Es folgt ein Gastbeitrag von Thomas Pfitzer:
Bei der Selbsterkenntnis hört der Spaß auf!
Auf einer Geburtstagsfeier kam ich mit einem Mann ins Gespräch, der mich ein wenig über meinen Beruf ausfragte. Wir kamen von NLP zur Meditation und von der Hypnose zum Huna. Bei den Themen Stress-Prävention, Abbau von Ängsten und Aufbau von Selbstbewusstsein war er interessiert und erachtete meine Arbeit als sinnvoll. Das änderte sich schlagartig, als wir mehr zur philosophischen Betrachtungsweise wechselten und es um Themen wie Selbsterkenntnis, Lebenssinn, Vergebung, Selbstverzeihen und die daraus resultierende Gelassenheit ging.
Er wollte partout nicht gelassen sein. „Ich will mich ärgern. Ich habe ein Recht mich zu ärgern – über Dummheit, Inkompetenz, Korruption und Vetternwirtschaft und vieles mehr. Zum Beispiel darüber, dass die EU klammheimlich die Wasserversorgung privatisieren will und man damit schon begonnen hat. In Portugal hat man eine bankrotte Gemeinde gezwungen die Wasserrechte zu verkaufen. Die Bürger haben jetzt eine Preissteigerung von 400% zu tragen und die Wasserqualität ist auch noch schlechter geworden!“
Er war sichtlich zornig. Ich hatte den Artikel über die Portugiesische Gemeinde auch gelesen und wir unterhielten uns ein wenig über die ca. 2% der Weltbevölkerung, die 90% der Ressourcen besitzen und ihre Macht und ihren Reichtum dazu nutzen selbiges zu vermehren. Gerade so, als mache es Sinn aus einem Privatvermögen von 200 Millionen, eines von 300 Millionen zu machen. Auch mir ist nicht ganz klar, was man mit soviel Geld anfangen soll, aber bitte – wen es glücklich macht…
Was passiert aber mit meiner Lebensqualität, wenn ich mich über Dinge ärgere, die ich nicht ändern kann? Kann ich wirklich nicht?
Mein Gesprächspartner war der Meinung, dass man machtlos wäre gegen die Entscheidungen der Politiker. Wer sich allerdings in diese Opferrolle begibt, dem bleibt am Ende tatsächlich nur der Frust. Aber es gibt andere Möglichkeiten. Er könnte sich politisch betätigen und zumindest Unterschriftensammlungen im Internet unterstützen und weiterverbreiten, die sich mit genau diesen Themen befassen. Es ist ja wirklich nicht so, als gäbe es keine Plattformen im Internet bei denen man sich engagieren könnte.
Diesen Vorschlag lehnte er aber ab. Er habe für so etwas keine Zeit. Er zahle Steuern, damit sich andere darum kümmern.
Um auf die Lebensqualität zurück zu kommen: Aktiv etwas dagegen tun ist eine Möglichkeit – den Stressfaktor durch Selbsterkenntnis beseitigen, ist die zweite Variante. Genau an diesem Punkt wurde unser Gespräch zum Streitgespräch, da ihn meine Behauptungen erst richtig auf die Palme brachten.
Ich behauptete folgendes:
Alles, worüber sie sich bei anderen Menschen ärgern, ist ihr eigener Charakterzug. Ihr Gegenüber hält ihnen einen Spiegel vor, in dem sie ihr eigenes (unschönes) ICH erkennen. Sie erkennen in der anderen Person eine Charaktereigenschaft, die sie nicht haben möchten und die sie auch permanent bei sich selbst leugnen. Ihr Unterbewusstsein ist sich dieser Eigenschaft aber durchaus bewusst und signalisiert ihnen das durch Zorn.
Hätten sie diese Eigenschaft nicht, würden sie sich über den anderen nicht ärgern. Er würde sie nur verwundern aber nicht aufregen; vielleicht hätten sie sogar Mitleid mit ihm, weil ihnen bewusst wäre, wie schwer es dieser Mensch mit so einem Charakter haben muss. Schließlich werden schlechte Eigenschaften selten geliebt, oder?
Die Buddhisten, die Huna-Heiler und einige Philosophen sagen nun folgendes: Alles was du leugnest, verdrängst und bekämpfst wird stärker – das gilt auch für schlechte Charaktereigenschaften. Was du in Liebe annimmst, dir vergibst und anderen vergibst, löst sich auf. Dafür gibt es schöne Übungen im NLP, der energetischen Psychologie und einigen Meditationspraktiken.
Wer diese Übungen macht, hat sich nach einiger Zeit seine Blockaden und Hemmnisse vergeben. Das führt dazu, dass sie sich Stück für Stück auflösen. Erst langsam, dann immer öfter kommen falsche Handlungsweisen, die wie automatisch abgespulte Programme ablaufen, in unser Wachbewusstsein und können dann noch rechtzeitig gestoppt oder gemildert werden, bis sie schließlich ganz verschwinden.
