Dieser Text ist für Dich, wenn Du Kinder hast und „trotzdem“ – nein, erst Recht – das Leben voll auskosten willst.
„Die eigenen Träume verwirklichen … alles schön und gut, aber ich hab’ Kinder. Da geht das nun mal nicht so einfach!“
Wie oft ich das so oder so ähnlich schon gelesen habe.
Ich habe keine Kinder. Ich weiß nicht, wie es ist, Vater oder Mutter zu sein. Sicher hat man tendenziell weniger Zeit und ganz bestimmt sollte man vorsichtiger leben, wenn man Verantwortung für Kinder trägt.
Aber schwingt in der Aussage oben nicht manchmal etwas mit … etwas Vorwurfsvolles … steckt darin nicht vielleicht etwas wie:
„Meine Kinder sind schuld an meinem Leben. Wegen ihnen muss ich meine Träume begraben. Wenn ich keine Kinder hätte, würde ich ganz anders leben.“
Endlich die Reise machen, nach der Du Dich schon seit Jahren sehnst. Oder Deine Leidenschaft zum Beruf. Oder einen Strich unter die Beziehung mit dem Partner, mit dem Du nur noch dem Kind zuliebe zusammen bist. Oder das Buch schreiben, oder Astronaut werden, oder …
Möglicherweise sprichst Du so etwas nie aus, oder denkst Du sogar nie bewusst, und dennoch könnte dieser Vorwurf in Dir brodeln. Oder Du hast Leute in Deinem Umfeld, die ihre Kinder häufig als Grund vorschieben, warum dieses und jenes nicht möglich sei.
Ich frage mich da:
Wie viel muss man für die eigenen Kinder wirklich aufgeben?
Dazu ein paar Fragen und Gedanken von mir als Außenstehendem:
- Was hat Dich begeistert, bevor Du Kinder hattest? Welche Träume haben Dein Herz lauter schlagen und Dich lächeln lassen?
- In letzter Konsequenz bist Du allein für Dein Leben verantwortlich. Nicht Dein Chef, nicht Dein Partner, nicht Deine Herkunft … und nicht Dein Kind. Wenn Du diese Verantwortung abgibst, wirst Du immer schwächer, negativer und verbitterter, machst Dich selbst zum Opfer.
- Könnte es sein, dass Du Deine Kinder als Ausrede benutzt? Wäre es nicht trotz Deiner Verantwortung für andere möglich, nach Deinen Träumen zu greifen?
- Was passiert, wenn Du der Kinder wegen zu wenig Verantwortung für Dich selbst übernimmst und zu viel von Dir selbst aufgibst? Wirst Du dadurch nicht irgendwann sehr wütend auf sie sein? Haben sie das verdient? Was macht das wohl mit ihnen?
- Woran willst Du Dich erinnern, wenn Du alt bist und sich der Tod anschleicht? Wie sollen Deine Kinder sich an Dich und Dein Leben erinnern?
- Wer sich nicht mehr erlaubt, selbst zu träumen und zu streben, der läuft Gefahr, sein Kind als Teil oder Verlängerung von sich zu sehen und es dazu zu zwingen, die Träume der Eltern zu verwirklichen. Ich denke da an Mütter, die ihre Kinder zu Schönheitswettbewerben schicken, und an Väter, die aus ihnen Einserschüler oder Sportskanonen machen wollen, obwohl die Kinder viel lieber mit ihren Freunden abhängen und das Kind-Sein genießen würden.
- Siehst Du Dich nur noch als Maschine, die das Kind zufrieden machen muss? Du darfst glücklich sein. Du bist nicht nur Vater oder Mutter, sondern ein eigenständiger Mensch.
- Sind nicht die besten Eltern und Vorbilder für ein Kind die, die ihr Leben genießen und Familie und Abenteuer unter einen Hut bekommen? Bist Du nicht auch in dieser Hinsicht verantwortlich für Dein Kind? Man kann anderen nicht geben, was man selbst nicht hat.
- Eltern sein ist eine große Herausforderung. An ihr wachsen Menschen wie an kaum etwas anderem. Warum nicht alles, was Dich das Elterndasein gelehrt hat, nutzen und Deine neue Stärke auch für Dich und Deine Träume einsetzen?
- Langfristig können die meisten von uns wohl viel mehr Geld für uns und unsere Lieben verdienen, wenn sie sich mit einem Job zufrieden geben, den sie nicht mögen und in dem sie mittelmäßig sind – sondern das tun, was sie wirklich wollen, lieben und können.
- Wenn Dir die Energie fehlt, neben Arbeit und Haushalt und dem Schmieren von Schulbroten, dann könntest Du Dich auf einen Umweg machen zu dem Leben, wie Du es Dir wünschst: zunächst besser ernähren, mehr bewegen und tiefer schlafen lernen … und erst im zweiten Schritt mit mehr Kraft Bäume ausreißen.
- Vielleicht wird Dir auch klar, wie viel mehr Wert die Zeit mit Deiner Familie ist als jeder Deiner Fantasien von der Karriere als Balletttänzer, Archäologe, Pirat oder Nacktmull-Züchter. Kannst Du die alten Ziele loslassen und ganz dort ankommen, wo Du bist?
Willst Du wissen, was Dein Herz wirklich wichtig findet? Hier findest Du eine gute Übung.
Photo: Fabiana
JA, meine Kinder sind schuld an meinem Leben!
Durch sie habe ich zu meiner wahren Berufung gefunden.
Durch sie bin ich von einer egozentrischen,labilen,süßen Maus zu einer schillernden, verantwortungbewussten, souveränen Persönlichkeit gereift.
Durch sie habe ich den schlimmsten Schmerz und die schönsten Höhenflüge erlebt.
Durch sie habe ich den Mut gefunden, die zu sein, die ich immer schon sein wollte.
Durch sie wurden meine kühnsten Träume und meine argsten Ängste übertroffen.
Durch sie habe ich die wahre Hölle und den wahren Himmel kennengelernt.
