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„Das Leben ist hart, wenn wir’s auf den leichten Weg leben wollen – und leicht, wenn wir’s den harten Weg gehen.“
– Joe Pollack

Es ist hart, sich weiterzuentwickeln und Ziele zu erreichen. Der Olympiasieger, der im 100-Meter-Lauf allen scheinbar ohne Anstrengung davonrennt, musste zuvor zehntausende Stunden trainieren. Der Raucher, der seine letzte Kippe ausdrückt, kämpfte zehntausende Schlachten in seinem Inneren. Und wenn uns ein Buch oder Seminar auf eine neue Entwicklungsstufe zu katapultieren scheint, ging dem fast immer ein langer Prozess voraus, ob bewusst erlebt oder im Verborgenen.

Wie ich unter Ich bin okay // Guru-Diss schrieb, halte ich viele der Marketing-Versprechen aus der Selbsthilfe-Industrie für gefährlich – für die Kunden, aber auch für die Anbieter. Für die Kunden, weil sie meistens enttäuscht werden und die Schuld oft bei sich suchen („Ich bin einfach zu faul / zu doof / zu unmotiviert / zum Misserfolg verdammt“), wenn sie doch nicht innerhalb von drei Tagen dreißig Kilo leichter und drei Millionen Euro reicher sind. Und für die Anbieter, weil enttäuschte Kunden auf Dauer keine gute Grundlage für ihr Geschäft sind. Seit ich 16, also in den letzten 12 Jahren, habe ich eine recht große Menge an Selbsthilfe-Literatur, Audioprogrammen und Hypnose-CDs konsumiert und viel, viel Energie darauf investiert, um das Konsumierte umzusetzen und in mein Leben zu integrieren. Ich kann sagen: oft bin ich damit gescheitert. Und wenn ich erfolgreich war, dann nur nach großen Anstrengungen.

Wie ein Durchbruch abläuft

„Dieses Buch wird Ihr Leben verändern“ … ?

Zwischen dem Kauf eines Selbsthilfe-Buches und dem neuen, glücklicheren, erfolgreicheren, fitteren Leben liegt eine Strecke, die mit vielen kleinen Schritten mühsam zurückgelegt werden muss. Zunächst muss man das Buch lesen. Doch nur zehn Prozent aller Buchkäufer lesen ein Buch komplett von vorn nach hinten durch. Vielleicht enthält das Buch auch Übungen, die man gleich ausprobieren sollte … aber hey: die Übungen haben dann doch noch Zeit, bis man das Buch fertig gelesen oder die nächste Woche gekommen ist … und am Ende hat man sie nie gemacht. Und erst nach diesen bereits kraftkostenden Schritten kommt der härteste: das Gelernte umsetzen.

Es gibt nicht den einen Knopf im Kopf, den man nur finden und drücken muss, um sofort mehr Geld zu verdienen, reihenweise Partner anzuziehen und auszuziehen, den negativ schnatternden Affen im Kopf K.O. zu schlagen oder ein ähnliches neues persönliches oder berufliches Level zu erreichen.

Trotzdem reißen Menschen den „Gurus“ Bücher und Kurse aus den Händen, die den magischen Knopfdruck versprechen. Woran liegt das?

Es liegt daran, dass wir alle Momente kennen, in denen wir scheinbar plötzlich einen großen Sprung machen. Wir hören mit dem Rauchen, stellen unsere Ernährung um, trauen uns endlich, eine neue Karriere anzustreben – von einem Moment auf den anderen.

Doch wurde beim Lesen des Buches oder beim Besuchen eines Kurses nicht ein magischer Knopf gedrückt. Es war in der Regel meist schon ein lange währender Energieeinsatz in diese Richtung, der uns auf ein neues Level springen lässt.

So, wie ein Kind mit der Geburt „plötzlich“ nach neun Monaten Schwangerschaft auf die Welt kommt (und nie wieder zurückschlüpft).

So, wie ein Quantum erst nach reichlich Energiezufuhr per „Quantensprung“ ein neues Energieniveau erreicht (und nur unter großem Energieeinsatz wieder zurückspringt).

