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Wir alle tragen es in uns. Es schiebt uns an. Es drängt und schubst, es prügelt uns weiter. Es ist immer hungrig. Und es fordert immer mehr, noch mehr, noch mehr: das Wollen.

Kaum hatte ich die ersten 100 Stück meines ersten Buchs verkauft, wollte ich 1.000 Verkäufe sehen. Dann kann ich zufrieden sein, dachte ein Teil von mir. Ein anderer wusste: Nein, ich werde auch dann nicht zufrieden sein. Denn die Marke wird sich weiter nach vorn verschieben, zu den 10.000 Verkäufen vielleicht oder gleich dorthin, wo sämtliche Menschen dieser Welt Deutsch lernen, nur um mein Buch kaufen und lesen zu können.

Wo ich doch längst hätte zufrieden sein können.

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Da geht’s mir – und Dir vielleicht auch – wie folgendem Hotelbesitzer:

Ein Hotelbesitzer weint sich bei seinem Freund aus.

„Ich bin so unglücklich, soooo unglücklich, seit die neue Schnellstraße gebaut ist, kommen viel weniger Menschen in mein Hotel!“

Der Freund: „Komisch, ich fahre jeden Abend vorbei an Deinem Hotel und immer hängt das Schild draußen, dass alles belegt sei?“

Und der Hotelbesitzer sagt: „Ja, das stimmt, aber früher habe ich 40 bis 50 Gäste am Tag wegschicken müssen, weil wir voll waren, jetzt sind es nur noch 20 bis 30!“

Da können wir noch so strampeln und rennen, den Horizont erreichen wir nie. Das Wollen und unsere Erwartungen werden nie satt sein. Und wir, wir werden nie zufrieden sein, im Frieden sein mit dem, was ist und was wir sind und haben und tun.

Nicht, solange wir dem Wollen nachgeben, solange wir seinen Lügen glauben und uns zu seinem Sklaven machen in der Hoffnung, dass schon hinter der nächsten Anstrengung und dem nächsten erreichten Ziel die große Erlösung wartet und wir endlich, endlich für immer glücklich und zufrieden sein werden.

Die Erlösung wartet nicht hinter der nächsten Ecke.

Sondern in uns selbst und in der Erkenntnis:

Ich bin nicht das Wollen. Es existiert in mir, aber es ist nicht ich.

Mit dieser Erkenntnis lösen wir uns vom Wollen. Raum entsteht. Abstand. Die Wünsche  existieren dann immer noch. Aber wir sind nicht mehr daran gefesselt, sie können uns nicht mehr mitschleifen. Stattdessen können wir sie betrachten und uns fragen:

Was verspricht mir das Wollen … wird es das halten können, oder ist das eine Illusion, wie vieles zuvor schon?

Und auch:

Wie geht es mir gerade wirklich?

Denn neben der Lüge, dass wir nur noch dieses oder jenes brauchen, um glücklich zu sein, fallen wir aus einem zweiten Grund warum wir auf das Wollen rein:

Es hält uns in Bewegung, permanent.

Es lenkt unseren Blick nach außen und uns ab von dem, was in uns selbst passiert, all diesen unerwünschten Dingen, die wir sonst vielleicht wahrnehmen müssten. Die Unruhe, die Einsamkeit, die Schmerzen, die Traurigkeit, die Wut, die Verzweiflung, die Minderwertigkeitsgefühle, die tiefe Sehnsucht, die unser Kämpfen nicht stillen konnte.

Das ist nicht immer angenehm. Doch es ist der einzige Weg, auf dem es ein echtes Ankommen gibt.

Lange Zeit stand mir dabei ein Glaubenssatz im Weg: „Wenn ich loslasse, werde ich nichts mehr erreichen und außerdem total gleichgültig.“

Heute sehe ich das anders. Wwenn man dem Wollen nicht mehr blind folgt, muss man weniger kämpfen und hat mehr Zeit zum Genießen. Man wird nicht gleichgültig, sondern gleichmütig, zumindest ein bisschen. Man hört nicht auf, sich zu duschen, zu essen und sich seine Dinge zu kümmern, sondern beginnt, die Geschehnisse im Außen gelassener hinzunehmen.

Wie der Zen-Meister Hakuin in der alten Geschichte:

Der Zen-Meister Hakuin wurde von seinen Nachbarn sehr für sein reines Leben geschätzt. Bis ein Mädchen im Dorf schwanger wurde und Hakuin als Vater nannte.

Die Eltern gingen voller Zorn zum Zen-Meister, doch das einzige, was er entgegnete, war: „So?“ Als das Kind geboren war, brachte man es zu Hakuin, er solle es gefälligst aufziehen. Das tat er, er kümmerte sich liebevoll.

Ein Jahr später gestand die junge Mutter ihren Eltern, dass nicht Hakuin der Vater sei, sondern ein junger Mann, den sie auf dem Fisch(stäbchen)markt kennen gelernt hatte.

So gingen die Eltern des Mädchens wieder zu Hakuin, baten ihn um Entschuldigung und wollten das Kind wieder mitnehmen. Hakuin übergab ihnen das Kind, und alles, was er sagte, war: „So?“

Ich weiß nicht, ob ich in diesem Leben jemals eine solche Gelassenheit erlangen werde. Vermutlich nicht. Doch ich glaube, dass es der richtige Weg ist, und dass sich jeder noch so kleine Schritt in diese Richtung lohnt.

Mehr unter Wie man belastende Erwartungen loslässt (in 30 Sekunden) sowie im myMONK-Buch Wie man Sorgen, Stress und Selbstzweifel loslässt.

Photo: Girl by the lake / Shutterstock