Durch sie habe ich unendlich viel Kraft verloren —– und unendlich viel Kraft erhalten.
Wie arm mein Leben ohne sie wäre!
Es stimmt.
Bei manchen Deiner Texte denke ich auch nur kopfschüttelnd „Junge, Du hast gut reden als ungebundener,kinderloser, junger Mensch“. Wenn Du selbst mal Vater bist, wirst Du mit Sicherheit hin und wieder Deine Texte mit anderen Augen lesen 😉
Es lässt sich nicht alles so umsetzen wie vorher, wenn man Kinder hat.
Letztlich habe ich mich bzw. hat man sich (oder sollte man sich zumindest) ganz bewusst für Kinder entschieden.
Das Leben ist ein anderes mit Kindern.
Doch es liegt an jedem selbst, was er daraus macht, wenn’s nicht so läuft wie in der Rama-Werbung….
Liebe Grüße
Tina, 48, seit fast 21 Jahren Mutter, davon 17 als alleinerziehende Berufstätige 😉
Hallo Tina,
du sprichst mir aus der Seele 🙂 das Leben ist ein anderes mit Kindern!
Und für mich sind meine Kinder eine echte Bereicherung, auch wenn ich wegen der Kinder auf manches verzichten musste….
Für mich hat jetzt schon ein neuer Lebensabschnitt angefangen – unsere Jüngste ist vor 2 Monaten ausgezogen.
Wir haben unser Leben „zurück“ 😉
LG Birgit
….na dann viel Spaß in der Freiheit, liebe Birgit 😀
Ich kenne Familien, bei denen ich das Gefühl habe, die Kinder sind „Schuld“. Aber genau genommen hatten die schon vorher kein eigenes Leben. Oft geht es um Geld, genauer um ziemlich viel davon. Das Wort „Karriere“ kommt auch oft vor. Aber ich kenne auch Familien, in denen die Kinder nicht schuldig sondern geliebt sind und die Eltern vereinbaren nicht Karriere und Familie, sondern finden ein neues Leben, in dem jeder zu seinem Recht kommt. Natürlich auch die Kinder, gerade die. Aber eben auch die Eltern.
Das ist nämlich der implizite Vorwurf der „Kinderkrieger“: Ihr macht ja was für euch, ihr liebt euer Kind nicht. Und an die Kinderlosen wie mich: Du weißt ja gar nicht, wie das ist, wenn du auch Kinder hättest, dann würdest du sehen! Und ich denke dann leise: Ihr wisst nicht, wie es ist, eben keine eigene Familie zu haben, ihr seht euer Glück schon lange nicht mehr.
Aber der Mensch will eben zu oft das, was er gerade nicht hat.
Hallo Tim,
danke für diesen Beitrag.
Dieses Thema ist in meinem Leben überaus präsent aufgrund meiner sehr jungen und mehr oder minder unfreiwillig gewordenen Eltern.
Ich selbst bin erst 21 Jahre jung und habe (zum Glück!) noch keine Kinder.
Was ich gerne bei Punkt 6 (der mit den Schönheitswettbewerben und Einserkandidaten) hinzufügen würde:
Nicht nur die Selbstverwirklichung durch äußere Umstände oder messbaren Erfolg ist ein falscher Weg – leider werden nur allzu oft diese Beispiele herangezogen, weil sie eben dies sind – messbar und gut erkennbar von außen.
Auch eigene, persönliche Bestreben wie ein harmonisches Miteinander, Mitgefühl, Nächstenliebe, Gerechtigkeitsstreben und der Wunsch, die Welt verbessern zu wollen, können eine große Last für das Kind sein. Sogar der eigene, tief verwurzelte Wunsch, einfach nur glücklich zu werden – und Glück ist ja das, was wohl niemand nicht anstrebt – oder der tiefe Wunsch nach Selbstverwirklichung kann sich auf das Kind übertragen und Druck ausüben.
Ich selbst befinde mich seit einigen Monaten erst richtig auf dem Erkennungspfad – ich habe eine Mutter und einen Vater, die oben genannte Werte und Tugenden anstreben und (so meine ich) selbst mit sich selbst auf diesen Gebieten zutiefst unzufrieden sind und selbst kein glückliches Leben haben.
Schon früh wurden mir sehr viele Freiheiten gelassen und es gab bei äußeren Umständen immer gleich viel Anerkennung – ob ich nun eine 1+ geschrieben hatte oder eine 5 schien eigentlich egal – bei einer 1+ wurde ich herzlich beglückwunscht und bei einer 5 gab es Mitgefühl und eine aufmunternde Perspektive.
Ich wusste immer, Tugenden wie die obigen stehen im Wertsystem meiner Eltern sowieso viiiiel höher als solche wie Abinote oder Kontostand. Auch wenn ich arbeitslos und drogenabhängig würde, würde sich an der Tiefe der Liebe meiner Eltern nichts ändern.
Das klingt zwar an sich sehr erstrebenswert und ich danke meinen Eltern auch sehr, sehr, sehr für dieses Urvertrauen und diese Liebe (und meine Eltern sind für mich trotz ihrer Fehler auch die besten Eltern der Welt!), jedoch bin ich ehrgeiziger und perfektionistischer Natur und sah mich nun in der Rolle derer, die irgendwie Toleranz, Nächstenliebe, gleichzeitig auch so etwas wie Kapitalismuskritik und Pazifismus und sogar Glück messbar(!) leben musste bzw. wollte.
Für mich als Kind und dann auch Jugendliche waren diese Ideale jedoch nur sehr teilweise überhaupt erfüllbar aufgrund mangelnder Erfahrungen oder auch einfach anderen Problemen wie der Pubertät, Schule etc. – und das scheinbare! Nichterreichen dessen, was so essentiell wichtig für uns alle ist, trieb mich in Depressionen, Verzweiflung etc.
