Teile diesen Beitrag "Dieses Zitat bringt auf den Punkt, warum die Menschen ihr Leben verpassen"
Gehetzt von Uhren und Zielen, gequetscht ins tausende Termine, geben wir alles und kommen doch nie wirklich an. Rastlos sind wir unterwegs, ständig begleitet vom Gefühl, etwas zu verpassen.
Was passiert da und warum?
Der Philosoph Alan Watts bringt es auf den Punkt (die Übersetzung ist von mir):
„Wir leben in einer Kultur, die komplett hypnotisiert ist von der Illusion der Zeit, in der der sogenannte ‚jetzige Moment’ nur noch gefühlt wird als unendlich kleiner Trennlinie zwischen der übermächtigen, alles verursachenden Vergangenheit und der allzu wichtigen Zukunft, die uns aufsaugt.
Wir haben keine Gegenwart. Unser Bewusstsein ist nahezu vollständig mit Erinnerungen und Erwartungen beschäftigt. Wir verstehen nicht, dass es nie eine andere Erfahrung gab oder geben wird als die im Hier und Jetzt.
So haben wir den Kontakt zur Realität verloren. Wir verwechseln die Welt, wie sie beschrieben und gemessen und über sie geredet wird mit der Welt, wie sie wirklich ist. Wir sind erkrankt an einer übertriebenen Faszination für Werkzeuge wie Namen und Zahlen, Symbole und Zeichen, Konzepte und Ideen.“
Für die Gegenwart, für das echte, pulsierende Leben, bleibt keine Zeit. Das muss warten. Für immer. Ich selbst kann mich davon überhaupt nicht ausnehmen. Ich springe häufig in Gedanken zwischen dem, was war, und dem, was werden könnte … und damit links und rechts am Hier und Jetzt vorbei (und das, obwohl ich fast ohne Termine lebe). Der Verstand, das Denken, verstrickt sich in Begriffen und Vergleichen und verweilt höchst ungern im Moment.
Es gibt noch einen weiteren Grund, warum wir das Leben verpassen. Unseren fanatischen Wunsch, festhalten zu wollen, was sich doch nicht festhalten lässt.
Alan Watts:
„In unserer Kultur macht sich ständig jeder Aufzeichnungen über alles mögliche, und es wird als wesentlich wichtiger angesehen, zu notieren, was geschieht, als ein Ereignis zum Zeitpunkt seines Geschehens zu erleben.“
Heute sind diese Aufzeichnungen natürlich vor allem Fotos.
Was vielleicht doch noch übrig wäre als schöner, bewusst erlebter Moment – im Urlaub, mit Freunden, oder allein bei einem Spaziergang durch die Natur – das opfern wir für Selfies und ein paar billige Likes auf Facebook und Instagram („oah, tooooolll!“). Falls wir uns die Bilder selbst je anschauen, sind sie eben nur noch eine Konserve, Leben aus der Dose.
Na gut, ich will uns jetzt mal nicht noch mehr Zeit stehlen. Schließlich hämmert die Zukunft schon wieder an die Tür.
Ebenfalls sehr lesenswert: Dieses Zitat bringt auf den Punkt, warum unsere Gesellschaft so kaputt ist. Wie man mehr ins Hier und Jetzt kommt erfährst Du hier: 10 einfache Wege zur mehr Achtsamkeit.
Photo: Thomas Leuthard
Gut geschrieben und so wahr! Es braucht eine gewisse Anstrengung und Bewusstheit, um sich nicht in ständigem Denken (positiv, negativ oder neutral ist egal) zu verlieren und dauernd nur im Kopf zu leben. Das echte leben rauscht dann nur so an uns vorbei. Um die schönen Momente auch wirklich zu erleben hilft es, das Smartphone, Handy oder die Kamera auch mal zu Hause liegen zu lassen und auf DAS Foto zu verzichten. Die schöne Erinnerung entschädigt dafür, und die ist immer und überall verfügbar (als schöner Gedanke an die Vergangenheit…).
Es ist sicherlich richtig, das die meisten gedanklich „zwischen den Zeiten“ springen.
Doch wir sind nun einmal beeinflusst durch unsere Vergangenheit. Denn sie hat das aus uns gemacht was wir heute sind. Es sind wichtige Ereignisse, Begebenheiten, Wesen aller Arten die sich in unsere eigene Lebengeschichte regelrecht „hineingeschrieben“ haben, wie in einem Roman. Doch sie sind natürlich wesentlich intensiver eingeprägt.
