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Hund beißt Frau, als Frau sich mit Frauchen streitet. Und zwar die Nase ab. In der Zeitung stand, die Nase sei nicht wiedergefunden wurden. Muss ich gerade wieder dran denken. Üble Sache. Mit manchen Hunden sollte man sich nicht anlegen, schätze ich. Und mit manchen Menschen. Und dann gibt es noch ein paar Dinge, um die man einen großen Bogen machen sollte, wenn man nicht vor die Hunde gehen will. Dem Schreiben zu verfallen zum Beispiel, aber auch jeder anderen Sache, die man so liebt, dass man irgendwann wahnsinnig wird und komplett durchdreht und sich den Stift oder Pinsel oder Schraubenzieher oder was weiß ich was ins Auge rammt.

Der miesepetrige Autor Houellebecq schreibt:

Die unermüdliche Arbeit an Ihren Obsessionen wird schließlich ein sentimentales Wrack aus Ihnen machen, das von Angst zernagt und von Apathie zugrunde gerichtet wird. Aber, ich sage es noch einmal, es gibt keinen anderen Weg, Sie müssen sich zu dem Punkt vorarbeiten, von dem es keine Rückkehr gibt. Den Kreis zerstören. Und ein paar Gedichte hervorbringen, bevor Sie am Boden zusammenbrechen. Sie werden unermessliche Räume geschaut haben. Jede große Leidenschaft mündet im Unendlichen.

Wahnsinnig zu werden, durchzudrehen und vor die Hunde zu gehen, das gehört unbedingt dazu, meint Houellebecq also. Wenn man etwas erschaffen will, muss man sich aufopfern.

Ich habe aber keine Lust, mich aufzuopfern. Ich wusste nur nicht, ob ich eine Wahl hab. Die Inselurlauber, die von irgendwelchen irren Kannibalen in einen großen Topf gesteckt werden, suchen sich das ja auch nicht aus. Sie opfern sich nicht, nicht für eine höhere Sache oder auch nur für den guten Geschmack. Sie werden geopfert. Falsche Insel, Pech gehabt. Mit dem Schreiben geht’s mir manchmal genau so. Ich will schreiben, ich muss schreiben. Da läuft es erst, und dann läuft es nicht mehr, dann kommen die Ängste und die Apathie und das Ganze verwrackt mich sentimental.

Drei Wege kenn’ ich, die da wieder rausführen. Alkohol ist der eine. Der andere: sitzen bleiben und den Hunden, vor die man zu gehen droht, mitten in die sabbernde, zuckende Fresse zu schauen und in die Augen, in denen sich schon das eigene Blut spiegelt, noch bevor die Viecher das erste Mal zugebissen haben. Der dritte Weg heißt Abstand.

Alkohol fällt raus, zumindest als Dauerlösung. Es löst doch weniger Probleme als Hirnzellen auf. Für den zweiten Weg, Schau-mir-in-die-Augen-Baby-Dog, fehlte mir die Kraft in den letzten Wochen. Übrig blieb nur der dritte Weg. Abstand gewinnen und halten. Genau das habe ich gemacht, wie Dir aufgefallen sein wird, wenn Du regelmäßig myMONK liest.

Wie lange diese Phase noch dauert, wie lange ich noch wie viel Abstand zu dieser Sache hier brauche, weiß ich nicht. Jedenfalls hab ich schon seit zwei oder drei Wochen kaum noch hier geschrieben, kaum noch Mails beantwortet und vor allem nichts gelesen, das auch nur im Entferntesten zu tun hat mit myMONK. Ich merke schon seit einigen Tagen, wie sich die Akkus wieder aufladen, in ihrem Tempo, und ich lasse sie gern aufladen, in ihrem Tempo, bevor sie komplett runter sind und vielleicht sogar auslaufen und alles vergiften.

Ich hab immer noch keine Ahnung, ob es stimmt, was Houellebecq schreibt. Mir ist aber klar geworden, dass es zu nichts Gutem führt, wenn man permanent mit dem Fuß auf dem Gas unterwegs ist und mit seiner grenzenlosen Leidenschaft die Straßen herunterbrettert und mit jedem Meter mehr vergisst, wo die Bremsen sind. Für mich ist das eine neue Erfahrung. Ist zwar nicht das erste Mal, dass da eine Horde Hunde auf mich zukommen, aber das erste Mal, dass sie auf mich zukommen, während ich das tue, was ich liebe.

Der Mönch in mir, wenn Du so willst, hat es mir geflüstert: Tim, setz Dich ab, setz Dich hin, lass Dir nicht in den Kopf setzen, dass Du kopflos schuften und nasenlos vor die Hunde gehen musst, um etwas Großes auf die Beine zu stellen. Dieser Mönch, der in uns allen oder doch zumindest den meisten hockt und auf unser gesammeltes Wissen und Fehlwissen scheißt, ist ein verdammtes Genie, wenn Du mich fragst. Und deswegen höre ich auf ihn.

Das ist der Grund, warum Du hier zurzeit wenig von mir liest.

 

Photo: thierry ehrmann