Natürlich haben noch viele andere Faktoren eine Rolle gespielt auf meinem Lebensweg, aber ich wollte deiner Darstellung damit eigentlich nur einen authentischen Bericht darüber hinzufügen, dass nicht nur äußerliche, sondern auch „innerliche“, meiner Meinung nach wirklich erstrebbare Ziele und Ansprüche eine sehr große Herausforderung sein können.
Vielleicht sind diese innerlichen Ziele sogar noch herausfordernder als andere, denn wenn Menschen merken, dass äußere Umstände sie nicht glücklich machen, kommt die entscheidende Wende ja oft genau über die Selbstverwirklichung oder das Suchen nach wahrem Glück, Miteinander und wahrer Liebe.
Bitte entschuldigt, dass der Kommentar so lang geworden ist; ich bin nur so froh darüber, dass ich nach so vielen Therapien eeendlich einen großen Teil des Problems selbst herausgearbeitet und zumindest teilweise reflektiert habe.
Außerdem finde ich es auch wichtig, dass auch die andere Seite der Medaille in dem Zusammenhang genannt wird, denn das wird sie so gut wie nie.
Ganz liebe Grüße und ich wünsche einen schönen Tag oder Abend, je nachdem =)
Shikelya
P.S. Noch mal ein riesen Dankeschön für diese Seite und deine Mühen, Tim. Ich schreibe noch nicht so viele Kommentare, weil ich zu vielen Themen nichts zu sagen habe (wo ich doch erst am Anfang meiner „Karriere“ und generellen Selbstfindung stehe), aber ich ziehe viel Kraft und Inspiration aus ihr und es erinnert mich an die positive, hoffnungsvolle Seite in mir, die immer wieder den Kopf hebt und Hoffnung sieht.
Leider erscheint sie noch zu selten und unbeständig, aber dank deiner Seite und wahrscheinlich mitbeeinflussten Auswirkungen auf meine Lebensführung und -planung (wie Hinwendung zum Qigong, Studiengangswechsel hin zu meiner Leidenschaft statt auf das Steckenpferd mit mehr Zukunftschancen zu setzen) habe ich sehr viel gewonnen.
Oft ziehe ich auch doppelt so viel aus einem Artikel, wenn ich dann noch die Kommentare lese – also auch ein Dankeschön an die, die hier ihre Erfahrungen mit dir/mir/der Welt teilen! =)
Hey Shikelya und natürlich Tim,
erst zum Artikel, dann zu Shikelya`s Kommentar:
Ich habe für mich persönlich das Fazit gezogen keine Kinder in die Welt zu setzen, weil für mich persönliche Freiheit so wichtig wie die Luft zum atmen ist. Und ein Kind, so viel Liebe beiderseits auch in dieser Beziehung entstehen mag, entzieht einfach jede Form von geistiger und physischer Freiheit.
Es sind aber auch andere Dinge, das Gefühl der Ohnmacht und der Traurigkeit einem Kind heutzutage wenig von den Dingen mitgeben zu können, was wirklich zählt, und ich meine nicht als Lippenbekenntnisse sondern als Herzensüberzeugungen, weil das oft Qualitäten sind, die ein Kind in dieser Welt zum Aussenseiter, Schwächling und Verlierer machen könnte. Auch, was die Zukunft des Kindes angeht, könnte ich den Mut nicht aufbringen – wenn bereits viele, hochintelligente Menschen aus meinem eigenen Freundes- und Bekanntenkreis kämpfen müssen um so halbwegs über die Runden kommen zu können ist mein eigener Blick natürlich eingetrübt.
Und auch Integrität ist halt ein hartes Brot. Ich weiß das aus eigener Erfahrung – ich verachte unsere Konsumgesellschaft, halte mich weitestgehend heraus und halte ungezügelten Kapitalismus für eine Seuche, aber was ist nun zynischerweise mein Beruf geworden? Ich arbeite in der Werbung und produziere Werbefilme! Ich bin dort gelandet, weil ich mit meiner eigentlichen Liebe, also der Kunst in bewegten Bildern und Spielfilmen nicht über die Runden kommen könnte bzw. bisher nicht einmal eine Chance erhalten werde dort einzusteigen, da ich nach dem Abi alles autodidaktisch gelernt habe und man mit dem Background nur schwer ins System kommt – und wenn man dort erst einmal angekommen ist, laviert man sich erneut sodala über die Runden, das übrigens keineswegs mit den Filmen, die man machen mag, sondern belangloser Unterhaltung. Wenn man dann in einer Stadt wie Berlin lebt und tagtäglich sieht und erlebt wie normale Menschen in Mülleimern nach Pfandflaschen kramen oder auf Bewerbungen Stapelweise Absagen erhalten oder von der Tafel durchgefüttert werden, überlegt man es sich zweimal, ob man einen Job hinschmeißt, der einem in der Essenz zwar egal ist und manchmal anwidert, auf der anderen Seite aber gestattet in kurzer Zeit so viel zu verdienen, daß man in der restlichen Zeit zu den wichtigen, persönlichen Dingen kommen kann, tröstet das einen recht gut darüber hinweg – so kann ich wenigstens meine eigenen kleinen Filme produzieren, die sich oft um Umweltschutz und Gedanken außerhalb des Mainstreams drehen.
Nun zu Shikelya.
Mir kommt manches vertraut vor, was Du schreibst. Heute, mit 35, höre ich von meiner Mutter bspw. noch immer Parolen wie „DU MUSST HART ARBEITEN!“ – „GELD UND MACHT IST ALLES“ usw., zur gleichen Zeit mahnt sie aber auch, daß man nichts auf die Zukunft verschieben soll, weil man nie weiß, was kommt, man soll nicht auf seinem Geld hocken usw. – sehr widersprüchliches, wie Du siehst. Mein Vater auf der anderen Seite ist ein unterkühlter, extrem ängstlicher Mensch, der leider nicht zeigen kann, ob er stolz auf das ist, was ich als Gastarbeiterkind erreicht habe und lebt entweder komplett nur in der Vergangenheit oder der Zukunft, immer am lamentieren was aus seiner Sicht von anderen verursacht wurde.