Und ja es wäre natürlich besser ständig mit allen Gedanken im Jetzt und Hier zu sein.
Doch es kommt auch darauf an wie das Jetzt und Hier sich darstellt.
Welche Kindheit läuft mustergültig ab? Probleme und Sorgen die viele Menschen in der Kindheit erleben. Damit müssen sie im Hier und Jetzt umgehen.
Was ist damit zu sagen versuche, für manche ist das Jetzt und Hier nicht so schön wie das was war. Also begint man sich vielleicht auf eine Art der „Flucht.“ Und für andere wiederum ist es die Zukunft, die sich in der „inneren Vorstellungskraft“ schöner gestaltet als das Jetzt und Hier.
Leider oder zum Glück können wir an der Vergangenheit zur Zeit noch nichts ändern. Bei der Zukunft können wir zumindest versuchen anzusetzen, indem wir Jetzt und Hier bewusster leben.
Aufmerksamkeit in jedem Moment ist ein Anfang. Aus der Vergangenheit lernen ja, in ihr verharren, keine gute Idee auf Dauer. Die Zukunft kann man sich vorstellen. Doch kreiert wird sie im Jetzt.
Doch auch das loslassen ist von erheblicher Bedeutung. Denn das Gute was man vielleicht erfahren hat, will man nicht loslassen.
Wer weiß schon ob es für ihn jemals wieder so werden kann.
Also auch die Ungewissheit kann einen vom Jetzt und Hier abbringen.
Es ist nicht einfach. Doch auch nicht unmöglich.
Ich drücke allen die Daumen das sie es schaffen. Denn es wird sie befreien von der Last der Vergangenheit und dem Druck der Zukunft. Wird sie die Gegenwart und den Augenblick geniessen lassen.
Na schön. Und nun sitze ich hier und lese diesen sehr wahren Artikel und lege gleich mein Handy weg und rauche eine Zigarette und höre wie die Grillen draußen zirpen und atme!
Danke für den Reminder!
Witzig, dass mir der Beitrag jetzt gerade begegnet. Hab mir heute die Frage gestellt, warum es mich nervt, dass in den Kaufhäusern bereits schon wieder die Herbstkollektionen Einzug halten und mir damit gedanklich den Sommer klauen oder dass ab September wieder die Lebkuchen, Dominosteine etc. in die Supermärkte kommen.
In mir entsteht dann jedes Mal eine Art Fluchtreflex 😎 vor der Zivilisation und ich würde am liebsten irgendwo in den Wald ziehen. 😀
Und so nehme ich es einfach nur zum Anlass, mich zu entschleunigen, wenn ich wieder versuche, in die Zukunft zu rennen (oder davor weg) und klinke mich bewusst immer wieder in den aktuellen Moment ein – beim Spazierengehen z.B., beobachtend, wahrnehmend, nicht bewertend und eher ziemlich positiv gedankenlos. 🙂
Danke für den Artikel!
Ich bin gerade in Südamerika unterwegs und mache ständig den Spagat zwischen „Genieß den Moment“ und „darüber musst du unbedingt bloggen!“
Doch mittlerweile habe ich mich für das Genießen entschieden. Manchmal ist die Reportage die Motivation für eine Unternehmung, dann gehört die Kamera dazu und alles passt.
Aber wenn ich Abends unterwegs bin, und plötzlich an einem Weiher ein weißes Pferd im silbrigen Licht eines gerade aufgegangenen Vollmondes sehe, nehme ich es einfach an. Es sind Momente, die fühlen sich an wie: „Das ist jetzt mal für dich. Nur für dich!“ und da kommen keine Likes mehr ran 😉
Das echte pulsierende Leben. Aus dem Zusammenhang erahnen wir wohl, was damit gemeint ist. Nur ist das nicht für jeden so greifbar wie ein pulsierendes Nachtleben in der Stad, das uns wieder ein paar Stunden alle Sorgen vergessen lassen kann.
Das Pulsieren im Innen verlieren wir tasächlich leicht aus den Augen in unserer Zeit, in der wir jedes Problem wissenschaftlich aufgearbeitet haben und immer etwas zum Einwerfen für den Kopf bereitsteht. Für den mentalen Verschiebebahnhof. Oder es lässt sich jemand finden, der erwas tut und scheinbar repariert. Aber bis es innen wieder pulsiert?