Oder so, wie Virgin-Gründer und Weltraumtourismus-Pionier Richard Branson ein Abenteuer überstanden hat, das ihm fast das Genick gebrochen hätte. Gemeinsam mit einem Freund wollte er der erste sein, der den pazifischen Ozean im Heißluftballon zu überquert. Kurz zuvor war ein Anderer gestorben beim Versuch, diese 8.000 Meilen lange Strecke mit einem Ballon zurückzulegen. Sein Ballon riss und er erfror im eiskalten Meer, bevor er von Suchtrupps gefunden werden konnte. Branson und sein Gefährte planten, einen besonders schnellen Luftstrom zu nutzen, der zwischen 20.000 und 40.000 Fuß über der Erdoberfläche verläuft. Darunterliegende Luftströme bewegen sich deutlich langsamer und hätten die Überquerung des Pazifiks aus irgendwelchen Gründen erschwert. Der Ballon, mit dem das Team unterwegs war, war recht groß. Als er in die Höhe des schnellen Stroms aufstieg, blieb die Kapsel mit den Abenteurern im unteren, langsameren Luftstrom hängen. Die unterschiedlichen Ströme rissen am Ballon, der zerstört zu werden drohte. Branson feuerte Energie in den Ballon, doch die Kapsel schaffte es nicht ins höhere Level. Eine „gläserne Decke“ stand der Rettung im Weg. Erst nach einer Weile, als mehr und mehr Brennstoffe die Kapsel des Ballons gegen die unsichtbare Decke drückten, gelang der Durchbruch. Nun waren beide Teile des Ballons in einem Strom. Wie die Geschichte weitergeht, könnt ihr selbst in Branson’s Buch „Screw it, let’s do it“ nachlesen). Wichtig ist an dieser Stelle: zwar brachte das letzte Teilchen Brennstoff den Durchbruch – doch zuvor mussten große Mengen an Energie eingesetzt werden, um ihn zu ermöglichen.

Genau so ist es auch im Leben. Nahezu jeder großen Veränderung geht eine Kette kleiner und großer Erfahrungen und Investitionen von Zeit, Kraft, Geduld und Gedanken voraus.

Ein einzelnes Buch, ein einzelner Kurs kann den Durchbruch herbeiführen. In der Regel ist er jedoch ein kleiner Schritt, ein kleiner Kratzer oder Riss an der gläsernen Decke, die zwischen uns und dem nächsten Level steht.

Dieser kleine Schritt, dieser kleine Kratzer ist wichtig. Er kann uns aber nur dann helfen, wenn wir uns anstelle des Schrittes nicht einen Sprung versprochen haben. Erhoffen wir uns von einem neu gekauften Produkt, dass es eines unserer Probleme sofort und für immer löst, wird dies in den meisten Fällen in Frust, Enttäuschung und Wut enden. Und vielleicht sogar dazu, dass wir aufgeben, obwohl wir in Wirklichkeit ein kleines Stück vorangekommen sind. So, als hätte Richard Branson hoch in den Lüften seinen Tod mit der Entscheidung besiegelt, nach dem ersten Treibstoff-Einsatz aufzugeben, der anscheinend nichts gebracht hat.

Der Durchbruch, ein neues Level, passiert plötzlich, ist aber die Folge vieler kleiner – kontinuierlicher – Einsätze von Treibstoff, unserer eigenen Energie.

