Und folgst Du myMONK schon bei Instagram?

Text von: Lena Schulte

Uni, ein neues Semester beginnt, Alkohol fließt in Strömen, die WG-Party ist im vollen Gange, die Nachbarn werden sich morgen in ähnlicher Lautstärke darüber beschweren. Egal, jetzt geht es erst einmal in den Club. Wir machen uns auf den Weg, ich bin auch dabei, mittendrin, singe bei paar Liedern mit, lache ab und zu – und renne dann in einem unbemerkten Moment einfach weg. Zwanzig Minuten laufe ich durch die vernebelte Nacht, bis ich zu Hause bin und nur meine Bettdecke mitbekommt, dass sich ziemlich viele Tränen in mir aufgestaut haben. Ich weiß nicht einmal, warum. War doch eigentlich ein netter Abend.

Es dauert, bis ich begreife, dass ich mich einsam fühlte. Es ist eine Einsamkeit, die man fühlt, wenn man zwar dabei ist, umgeben von anderen, aber trotzdem keine richtige Verbundenheit entsteht. Wenn zwar alles „ganz nett“ ist und man eine gute Zeit hat – aber eben nicht mehr. Wenn man sich Tiefe und ein inneres zu Hause bei irgendwem wünscht und bei nirgendwem so richtig finden mag. Auf der Party wurde mir bewusst, dass ich in der neuen Stadt immer noch danach suchte.

Dazu hatten bestimmte Verhaltens- und Denkweisen von mir beigetragen. Wie so oft waren es die eher kleinen, unscheinbaren Dinge, die sich im Alltag aufsummierten und mein Einsamkeitsgefühl befeuerten.

Verbundenheit braucht den Moment

Mein Smartphone und ich. So viel Lebenszeit habe ich schon vor seinem Bildschirm verbracht. Alleine. Abgeschnitten von dem, was um mich herum passiert, am besten noch mit Kopfhörern im Ohr, weil die Wirklichkeit hinter dem Glas interessanter war als das Hier und Jetzt. Die virtuelle Welt hat mich ziemlich viel echtes Leben, komische Situationen, potenzielle Gespräche und erinnerungswürdige Momente verpassen lassen.

Denn das Tückische ist, dass sie oft realer wirkt, als sie eigentlich ist. Sie ist so gut darin, dass sie von dem Fehlen physischer Nähe geschickt ablenkt. Das ist auf der einen Seite ein großes Geschenk der Neuzeit – wird aber gefährlich, wenn wir uns (so wie ich) immer öfter allein auf dem Sofa in der Pseudonähe verlieren und mehr Zeit in Kurznachrichten als in echte Treffen investieren.

Irgendwann hatten mich die sozialen Medien sogar so eingenommen, dass es sich unmittelbar auf mein Sozialverhalten auswirkte. Anstatt mich bei Gesprächen auf eine natürliche Dynamik einzulassen, legte nun das Blinken meines Handys meine Aufmerksamkeitsspanne für mein Gegenüber fest. Nur mal kurz checken, wer gerade schreibt – könnte ja wichtig sein – so, was hast Du gerade gesagt?

Verbundenheit lebt von Aufmerksamkeit und von dem Moment. Wir sollten mit dem was unser Smartphone uns gerade anbietet nicht verbundener sein, als mit demjenigen, der uns gerade seine Zeit und Gesellschaft zur Verfügung stellt. Dafür müssen wir Prioritäten setzen, die Zerbrechlichkeit des Moments wieder ernster nehmen und andere Nebenschauplätze ruhen lassen. Jeder nicht wertgeschätzte Moment mit dem anderen geht schließlich unwiderruflich verloren. Das Smartphone hingegen hat sich noch nie beschwert, wenn es warten musste.

Verbundenheit braucht Offenheit

Verbundenheit ist eine ziemlich private und individuelle Angelegenheit. Oft gibt es Kriterien in unserem Kopf, die erfüllt sein müssen, bevor wir überhaupt erst von wahrer Verbundenheit sprechen. Manchmal sind wir uns diese Anforderungen gar nicht bewusst.

Die Partnerschaft erfüllt häufig diese Kriterien und ist somit zum Inbegriff für wahre Verbundenheit geworden. Kein Wunder also, dass uns das Gefühl der Unvollständigkeit auflauert, wenn gerade keine Partnerschaft in Aussicht ist, oder es im Paradies gerade regnet. So war es zumindest bei mir.

Wahre Verbundenheit ausschließlich auf eine einzige Beziehungsform zu projizieren, bedeutet, dass eine einzige Person (zu) viele Anforderungen zu stemmen hat, um unserem Bedürfnis nach Nähe gerecht zu werden. Dabei könnten wir es auch woanders stillen.

Verbundenheit ist auch da, wenn sie nicht im romantischen Skript steht. Sie hat viele Ausdrucksformen, verschiedene Tiefen und unterschiedliche Zeitlängen. Das heißt nicht, dass sie dadurch weniger real oder schlechter ist. Alle Formen dürfen ausgekostet werden.

Verbundenheit ist die Menschlichkeit in jedem von uns: das Lächeln eines Fremden, die kleine Gesten oder das freudige Winken eines Kindes.

Verbundenheit ist die funktionierende Arbeitskette in einem System, damit Du jeden Tag Essen kaufen kannst, damit Dir auf der Stelle geholfen wird, wenn Du Du einen Unfall hast.

Verbundenheit ist die Liebe und das Leben, die Du einfach so geschenkt bekommst: das „Fahr vorsichtig“, das Schlagen Deines Herzens, das Funktionieren Deiner Lungen.

Du selbst bist mehr Verbundenheit, als Du vielleicht gerade denkst.

Verbundenheit braucht Verständnis

Ich bin recht verständnisvoll – so lange eine Meinung im Rahmen meiner Werte bleibt. Sobald eine Äußerung diesen Kreis verlässt, merke ich schnell, wie sich der Widerstand in mir aufbäumt, ich nicht mehr wirklich zuhöre, sondern nur noch auf meinen Einsatz meiner Gegenargumente warte. Verbundenheit kann jedoch nur schwer entstehen, wenn wichtigen Themen auf dem Terrain der Rechthaberei ausgetragen werden. Jemanden, dessen Meinung wir angreifen, bringen wir nur dazu, sie zu verteidigen. Wir drängen ihn in den Kampf- oder Fluchtmodus, denn Meinungen sind Teil der Identität und heilig.

Verbundenheit entsteht durch das Gefühl, dass unser Gegenüber es aufrichtig mit uns und unseren Ansichten meint. Dass er (vielleicht auch trotz anderer Sichtweise) unserer Meinung gegenüber aufgeschlossen ist und ihr offen begegnet.

Verständnis bedeutet auf keinen Fall, zu allem einfach „Ja und Amen“ zu sagen, oder seine Meinung nicht vertreten zu dürfen, sondern: „Ich habe meine Werte im Hinterkopf und kann es ertragen, wenn Du andere hast. Aber vielleicht kann ich ja sogar noch etwas Neues von Dir lernen.“

Zuhören, um zu verstehen. Fragen stellen, um zum Kern durchzudringen. Nachdenken, um das Nichtgesagte aufzudecken … das bringt die Verbundenheit in einem Gespräch voran.

Erzwingen lässt sich natürlich nichts. Doch ich habe tatsächlich gemerkt, dass es gar nicht so große Veränderungen braucht, um Menschen auf einer neuen, tieferen Ebene zu begegnen – auch als Single.

Mehr unter: Wie man eins wird mit sich selbst und der Welt.

Photo: Happy friends von Pressmaster / Shutterstock