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Text von: Lena Schulte

Wenn Du echte Liebe willst, musst Du erst einmal lernen, Dich selbst am meisten zu lieben. Sagt der Ratgeber, inklusive schönem Motivationsbild. Und wenn Du Dein Glück nicht von möglichen Schwankungen Deiner Selbstliebe abhängig machen willst, dann kauf doch den neuen Jamba Love-Calculator für 50 Euro die Woche, flüstert die Werbung. Die Werbung weiß schließlich: Es ist nicht das Paar, dass sich beim Sonntagsfrühstück vor versammelter Mannschaft (inklusive der Schoßratte auf Tante Fridas Schoß) erklären muss, warum es denn bitte immer noch zusammen ist.

Der (Langzeit-)Single hingegen kann bei solchen Gelegenheiten schon eher damit rechen, ein Best-Of-Arguments vorzutragen, warum er denn immer noch alleine ist.

Aber Du bist doch so ein lieber, heißt es für Thomas also auch dieses Mal wieder, wie kann es denn sein, dass jemand wie Du niemanden findet?!

 „Was stimmt denn nicht mit Dir?!“

Im Prinzip weiß Thomas natürlich, dass die Frage nett gemeint ist. Dass sie sich trotzdem jedes Mal wie ein kleiner Schlag in die Magengrube anfühlt, behält er lieber für sich. Stattdessen schmiert er sich zu Hause überteuerte Masken für mehr erotisch-geschmeidige Männlichkeit ins Gesicht. Und drückt jetzt noch mehr Kilos im Gym. Irgendetwas muss ja bei ihm fehlen, wenn er doch so ein netter ist, oder? Und jeden Samstagabend geht er auf die Rolle, obwohl er müde von der anstrengenden Woche ist und lieber auf der Couch netflixen will. Aber dann plagt ihn das schlechte Gewissen. Von nichts kommt bekanntlich ja auch nichts.

Und jedes Mal geht die Hoffnung mit ihm in die Bar, dass es diesmal was wird. Dass er diesmal jemanden findet. Und er geht auf Dates, auf viele Dates, selbst auf die richtig schlechten. Er mutet sich zwanghafte Gespräche, zwanglose Beziehungen („Wie, Du willst Deine Zahnbürste bei mir lassen? Wir treffen uns doch erst seit zwei Jahren!“), enttäuschte Hoffnungen und Ghosting-Plagen zu. Er macht und tut – aber irgendwie will es mit der großen Liebe einfach nicht klappen…

Die unendlichen Formen des Lebens

Obwohl wir es eigentlich besser wissen, passiert es noch erstaunlich häufig, dass das Single-Dasein immer noch mit zwangsläufiger Einsamkeit assoziiert wird. Wie oft fallen allein nach Trennungen Witze getreu dem Motto: „Dann verbringe ich meinen goldenen Herbst eben mit sechzehn Katzen und meinen sieben Persönlichkeiten.“

Dass das alles nicht viel mit der Realität zutun hat, liegt auf der Hand. Single zu sein hat genau so wenig mit Einsamkeit zutun, wie eine Beziehung mit einem Dauerabo fürs Glück. Beides ist immer das, wozu man es macht – mal wunderschön, mal anstrengend oder scheinbar besser als das andere. Im Endeffekt ist ein Beziehungsstatus nur eine Form, um das Leben zu gestalten.

Dass ich meine Singlezeit so oft nicht genießen konnte, lag nicht am Singlesein. Bloß wenn man es, wie ich damals, als schlecht einstuft, rutscht man schnell in einen inneren Wettbewerb, in dem eine Partnerschaft das nächste Level im Spiel des Lebens ist, das man ab einem „gewissen Alter“ halt erreicht haben sollte (oder zu dem man schnell wieder zurück sollte). Natürlich fühlte ich mich mit so einem Glaubenssatz wie ein Versager, als gefühlt alle um mich herum anfingen, Eheringe auszutauschen, Häuser zu bauen und erfolgreich Erbgut in winzige Menschenmasse zu verwandeln.