Bevor Du nun was falsch verstehst: Verzweifle nicht! Ich wollte damit nämlich nicht sagen, daß sich an Erwartungshaltungen und Widersprüchen nie etwas ändern wird, sondern eher, daß Eltern keineswegs automatisch besser oder schlauer sind als ihre Kinder nur weil sie welche auf die Welt gebracht haben, sondern halt auch von ihren Eltern und eigenen Erfahrungen geprägt sind – wir können nur versuchen das zu verstehen und zur Kenntnis zu nehmen, aber wir müssen unsere eigenen Schlüsse ziehen, die völlig anders sein können und werden, müssen ganz für uns selbst entdecken, was uns am Herzen liegt. Die wichtigsten Dinge, die meine Eltern mir soweit mitgegeben haben sind daher praktisch nur die, die sie nicht gesagt, sondern vorgemacht haben: Reflektion, Mitgefühl, Neugier, Humor und vieles andere – ich glaube es wird viel zu viel in unserer Welt, es wird zuviel versucht mit Worten zu überzeugen anstatt mit positiven Taten die man einfach für sich stehen lässt ohne sie mit Gerede zu verwässern.
Hallo Mariano,
danke für deine aufmunternden Worte.
Leider kann ich diese nur nicht ganz so aufnehmen, wie sie gemeint sind, da die Werte, von denen ich oben sprach, und die du ja auch zum Teil aufgegriffen hast, zu einem sehr großen Teil gar nicht von meinen Eltern vorgelebt werden aufgrund von ihren Aggressionen oder Depressionen oder Angststörungen und den damit verbundenen Auswirkungen auf ihr komplettes Leben.
Aber das war genau der Punkt, den ich vergessen hatte: Aus den Sachen, die sie sagen (die auch in vielen Teilen widersprüchlich sind), ziehen sie nicht den Schluss, dass sie dies aktiv leben, sondern eher, dass die praktische Umsetzung dessen, was sie uns Kindern auf unserem Lebensweg mitgeben wollen und was sie für wichtig halten, für sie selbst viel zu schwer ist. Eigentlich warten sie seit Jahren darauf, dass es ihnen besser geht, sodass sie den Antrieb haben, etwas zu verändern.
Meine Mutter sagt öfters mal, dass sie sich schon darauf freut, wenn ihre Kinder aus dem Haus sind – und das schon seit Jahren – weil sie sich erhofft, dann endlich mehr Zeit für sich und Papa zu haben.
Daher bin ich auch auf diesen Artikel so angesprungen – ich habe das Gefühl, meine Eltern hätten mehr Zeit für sich gebraucht, bevor sie Kinder in die Welt setzen.
Außerdem äußert meine Mutter ab und zu, dass sie sich manchmal wünscht, keine Kinder bekommen zu haben, mit der Begründung, dass sie Fehler gemacht hat und das Gefühl hat, eine schlechte Mutter zu sein.
Ich könnte mir daher gut vorstellen, dass sie diese Frage im Titel mit „Ja, zumindest auch“ beantworten würde.
Deinen letzten Satz unterschreibe ich supergerne – danke, dass du das so formuliert hast.
Schwierig ist es natürlich, wenn die positiven Taten, die man für sich selbst stehen lassen will, keiner mitbekommt, weil alle viel zu viel mit sich selbst beschäftigt sind. Das Gefühl habe ich nämlich im Moment eher…
Aber ich weiß aus Erfahrung, dass meine Gefühle sich schnell ändern und dass ich im Moment aus der Sicht der an der Vergangenheit verzweifelnden Shikelya schreibe.
Schon morgen kann alles ganz anders aussehen 😉
Danke noch mal für deine Worte.
Hi Shikelya,
gern geschehen! Und gut zu hören, daß Du nicht „untergehst“ in alledem!
Aber ich verstehe jetzt wohl, was Du meinst, und das leider recht gut.
Meine Mutter war auch zu jung, als ich auf die Welt kam, mit 18 ist das verdammt früh. Das hat sich später bei ihr dadurch gezeigt, daß sie alles ein ganzes Stück weit hinter sich ließ, Ehemann und Kinder – ich kann ihr das nicht wirklich verübeln, meine Eltern sind einfach so extrem unterschiedlich, schlimmer geht es kaum (das kommt halt davon, wenn Ehen arrangiert werden…).
Und was meinen letzten Satz angeht – Du hast schon recht damit, daß die guten Taten oft ungesehen bleiben, viel zu oft. Aber bei mir persönlich, in den Fällen, wo sie von den RICHTIGEN Menschen gesehen werden, wog es so vieles auf! Ich habe dadurch bspw. engste Freunde gefunden, ein Lob um zehn Ecken herum erhalten (was überhaupt eines der schönsten Dinge ist, die man sich vorstellen kann!) oder einfach nur tiefe Dankbarkeit von einem völlig Fremden erfahren. Aber weisst Du was? Es muss wohl auch so sein – wenn alle guten Taten von jedem wahrgenommen werden würden, würdest Du den damit verbundenen Dank und die Anerkennung irgendwann auch nicht mehr wertschätzen können – Diamanten, selbst die, die nicht völlig perfekt sind, sind doch auch nur so wertvoll, weil sie so selten sind! Sei ein Diamant, Shikelya, selbst wenn nicht alles „perfekt“ ist – über das was Du schreibst, habe ich den Eindruck erhalten, daß Du ein guter Mensch bist!
LG
Hallo mariano,
danke für diese andere Sicht auf meine eine Überzeugung, an der ich grad so stark zu knabbern habe.
Ich bin gerade in der Situation, in der ich mir Hilfe holen möchte und erlauben möchte, aber dann Angst davor kriege, weil ich zu viele Dinge sehe.
Dass ich hier meinen Frust so losgelassen habe, ist schwierig einzusehen für mich.
Vor allem, weil ich den nicht nur hier loslasse, sondern auch bei den Menschen, die ich liebe.
