Das höchste Gefühl ist die Erfahrung der Einheit mit allem, was ist. Dies ist die große Rückkehr zur Wahrheit, welche die Seele ersehnt. Dies ist das Gefühl vollkommener Liebe.
– Neale Donald Walsch
Wir haben uns getrennt.
Von. der. Welt. und. von. uns. selbst.
Die Arbeit ein Schlachtfeld ohne Regeln, ein Spießrutenlauf zwischen angespitzten Ellenbogen. Die Nachbarn unbekannt, aber bedrohlich – was sie wohl denken und warum sie so schauen, wenn wir vorbeilaufen. Die Familie für viele nur noch Wohn- oder Erbengemeinschaft. Und wir selbst, naja, wir sind uns auch oft fremd, fühlen uns wie von dünner Haut zusammengehaltene Fragmente aus Tausend Wünschen und Zielen, aus den Erwartungen und Masken, mit denen wir durchs Leben marschieren.
Stell Dich vor einen Spiegel. Schau Dir in die Augen. Vielleicht wirst auch Du dann sehen:
Wir haben uns getrennt, von uns und von allem, und die Trennung schmerzt, falls wir überhaupt noch etwas spüren.
Warum ist ist das so und wie können wir wieder zusammenkommen?
Die Trennung
Drei Trennungsgründe. Alle liegen in uns.
1. Wir denken in „Wenn … dann“
… und zerteilen das Leben damit in das, was es sein sollte (gut) und das, was es ist ist (angeblich nicht gut).
Wenn ich nur einen anderen Job hätte und einen anderen Partner, oder wenigstens überhaupt mal wieder einen, wenn ich ein anderes Gesicht hätte, mehr Muskeln oder wenigstens überhaupt mal welche … dann könnte ich ja sagen zu meinem Leben, dann wäre ich glücklich. Denken wir.
2. Wir denken in „Ich … Du“
… und zerteilen die Welt damit. Wir hier, auf dieser Seite der Front, die anderen da drüben im Krieg der Ichs um das größte Stück vom Kuchen.
Dabei sind wir uns erstens ähnlicher, als wir‘s gern zugeben. Wir alle suchen das Glück und eine Zeit ohne Leid; wollen nicht krank werden und sterben und können dem doch nicht entkommen; wollen nur das Beste für unsere Lieben und müssen doch oft zuschauen, wie sie das Unglück ereilt. Wir alle kennen Scham und Angst und Liebe und Verzweiflung und Hoffnung.
Zweitens hängen wir zusammen und voneinander ab. Auch wenn wir uns gern für unabhängig halten, während wir dastehen in unseren Klamotten aus Italien, Spanien und Polen, mit einem Auto aus Japan oder China, unser Geld bei einem amerikanischen Konzern verdienend und Dinge essend, bei denen wir am liebsten gar nicht wissen wollen, woher sie kommen (auf jeden Fall hat sie ein anderer für uns hergestellt).
Drittens kommen wir alle aus der selben Ursuppe, sind allesamt Ausdruck von Gott oder Buddha-Natur und landen am Ende wieder unter derselben Erde, werden einverleibt von Würmern, die von Störchen gefressen werden, die Eier legen, aus denen neue Menschen kommen, oder wie auch immer das funktionieren mag.
Dass wir getrennt sind ist nur eine Illusion unserer Egos, in Wirklichkeit sind wir wie ein riesiges Energiefeld, ist das Universum wie ein Gehirn, in dem sich alles gegenseitig beeinflusst. Das sagen Mystiker und zunehmend auch Physiker, und ja, vermutlich haben sie recht.
3. Wir lehnen Teile von uns ab
… und zerteilen uns selbst damit.
Ab in den Keller mit den ungeliebten Kindern unserer Gefühls- und Gedankenwelt, mit dem Zorn oder der Eifersucht, mit den Wunden und den Tränen und der Furcht.
Was bleibt ist ein stummes, zerklüftetes Brachland, auf dem wir wie Aliens wandern, einsam und durstig.
Die Rückkehr
Die Rückkehr in einem Wort: Liebe.
Nicht die wilde Art von Liebe, die auf einen einzelnen Menschen abzielt und ihn besitzen will, sondern die bedingungslose, gütige, sanfte Liebe, das warme Gefühl jedem und allem gegenüber.
Sie heilt uns, macht uns ganz, lässt uns wieder eins werden mit uns und der Welt.
Dazu gibt es eine einfache Übung aus dem Buddhismus, die „Metta-Meditation“:
- Du legst eine Hand auf Dein Herz
- Du atmest ruhig ein und denkst: „Möge ich glücklich sein und frei von Leid.“
- Du atmest ruhig aus und denkst: „Mögen alle Lebewesen glücklich sein und frei von Leid.“
- … und wiederholst das Ganze ein paarmal.
So einfach. So gut wie immer möglich, notfalls auch ohne Hand auf der Brust; im Bus, in der Pause, unter der Dusche. Und so mächtig – Forscher fanden heraus, dass schon eine kurze Praxis das Gefühl von Verbundenheit, die positive Einstellung zu Unbekannten sowie die Zufriedenheit stärken, während depressive Symptome abnehmen.