Single ist keine Diagnose

Es gibt viele Labels, die Singles gerne mal verpasst bekommen: Beziehungsunfähig, zu hohe Ansprüche, einfach unvermittelbar… Am gefährlichsten finde ich die Trendaussage mit der Selbstliebe. Klar, das Leben wird einfacher, wenn wir mit uns im Reinen sind und uns selbst mögen – aber eine Partnerschaft ist keine Prämie, die einem automatisch zusteht, sobald man das mit der Selbstliebe richtig macht. Selbstliebe ist kein Mittel zum Zweck und sollte auch nicht von einem Idealbild abhängig gemacht werden, das hoffentlich in der Zukunft stattfinden wird.

Ja, Thomas ist schon lange ein Single. Aber selbst noch so teure Männlichkeitsmasken oder zwei Tonnen mehr Muskelmasse ändern es nicht, wenn er (oder die Traumfrau) einfach nicht verliebt ist. Und das hat nichts damit zutun, dass mit ihm etwas nicht stimmt – auch wenn sich das gerade nach vielen Enttäuschungen zu leicht denken lässt.

Anstatt also zwanghaft alles Menschenmögliche zutun, um bloß nicht mehr alleine zu sein, anstatt von Date zu Date zu jagen und uns jede potenzielle Macke wegzuoptimieren, sollten wir vielleicht erst einmal wieder durchatmen. Dem Leben vertrauen. Uns vertrauen. Dass wir das schaffen, was auch immer das Leben von uns verlangt. Und wenn es von uns will, dass wir einen größeren Abschnitt unseres Lebens allein gehen, dann können wir uns auch dem stellen. Single ist keine Diagnose. Single bedeutet nicht verkehrt zu sein. Single bedeutet auch nicht, dass man lieber krude Kompromisse eingehen sollte, anstatt ganz allein zu sein.

Auch ein Nacktmull verdient Liebe

Wir können unsere Zukunft nicht erzwingen, wir können Liebe nicht erzwingen, wir können nicht einmal einen Pups erzwingen, ohne Gefahr zu laufen, dass am Ende etwas Beschissenes bei rum kommt (habe ich mal gehört).

Deswegen warte. Gestalte Deine Zeit, anstatt Deine Hoffnungen auf ein Happy End in aussichtslose Beziehungen und ätzende Dates zu investieren. Mach Dich am Samstagabend schick. Mach es, weil Du lebst, weil Deine Lungen für Dich arbeiten, weil Dein Herz trotz allem Schmerz, das es schon durchstehen musste immer noch für Dich pumpt. Mach es nicht, weil Du Erwartungen an das Schicksal hast. Nicht nur Du fühlst Dich unter Druck gesetzt, wenn Du weißt, dass jemand wichtiges Großes von Dir erwartet. Gib ihm Raum, lass es für Dich arbeiten und vertrau darauf, dass in Ruhe etwas Besseres bei rum kommt als unter Druck.

Und liebe Dich. Liebe Dich wirklich, mit allem, was dazu gehört – auch morgens, wenn Du nach einer durchzechten Nacht in den Spiegel siehst und Dich fragst, aus welcher Auffangstation dieser Nacktmull ausgebrochen ist, der Dich da anstarrt. Liebe Dich nicht nur, weil dann vielleicht jemand kommt. Liebe Dich, weil Du Liebe verdienst – denn, ja, das tust Du. Und zwar unabhängig von Deinem Beziehungsstatus.

Mehr unter 5 Gründe, die Kunst des Alleinseins zu üben und unter An alle, die glauben, sie hängen im Leben hinterher – und bei Bedarf das myMONK-Buch „Wie man eine Trennung überwindet und ein neues Leben beginnt“.

Photo: Young single von view apart / Shutterstock