Das braucht wohl erst das Annehmen, was da ist. Und das ist ein Prozess und nicht nur eine Weichenumstellung, die wie eine Pille vom Arzt anmutet. Und wenn wir einmal sehen, was da ist, dann bräuchte es auch Vertrauen in die Entwicklung von innen. Die dann zunehmend wieder Freude und Gewissheit in die eigene Kraft erscheinen lässt.
Ich nehme an, wir sind in erster Linie damit beschäftigt uns im Dschungel der Möglichkeiten und vielen Einflüsse zu orientieren. Alles wird bewertet, auseinandergenommen, analysiert und es ist viel Druck dabei durch den Wunsch, es bewusst „richtig“ machen zu wollen. Man wird heute ja an jeder Ecke darauf hingeweisen, was man „falsch“ macht oder dass es 10 andere Möglichkeiten gibt wie man es machen könnte mit entgegengesetzten Argumenten, die uns durcheinanderbringen. Man ist ist so „aufgeklärt“, hat die Leben und Fehler anderer (Vorfahren, Mitmenschen) verinnerlicht und ist auf „richtig und besser machen“ programmiert und andererseits besteht immer die Gefahr der Orientierungslosigkeit. Ich befürchte, das eigene Erleben und wirkliche Authentizität gehen so vielfach verloren, obwohl ja jeder „ach so individuell“ sein möchte und die angebliche Freiheit macht nicht so frei, wie man sie sich vormacht, wenn man sich in der Vergangenheit und Zukunft verheddert und nur noch die Massen an Abbildern oberflächlich konsumiert in der Hoffnung auf Perfektion und Anerkennung von außen anstatt den Istzustand in sich selbst wirklich tief zu fühlen. Wahrscheinlich ist Reduktion der Einflüsse die Antwort, besinnen auf sich selbst, erlauben eigener Erfahrungen und Identität. Wirklich im Gefühl ankommen und nicht die Illusion des Gefühls an erster Stelle zelebrieren.
Ich versuche jeden Tag mein Leben mit mehr Bewusstsein zu leben, mich auf die schönen kleinen Momente zu besinnen und zu genießen. Früher war mein Leben voll alter Verletzungen der Vergangenheit und Sorgen und Ängsten um die Zukunft.
Ich lebte immer in schmerzhaften Erfahrungen der Vergangenheit und meine sorgenden Gedanken kreisten sich immer um die Zukunft. Ich merkte, dass ich das Leben verpasste und gar nicht merkte wie schön es ist.
Ich mache auch gerne Fotos, denn ein paar gute Fotos sind schöne Andenken an eine schöne Zeit, aber noch wichtiger ist es mir im Moment des Geschehens zu sein und ihn voll und ganz genießen zu können.
Ein schöner Artikel und wahre Worte!
Das wahre Leben…keine Ahnung was das sein soll. Mein Geist ist im weitesten Sinne frei. Er kann reisen wohin er will. Mein Körper ist gebunden und hat ganz triviale Bedürfnisse. Damit sie befriedigt werden können muss ich Zeit aufwenden. Arbeitszeit. Ich arbeite um zu leben und eine Drehung weiter lebe ich um zu arbeiten. Da bleibt für das Leben nichts mehr…
Guten Morgen!
Ich finde so Anschubser immer wieder schön, denn ich vergesse zwischen all dem Alltag immer wieder, den Moment wahrzunehmen.
Witzigerweise hat mich vor kurzem ein Buch erreicht „Ich im Hier und Jetzt“, das mit kleinen Tipps und Übungen genau zu dieser „Achtung des Moments“ wieder hinführen soll. Es macht echt Spaß,damit zu „arbeiten“ und wieder etwas mehr Ruhe in mein Leben zu bringen!
Ich hab deinen Beitrag heute in meiner Stöberrunde verlinkt 😉
Liebste Grüße, Aleshanee
Huhu,
ein sehr schöner Beitrag, und leider nur zu wahr. Ich ertappe mich im Urlaub manchmal selber beim zwanghaften Fotos-Schießen und muss mich dann fast schon zwingen, die Kamera wegzulegen und „in the moment“ zu sein. Dabei bin ich beleibe kein Selfie-Mensch!
LG,
Mikka
In der Vergangenheit zu leben macht traurig, weil was schön war, nun vergangen ist und nicht wieder kommt. Mit den Gedanken ständig in der Zukunft zu sein mach ängstlich, weil man nicht weiß, was auf einem zukommt. Nur im Hier und Jetzt hat man alles in der Hand. Man kann entscheiden, ob man glücklich sein will und sich an den kleinen Dingen des Lebens erfreuen. Das sind nämlich dir wahren großen Dinge.
Danke Tim,