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Sandra isst vegan. Seit Februar 2012. Von den Herausforderungen und Belohnungen des veganen Lebens spricht sie mit mir im myMONK-Interview.

Möchtest Du Dich zunächst kurz vorstellen?

Hallo, mein Name ist Sandra Franz. Ich bin 32 Jahre alt, Biochemikerin und lebe in Berlin. Neben der Arbeit praktiziere ich nun schon seit 6 Jahren leidenschaftlich gerne Ashtanga-Yoga. Seit Februar 2012 lebe ich vegan, davor 7 Jahre vegetarisch.

Warum ist es aus Deiner Sicht falsch, Tiere zu essen?

Tiere sind wie Menschen Lebewesen, die Schmerzen und Freude empfinden, eigene Bedürfnisse haben und leiden können. Ich sehe sie nicht als etwas an, dass getötet und aufgegessen werden darf. Warum sollte ich den Tod eines wehrlosen Lebewesens in Kauf nehmen, wenn ich die Wahl habe, mich auch ohne tierische Produkte gesund zu ernähren? Dazu kommt, dass (fast) alle tierischen Produkte aus den Supermärkten und Bioläden aus Massentierhaltung stammen. Diese Form der Tierquälerei möchte ich nicht unterstützen.

Was waren für Dich die größten Hürden auf dem Weg von der Fleischesserin zur Vegetarierin zur Veganerin – und wie hast Du sie überwunden?

Der Schritt von der Fleischesserin zur Vegetarierin fiel mir nicht schwer. Ich habe diese Entscheidung ausschließlich emotional getroffen. Nachdem ich in Asien gehört habe wie ein Schwein durch ein Dorf getrieben wurde und ich mir sofort vorgestellt habe, es wird zum Schlachter geführt, war für mich klar, dass ich nicht mehr möchte, dass ein Tier für mich sterben muss.

Der Weg von der Vegetarierin zur Veganerin war allerdings gepflastert mit psychologischen und gesellschaftlichen Hürden. Das fängt bei den Vorurteilen an, die ich gegenüber Veganern hatte, meiner Vorstellung darüber, dass eine vegane Ernährung nicht gesund sein kann, den eigenen Verdrängungsmechanismen die mich hinderten, mich mit dem Thema wirklich auseinanderzusetzen (wie ja eigentlich die meisten Menschen nicht wissen wollen, wo ihr Fleisch, Milch, Käse und Eier eigentlich herkommen)  und der Vorstellung, dass ich mich als Veganerin gesellschaftlich ausgrenze. Ich konnte das „Extreme“ des Veganismus nicht verstehen und ich dachte, dass so ein veganes Leben unglaublich kompliziert sein muss. Da ich mich mit der gesamten Thematik nicht auseinandersetzen wollte, habe ich auch die Gründe der Veganer nicht verstanden. Meine größte Angst war aber tatsächlich, mich selber aus dieser Gesellschaft auszugrenzen, aufzufallen oder z.B. nicht mehr zum Essen eingeladen zu werden.

Wie ich die Hürden überwunden habe, kann ich gar nicht so genau sagen. Das meiste lief unterbewusst ab. Eigentlich wusste ich schon seit längerem, dass ich vegan leben müsste, wenn mir meine moralischen Wertvorstellungen so wichtig sind. Das konnte ich aber ganz gut dadurch verdrängen, dass ich mir selber gesagt habe, ich bin Vegetarierin aus Umweltschutzgründen. Ich habe mich irgendwann der Idee des Veganismus so weit geöffnet, das ich neugierig wurde, was man da denn noch essen kann oder wie ein veganer Kuchen oder Sojajogurt schmeckt. Und den endgültigen Impuls hat mir dann die Begegnung mit einem Veganer gegeben, mit dem ich lange darüber geredet habe. Im Lauf dieses Gesprächs wurde mir klar, dass ich vor allem mit meinen eigenen Vorurteilen, Ängsten und falschen Vorstellungen kämpfe.

Eine Freundin, die sich durch meine Entscheidung ebenfalls mehr mit der Thematik beschäftigt, hat mir letztens gesagt, man muss im Grunde alles, womit man aufgewachsen ist, hinterfragen und sich davon befreien. Und ich glaube das trifft es genau. Für mich ist die Entscheidung für das vegane Leben vor allem eine Befreiung gewesen von der Vorstellung, nur wenn ich nicht zu anders bin als die Masse, werde ich akzeptiert.

Wie geht’s Dir heute, nach den ersten fünf Monaten der veganen Ernährung?

Mir geht es sehr gut damit. Am Anfang war ich sehr wütend auf unsere Gesellschaft, die die Massentierhaltung unterstützt. Doch diese Wut hat sich inzwischen gelegt. Natürlich war es am Anfang auch erst mal etwas komplizierter, da ich herausfinden musste, was ich überhaupt noch essen kann. Aber ich wurde überrascht wie viele verschiedene leckere Produkte es schon gibt.  Ich habe tolle Restaurants mit veganem Angebot entdeckt und ich probiere viele neue Rezepte aus. Ich habe noch nie so viel gebacken in meinem Leben, wie als Veganerin. Der Schritt war der Anfang einer faszinierenden und spannenden kulinarischen Entdeckungsreise, die noch lange nicht vorbei ist. Ich ernähre mich nun noch bewusster und gesünder und fühle mich einfach fitter und besser. Und das merke ich auch in meiner Yogapraxis, die sich seitdem stark entwickelt hat. Auch meine Haut ist reiner geworden.