Mit dieser Übung können wir die Trennungen überwinden und wieder im Leben aufgehen.
Wie die Puppe, von der Anthony de Mello schreibt:
Es war einmal eine Puppe aus Salz. Immer war sie auf der Suche. Fragte man sie, was sie denn finden wolle, antwortete sie: „ich weiß es nicht genau“. Tausende von Kilometern reiste sie auf ihrer Suche durch das Land, bis sie plötzlich vorm Meer stand. So etwas hatte sie noch nie gesehen, diese Wellen, diese Wassermassen.
„Wer bist Du?“, fragte die Puppe das Meer, und es antwortete: „Komm hinein und sieh selbst“. Also watete die Puppe ins Wasser. Mit jedem Schritt löste sie sich weiter auf. Als nur noch der letzte Rest von ihr übrig war, rief sie: „Ja, nun weiß ich, wer ich bin!“
Eine gute Reise wünsche ich Dir / mir / uns.
Mehr dazu im myMONK-Buch Wie man Sorgen, Stress und Selbstzweifel loslässt sowie unter 3 buddhistische Sichtweisen, die Dich glücklicher machen und Die 4 Stufen emotionaler Entfremdung – Wie und warum wir uns vor unseren Gefühlen schützen.
Photo: Benjamin Balázs
Was sind denn überhaupt die Gründe dafür,dass wir uns getrennt fühlen?Das muss ja auch irgendeinen Sinn haben,warum das bei uns allen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt so ist…
Unsere Gesellschaft. Wir stehen ja stets unter Druck besser, klüger, talentierter, reicher etc. als andere zu sein. Wenn man stets mit allen konkurrieren muss, ist ja klar, dass man sich eher von einander trennt als ein Schritt aufeinander zugeht.
Sicher gibt es noch andere Dinge, aber ich denke dieser spielt schon eine grosse Rolle. Man will nicht sehen, wie unsere Mitmenschen aufsteigen bzw. irgendwo im Leben es „besser“ haben könnten.
Lieber Tim
danke
so eine berührende Geschichte.
Weisst Du, was ich bei mir erkenne? Aufgrund von unangenehmen Erlebnissen, die das Leben so mit sich bringt, erlebe ich Wut (vorher Ärger), dann Zorn, Ohnmacht, Hilflosigkeit, etc… Und dann nach diesen vielen „kleinen“ Verletzungen eine Trennung von mir selbst.
Ich achtete dabei viel genauer drauf, was grad im Aussen passiert. Wie reagiert wer, viel zuviel Vorsicht beim Umgang mit Menschen.
Das ist nicht gut, fühlte mich leer und ausgelaugt.
habe es erkannt und wende mich wieder mir zu. Mich, mein Leben, Achtsamkeit und liebevollen Umgang mit mir.
Das ist für mich eine sehr interessante Erfahrung
Danke
Ich denke, wenn die Würmer kommen., sind wir schon über alle Berge. Der Vorhang ist geschlossen und das Schauspiel ist zu Ende. Wir sind wieder bei voller Bewusstheit und sind ganz natürlich vebunden und geborgen.
Ohne Spass, Tim, das hast du gut gemacht. Bestimmt hilft es manchem, jetzt schon etwas mehr Verbundenheit zu erfahren. Es ist eine Frage von Hinwendung und Bewusstwerdung.
Die Trennung vom Einssein mit der Welt kommt hauptsächlich davon, dass wir gedanklich zu wenig im Jetzt sind.
Stattdessen verharren wir in der Vergangenheit, bereuen, haben Schuldgefühle, wollen das nicht mehr Änderbare am liebsten ändern. Oder wir (er-)warten: Den nächsten Urlaub, Job, Kick, die Zukunft.
Eckhart Tolle beschreibt gut, wie es uns gelingt, aus diesem Gedankengefängnis auszubrechen und immer öfter im Moment anzukommen. Und dann im Innersten berührt zu werden, etwa durch einen in der Herbstsonne glitzernden Baum, beim Betrachten des geliebten Kindes oder Haustiers oder auch beim Hören des Lieblingsliedes. Dort fühlt man das Einssein mit allem am ehesten.
Großartig! Sanft, humorvoll, irgendwie beruhigend. Erinnert mich an meine Floating Erfahrung. In Verbundenheit, Fabian
Ja Liebe ist das wichtigste, wenn ich Menschen nicht ausstehen kann, dann umhülle ich sie
mit Liebe, Wärme und guten Gedanken und siehe da, es wird alles viel besser.
Emilia
„Lokah samasta sukhino bhavantu“
Mögen alle Wesen glücklich und frei sein von Leid.
Das ist ein sehr wirkungsvolles und bewegendes Segens-Mantra.
Gerade wenn man die Verbindung verloren hat und eine innere Heilung durch Reconnection begünstigen möchte, ist es hilfreich, dieses zu singen.
Liebe Grüße
Vio <3
Wieder ein sehr guter Beitrag. Ich nutze die Metta-Meditation schon eine ganze Weile und sie tut mir und meinen Mitbürgern, glaube ich, gut.
Danke 😎