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Text von: Christina Fischer

Ich halte mich für einen sehr emphatischen Menschen, fühle schnell, was andere fühlen.

Und ich hasse es.

Zumindest oft.

Ihr kennt sie: Diese Menschen, deren negative Emotionen um sie herumschwirren wie Rauchschwaden, die jeden Raum unweigerlich einnebeln mit negativen Gefühlen, bis kein Sauerstoff mehr darin ist, sondern nur noch dicker, gräulicher Emotionsqualm, der Euch in den Lungen brennt. Kein Wunder – Studien haben längt belegt, dass die Anwesenheit von Menschen, die ihre negativen Emotionen nach außen tragen, genau so giftig und ungesund ist wie Passiv-Rauchen (Psychologen sprechen auch von Passiv-Stress).

Wie uns Empathie Probleme machen kann

Dass eine hohe Empathiefähigkeit ein Problem sein kann, ist mir längst schmerzlich bewusst geworden. Nicht erst, als ich mich im Ägyptenurlaub aus Mitleid mit einer armen Frau einer vermeintlichen „Beautybehandlung“, unterzog, bei der mir mit zwei Bindfäden alle (!) Gesichtshaare schmerzhaft ausgerissen wurden. (Die arme Frau hatte schließlich vier Kinder zu versorgen und kein Geld, da konnte ich ihr das einfach nicht abschlagen.)

Auch nicht erst, als ich im Türkeiurlaub für eine horrende Summe ein ganzes Fotoalbum mit furchtbar kitschigen bearbeiteten Sonnenuntergangsbildern kaufte, obwohl ich eigentlich nur mal schauen wollte. (Der arme Fotograf hatte sich doch so ne Mühe gegeben.)

Und auch nicht erst damals, als ich eine schwierige Präsentation bei der bärbeißigen Professorin ganz alleine hielt, weil meine Kommilitonin gerade so einen Stress mit ihrem Freund hatte.

Dass sich emphatische Menschen leicht ausnutzen lassen, ist kein Geheimnis. Doch die Menschen, die Empathie absichtlich und systematisch ausnutzen, sind nur die Spitze des Eisbergs. Den fliegenden Händlern kann man ausweichen, indem man lernt „nein“ zu sagen (Ich arbeite noch dran). Aber wie wehrt man sich gegen eine Gefahr, die man nicht sehen kann?

Wie uns die Gefühle anderer schaden können

Viel öfter als wir den psychologischen Tricks gewiefter Händler oder unmotivierter Mitstudenten auf den Leim gehen, werden wir Opfer von „Gefühlsausdünstungen“ anderer. Wir sehen sie nicht, wir können sie weder riechen noch hören. Und wenn wir es bemerken, ist es meist zu spät. Statt Geld, Mühe oder Freizeit kosten sie uns Lebensfreude – und machen uns auf die Dauer vielleicht sogar krank.

Im Studium ergatterte ich einen begehrten Ferienjob als Aushilfe. Ich war wahnsinnig froh darüber und trat begeistert dort an. Die Freude währte bis zu dem Moment, in dem ich meinen Kollegen kennenlernte. Mit heruntergezogenen Mundwinkeln knurrte er mir ein „Hallo“ entgegen, führte mich lustlos herum und platzierte mich dann an einem Schreibtisch. Während der nächsten Stunden murrte er ständig über den „Scheißjob“, erklärte, dass man hier sowieso nur ausgenutzt werde und das Gehalt eh ein Witz sei. Stunden später fühlte ich mich geknickt, nutzlos und ausgenutzt. Der Grund war nicht mangelnde Motivation. Der Job war nicht leichter oder schwerer geworden, die Bezahlung war genau so, wie vereinbart. Was sich geändert hatte, war mein Gefühl dem Job gegenüber. Einzig und allein deswegen, weil ich stundenlang den negativen Gefühlen meines Kollegen ausgesetzt gewesen war.

Wie man sich vor den Gefühlen anderer Menschen schützt

Menschen wie mein griesgrämiger Kollege von damals gibt es zuhauf, wir treffen sie fast täglich. Der launische Chef, der unzufriedene Kollege, die ewig jammernde Freundin, der Stinkfinger eines unbekannten Autofahrers im Feierabendstau – ausweichen können wir oft nicht. Aber wir können uns vor ihren Gefühlen schützen. Hier sind fünf Techniken, die Dir dabei helfen können, die Gefühle anderer dort zu halten, wo sie hingehören: Bei dem, der sie fühlt.

