilovich gekommen ist: Eine verpasste Chance, etwas zu erleben, bedauern wir letztlich mehr, als etwas nicht gekauft zu haben. Wer hätte jemals auf sein Leben zurückgeblickt und gesagt: „Ach Mensch, hätte ich mir doch damals bloß diesen Couchtisch besorgt…“?
Mehr unter Warum Du nicht mehr Geld brauchst, sondern mehr Sex und unter 10 Gewohnheiten, die nachweislich glücklicher machen.
Photo: Tucker Sherman
Immer wieder gut, sich das bewusst zu machen. Danke für die ausführliche Massage, Romy.
Ich glaube, dem Erfahren geht meistens viel Erleben im Geist voraus. Wir denken bereits mehr oder weniger die Einzelheiten vorher durch. Und je nachdem wie wir konditioniert sind und Vorfreude Raum geben, fühlen und spüren wir die Freude und das zu Erlebende bereits mehr oder weniger intensiv und ausführlich zur Probe.
Auch mit Dingen suchen wir wohl das Gefühl dahinter. Wir könnten das auch intensiv geniessen. Und sollten das auch angemessen, finde ich.
Das Problem schafft uns wohl wieder der Kopf, der oft glaubt, eine Sofortlösung haben zu müssen, für diese oder jene Unpässlichkeit. Und nicht selten werden wir davon vereinnahmt, bevor wir auch nur klar daran denken können was es kostet und uns anderweitiges Leben nimmt.
LG Richard
Hallo Romy,
sicher platziere ich auch Erlebnisse vor Dingen. Allerdings ist meine Meinung, dass man auch hier aufpassen muss, nicht in den Konkurrenzkampf oder „Schwanzvergleich“ zu geraten.
„In wie vielen Ländern warst du schon?“ – „Ich war in mehr Ländern als du!“
Ich denke, hier muss man darauf achten, dass man auch wirklich auf alles achtet. Sprich: Tue die Dinge mit Achtsamkeit! Und nicht in irgendeinem hektischen Tempo, weil du mehr erlebt haben musst, als die anderen. Am Ende werden die Erlebnisse, die du wirklich achtsam, im Hier und Jetzt, erlebt hast, eher ein Teil von dir, als die schnell abgestrampelten Routen.
So kann man durchaus auch mal den kleinen Feldtrip vor den Kilimandscharo platzieren. 🙂
Hallo Marco,
was du beschreibst ist mir auch schon aufgefallen. Alles was keine Fernreise ist (und sei es nur, um sich in Curacau an den Strand zu legen- ich frage mich immer, ob es dafür nicht auch Mallorca tun würde), wird ja manchmal schon regelrecht belächelt. Außerdem hat jede*r zweite eine Scratch-Map im Wohnzimmer hängen und ist ganz stolz darauf, mal wieder ein neues Land freirubbeln zu dürfen. Auch so eine Trendentwicklung…
Ich war im Februar in Neuseeland (meine erste Fernreise- es sollte der Urlaub meines Lebens werden) und bin ein bisschen enttäuscht zurückgekehrt weil alles was es dort zu sehen gibt auch in Europa zu finden ist. Und dafür bin ich 28 h geflogen, was wahrlich keine Freude war.
Und die größte Erholung finde ich nach wie vor keine 3 h Anfahrt entfernt an der Nordsee.
Liebe Indie, lieber Marco,
Ihr meint, wenn aus „mein Haus, mein Auto, mein Boot“ plötzlich „mein Australien, mein Boa Vista, mein Tahiti“ wird? Ja, das wäre sehr schade. Vielleicht bin ich da auch zu romantisch, wenn ich davon ausgehe, dass man in erster Linie für sich selbst „er“lebt. Und tatsächlich braucht es dafür auch keine Fernreisen – das stimmt absolut.
Liebe Grüße,
Romy
Na ja, es geht ums Geld – und nicht darum, sich ein gutes Gefühl einzureden, nur weil nicht ausreichend Geld vorhanden ist.
Die meisten dürften erst einmal froh sein, wenn der Kühlschrank keine gähnende Leere aufweißt.
