Teile diesen Beitrag "7 Dinge, die erfolgreiche Menschen vor dem Schlafengehen tun"
Text von: Romy Hausmann
„Die Kunst des Ausruhens ist ein Teil der Kunst des Arbeitens.“ – John Steinbeck.
Früher gab es Tage, da stand ich auf – und wollte direkt wieder ins Bett. Sieben Stunden Schlaf hatten anscheinend nicht einmal den Erholungsfaktor von Kurz-mal-setzen-und-Füße-hochlegen gehabt, und ich sehnte bereits den Abend herbei, um wieder schlafen zu können.
Ich fragte mich ernsthaft, wie andere es schafften, heute wieder Geschichte zu schreiben (oder ihre Millionen zu scheffeln), während mir der Weg zur Kaffeemaschine schon vorkam wie der New York-Marathon und ich kaum den An-Knopf meines Computers fand. Wie würden sich andere heute wieder einen Namen machen, wenn ich mich vor lauter Müdigkeit an meinen eigenen noch gar nicht erinnerte? Geschweige denn daran, was ich heute zu tun hätte.
Die Antwort liegt immer im Zeitmanagement, sagt Laura Vanderkam, die sich als Autorin mit den Gewohnheiten erfolgreicher Menschen beschäftigt. Diese Menschen haben sich nämlich im Gegensatz zum (müden) Rest bereits am gestrigen Abend darum gekümmert, dass heute ein erfolgreicher Tag werden kann.
Und zwar nicht – wie ich lange dachte und Du vielleicht auch – weil sie bis tief in die Nacht Überstunden gemacht hätten. Im Gegenteil: Erfolgreiche Menschen nehmen sich Zeit für spezielle Abend-Rituale, die mit Arbeit rein gar nichts zu tun haben. So sorgen sie für einen guten und gesunden Schlaf als Grundlage für einen neuen Tag zum Geschichte-Schreiben oder Millionen-Scheffeln (oder wenigstens, um die richtigen Knöpfe am Computer zu finden).
1. Sie lesen
Ex-US-Präsident Barack Obama, „Microsoft“-Gründer Bill Gates und unzählige weitere lesen vor dem Einschlafen. Und zwar richtige Bücher – keine Status-Updates bei Facebook oder irgendwelche Dokumente aus dem Büro.
Super Sache, bestätigt die Universität Sussex. Schon sechs Minuten Lesen genügen, um unser Stress-Level um bis zu zwei Drittel zu reduzieren. Warum? Weil unser Gehirn sich auf eine einzige Tätigkeit – das Lesen – fokussiert. Wilde Fahrten auf dem Gedanken-Karussell zwischen „Scheiße, morgen ist das Meeting, bei dem der Chef meine Vorschläge zur Weltrettung hören will“ und allem, was uns sonst noch gerne vom Einschlafen abhält, fallen damit flach.
2. Sie schalten die Technik aus
„Huffington Post“-Gründerin Arianna Huffington galt als Workaholic mit einem durchschnittlichen Arbeitspensum von 18 Stunden, bis sie vor einigen Jahren mit zwischen Schulter und Ohr eingeklemmten Handy über ihrer Computertastatur ohnmächtig geworden ist. Wieder zu sich kam sie in einer Blutlache mit gebrochenem Kiefer. Sie vermutete sämtliche furchtbare Krankheiten, die zu ihrem Blackout hätten führen können, und ließ sich medizinisch durchchecken. Die Diagnose der Ärzte war jedoch simpel: Erschöpfung, hervorgerufen durch chronischen Schlafmangel.
Diese Diagnose, sagt Arianna Huffington, sei ein Weckruf gewesen, ein Grund, ihr Leben zu ändern. Ihr erster Schritt: Tablet, Handy und Laptop raus aus dem Schlafzimmer. Abschalten im doppelten Sinne.
Wissenschaftliche Untersuchungen geben ihr Recht: Das Licht eines Handys zum Beispiel gaukelt dem Gehirn vor, es sei Tag. Dadurch wird die Produktion des Hormons Melatonin eingestellt. Zu wenig Melatonin kann zu Schlafstörungen, Problemen mit den Augen, Krebs und Depressionen führen.
3. Sie bewegen sich
„Buffer“-App-Erfinder Joel Gascoigne geht jeden Abend um halb zehn eine Runde spazieren. „Dadurch kann ich die Arbeit des Tages bewerten, mir Gedanken über größere Herausforderungen machen – um dann aber auch allmählich damit aufzuhören, über den Job nachzudenken und einen Zustand der Müdigkeit zu erreichen“, schreibt er auf seinem Blog.
