Teile diesen Beitrag "10 negative Gedanken, die Dir nach diesem Text nicht mehr schaden"
Text von: Romy Hausmann
Ich hab den Job nicht bekommen. Is‘ ja mal wieder typisch für mich. Ich bin ein Versager. Bestimmt werde ich nie wieder einen Job bekommen. Ich bin der dümmste Mensch auf Erden. Und hässlich noch dazu. Warum habe ich ausgerechnet diese Hose zum Bewerbungsgespräch angezogen? Die betont meine fetten Oberschenkel doch erst so richtig! Ich mache aber auch alles falsch. Kein Wunder, dass ich immer noch Single bin. Wer will schon jemanden wie mich? Keiner liebt mich. Ich werde allein sterben. Allein, einsam, erfolglos, arm, fett und unbemerkt. Wahrscheinlich werden die Nachbarn erst auf meinen Tod aufmerksam, wenn es aus meiner Wohnung herausmüffelt…
Kennst Du das? Negative Gedanken kommen selten allein. Sie sind Rudeltiere. Kaum fütterst Du den einen, kommt schon der nächste um die Ecke, um auch ein bisschen was vom Futter abzugreifen. Und bevor Du Dich versiehst, haben sie Dich eingekreist und lassen Dich nicht mehr frei. Eigentlich war es „nur“ ein Job, den Du nicht gekriegt hast, doch mit einem Mal zweifelst Du an Deiner gesamten Existenz.
1. „Immer ich.“
Falls es Dich beruhigt: Auf der Erde leben circa sieben Milliarden Menschen. Das, was Du erlebst, erlebt mit sehr großer Wahrscheinlichkeit irgendwo auf dieser Welt auch noch ein anderer Mensch – mindestens. Puh, dann bin ich wohl doch nicht die Einzige, die heute ein Bewerbungsgespräch verkackt hat…
2. „Der Zug ist abgefahren.“
Okay, ärgerlich. Aber versuch trotzdem cool zu bleiben. Geh in die Bahnhofshalle und hol Dir erst mal einen Kaffee. Und dann schau auf die Anzeigentafel (oder in meinem Fall in die Stellenausschreibungen): Der eine Zug mag weg sein, aber der nächste wird kommen. Im schlimmsten Fall musst Du halt ein bisschen warten. Oft genug geht es nämlich gar nicht um die Chancen, die (gefühlt) für immer vertan sind – es geht um Geduld. Und davon haben wir leider oft weniger als Chancen im Leben.
3. „Ich kann das nicht.“
Zum Glück! Denn stell dir mal vor, Du könntest tatsächlich alles. Dann müsstest Du nämlich auch alles tun! Du müsstest die Welt retten, sämtliche Krankheiten heilen, das Geheimnis ewiger Jugend lüften, für all Deine Freunde die Steuerklärung machen, etc. Fakt ist doch: Niemand kann alles. Vielleicht kannst Du diese eine Sache nicht (warte mal, hast Du es überhaupt schon versucht?), aber dafür kannst Du mit Sicherheit vieles anderes. Und Du kannst vieles ja auch noch lernen, richtiger wäre also oft: Ich kann das noch nicht.
4. „Keiner versteht mich.“
Wie bitte? Was hast Du gesagt? Du musst schon ein bisschen lauter sprechen, ich hab Dich nicht verstanden! Vielleicht bist Du einfach zu leise, vielleicht bist Du sogar stumm. Damit andere uns verstehen können, müssen wir womöglich erst mal lernen, uns überhaupt mitzuteilen. Niemand kann uns in den Kopf gucken, ein paar Zentimeter Schädelwand machen das unmöglich mangels Röntgenblick. Oft erwarten wir aber genau das. Besonders von Menschen, die uns nahestehen. Und sind dann enttäuscht, wenn es nicht klappt. (Blöder Personalabteilungs-Typ! Der muss doch aaahnen, was für ein mega Potenzial in mir steckt. Auch wenn ich bei der Frage nach meinen Stärken keinen Ton rausgekriegt habe.)