Zwei Beispiele:

  • Als Student arbeitete ich in einem Call-Center. Ich rief fremde Menschen an ihrem Feierabend an, um sie zu befragen, welche Radiosender sie hören. Keine Ahnung, wen das mehr genervt hat: die armen Menschen, die ich beschwatzte, oder mich selbst. Eines Tages setzte ich mich ins Auto, um meinen Dienst im Call-Center anzutreten. Mitten auf der Strecke hielt ich an. Wendete. Fuhr wieder nach hause. Und schrieb meine Kündigung. Der Durchbruch geschah auf dem Weg zur Arbeit. In den Tagen und Wochen zuvor passierte jedoch fast unbemerkt Vieles, das die Kündigung erst möglich machte: meine Frustration über den Job wucherte, ich dachte darüber nach, wie dringend ich das Geld benötigte und ob ich es nicht anders verdienen konnte, ich stellte mir immer häufiger vor, wie ich kündigte, sagte mir immer wieder, dass ich woanders glücklicher werden kann. Der Unterschied zwischen Call-Center-Job und Kündigung ist wie der zwischen 1 und 0, bis zur Kündigung war es jedoch ein Prozess. Ich wachte nicht einfach plötzlich auf und schmiss den Job hin – auch wenn es mir selbst und anderen so vorgekommen sein mag.
  • Mit 14 Jahren fing ich mit dem Rauchen an. Sechs oder sieben Jahre später rauchte ich meine letzte Zigarette. Für mich war das ein echter Quantensprung zu einem neuen Level von Lebensqualität: ich fühlte mich lebendiger, fröhlicher, hatte seltener Kopfschmerzen und hustete nicht mehr wie ein asthmakranker Seehund. Die Kopfschmerzen, der Husten, das Gefühl, ständig vergiftet durchs Leben zu laufen, die Angst vor schlimmen Krankheiten sammelten sich an, waren Brennstoffe für den Durchbruch während meines letzten Zugs von der Pall Mall.

Du kennst solche Momente der Klarheit und Entscheidung sicherlich auch (und wenn Du mir davon erzählen willst, hinterlasse einen Kommentar oder schreib mir an info@mymonk.de). Eine Beziehung beenden, einen Heiratsantrag machen, ein Studium abbrechen oder beginnen … all das sind Situationen, in denen man spürt:

Mein Leben wird sich grundlegend ändern. Es gibt kein Zurück.

Negative Faktoren wie meine Unlust auf den Job oder der miserable Gesundheitszustand können ebenso Brennstoff sein wie positive: der Mut und die neuen Möglichkeiten, die ein Gespräch oder ein Buch vermitteln, die Lust auf ein neues Abenteuer oder die Liebe zwischen zwei Menschen.

Wie man einen Durchbruch schafft

Die meisten Diäten, Sportprogramme, finanziellen, künstlerischen oder beziehungsartigen Vorhaben scheitern. Grund dafür ist nicht der Ratgeber in Person oder als Buch. Wir haben einfach zu wenig und oder zu unregelmäßig Energie dafür aufgewendet, ein neues Level zu erreichen.

Vielleicht fühlen wir uns beim Lesen hochmotiviert und stellen uns vor, wie großartig es wird, das Gelesene umzusetzen. Welche Anerkennung, welche Gefühle, welche Belohnungen uns dann erwarten. Neuer Mut und neue Ideen bringen uns dabei ein Stück in die richtige Richtung, hin zu unserem Ziel. Wir lesen das Buch mit der neuesten Diät, nehmen vielleicht sogar schon die ersten Kilos ab und freuen uns wie ein Schnitzel (aus magerem Fleisch).

Doch dann legen wir das Buch beiseite und der Alltag schlägt zurück. Und schon wenige Tage später scheint alles, was wir uns vorgenommen hatten, im Keim erstickt zu sein. Wir verfallen in die alten Gewohnheiten.

Ein einzelnes Buch zu lesen verschafft uns nie genügend Energie für einen Durchbruch zu einer neuen Ebene. Eine Rakete benötigt den größten Teil ihres Treibstoffes, um abzuheben und die Erdanziehungskraft zu überwinden (Durchbruch), danach muss kaum noch Energie für den Antrieb aufgewendet werden. Setzen die Motoren der Rakete nicht genügend Treibstoff frei, stürzt sie zu Boden. Mit unseren Zielen ist es nicht anders.