Der Artikel ist völlig widersprüchlich.
zitiere:
„Mit Delfinen schwimmen, eine neue Sprache lernen, die Nordlichter sehen, Bungee springen, eine Kreuzfahrt machen, kurz: Erfahrungen, Erlebnisse. Nicht etwa: das neue iPhone besitzen oder den super-duper-ultra-flachen-HD-Bildschirm.“
Alles gut und schön, aber selbst dafür benötigt es Geld.
Geld ist nicht Alles, ist es nicht ausreichend, ist es wieder Alles. So einfach ist das, werte Leser. Aber das kennst du ja – oder nicht?
Habe einen schönen Tag.
Hallo Romy,
Die Kernaussage, dass es mehr „Sinn“ macht, Geld in Erlebnisse, anstatt in Materielles zu invesiteren, würde ich so unterschreiben.
In einem guten Buch (ich glaube es war Schnelles Denken, langsames Denken von Daniel Kahneman) habe ich kürzlich gelernt, dass der Mensch in seinem Leben nicht nur die Maximierung von Glück und die Minimierung von Leid anstrebt, sondern außerdem eine gute Lebensgeschichte. Erlebnisse sind ein großer Teil der Lebensgeschichte. Eine gute Geschichte hat aber Höhen und Tiefen. Immer nur tolle Erlebnisse aneinanderzureihen, ergibt auf Dauer auch keine gute Geschichte.
Ich persönlich ziehe es vor, mein Leben überhaupt nicht von außen mit irgendwelchen Glücksbringern oder Erlebnissen aufzupeppen, sondern ein Leben zu leben, bei dem das Leben selbst eine gute Geschichte hermacht.
Viele Grüße,
Jan
Hallo Tim,
spannendes Thema – Was macht eigentlich glücklich? Wofür sollten wir unser Geld ausgeben?
Meine Inspirationen zu diesem Thema kommen in erster Linie von Harvard Professor Dan Gilbert.
Zu deine Ausführungen hatte ich spontane Gedanken. Du schreibst:
„Was unsere Persönlichkeit wirklich ausmacht, sind die Dinge, die wir gesehen haben. Die Dinge, die wir getan haben. Die Orte, an denen wir gewesen sind, und die Leute, die wir kennengelernt haben.“
Dem kann ich teilweise zustimmen. Ich denke, unsere Persönlichkeit wird dadurch geprägt, was wir gesehen, getan, gemacht, erlebt etc.. haben.
Was macht unsere Persönlichkeit aus? Ich glaube, es ist der Blick auf die Welt, die Sicht der Dinge… und zuletzt ist es im Grunde die kleine, goldene Muschel in der Seele eines jeden Menschen. Diese wahre, innere Persönlichkeit gilt es freizuräumen von falschen Vorstellungen, von falschen Bildern, die wir uns gemacht haben…
Je mehr wir diesen wahren Kern unserer Persönlichkeit freiräumen, desto eher werden wir sie erkennen und auch nach außen tragen und leben können.
Die von dir beschriebenen Erlebnisse können bei diesem Prozess enorm helfen, denn: In anderen Menschen sehe ich andere Anteile meiner Selbst. In anderen Ländern und Kulturen sehe ich, was mich ausmacht, was zu meiner Kultur gehört und was am Ende ich ganz alleine bin, ohne Kultur.
Du schreibst weiterhin über Vorfreude. Das wundert mich ein wenig, denn diese Freude ist eine künstliche Freude, die sich auf die Zukunft bezieht. Natürlich ist es schön, sich auf etwas zu freuen, aber was passiert, wenn dies in der Zukunft nicht eintrifft? Dann ist Ent-Täuschung da.
Ich plädiere für das Leben im Hier und Jetzt… den Moment annehmen, so, wie er ist. Ohne Vor-Freude auf eine eventuell eintretende Zukunft. Es gibt genug in der momentanen Realität, über das es sich zu freuen lohnt 🙂
Liebe Grüße
Ben
Teilweise gebe ich dir recht, Ben. Vorfreude könnte auch übergehen in einen Zustand, in dem mich Erwartungen vereinnahmen. Ich halte das Überschäumen auch eher bodenständig niedrig in Balance. Aber ich finde, sich gar nicht zu freuen auf etwas oder jemand?
Das heisst doch auch, dass ich dann recht wenig geniessen kann. Und das macht das Leben ärmer. Solche Gefühlsarmut dämpft wahrscheinlich auch Wertschätzung und Dankbarkeit. Letztlich sind dies aber gute Bedingungen der Öffnung für tiefere Liebe.