Doch im Endeffekt ist es eben der Perfektionismus, der mich mich selbst schon nicht lieben lässt – und Selbstliebe zu erfahren, ist gerade so viel schwieriger, als ich es mir je hätte vorstellen können.
Danke für deine Worte.
In mir ist auch ein Teil, der ihn bejahen und dir komplett zustimmen will – wohl der Teil, der weiß, dass das, was du schreibst, wahr sein KANN, wenn ich es zulasse.
Herzliche Grüße auch an dich =)
Ups. Da ist mir ein Wort im letzten Satz entschwunden. Er sollte korrekt heißen: Es wird viel zu viel gefaselt in der Welt.
Ein sehr guter Artikel wie ich finde. Ich bin Mutter von 2 Kindern (14 und 11 Jahre) und bei mir geht es um diesen Punkt:
„Siehst Du Dich nur noch als Maschine, die das Kind zufrieden machen muss? Du darfst glücklich sein. Du bist nicht nur Vater oder Mutter, sondern ein eigenständiger Mensch.“
Von meiner eigenen Mutter hab ich es vorgelebt bekommmen. Sie hat für uns Kinder fast alles getan und sich selbst dabei so ziemlich aufgegeben. Und nun bin ich dabei mich davon zu lösen… rauszufinden was ICH gerne machen würde, was mein Herz zum singen bringen würde… es ist ein Prozess… und es geht voran.
Liebe Grüße
Lissy
Mir fällt bei diesem Artikel (und den Kommentaren) spontan der Begriff „Selbstverwirklichung“ ein. Ein besonders markanter Satz aus den Kommentaren lautet „Und ein Kind, so viel Liebe beiderseits auch in dieser Beziehung entstehen mag, entzieht einfach jede Form von geistiger und physischer Freiheit.“ (Mariano) Tina dagegen schrieb: „Wie arm mein Leben ohne sie wäre“
Ich persönlich finde, dass es nichts in meinem Leben gibt, was mir mehr geistige und physische Freiheit gegeben hat, als meine Kinder.
Auch ich kann mich den traurigen Aussagen einiger anschließen, die davon schreiben, dass sie leider keine idealen oder auch nur liebevollen Mütter oder Eltern gehabt hätten. Das schafft so unglaublich viel Leid.
Aber genau da finde ich im Muttersein das Besondere, Großartige. Ich kann da nämlich etwas bewegen. Ich kann mich selbst verwirklichen, meine Träume von der glücklichen Kindheit aus der starke, glückliche und selbstbewusste Erwachsene hervorgehen, doch noch leben. In der Auseinandersetzung und dem Erkennen dessen, was bei mir schief gegangen ist, kann ich mich aus den Zwängen und Fallen befreien. Häufig haben wir doch das Problem, dass wir, vor allem Frauen, glauben – meist sind wir da hervorragend konditioniert – für uns selbst nichts erbitten oder gar erkämpfen zu „dürfen“. Dagegen ist es gesellschaftlich anerkannt, „wie eine Löwin“ für die eigenen Kinder zu kämpfen und mit dieser „Erlaubnis“, die ich anfangs irgendwie noch brauchte, heilen auch meine Verletzungen, kann ich auch mal etwas für mich einfordern. (geistig und physisch…)
Ich „beweise“ (vor allem mir selbst – aber auch meiner Mutter…), dass es doch besser geht, dass ich es „besser“ kann. Sehr befriedigend! 😉
In der bedingungslosen gegenseitigen Liebe liegt ein unfassbar großes Glück und da tut mir meine Mutter heute nur noch leid, dass sie dieses Glück abgelehnt, bzw. nicht gelebt hat und trotz reibungslosem Ablauf und ohne wirtschaftlicher Sorgen nur Probleme und Schwierigkeiten gesehen hat. Sie hatte nämlich auch einen großartigen Sohn und eine tolle Tochter…eigentlich…
Zunächst ging es mir nur darum, dass es meine Kinder besser haben sollten. Sie sollten sich geliebt und in ihrem Wesen und ihren Veranlagungen unterstützt und gefördert fühlen, verstanden und geborgen in der Familie. Inzwischen sind sie 14 und 18 Jahre alt und ich stelle fest, all die „Opfer“, die ich gebracht habe (Zeit, Karriere, Hobbies usw.) sind gar keine, denn was ich da gänzlich unerwartet zurück bekomme, ist so unendlich viel kostbarer.
Grundsätzlich finde ich:
Genau wie ich verantwortlich entscheide Kinder zu bekommen (und damit meine ich keinesfalls, „ungewollte“ Kinder einfach abtreiben zu lassen, nur weil’s gerade nicht so ins Lebenskonzept passt; „verantwortlich“ bedeutet – unter normalen Umständen – etwas anderes…) genauso bin ich auch dafür verantwortlich, was aus meinem Leben wird. Es ist möglich, die eigenen Träume und Wünsche MIT Kindern, (die das Blickfeld nicht einschränken, sondern erweitern) zu leben; vielleicht ein bisschen umständlicher, aber durchaus möglich – und zwar auch OHNE das auf den Schultern der Kinder zu tragen.