Für viele Vorhaben müssen wir sehr große Energie aufwenden, um abzuheben und ein neues Level zu erreichen. Danach wird es viel leichter, das Level zu halten. Geben wir nicht kontinuierlich genügend Gas, stürzen wir genauso schnell ab wie die unterversorgte Rakete und alle bereits verbrannte Energie war verschwendet. Haben wir das neue Level jedoch einmal erreicht, wird es leichter. Dann können wir uns auch mal eine Pause gönnen. Die Rakete (oder der Satellit, den die Rakete befördert hat) ist im Orbit, und da bleibt sie auch erst mal ohne weitere Anstrengungen. Es reicht aus, hin und wieder etwas Energie nachzuschieben, um den Satelliten in der gewünschten Höhe zu halten. Inzwischen könnte man mich in einer Zigarettenfabrik einschließen, ich würde nicht schwach werden. Zur Zigarette zu greifen würde mich womöglich mehr Energie kosten als einfach weiterhin nicht zu rauchen, auf jeden Fall wäre es jedoch viel leichter für mich, nein zu sagen.

Wenn Du bewusst etwas ändern willst, brauchst Du genügend Treibstoff. Der genaue Treibstoff, den Du benötigst für den Durchbruch benötigst, hängt von Dir und Deinen Zielen ab. Die Menge des Treibstoffs ebenso.

Damit sich dauerhaft etwas ändert, kannst Du Dich der folgenden Treibstoffzusammensetzung bedienen:

  1. Vom Ziel durchdrungen sein: sich mit dem Ziel so sehr zu identifizieren, dass man es ein- und ausatmet und einen Rahmen schafft, in dem Veränderung überhaupt gelingen kann. Dazu muss Dir Dein Ziel absolut und im Detail klar sein. Und Du solltest es aufgeschrieben haben und täglich lesen – es gibt verschiedene Studien, die belegen, dass niedergeschriebene und regelmäßig vor Augen gehaltene Ziele mit deutlich höherer Wahrscheinlichkeit erreicht werden.
  2. Werde ein Meister Deines Fachs: mit jedem Buch, das Du über Dein Thema liest, sei es über Abnehmen oder über Zeitmanagement, und mit jedem Gespräch darüber, saugst Du neue Energie in Form von Vertrauen und Wissen auf. Wenn Du einen Autor aus diesem Feld liebst, dann lies alles von ihm. Oder lies das beste Buch, das Dir dazu unterkommt, hundertmal.
  3. Ein unterstützendes Umfeld: helfen Dir die Menschen, mit denen Du viel Zeit verbringst dabei, Dich weiterzuentwickeln oder stellen sie Dir lieber ein Bein, um nicht selbst ins Hintertreffen zu gelangen? Sind die Orte, an denen Du Deine Zeit verbringst, Kraftpunkte für Dich oder lassen sie Dich in alten Gewohnheiten versumpfen?

Wenn Dir Dein Ziel nicht haargenau klar ist und Du es nicht niedergeschrieben hast, wenn Du Dich nicht intensiv mit ihm identifizierst, Dich weiterbildest und in Deiner alten Umgebung mit den alten Bekannten bleibst, die Dich zurückhalten … dann wird der Durchbruch nie gelingen. Nicht heute, nicht morgen, und nicht im nächsten Jahr.

Ohne die verschiedenen Durchbrüche würde ich vielleicht noch heute in einem Call-Center sitzen, dabei qualmen wie ein Schornstein und danach in eine leere Wohnung zurückkehren, in der mich die Einsamkeit bei lebendigem Leibe verzehrt.

Es war hart, und die nächsten Durchbrüche zu erreichen wird erneut hart. Die Alternative wäre jedoch, festzusitzen. Und das ist noch härter.

Ich bin mir sicher, dass Du schon viele Durchbrüche erreicht hast in Deinem Leben. Wenn Du das nächste Mal einen anstrebst, hilft Dir vielleicht der eine Gedanke, den dieser Text Dir geben soll:

Wenn Du etwas machst, mach’ es richtig. Wirf Dich mit aller Kraft hinein und Dein Durchbruch wird kommen.

 

Photo: Sorin Dragomirescu