Da wir uns nun selbst von diesen Denk- und Handlungsweisen befreit haben, regen wir uns über gleiche Handlungen bei anderen Menschen nicht mehr auf. Wir werden gelassen, denn wir können verzeihen und sind glücklich, selbst nicht mehr so zu agieren.
Diese Gelassenheit wird zu unserer Ausstrahlung. Andere erkennen diese friedvolle Ausstrahlung und passen sich an. Da wir nicht mehr aggressiv reagieren, hat auch unser Gegenüber keinen Grund mehr dazu.
Was meinem Gesprächspartner an diesem Abend so schwer viel, war anzuerkennen, dass auch er Korruption und Vetternwirtschaft unterstützt. Natürlich tut er das nicht – aber nur deshalb, weil er nicht die Möglichkeit dazu hat. Er ist kein Politiker oder hoher Beamter, der sich für die Unterzeichnung eines leicht geänderten Gesetzestextes mal schnell ein Einfamilienhaus dazu verdient. Was wäre aber, wenn er in dieser Position wäre? Was wäre mit uns allen? Würden wir ein großzügiges Angebot eines namhaften Konzerns, der die Wasserversorgung privatisiert haben möchte, um in dieses Geschäft einzusteigen, ablehnen? Ganz ehrlich? Ist es nicht so, dass die Möglichkeit der Korruption uns erst korrupt macht? Haben wir dann das Recht uns aufzuregen?
Nein, aber wir haben das Recht aktiv zu werden – unseres Seelenfriedens und unserer Gelassenheit zuliebe!
Das Leben ist nur geliehen. Wir müssen es zurückgeben – früher oder später. Die Frage ist nicht wann wir es zurückgeben, sondern in welchem Zustand.
Text von und herzlichen Dank an:
Thomas Pfitzer |
Was ist deine Meinung bezüglich dingen die uns ärgern weil sie direkt unserer Lebensqualität schaden?
Zum Beispiel wenn jemand uns ständig „Steine“ in den Weg legt um selbst besser dazustehen.
Ein anderes Bsp. wäre hier Unhöflichkeiten, ich ärgere ich öfter mal wenn Leute sich extrem unhöflich oder respektlos verhalten.
Ansonsten sehr guter Beitrag, v.a. die praktische Geschichte könnte manchem helfen sich selbst wieder zuerkennen.
Hallo Dom, ich hoffe es geht dir gut. In dem Text wird von dem Spiegel gesprochen den dir dein Gegenüber vorhält und wenn du dich wegen unhöflichen Menschen ägerst kann es sein das eben du selbst solche Dinge in dir trägst und dir dessen vielleicht garnicht bewust bist.
Wenn man sich selbst erkennt ist es auch nicht schwer mit Steinen fertig zu werden die dir von anderen in den Weg gelegt werden. Sowas ist auch der Grundstein vieler Religionen. Im christlichen Glauben z.B. sagt Gott du sollst dein Kreuz auf dich nehmen, welches anfangs zwar noch sehr schwer ist, aber wenn du durchhältst wird es von Mal zu Mal leichter, bis du das Gewicht irgendwann überhaupt nicht mehr spürst. Verstehst du?
Viele liebe Grüsse
Sascha
@Sascha, Dass das was mich an anderen ärgert in mir selbst sein soll, also bitte … Dies würde bedeuten wenn wir uns über Kinderschänder und Vergewaltiger und Tierquäler aufregen das wir das selbst sind. Damit kann ich nicht einig gehen. Vielmehr sollten Menschen ihre Emotionen mehr ausleben. Warum nicht wütend werden, warum nicht??? Warum nicht LAUT sein, wenn jemand etwas tut das einem widersteht? Natürlich muss meine Meinung nicht die richtige sein, was auch immer passiert aber weswegen sollte ich gelassen sein? Nein ich möchte mit offenen Augen durchs Leben gehen und auch Emotionen erleben und leben. Nicht andere Belehren, nur darauf Aufmerksam machen „behandle andere Menschen so wie du selbst behandelt werden möchtest“ da dies jedoch noch nicht von jedem gelebt wird werde ich mich weiter Aufregen, und dass ist auch gut so und hat nichts aber auch gar nichts mit meinem Spiegelbild zu tun. Und am Ende ist der eine gelassen und das ist gut und der andere ärgert sich und das ist auch gut.
Schöner Artikel. Danke für die klaren, ehrlichen Worte.
„Diese Gelassenheit wird zu unserer Ausstrahlung. Andere erkennen diese friedvolle Ausstrahlung und passen sich an. Da wir nicht mehr aggressiv reagieren, hat auch unser Gegenüber keinen Grund mehr dazu.“
Das konnte unser Autor seinem Gesprächspartner gegenüber wohl nicht ausstrahlen.
Gleichmut fällt mir dazu ein-nicht zu verwechseln mit Gleichgültigkeit..
Wie immer ein toller Artikel Herr Pfitzer. Dazu fällt mir spontan wieder das vergeben beim Hòóponopono ein. Ist wohl aus dem Huna?