Meine Kinder haben es mir erst ermöglicht, meine Träume zu leben, wahr zu machen. Den Traum von der glücklichen Pippi-Langstrumpf-Kindheit (nicht ohne Probleme oder (leider üblen) Krankheiten, sondern kreativ, frei und positiv und im Bewusstsein letztlich doch immer alles zu haben, was man braucht; trotz allem) und den Traum, meine Fähigkeiten zu erkennen, leben und einsetzen zu dürfen; doch noch das Abitur zu machen, Psychologie zu studieren uvm…
Jep, meine Kinder sind SCHULD an meinem Leben. Und ich bin unendlich dankbar dafür. Sie sind wunderbar. (und ja, sie pubertieren gerade heftig und nein, wir leben nicht im Überfluss und ja, sie finden ihre Eltern gelegentlich fürchterlich, aber nie lange ;-))
„Ich will nicht, dass meine Kinder in meine Fußstapfen treten. Ich will, dass sie neben mir gehen und weiter kommen, als ich es je zu träumen wagte.“ (Müttermagazin, fb)
Zitat: >>Jep, meine Kinder sind SCHULD an meinem Leben. Und ich bin unendlich dankbar dafür. Sie sind wunderbar. <>Wie arm mein Leben ohne sie wäre!<< Dem kann ich absolut zustimmen … sicherlich bedeuten Kinder in gewisser Weise "Verzicht", trotzdem sollte man nicht vergessen wieviel einem durch seine Kinder geschenkt wird … ich habe eine zeitlang in der Altenpflege gearbeitet und gesehen wie sehnsüchtig so mancher alte Mensch auf diejenigen gesehen hat, die von ihren Kindern und Enkeln besucht wurden … etwas was ihnen verwehrt war, da sie keine eigene Familie hatten. Man sollte hinter seinen Entscheidungen stehen die man in seinem Leben getroffen hat und sie nicht bedauern … ist meine Sicht dazu …
Ah was für ein toller Artikel 🙂
Doch ich oute mich jetzt, ich bin Mutter von zwei Kleindkindern (Windelrocker deluxe) es ist an einem Tag der Himmel und oft die Hölle. Und JA, man benutzt seine Kinder als Ausrede, ich zumindest immer wieder mal, aber eben nur dann, wenn ich zu Leuten muss, die ich eigentlich nicht mag 😉
Ich habe das erste Kind ungewünscht, das zweite gewünscht bekommen und naja, alleine daran sieht man doch, man verändert sich. SEHR!
Man überlegt plötzlich: Wo sind meine Ideale? Was wünsche ich mir? OH MEIN GOTT ICH BIN EIN VORBILD <–
Das prägt dein alltägliches Leben enorm, es ist anstrengend, es ist oft zum davonlaufen, das liegt aber nicht an den Kindern, sondern der Haltung der Gesellschaft und das es einem eben mit 30 nicht mehr ganz so leicht fällt, ein "kleinkind" zu sein, sich hineinzuversetzen.
Für meine persönlichen (subjektiven Weg) waren drei Faktoren entscheiden:
– solange ich mich frage, ob ich eine gute Mutter bin, bin ich eine
– es ist mir egal wieviel Spielzeug hier rumliegt, ich werde niemals diese tolle stylische Wohnung haben, dafür hab ich ein Haus voller Geschrei, Gelache, Geweine und mit viel Herz
– Ich habe aufgehört mich zu vergleichen, ich habe aufgehört über andere zu urteilen – das macht das Leben ehrlich FRIEDLICH
Ich wünsche mir:
eine Generation der wahren Werte, mit Zielen, mit Idealen mit einem Revoluzzer Gen 🙂
Danke Tim, dass du das hier gestaltest !
lg
Dankeschön Lepi, für Dein Lob und Dein schockierendes Outing! 😉
Tut mir gut, Deine Zeilen zu lesen. Für mich könnte das Thema Kinder ja auch irgendwann mal aktuell werden. Und ich fürchte mich jetzt schon vor den Anstrengungen … aber Dir (und vielen anderen) scheint es das ja mehr als wert zu sein.
LG!
Tim
Hi….Es gibt keine Schuld….Hingabe und Ausdauer….Bin am Ziel angekommen:) Lebe ein einfaches Leben mit Kindern,Mann,Haus und Hund…Harte Arbeit macht nichts und sinnloses Geschwätz wird nicht wahrgenommen. Lernen ein großes Thema, konditionierung abgelehnt. Wir leben nicht in Materieller Knechtschaft. Namaste Nadine
Hallo Tim!
Ja, da möchte ich auch mal meinen Senf dazugeben!
Also ich bin Mama von zwei Kindern 6 und fast 2 Jahre wovon eines ein Pflegekind ist, das wir zu uns in die Familie aufgenommen haben.
Ich kann mir ein Leben ohne Kinder nicht vorstellen. Für alle Ewigkeit läuft da ein Teil meines Herzens frei herum. Wenn sie gehen würden, das wäre für mich das Schlimmste was mir in meinem Leben passieren könnte!!!
Und trotz allem habe ich nicht gelebte Träume die ich aufschiebe für den Zeitpunkt wenn die Kids etwas älter sind, selbständiger sind.
Ich habe es in den ersten Jahren nicht über das Herz gebracht zu sagen… z.B. Ich reise jetzt mal mit dem Papa allein für ne Woche in Urlaub oder das ständige schlafen oder abgeben bei der Oma finde ich auch nicht so doll. Jeder hat da sein eigenes Bauchgefühl dem er entsprechen muss.
Ein Jetsetleben wo Kinder ständig von der Nanny betreut werden mag ja funktionieren, ist aber nicht meine Vorstellung von Familie.
Wer einmal Kinder hat, den kann man auch nicht mehr auf „Werkseinstellung“ 😉 zurückversetzen – alte Ziele mögen ja immer noch ihren Reiz ausüben – aber eben neben den Kindern – in geeigneter Form.
Ohne Kinder allerdings würde ich auch diese „alten“ Träume nicht mehr leben wollen. Ich habe drei Kinder in der Schwangerschaft verloren.
Das war bis jetzt die härteste Zeit in meinem Leben und ich bin seelig für jeden Tag mit meiner Familie. Mir ist mein „Glück“ bewußt und diese schmerzhaften Erfahrungen haben mich zu einer reiferen, verantwortungsbewußten, tiefsinnigeren Persönlichkeit mit viel Herzenswärme werden lassen.
Was aber nicht heißt, dass mich jeden Tag die „Dauerbeschallung“ 🙂 oder die Essensreste auf dem frisch geputzten Küchenboden in Verzückung treiben, oder ich es nicht auch gerne mal wieder erleben möchte am Wochenende ausschlafen zu können – eine schöne Reise mit meinem Partner zu machen auf der man auch mal die Abendangebote nach 20 Uhr wahrnehmen kann 😉 lach, oder in aller Ruhe den Sonnenuntergang am Strand genießen kann – und zwar zusammen. 🙂
Trotz allem … Kinder geben einem so viele schöne Momente für die man dann seine Ziele gerne zurückstellt.