Auch die National Sleep Foundation hat 2013 festgestellt, dass Bewegung, egal, ob ein Spaziergang oder ein paar Yoga-Übungen, gesunden Schlaf fördert. Besonders bei denen von uns, die den größten Teil ihres Tages im Sitzen verbringen.
4. Sie denken über die positiven Dinge des Tages nach
Irgendjemand hat mich heute bestimmt geärgert (der blöde Nachbar, der schon wieder seine Mülltonne auf mein Grundstück gestellt hat. Ey, sieht das hier aus wie ne Deponie, oder was?). Ich bastle also vorm Einschlafen noch schnell ein Voodoo-Püppchen oder schicke wenigstens einen stummen Fluch raus in die Nacht. Und lange Zeit habe ich das für ziemlich schlau gehalten: Den Ärger rauslassen, bloß nicht mitnehmen ins Traumland – nicht dass sich da noch ein Alptraum draus entwickelt … Mülltonnen, Mülltonnen, überall Mülltonnen! Die Folge: Ich habe mich so sehr in meinen Ärger hineingesteigert, dass ich letztlich überhaupt nicht mehr einschlafen konnte.
Laura Vanderkam rät, sich lieber ein paar Minuten zu nehmen, um darüber nachzudenken, was am Tag positiv gelaufen ist. Das führe zu guter Laune und motiviere, besonders in schlechten Zeiten.
Ihr zufolge müsste Benjamin Franklin also alles richtiggemacht haben. Er stellte sich nämlich jeden Abend vor dem Schlafengehen die Fragen: „Was habe ich heute Gutes getan?“ und: „Was ist mir heute Gutes passiert?“ So ist er bestimmt selig eingeschlafen, denn Dankbarkeit – das ist belegt – hilft beim Einschlafen wie warme Milch mit Honig.
5. Sie meditieren
Schauspieler Hugh Jackman meditiert vor dem Schlafengehen 10 Minuten lang, um den Körper zu entspannen und den Geist zu beruhigen. „Beim Meditieren kann ich loslassen“, sagt er in einem Interview mit Talkmasterin Oprah Winfrey. „Ich bin nicht Hugh Jackman. Ich bin kein Vater. Ich bin kein Ehemann. Ich tauche einfach ein in die kraftvolle Quelle, die alles erschafft, und nehme ein kleines Bad darin.“
„Wie man Sorgen, Stress und Selbstzweifel loslässt“
6. Sie befolgen ein spezielles „Hygiene-Ritual“
Die National Sleep Foundation empfiehlt, sich ein Hygiene-Ritual anzueignen, um dem Körper zu signalisieren, dass die Schlafenszeit bevorsteht.
Bestseller-Autor Stephen King (der mit dem Horror-Clown) zum Beispiel wäscht sich jeden Abend vor dem Zubettgehen noch einmal gründlich die Hände. Schauspielerin und Buchautorin Alicia Silverstone hat die abendliche „Katzenwäsche“ für sich entdeckt und gibt ihre Tipps im Buch „The Kind Diet“ weiter: „Füll das Waschbecken mit heißem Wasser, aber nicht so heiß, dass Du Dich verbrühst. Wirf einen Waschlappen ins Wasser. Hol ihn raus, wring ihn aus, und beginne mit Deinem Gesicht.“ Dann geht’s immer weiter körperabwärts, vom Hals, über den Brustkorb, die Arme, bis schließlich der ganze Körper einmal abgeschrubbt ist. Das soll neben dem Entspannungs-Faktor auch noch positive Auswirkungen auf die körperliche Gesundheit haben: Die Poren werden geöffnet, um Toxine auszuscheiden, und die Lymphe wird zum Fließen angeregt. Dauern soll das Ganze etwa 5-8 Minuten lang.
7. Sie schreiben ihre Gedanken (und To-Do’s für den nächsten Tag) auf
Wie oft lag ich nachts im Bett und kam nicht zur Ruhe, weil tausend Ideen und To Do’s für den nächsten Tag mir den Schlaf raubten? Im Endeffekt sinnlos, denn am nächsten Morgen hatte ich das meiste davon sowieso wieder vergessen.
„Virgin“-Gründer Richard Branson, Regisseur George Lucas, Schriftsteller Mark Twain oder der griechische Reederei-Besitzer Aristotles Onassis schwören oder schworen zu Lebzeiten auf Notizbücher, die sie tagsüber bei sich tragen und abends auf den Nachttisch legen. So geht Wichtiges nicht verloren, gleichzeitig wird beim Schreiben der Kopf leergemacht und Ruhe kann einziehen. Onassis nannte das Führen von Notizbüchern angeblich sogar „eine Million-Dollar-Lektion, die sie einem auf keiner Schule beibringen“.