Fragt sich zunächst auch, wie wir den Begriff „Persönlichkeit“ definieren wollen, Ben. Die kleine Muschel in der Seele könnte aus meiner Sicht die Liebe im Menschen sein und seine tieferen Sehnsüchte, sich zum Ausdruck zu bringen. Was natürlich auch Auswirkungen auf die äussere Erscheinung hat. Leider oft eher wenig, weil wir das wenig freiräumen. Klar können Erfahrungen auch unsere Bewusstheit richten und so mitbestimmen, was wieviel Bedeutung bekommt in unserem Leben.
Ein toller Artikel, welcher mich echt zum Nachdenken angeregt hat, und ich fühle mich jetzt eher schlecht dass ich mir gestern erst den ersten neuen TV seit 2006 gegönnt habe :/ obwohl ich mir eigentlich auch seit längerem schon bei jeder Anschaffung oder Geldausgabe über den Sinn und den kurzfristigen vs. langfristigen Effekt Gedanken mache..
Dann verschenke den Fernseher an denjenigen der sich darüber freuen würde so einfach ist das.
Lieber Nico,
nicht falsch verstehen: ich bin nicht gegen das Kaufen an sich und ich finde es auch völlig gut, sich nach so vielen Jahren einen neuen Fernseher zu gönnen. Ich für mich habe nur festgestellt, dass wir sich viele von uns (mich ja gar nicht ausgeschlossen) zumüllen mit Zeug und letztlich sehr wenig davon haben. Da bist Du im Gegenteil doch sehr weit, wenn Du Dir Gedanken über den kurz- und langfristigen Sinn Deiner Geldausgaben machst. Daher: Genieß den neuen Fernseher 😀
Liebe Grüße,
Romy
„Klar, die neue Smart-Watch ist toll. Aber sie wird – auch wenn die Werbung uns das gerne glauben machen möchte – mit ziemlicher Sicherheit keine anderen Menschen aus uns machen.
Für ein paar Wochen aus dem Job auszusteigen, um den Kilimandscharo zu erklimmen, dagegen vielleicht schon. Die Bilder, die Du da siehst. Dein Herz, das vor Aufregung stolpert.“
Wer es sich leistet ein paar Wochen aus seinem Job auszusteigen um genau dieses Erlebnis zu haben wird am Ende wohl mit seiner Smartwatch auf dem Gipfel stehen.
Du sprichst die Lebesproblematik einer Klientel an, der Du von der Denke wahrscheinlich zuzurechnen bist Romy.
Ich bin persönlich geworden, das tut mir leid.
Nur ich sehe menschlich keinen Unterschied zwischen dem Uhrenfreund oder dem Afrikareisendem.
Ich denke in Saki’s (Hector Hugh Munro) Geschichten sitzen sie am selben Kaffeetisch..
Hallo Romy,
danke für diesen schönen Artikel.
Erst am Wochenende hörte ich mich sagen: „Wenn ich mir dann dies und jenes nicht mehr kaufen kann, werde ich unglücklich.“ Echt? Es ging über meinen Umgang mit Geld, und ob ich lieber spare und mir einige Kleinikeiten nicht mehr leisten kann oder ob ich dabei bleibe und Essen und Kaffee trinken gehe und neue Sachen kaufe.
Die Alternative ist in 2 Jahren für 3 Wochen mit meiner Tochter nach Australien zu reisen. Bin ich bereit diese Einschränkung im Alltag in Kauf zu nehmen? Im Moment bin ich es nicht. Australien kann ich mir leisten, wenn ich mal mehr verdiene, denke ich mir….
Aber dieser Artikel bringt mich wieder zum Nachdenken.
Liebe Grüße,
Sonja
Liebe Sonja,
gerade wenn Du selbst Mutter bist, kennst Du die Problematik wahrscheinlich auch sehr gut im Kleinen: Es muss ja gar nicht immer um die wahnsinnig große Fernreise gehen. Manchmal geht’s ja auch schon um Fragen wie: Kaufe ich mir jetzt das T-Shirt und den Nagellack oder nehme ich das Geld und gehe am Wochenende mit meinem Kind ins Spieleland (nur ein willkürliches Beispiel). Ich zum Beispiel möchte auch nicht auf gutes Essen verzichten, brauche aber auch nicht mehr die komplette Farbpalette an Nagellacken.