Mit Kindern ist das Leben oftmals geplanter nicht so spontan wie vorher.
Wenn ich weiterhin meine Hobbys leben möchte muss ich die Zeiten fest und zwar ganz fest 😉 in den Kalender einplanen 🙂
Es ist wahrscheinlich wie bei allen Dingen – der goldene Mittelweg der Zufriedenheit schafft und erhält.
Diesen Mittelweg versuche ich für mich , für unsere Familie, momentan wieder zu finden.
Es ist ein ständiges neues Abstecken von Grenzen die sich dem Entwicklungsstand der Kinder anpassen, welche Träume lassen sich realisieren neben den Kindern. Ich finde es wichtig auch dies den Kindern vorzuleben!
Erst gestern habe ich meinem Sohn erklärt, dass ich jetzt eine Kaffeepause nur für mich haben wollte, oder ich auch mal abends Fernsehen möchte, oder mal Essen gehen will. Selbst das ist manchmal schon Ziel genug wenn die Kinder noch klein sind. 🙂 In den Augen von manchen Müttern wäre das aber vielleicht schon zuviel und ich ernte damit Kritik – ja selbst für solche „kleinen“ Träume. Was mich aber nicht davon abhält.
Ich finde es wichtig für die eigene Zufriedenheit. Es geht leider im lebendigen Familienalltag schnell unter. Ist mir auch anfangs passiert 🙂 rot werd!
Aber ich bin auf einem guten Weg!
Wow ist das lang geworden.. so werde jetzt wieder Kinder betreuuen und neue Glücksmomente sammeln – die Kleine ist wach! 🙂 LG Claudia
Hi liebe Claudia,
das ist eine ganz großartige Ode an die Kinder. Was Du schreibst klingt einfach so sehr nach vollem, prallen Leben. Und ich habe das deutliche Gefühl, dass wie Du gerade lebst, richtig gut zu Dir passt – vor allem, weil Du Dir jetzt auch ab und an etwas Zeit für Dich zugestehst.
Ich find’s auch toll, dass ihr ein Pflegekind aufgenommen habt. Und ich find’s ebenfalls toll, dass Du Deine Träume nicht vergisst, sondern eben etwas bewahrst, bis die Kinder und die Zeit reif dafür sind.
Liebe Grüße!
Tim
Hallo, lieber Tim und hallo an Alle, die hier mitlesen, mitleben und kommentieren.
Dies ist ein vielschichtiges und emotional hochexplosives Thema, wie man an den Kommentaren gut sehen kann. Danke Euch allen für Eure Offenheit!
Ich bin Mutter von zwei ganz wundervollen Kindern, die mich oft an den Rande des Wahnsinns getrieben haben und noch öfter haben sie mir die tiefsten Glücksmomente meines Lebens beschert. Soweit stimme ich wohl mit all den Müttern und Vätern hier überein.
Meine Beiden sind inzwischen 16 und 20 und ja, da ist Licht am Ende des Tunnels! Und ja, es gibt Dinge, auf die ich verzichtet habe wegen der Kinder. Das heisst aber nicht, dass meine Kinder „schuld“ daran sind. Ich habe meine Enscheidungen so getroffen, wie ich es für richtig gehalten habe. Es wäre doch enorm unfair, ein Kind mit der Verantwortung für die Entscheidungen der Mutter/Eltern zu belasten. Jeder Erwachsene ist eigenverantwortlich zustándig für sein Leben und seine Entscheidungen. Und wenn ich mich entscheide, lieber meinem Baby beim Schlafen zuzuschauen als in die Disco zu gehen, dann ist das doch meine Sache und kann schwerlich dem Baby „angelastst“ werden.
Ich habe mich beispielsweise gegen einen fünfmonatigen Aufenthalt in Neuseeland entschieden (ein grosser Traum!)um bei meiner Teenager Tochter zu sein, einfach weil mir das wichtiger ist. Neuseeland läuft mir ja nicht weg. Und ich finde meine Entscheidung richtig und wichtig und meine Tochter ist keinesfalls schuld!
Im Gegenzug finde ich es e x t r e m wichtig, dass man als Vater oder Mutter (meist haben die Mütter ja damit zu knabbern) seine Grenzen erkennt, setzt und auch auslebt. Will heissen, auch ein sehr kleines Kind (nicht Baby!!) kann verstehen, dass Mama erst in Ruhe ihren Tee austrinken möchte und dann spielen kommt. Das ist autentisch und ehrlich sich selbst und auch dem Kind gegenüber. Es ist, meiner Meinung nach, völlig missverstandene Mutterliebe, immer und ständig für sein Kind da zu sein und sich bis zur Erschöpfung und totalen Selbstaufgabe zu opfern!
Damit leben wir unseren Kindern wieder genau dasselbe vor, was wir an unseren Müttern so oft kritisieren: z.B. das Opferbewusstsein, das unterschwellig um Dankbarkeit kämpft (was ich alles für dich getan habe….)
Wollen wir unseren Kindern denn heutzutage nicht andere Werte vermitteln? Unsere Eltern führten meist kein glückliches Leben, daher konnten sie uns auch nicht zeigen, wie das geht. Aber sie haben sich angestrengt und haben es so gut gemacht, wie sie es konnten. Nicht vergessen!
Und wir machen es als Eltern genauso: wir machen es so gut wir können – das ist zwar nicht perfekt (oder doch??) – aber mehr kann man von niemandem verlangen!
Daher also mein Fazit: Lebe dein eigenes Leben so glücklich, wie es nur geht. Steh zu deiner Entscheidung, ein Kind zu haben mit allen Konsequenzen,werde dir klar, was dich glücklich macht und finde die Möglichkeiten, einige dieser Dinge (je nach Alter des Kindes) zu machen. Damit zeigst du auch deinem Kind wie das geht mit dem Glücklichsein und das ist doch wohl reine Liebe.