5. „Die ganze Welt ist gegen mich.“
Wie oben schon geschrieben: Auf der Erde leben ungefähr sieben Milliarden Menschen und die meisten davon haben gar keine Ahnung, dass Du und ich überhaupt existieren. Ich kann mir echt nicht vorstellen, dass sie sich allesamt zusammenfinden, sich um einen monströsen Tisch quetschen und Pläne schmieden, wie sie uns das Leben schwermachen können. Es kratzt vielleicht ein bisschen am Ego, aber: Die Welt ist groß und wir sind klein. Manchmal ist es ein Trost, die Dinge zwischendurch mal im richtigen Verhältnis zu sehen.
6. „Das klappt nicht, ich seh‘ es schon kommen.“
Du siehst es schon? Krass! Steht es im Kaffeesatz oder in Deiner Glaskugel? Also, solltest Du tatsächlich über wahrsagerische Fähigkeiten verfügen, sage ich Dir hiermit schon mal ein zumindest in finanzieller Hinsicht sorgenfreies Leben voraus. Es gibt jede Menge Bezahl-Hotlines und sogar eigene Fernsehprogramme, die bestimmt gerne mal einen echten Hellseher beschäftigen würden.
7. „Ich sehe schwarz.“
So lange wir über eine gesunde Sehkraft verfügen, sehen wir neben Schwarz definitiv noch 200 weitere Farben in wiederum 500 verschiedenen Abstufungen. Die Wissenschaft geht in Summe von sage und schreibe ungefähr 20 Millionen Farben aus, die das menschliche Auge erfassen kann. Da haben wir’s: Die Welt ist bunt. Auch, wenn wir uns noch so viel Mühe geben, alles schwarz zu malen.
8. „Ich bin ein Niemand.“
Du bist also dieser „Niemand“? Wow, es ist mir eine große Ehre, Dich kennenzulernen! Gibt man Deinen Namen bei Google ein, findet man unfassbare 74.700.000 Einträge! Du bist berühmt, Niemand! Ödön von Horváth hat ein Stück über Dich geschrieben, Gregor Meyle einen Song, und unter Deinem englischen Pseudonym „Nobody“ ist Terrence Hill schon durch die Wüste geritten. Du scheinst also viele Fans zu haben, Niemand. Im Gegensatz zu „Irgendjemand“. Der kommt nämlich nur auf 3.220.000 Suchmaschinentreffer.
9. „Ich bin ein Versager.“
Ehrlich, ich beneide Dich, denn damit befindest Du Dich in äußerst beeindruckender Gesellschaft: Steve Jobs, Thomas Edison, Stephen King, Winston Churchill, Michael Jordan, Lionel Messi, Eminem, Beethoven, Elvis Presley, Albert Einstein, Steven Spielberg, die Beatles, Oprah Winfrey, Abraham Lincoln… die haben alle wieder und wieder versagt, bis sie – ups! – bekanntermaßen ziemlich erfolgreich geworden sind.
10. „Das ist das Ende.“
Ja, vielleicht. Aber das Ende von was genau? In diesem Fall: nur das Ende dieses Artikels – der Dir hoffentlich gezeigt hat, wie wenig Substanz in vielen unserer „Lieblings“-Negativ-Gedanken steckt. Ansonsten gilt doch meistens, was der französische Schriftsteller Andre Gidé gesagt hat:
„Wenn sich eine Tür vor uns schließt, öffnet sich eine andere. Die Tragik jedoch ist, dass man meist nach der geschlossenen Tür blickt und die geöffnete nicht beachtet.“
Unsere Gedanken haben viel Macht über uns und unser Leben. Aber nur dann, wenn wir sie zu ernst nehmen. Gerade bei Gedanken, die so stark verallgemeinern wie diese zehn. Statt ihnen blind zu vertrauen, können wir einen Schritt zurücktreten und uns fragen: Kann ich wirklich wissen, dass das wahr ist? Und: Wie könnte ich es sonst noch sehen?
So, das ist jetzt aber wirklich das Ende.
Mehr unter Von Leid befreien mit einer einfachen Frage und im myMONK-Buch Wie man Sorgen, Stress und Selbstzweifel loslässt.