1. Benenne, was die andere Person gerade fühlt

Was Du in dem Moment, in dem die Gefühlsschwaden anderer Menschen um Dich herumwabern, am dringendsten brauchst, ist Abgrenzung. Die kannst Du bereits dadurch schaffen, dass Du in Worte fasst, was der andere gerade fühlt. Anstatt die schlechte Laune über dich hereinbrechen zu lassen, wenn der Kollege morgens schon maulend ins Büro kommt, kannst Du Dir etwa sagen: „Kollege X fühlt sich verärgert/frustriert/müde/wütend“. Ob Du damit ins Schwarze triffst, ist dabei völlig egal. Wichtig ist nur, dass Du Dir bewusst machst, dass der andere so fühlt und nicht Du selbst. So gewinnst Du Abstand von seinen Emotionen.

2. Vermeide negative Einflüsse in Deiner Umgebung

Viele Gefühlsschwaden sind unvermeidlich, z.B. die Deiner Kollegen, mit denen Du fast täglich in einem Raum sitzt. Doch Du hast in anderen Bereichen durchaus die Möglichkeit, negative Gefühle gezielt zu umgehen. So kannst Du zum einen aussuchen, mit wem Du Deine Freizeit verbringst, und den Kontakt zu Menschen abbrechen, die Dir nicht gut tun, Dir nur passiv-aggressiv begegnen (weil sie neidisch oder eifersüchtig sind oder ein anderes negatives Gefühl einfach an Dir auslassen) oder Dich als Kummerkasten herhalten lassen. Dazu gehört Mut, doch auf lange Sicht lohnt es sich. Zum anderen kannst Du auch im Sozialen Netzwerk Grenzen setzen. Du musst nicht jeden Tag auf Facebook den nie enden wollenden Liebeskummer der Bekannten X erdulden. Genauso wenig wie die tägliche Wut-Predigt des stets geladenen Bekannten Y.

3. Lade dich mit Positivem auf

Die negativen Gefühle der anderen sind machtvoll, doch genau so machtvoll kann Deine eigene innere Positivität sein – sogar noch mächtiger. Damit ist nicht gemeint, dass Du Dir einreden sollst alles sei toll (das ist es schließlich nie, zumindest nicht dauerhaft). Vielmehr geht es darum, Dir bewusst zu werden, was alles gut ist in Deinem Leben, sodass Du gar nicht erst anfällig wirst für die „Alles-ist-Scheiße“-Attacke der Gefühle von anderen. Eine gute Methode, Dich positiv einzunorden, ist, bereits morgens zehn Dinge aufzuzählen, für die Du dankbar bist. Oder Du schreibst zwei Minuten lang über eine positive Erfahrung, die Du gemacht hast. Ein paar Minuten Meditation oder Sport helfen ebenfalls.

4. Umgib dich mit positiven Menschen

Ein anderes, lebendes Schutzschild zur Abwehr negativer Gefühle von anderen können auch andere Menschen sein. Nämlich genau die, mit denen Du dich gut fühlst. Die Dich ermutigen, Dir beistehen, Dir Interesse und Zuneigung entgegenbringen. Gemeinsam ist man auch gegenüber negativen Gefühlswolken von anderen stärker.

5. Die Königsdisziplin: Verwandle Empathie in Mitgefühl

Auch wenn uns die Fähigkeit zur Empathie vor Herausforderungen stellt und uns manchmal in unangenehme Situationen bringt, ist sie doch ein hohes Gut. Denn sie ist die Voraussetzung dafür, dass wir Mitgefühl entwickeln können. Mitgefühl (nicht zu verwechseln mit Mitleid), versetzt uns in die Lage, selbst positiv zu bleiben, wenn wir Negativität um uns herum wahrnehmen. Denn während wir bei Empathie mitleiden, dasselbe Gefühl wie der andere erleben, meint Mitgefühl den liebevollen Wunsch, dem anderen möge es gut gehen. Diese beiden Dinge aktivieren auch unterschiedliche Bereiche im Gehirn, wie Wissenschaftler zeigen konnten.

Mache Dir dazu bewusst: Menschen in Not (und dazu zählt auch der Frust Deines Kollegen) wollen nicht unbedingt, dass Du das Gleiche fühlst wie sie, sondern dass Du für sie da bist und sie verstehst. Das muss nicht bedeuten, dass Du ihre Probleme für sie löst. Es reicht, Mitgefühl zu signalisieren und Verständnis zu zeigen, um vielleicht ein bisschen von ihrer Not zu lindern. Das Allerwichtigste ist jedoch: Wer Mitgefühl empfindet, gerät anders als bei bloßer Empathie nicht in den Strudel der negativen Emotionen von anderen.

Inzwischen bekomme ich durch diese Mittel jedenfalls Stück für Stück ein dickeres Fell – was nicht nur daran liegt, dass meine Gesichtsbehaarung wieder nachgewachsen ist.

Siehe dazu auch die Mantras, die Dir dabei helfen können sowie das myMONK-Buch für mehr gesunde Abgrenzung: Wie man die Dinge nicht mehr so persönlich nimmt.

Photo: Pedro Ribeiro Simões