Ein Selbstversuch
Spoiler: „Erfolgreicher“ bin ich nicht geworden, zumindest nicht im Außen. Weder habe ich Geschichte geschrieben (aber immerhin diesen Artikel hier), noch haben sich irgendwelche Millionen aus lauter Ehrfurcht vor meinen neuen Abend-Ritualen wie von selbst auf mein Konto überwiesen.
Aber mir ist bewusst geworden, wie stiefmütterlich ich über Jahre lang die Zeit vor dem Schlafengehen behandelt habe. Es ist eine schöne Zeit – auch, nein, gerade, ohne „nur noch mal kurz bei Facebook vorbeischauen und ein paar possierliche Katzenvideos liken“. Es ist schön in meinem Schlafzimmer, jetzt wo ein Stapel Aktenordner mit Recherche-Material nicht mehr den Nachttisch ersetzt.
Inzwischen schaffe ich den Weg zur Kaffeemaschine, ohne Erholungspausen einlegen zu müssen, und wenn ich mich heute Morgen bereits auf den Abend freue, dann weil ich verstanden habe, wieviel Kraft uns die letzten Stunden des Tages geben können – wenn wir sie entsprechend nutzen.
Mehr unter Dieses 15-Minuten-Morgen-Ritual verändert Deinen ganzen Tag und im myMONK-Buch 12 Gewohnheiten, die Dein Leben verändern.
Photo: Bed reading
Hi,
schöne Zusammenfassung.
Ein weiterer klasse Tipp ist, Du hast es in der Überschrift 7 erwähnt, den Plan für den nächsten Tag am Abend zuvor zu machen.
So kann ich am nächsten Morgen die ersten Stunden komplett in Autopilot verbringen. Und solide meine Aufgaben abarbeiten.
So verschwende ich keine wertvolle Konzentration darauf, darüber nachzugrübeln, was als nächstes ansteht.
Denn: Das habe ich am Abend zuvor schon durchdacht.
Grüße
Hallo Tim,
vielen Dank für diesen Artikel. Wir haben ebenfalls sämtliche Elektronik aus dem Schlafzimmer verbannt. Lediglich unser Handy liegt im Flugmodus neben uns, da wir jeden Abend eine Podcastfolge zum Einschlafen hören und es am nächsten Morgen als Wecker dient. Selbst die Tür zu unserem Router schließen wir in der Nacht, da das Geblinke die Ruhe raubt.
Das abendliche Reflektieren hilft uns ebenfalls extrem den Tag zu verarbeiten, Gerlerntes herauszuziehen und nochmal die Perspektive zu wechseln. Dadurch können wir mit neuen Ideen oder zumindest einem erweiterten Blick in den neuen Tag starten.
Millionäre sind wir dadurch auch noch nicht geworden. Dafür schlafen wir ruhig und tief!
Beste Grüße
Mike
Das finde ich schön dargestellt, Romy. Ich persönlich nutze auch tagsüber viele Möglichkeiten, zwischendurch abzuschalten und in einen eher meditativen Zustand zu gehen. So auch abends vor dem Schlafen Gehen. Dazu gehört auch etwas Dankbarkeit, Zufriedenheit und Vertrauen, egal was ist. Auch etwas Lesen, das den Tagestrott herausnimmt.
Die genannten Anregungen finde ich durchaus sinnvoll. So auch das Ablegen des zu Erledigenden in irgend einer Form, so dass es rechtzeitig dran kommt und nicht vergessen wird. Emotionen und wichtige Gedanken bekommen auch Zeit. Auch wenn ich dann etwas später schlafe, ab und an auch deutlich später. Eine gewisse Reinigung, ob körperlich oder in Gedanken hilft mir auch. Ich sehe darin ein Abstreifen von Energien, die noch anhaften und durchaus Gedanken wecken können.
Toller Artikel mit interessanten Tipps, besonders das mit dem Hygiene-Ritual war mir neu und klingt reizvoll es mal auszuprobieren!
Interessant…. habe den Artikel im Bett als Abendlektüre gelesen 🙂
Ja, Rituale zum Ende eines Tages helfen. Allerdings ist keines der hier beschriebenen ein Teil von Zeitmanagement. Denn nicht die Zeit gilt es zu analysieren, zu ordnen, zu führen, zu immer neuen Zielen zu leiten und zum wichtigsten Ziel: zuvsich selbst. Es geht um Selbstverantwortung, Selbstreinigung, Selbstversorgung, Selbstbewusstsein. Es geht um das einzige und den einzigen, was und den ich wirklich selbst bestimmen kann …