Wie hängen Yoga und Veganismus zusammen?

Yoga und Veganismus sind für mich eng miteinander verknüpft und ich würde auch sagen, dass Yoga einen großen Einfluss auf meine Entscheidung hatte. Wenn man sich die Yamas und Niyamas, also die ethisch moralischen Grundlagen des Yoga anschaut, hat eigentlich jedes etwas mit der Frage zu tun, ob wir Tiere leiden lassen und töten dürfen, nur um sie zu essen oder andere Bedürfnisse zu befriedigen. Die Yamas Ahimsa (Gewaltlosigkeit sich selbst und anderen gegenüber), Asteya (nichts nehmen, was anderen gehört) und Aparigraha (Wertschätzung der Dinge) vertragen sich meiner Meinung nach nicht mit dem Verzehr von Tierprodukten. Und die Yamas Satya (Wahrhaftigkeit, Wahrheit) und Brahmacharya (sich zum Wesentlichen/zur Wahrheit bewegen) erinnern uns daran, unser eigenes Verhalten auch in dieser Hinsicht zu hinterfragen. Die Niyamas Shauca (körperliche und innerliche Reinheit), Samtosha (Zufriedenheit), Tapas (Selbstdisziplin) und Svadhyaya (Selbststudium) praktiziere ich quasi automatisch mit einer veganen Lebensweise.
Im Yoga geht es doch letztendlich um die Selbstbefreiung. Und für mich ist ein gesundes und glückliches Leben, ohne Tierleid zu verursachen, eine der größten und beglückendsten Befreiungen meines bisherigen Lebens gewesen.

Wann macht Überzeugungsarbeit Sinn, und wann sollte man seine Mitmenschen lieber in Ruhe lassen mit dem Thema „Tiere essen“?

Das ist eine schwierige Frage. Beim Essen selber würde ich das Thema vermeiden, das verdirbt nur allen den Appetit. Ich versuche nicht jedem das Thema aufzudrängen, das bringt auch nichts. Aber wenn ich gefragt werde, antworte ich natürlich gerne und bin immer sehr froh, wenn Interesse besteht. Ich engagiere mich auch seit einigen Monaten in der Gruppe „Vegan in Berlin“. Wir organisieren Informations- und Essensstände und versuchen darüber interessierte und aufgeschlossene Menschen zu erreichen. Der beste Weg bleibt wahrscheinlich es den Menschen in meiner Umgebung vorzuleben, dass es nicht so schwer ist und ich damit glücklich und gesund lebe. Auch wenn mir das manchmal zu wenig erscheint.

Oft lieben Leute ja ihre Haustiere über alles, verdrängen aber, wo ihr Essen her kommt. Könnte man viele Menschen zum Veganismus „zwingen“, wenn jeden Abend auf jedem Fernsehsender Bilder von Tieren in Mastbetrieben gezeigt würden?

Das glaube ich nicht. Und ehrlich gesagt, kennt doch jeder diese Bilder schon. Aber wenn man nicht bereit ist, sich dem zu stellen, wird man da auch nicht hinschauen und anfangen darüber nachdenken. Menschen sind gut im Verdrängen und meist wird die Verbindung zwischen dem abstrakten Stück Fleisch oder dem Käse auf dem Teller und den Bildern von leidenden Tieren nicht gezogen. Trotzdem finde ich es wichtig, dass das Thema in den Massenmedien präsent ist und das muss auch noch mehr werden. Ich würde aber eben nicht nur auf „Schockeffekte“ setzen, sondern ein Bewusstsein dafür schaffen, was außer dem Tierleid alles mit dem Thema Massentierhaltung und Fleisch- und Milchkonsum zusammen hängt. Angefangen von der Umweltzerstörung über den Hunger in der dritten Welt bis zur eigenen Gesundheit. Das Umdenken eines jeden ist ein langsamer Prozess und jede noch so kleine Berührung mit dem Thema kann ihn ins Rollen bringen.

Welches Buch empfiehlst Du jemandem, der sich erstmals näher mit Vegetarismus und Veganismus auseinandersetzen möchte, um für sich eine Entscheidung zu treffen?

Ich fand „Tiere essen“ von Jonathan Safran Foer sehr toll. Die Mischung aus persönlichen Geschichten, Fragen die er sich über unsere Kultur des Essens stellt, vermischt mit den Fakten aus seinen eigenen Recherchen haben mich sehr bewegt. Obwohl die Fakten überwogen haben, war trotzdem der Mensch dahinter, der sich mit der Thematik auseinander setzt immer präsent. Und dadurch wird es zu einer persönlichen Geschichte, die es ja für jeden von uns ist.

Wo können die Leser mehr über Dich erfahren?

Seit Anfang April schreibe ich meinen persönlichen Blog sandraistvegan.blogspot.de , in dem ich neben Informationen und Rezepten auch meine persönlichen Erfahrungen als Veganerin teile. Da freue ich mich natürlich über viele Mitleser und Kommentare.  Man kann auch auf Facebook unter: www.facebook.com/JetztIsstSieVegan vorbei schauen.

Herzlichen Dank!
Photo (oben): Keith McDuffy