Photo: Balloon woman / Shutterstock
Ein sehr lustiger Artikel 🙂 Ich wünsche alle einen heiteren Start in den Tag!
Ja sowas kann passieren, wenn wir viel denken. Bzw. den Denker ohne Leine laufen lassen. Einmal das Denken angestoßen, kommt das Wollen und die Bilder. Und bleibt das Bekommen aus, können sich Bilder auch schon mal drastisch wandeln. Dann schlägt die Illusion aus in das Negative. Dort wo wir alleine, abgeschoben und nicht gewollt sind. Getrennt.
Allein die Brust an die Brust der Mutter gedrückt, könnte nun noch das Gefühl retten. Wenn wir uns dieses Gefühl überhaupt noch bewusst erlauben würden. Denn selbst das versperrt uns schon mal das Denken. Das Denken kann sogar töten, nachdem die Schwelle des Unwertgefühls unterschritten ist.
Das Denken hilft meist so gar nicht, sobald es um anderes als einen kleineren praktischen Schritt geht im Alltag. Bestenfalls kannder Denker gut Möglichkeiten vergleichen, wenn er einen stimmigen Impuls von innen erhält.
Wir sollten einfach den Denker abstellen, wenn sich Stress auftut. Wir brauchen ihn in wichtigen Situtionen gar nicht. Er ist zu langsam, zu anspruchsvoll und zu schnell beleidigt. Selbst Reaktionen, Gedanken und Worte kommen von alleine, da sie wohl längst so konditioniert sind.
Mal diese Decke weggezogen, sich mal abgefunden damit, dass sie mich hier vielleicht diesmal nicht wollen (ich muss sie schon gar nicht haben), kann wieder die „ich existiere“ Leidenschaft erscheinen und dem Körper frische Kraft geben. Vertrauen. Es kommt wies kommt. Und wer weiss für was auch dies gut ist.
Hey Romy
Oh, aus versehen zu früh auf senden geklickt 😀
Danke für diesen wachrüttelnden Text. Ja, unsere negativen Gedanken haben tatsächlich oft sehr wenig Substanz. Das ganze hier erinnert mich ein wenig an das Meta-Modell der Sprache, mit seinen Generalisierungen, Tilgungen und Verzerrungen. Mit bestimmten Fragen kann man dann zum Nachdenken anregen und oft erkennt die Person dann tatsächlich, wie wenig Substanz hinter den negativen Aussagen stecken.
Ein guter Tipp, den ich gerade wieder bei Eckhart Tolle aufgefasst habe: „Sich nicht immer so wichtig nehmen.“ Sonst wird das Ego wieder genährt.
Schöner Artikel, der zeigen wird, dass die Realität allerdings eine andere sein wird – wenn die Gedanken wiedereinmal auftauchen werden, die in dem Artikel beschrieben sind.
Sollte der Mensch bei solchen Gedanken Schmerz empfinden – dann deshalb, weil er keine Wahl hat, sie nicht empfinden zu können. Mit dem Gedankenstopp und der Analyse jener, können diese zwar kurzfristig, aber nicht effektiv und wiederkehrend verhindert werden.
Dies ist unmöglich!
Tägliche Leserin deiner „Weisheiten“…👍🌞😀 DANKE!!!
Du hast auf jeden Fall heute mir ein Lachen gezaubert und das ist ein wunderbares und unbezahlbares Geschenk.
Ich entdecke mich auch immer mit diesen Gedanken. Das mit der Stimme stimmt wirklich. Die Stimme habe ich mir auch zurückerobert und ja es stimmt, es hat mich früher keiner gehört.
Das Bild mit dem Bahnhof werde ich mir ab jetzt merken. Wenn der eine Zug abgefahren ist, dann war es einfach nicht meiner. Daran werde ich denken, wenn mich wieder in einem Gefühlschaos aufhalte. Vielleicht hilft es nicht gleich, aber ich werde zumindest lächeln, da ich an deinen Bericht denke.
„Du scheinst also viele Fans zu haben, Niemand. Im Gegensatz zu „Irgendjemand“. “ 🙂
Mei hosd du des schee gschrim Romy, dangsche dafia, hob so locha miasn, echt guad! Servus!