Hi Matthias,
jawohl, Hoʻoponopono ist aus dem Huna (kenn mich da aber auch nicht weiter mit aus, aber falls Du interessiert daran bist, könnte Dir das hier gefallen https://mymonk.de/huna-interview-mit-edith-siebarth/.
Liebe Grüße
Tim
Ja super DANKE
Puh, der Artikel ist gelungen, aber ich frage mich, ob all´ die Dinge, die mich an anderen Menschen ärgern und die ich selbst aus Prinzip nie tun würde, so in meinem Unterbewusstsein manifestiert sind und meine nicht akzeptierten Anteile sind ?
Ich muss gestehen, dass ich den Mann verstehe, wenn ihn diese Art, geschulmeistert zu werden, auf die Palme bringt, obwohl natürlich alles Angelesene und Vorgetragene aus einer entsprechenden Perspektive heraus richtig ist. Der Mann soll wohl einfach brav sofort das annehmen, was ihn da so als Wissen vorgestellt wird und zu überrollen scheint? Der Mann lebt in seinem Bewusstsein und die abstrakte Art Spiegel hat er wohl nicht ERFAHREN. Manchmal ist es doch mehr weise, einfach mal eine einzelne Empfindung aus meiner eigenen Erfahrung zu vermitteln und das dann dabei zu belassen. Alles Weitere dient nur meinem eigenen Ego, vielleicht weil ich mich gern reden höre, aber nicht dem Mann. „Wenn ich gut drauf bin, dann strahle ich dies aus und es überträgt sich auf meine Umgebung“. Etwas in der Art wäre meiner Meinung nach etwas aus dem JETZT und ein kleiner nachvollziehbarer Ansatz zum Nachdenken, zu dem dann auch die Idee vermittelt werden könnte, dass gewisse weiterführende Praktiken etwas bringen können. Sicherlich hilft das beschriebene Vorgehen einigen Menschen. Doch wenn suggeriert wird, dass es sicher funktioniert und man müsse sich das Programm nur kaufen und ihm folgen, dann würde ich mich in der Rolle des Mannes einfach abwenden und mir meinen Teil denken.
LG Richard
Hallo,
diese Wesenszüge sind mir auch schon zu Weilen aufgefallen, dass man sich über etwas aufregt was man im Grunde selbst auch tun würde oder auch selbst tut. Auch muss ich zugeben dass ich mich schon selbst dabei ertappt habe.Was das Thema Freundlichkeit angeht z.B. Aber, ich arbeite an mir!
Jedoch, finde ich es nicht richtig alle Menschen aufgrund dieses „Wissens“ über einen Kamm zu scheren. Woher wollen Sie zu 100% Wissen dass er das auch machen würde!? Nur weil vlt. die meisten so ticken oder so einfach gestrickt sind!? Ich kann von mir zu 100% behaupten, dass ich nicht korrupt wäre und auch nicht der Vetternwirtschaft verfallen würde. Wenn aber Sie jetzt im Gegenzug behaupten würde, dass ich das trotzdem tun würde, würden Sie mich auch auf die Palme bringen! Dass ist auch so wenn jemand sagt, man solle sich nicht aufregen, obwohl man es eigentlich gar nicht tut, jedoch das ständige Nachhaken bringt einen dann wirklich doch auf die Palme.
Warum glauben Sie eigentlich dass Sie mit Ihrem Wissen und gelernten NLP etc. wirklich bei jedem Menschen ins schwarze Treffen!? Das wäre so, wie wenn man behauptet man könnte alles mit Statistiken beweisen und vorhersagen… Dass das nicht so ist, wissen wir alle! Es gibt immer Ausnahmen!
Sie sollten vielleicht nicht in Ihr Muster zurückfallen Herr Pfitzner und nicht bei jedem Menschen gleich behaupten zu Wissen was der Grund für das seinige tun ist. Den eigentlich tun sie ebenso unterbewusst die Leute aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung in eine Schublade stecken, was Sie ebenso tunlichst sein lassen sollten.Vielleicht strahlen sie unterbewusst eine gewisse Arroganz/Überheblichkeit aus, wenn Sie das dem Mann erklären und er wurde auch deswegen etwas ungehalten. Wahrscheinlich trifft es auf viele Menschen zu, was Sie da sagen, aber wenn wir das bei jedem gleich denken, sind wir ja im prinzip nicht besser und stecken die Leute unterbewusst in eine Schublade!
Mfg Timmi
Sehr schöner Artikel 🙂
Sehr interessanter Artikel. Aber kann es nicht auch sein, dass der Spiegel uns aufzeigt, was wir haben wollen, aber nicht haben und dass wir uns deswegen aufregen? Ich glaube dass uns der Spiegel auch den eigenen Mangel zeigt.
Die Kunst ist nur zu Unterscheiden! Da setzt dann die Selbstreflektion an, und kann uns so helfen, etwas zu verändern.