Als kleiner Tip: Glück findet sich oft in den sogenannten „alltäglichen“ Dingen und nicht in der Reise auf die Bahamas! Sei aufmerksam und schau mal genau hin. Erlaube dir auch mal bei dir und nicht immer nur beim Kind zu sein.
Ich empfinde es beispielsweise als extrem spannend und beglückend, zu beobachten, wie aus meinen Kindern langsam erwachsene Persönlichkeiten werden. Pubertierende Kinder sind klasse! Alles eine Frage des Standpunktes?!
Abschliessend noch ein Wort zu der Belastung, die Werte der Eltern ausleben zu „müssen“ und der Widersprüchlichkeit zwischen dem, was die Eltern sagen und weitergeben möchten und dem, was sie tatsáchlich vorleben.
Unglaublich aber wahr: deine Eltern sind nicht perfekt! Auch wenn du das als Kind unbewusst so empfunden hast. Sie machen Fehler und können oft ihren eigenen Werten und Masstäben nicht entsprechen.
Und du? Entprichst du immer allen deinen Massstäben? Sie haben es gemacht, so gut sie konnten und versucht, dich auf die Welt vorzubereiten, wie sie sie sehen. Du siehst die Welt aber durch deine eigenen Augen, also anders als dein Vater/ deine Mutter. Als Kind warst du abhängig, jetzt bist du frei, deine eigenen Entscheidungen zu treffen. Wie waere es, wenn du dich für mehr Toleranz entscheidest? Mehr Toleranz deinen Eltern gegenüber – dir selbst gegenüber – und, ja, auch deinen Kindern gegenüber!
In diesem Sinne wünsche ich uns allen weiterhin viel Freude beim liebevollen, unperfekten Elternsein!
Nicole
Wow, Klasse!
Ich selbst habe einen 18 jährigen Sohn- seinetwegen muss ich mich inzwischen kaum noch ein- bzw. beschränken in meinem Wunsch nach Selbstverwirklichung ( die sich nun mal nicht immer mit der Verantwortung für einen heranwachsenden vereinbaren lässt…) Ich habe ihn in der Vergangenheit oft als Vorwand missbraucht, mich zu vernachlässigen, denn letztendlich wusste ich mit mir selbst lange Zeit nur allzu wenig anzufangen. Seinem Vater habe ich Desinteresse und Egoismus vorgeworfen, wenn er seinen Hobbys nachging, seine Freundschaften pflegte und weil er dabei eben nicht ein konsequent schlechtes Gewissen, bzw. den Wunsch hatte, seine wenige und umso wertvollere Freizeit mit mir und unserem Kind zu verbringen… Heute ist mir inzwischen bewusst, dass er im Grunde genommen alles richtig gemacht hat und ich duselige Kuh es viel zu lange versäumt habe, mir selbst gerecht zu werden. Ich tue meinem Kind keinen Gefallen, wenn ich ihm das Gefühl vermittle, der ausschließliche Dreh- und Angelpunkt meines Lebens zu sein- auch wenn er dies in emotionaler Hinsicht ist und bleiben wird… Meine berufliche Weiterentwicklung hat sich lange Zeit verzögert- mangels Mut, Energie und auch aus praktischen Gründen, da ich als alleinerziehende nicht in diesem Umfang arbeiten konnte, wie es notwendig gewesen wäre, um auf der Karriereleiter nach oben zu klettern. Vor 3 Jahren habe ich mir dann „erlaubt“, mich beruflich mehr zu engagieren, an einer Weiterbildung teilzunehmen, die mit allabendlichen Lernen und Vorbereitungen an den Wochenenden verbunden war und die ich vor einem Jahr abgeschlossen habe. Seit 2 Jahren arbeite ich in einer Position, die mich ausfüllt, antreibt und die sich auch finanziell bemerkbar macht. Mein Sohn hat dies problemlos mitgetragen und inzwischen glaube ich, dass ich ihm, bzw. uns diesen Schritt schon viel eher hätte zumuten dürfen.
Heute bin ich davon überzeugt, dass Kinder sehr viel flexibler sind, als wir ihnen gemeinhin zutrauen. Auch denke ich, dass wir es unseren Kindern „schulden“, für unser Lebensglück zu sorgen- sei es in beruflicher oder privater Hinsicht… Mein Sohn erlebt mich als ehrgeizigen und fleißigen Menschen, der sich mit seinem Beruf zu identifizieren weiß und der ohne schlechtes Gewissen noch um den See hinterm Haus läuft, bevor er sich ums Abendessen kümmert. Mein Sohn „gönnt“ mir meinen Freund und nimmt es mir nicht übel, wenn ich mit diesem am WE mal den Vormittag im Bett vertrödle, anstatt mich ums Frühstück zu kümmern. Ich war lange Zeit ständig und ausschließlich für ihn da und bin es auch heute noch, wenn es notwendig ist. Ob dies aber auch immer in diesem Umfang
nötig war, vage ich heute zu bezweifeln… Ich war schlichtweg lange Zeit zu feige und zu bequem…
Kinder sind der ehrlichste und direkteste Spiegel, den man haben kann.
Alles, was sie erleben, hat mit uns zu tun.
Sie sind weder Bremse, noch Blockade, sondern helfen uns bei der Weiterentwicklung.
Mit dem, was Ihnen widerfährt, zeigen sie uns Dinge, an denen wir selber zu arbeiten haben.
Somit reflektiert uns ein Kind unbewusst unsere inneren Zustände.
Wenn wir also vom Kind behaupten, es würde uns einschränken, schränken wir uns eigentlich mit diesem Gedanken selber ein und das Kind gleich mit. Dieses ist ja an unsere Energien gebunden.
Würden wir uns diesen Weiterentwicklungen hingegen öffnen, würde dies automatisch auch dem Kinde zugute kommen, so meine Erfahrung.