Viele Grüße,
Romy
Wie man es nimmt. Diese Erlebnisse gehen eben auch schnell vorbei und dann bleibt nur die Erinnerung.
Wenn man sich dagegen etwas kauft kann man durchaus auch länger etwas davon haben (sofern vernünftig ausgewählt und nicht nur ein dummer Impulskauf).
Auch wenn das Auto ja in Finanzblogs generell verpönt ist, ein Pendler der sich ein etwas schöneres Auto kauft kann da durchaus über Jahre hinweg jeden Tag was davon haben weil er sich da drin dann einfach wohler fühlt. Und wer sich nicht fürs Verreisen interessiert, kann das Erlebnis Urlaub sogar als Geldverschwendung empfinden.
Was ich damit sagen will? Lasst die Leute doch einfach selbst entscheiden, statt dauernd vorzukauen was zu tun nun richtig ist… 😉
Ich stimme dir indirekt zu. gekaufte Dinge können für einen Erlebnisse bedeuten wenn man es mit etwas schoenem verbindet. Es liegt wie immer in der eigenen Bewertung darin. Ein gekauftes piano kann durchaus für mich Freude und Erlebnis sein. So wie du es mit dem Auto eben beschreibst. Jeder für sich legt den Wert fest. Erlebnisse sind Fantasie ..aufnehmen mit den sinnen. Wie wir Menschen das tun ist individuell. Je mehr sinneswahrnehmung dabei ist desto besser. Sich fuer den Alltag belohnen .reisen um mitzuhalten…in der Gesellschaft ansehen zu haben.. ich denke sehr vieles was wir tun ist weniger von unserem eigenen wollen oder freiem Entschluss gewählt. Erziehung ..Kultur..Umfeld..alles beeinflusst uns. Und ich muss oftmals überdenken was ich wirklich Möchte oder ob es nicht das moechten des Systems ist. LG mireille
Hallo Ronny!
Ich gebe mein Geld auch lieber für Erlebnisse aus. Klar braucht man das ein oder andere Mal etwas materielles, aber ich bin auch der Meinung, man sollte das Geld lieber für Erlebnisse ausgeben 🙂
Liebe Grüße,
Dominik
Ich würde noch einen Schritt weiter gehen: Beim Kauf von Dingen benötigt man Geld, bei Erlebnissen nicht unbedingt. Es muss nicht das Sabatical am Kilimandscharo sein, oft geht es auch viel kleiner und einfacher.
Stressiger Job, Geld immer knapp, zwei kleine Kinder – früher haben wir uns Samstags öfter mit einer nicht unüblichen Aktivität „belohnt“: Shoppen. Ab in die nächste Großstab. Schieberei durch die Massen in den Shoppingmalls, 2-3 Dinge braucht man sowieso, dann noch ein paar Schnäppchen obendrauf, Fastfood und ab nach Hause, wieder ein Tag rum. Erstaunen, dass tatsächlich 200€ mal ebenso drauf gegangen sind und das DVD-Schnäppchen wird ins Regal gestellt zum irgendwann mal anschauen.
Mittlerweile ist Samstags unser Familien-Ausflugstag. Denn während die meisten Menschen eben shoppen sind, kann man z.B. im Oberharz die Ruhe genießen. Früh aufstehen, rein in die Wandersachen, Picknick eingepackt und los geht’s. Zu entdecken gibt es genug, zur Pause suchen sich die Kinder einen schönen Findling zum Draufklettern und mampfen dann zufrieden ihren Apfel und die Butterkekse. Sie staunen über das braune, torfhaltige Wasser, bewundern den großen Funkturm auf dem Brocken, verfolgen begeistert die Wolfsspuren (Hunde), sammeln eifrig „Edelsteine“ und freuen sich tierisch, wenn sie eine Kröte entdecken. Wenn dir dann ein fünfjähriger Wirbelwind am Arm zupft und sagt „Du Papa, das ist aber schön still hier!“ weißt du: Alles richtig gemacht!
Klar ist Wandern nicht für jeden etwas. Und wer keine Reise mag, der hat an einem schicken Auto mehr Freude als am Kilimandscharo. Und natürlich kann es jeder so halten, wie er er möchte.
Ich habe für mich aber festgestellt, dass mich das Shoppen nicht wirklich glücklich machte. Lange Zeit habe ich das nicht hinterfragt, sondern einfach weitergemacht, weil „man“ das eben so macht. Und genau in der Situation finde ich solche Artikel gut, hier den Gedankenanstoß zu geben.
Wer shoppen liebt und sich nichts Schöneres vorstellen kann als Dinge zu kaufen (und sich das leisten kann) – alles richtig gemacht, weiter so und viel Spaß im Gewühl der Shoppingmeilen…
Wie immer ein wunderbarer Beitrag!
Ich lese schon sehr, sehr lange deine Beiträge und finde sie immer wieder unfassbar inspirierend. Danke fürs Teilen! 🙂
Ich beschäftige mich ebenfalls sehr viel mit solchen Themen und bin auch der Meinung, dass uns Geld ausgeben auf lange Sicht nicht glücklich machen kann. Klar möchte man sich mal etwas Schönes gönnen, vollkommen okay, aber im Großen und Ganzen sollte man wirklich in Erlebnisse investieren.
Im Alltag kann dies etwas schwerer sein, denn man kann ja nicht jede Woche wegfahren und möchte trotzdem nicht in ein Frustrationsloch fallen. Allerdings habe ich festgestellt, dass man auch mit wenig Geld und wenig Zeit tolle Dinge erleben kann. Beispielsweise kann man eine Fahrradtour unternehmen, wandern gehen, eine Flaschenpost verschicken oder ein Lagerfeuer anzünden.
Zu solch kleinen Dingen, die glücklich machen, habe ich auf meinem Blog auch einige Beiträge geschrieben und ebenfalls meine Lebensliste veröffentlicht. 🙂
Liebe Grüße,
Katrin von
Ich finde mich in dem Bericht wieder. Früher habe ich auch, wenn gespart, dass ich mir was materielles leisten konnte. Bestimmte Erlebnisse, sowas wie eine Reise nach Irland, irgendwann wenn alles mal passt.
Doch an einem Punkt im Leben, als es mir sehr schlecht ging, dann habe ich entschieden mir ein Erlebnis für mich zu kaufen. Es war die Reise nach Irland. Ich denke noch heute gerne daran zurück. Teilweise sehe ich heute noch vor meinem geistigen Auge, die Weite und erlebe innerlich die Ruhe, die dieses Land ausgestrahlt hat. Ich hab in Lebensqualität damals mein Geld investiert. Das Schöne danach, hatte ich soviel Kraft, um bestimmte Sachen in meinem Leben anzupacken. Ich sag dieses Erlebnis oder diese Reise, war eine Reise, die notwendig war, damit ich wieder zu mir finde.
Natürlich ist auch jedes noch so kleine Erlebnis mit Geld verbunden, auch wenn man einfach nur mit dem Auto zu einem See fährt. Benzin ist dafür notwendig, damit man mit dem Auto dahin kommt. Jedoch egal welches Erlebnis wir erleben, wir sollen es bewusst erleben.
Ich liebe diesen Beitrag. Danke! Dem kann ich gar nichts mehr hinzufügen. Meine Rede!
Hallo Romy,
ich stimme Dir auch zu! Ich bin immer verreist, sobald ich ein bisschen Geld zusammen hatte. Meist immer sehr spontan. Dadurch war die Vorfreude relativ kurz. Allerdings konnte ich mir eh nicht wirklich ausmalen, wie es wohl dort sein würde. Also hab ich – wie ein weißes Blatt Papier – mich vorbehalt- und auch erwartungslos in den Urlaub gestürzt. Meine Erwartungen (0%) wurden jedesmal ums Vielfache übertroffen. Ich zehre immer noch von meinen ganzen Urlauben. Ich „glühe“ noch nach.
Heute ist es so, daß ich nicht mehr weit verreisen kann. Ich bin vor 15 Jahren an MS (Multiple Sklerose) erkrankt. Das schränkt die Reiserei enorm ein. Genau deshalb freu ich mich umso mehr, daß ich damals mein ganzes Geld „zum Fenster raus“ gehauen hab und Länder gesehen, Menschen getroffen habe. Das nimmt mir keiner mehr. Deshalb, wenn man gesund ist, soll man reisen (sofern man es mag). Keiner weiß, was morgen ums Eck kommt.
In diesem Sinne
Conny