Teile diesen Beitrag "Selbstversorgung – Interview mit Hannelore Zech"
Hannelore Zech liebt die Natur, die Selbstversorgung und die „Permakultur“. Warum das so ist, und wie sie sich ihr ideales Leben auf dem Land vorstellt, und was man dafür braucht, um weitgehend autark zu leben, das verrät Hannelore im myMONK-Interview.
Hallo Hannelore, herzlich willkommen bei myMONK und vielen Dank für Deine Zeit! Wie geht’s Dir heute – und warst Du heut schon draußen?
Hallo auch, ich freu mich auch hier zu sein. Natürlich war ich heut schon draußen! Der Tag beginnt damit, die Hühnerställe zu öffnen und zu schauen, ob alle auch genug zum Frühstücken haben. Erst dann setz ich mich selber an den Frühstückstisch. Danach fahr ich in den Garten (leider noch 4 km von meinem Wohnhaus weg) und verpflege die Pflanzen in den Gewächshäusern. Erst dann wird das getan, was gerade so ansteht, und das sieht je nach Jahreszeit und Aktionen täglich anders aus.
Seit wann baust Du so leidenschaftlich im Garten an? Und warum kaufst Du Obst und Gemüse und Kräuter nicht einfach im Supermarkt?
Ich durfte schon oft umziehen, hatte aber immer einen Garten. Das ist elementar wichtig für mich. Der Kontakt mit Erde. Die Energie ist ganz anders. Obst und Gemüse aus dem Supermarkt ist meist schon sehr lange unterwegs, bzw. lagerte schon länger in Kühlhäusern. Das merkt man einfach. Das ist nur was für die Gelüste zwischendurch, wie z. B. bei Südfrüchten. Darauf verzichten wir aber schon fast total. Wir haben genug eigenes Obst und Beerenfrüchte. Und die machen auch satt und zufrieden.
Was heißt, in wenigen Worten, „Permakultur“?
Permakultur ist die zukunftsfähige Schaffung von autarkem Lebensraum, in dem auch unsere Kinder und Kindeskinder noch ihr Auskommen haben und gut und glücklich leben können.
Wie stellst Du Dir Dein ideales, naturverbundenes Leben vor – und wo stehst Du gerade auf dem Weg dahin?
Zu meinem Idealbild gehört ein Häuschen aus Naturmaterialien gebaut (Strohhaus oder ähnliches), das energiemäßig autark ist, mit Photovoltaik, Solar und Windenergie, mit Komposttoilette und Regenwasserverwendung fürs Waschen. Dieses Häuschen steht in meinem Garten und ich hab alles direkt um mich rum, was meine Familie und ich zum Leben brauchen. Der Garten ist schon da, das Häuschen leider noch nicht. Die Bäume bringen gute Erträge, auch die Beerensträucher haben sich schon gut entwickelt. Der Boden baut sich auf und unsere Nutztiere helfen mit so gut sie können.
Das heißt, die Schweine arbeiten den Boden um im versetzbaren Gehege (Schweinetraktor) und die Hühner scharren was sie können im Hühnertraktor. Leider scharren die restlichen Hühner auch in meinen Hügelbeeten und da, wo ich sie nicht so gerne hab. Aber dafür kann ich mir Sachen ausdenken, die die Freiheit meiner Hühner nicht einschränkt, sie aber trotzdem von meinem Gemüse weghält ;-). Tierhaltung gehört bei uns mit dazu. Ohne Tiere möchte ich nicht leben. Die Tiere, die für unser Ökosystem zu viel werden, essen wir. Das gehört dazu. Allerdings esse ich dafür kein anderes Fleisch, erst recht nicht aus Massentierhaltungen.
Siehst Du die Bedeutung von Selbstversorgung in den nächsten Jahren und Jahrzehnten weiter ansteigen? Wenn ja, warum?
Natürlich wird die Selbstversorgung an Bedeutung gewinnen. Schauen wir uns mal um. Allergien wo man hinschaut, Burn out Symptome, Depressionen und und und. Auch ohne die sogenannte „Wirtschaftskrise“ wird es wieder wichtiger für die Menschen, mehr Kontakt zur Erde an sich und zur Ernährung zu bekommen. Diese Garten-Arbeit allein schon ist Futter für die Seele. Erst gestern stand ich in meinem Garten und, wie es halt so ist, die Gedanken des Alltags beschäftigen einen immer. Da flogen 8 Schwäne in Formation über mich hinweg.
Allein dieses Erlebnis wischte alle Sorgen und negativen Gedanken sofort weg. Der Mensch braucht die Natur! Vor allen Dingen aber brauchen sie unsere Kinder. Sie sitzen in den Schulen und werden hochgebildet. Das ist natürlich in gewissem Umfang wichtig, dem spreche ich nichts ab. Aber sie verlernen das Wesentliche! Viele Kinder wissen sich schon nicht mehr richtig zu bewegen! Ihnen wird eingebläut, in der Wiese laufen sei gefährlich und bevor man giftige Beeren erwischt, werden lieber gar keine gegessen. Vom Umgang mit Tieren ganz zu schweigen.
Selbstversorgung ist heutzutage eine Art von Abenteuer. Ein Erlebnis. Nicht, weil es bei uns notwendig wäre, mit den vielen Supermärkten an jeder Ecke, sondern weil es befriedigt, einen sättigt und glücklich macht, herausfordernd, immer interessant und immer anders ist.
Wie viel Selbstversorgung passt in einen Garten / ein Grundstück von A) 100qm und B) 400qm?
Ein 100 qm Grundstück kann zur Selbstversorgung über den Sommer hinweg ein gutes Stück beitragen. Ist es gut angelegt und durchdacht, kann 1 Person auch noch einen guten Wintervorrat anlegen. Getreideanbau und Tierhaltung ist hier nur sehr bedingt möglich, doch ein Bienenstock und 2 Hühner wären auch hier schon möglich.
Bei 400 qm geht schon mehr. Da geht es auch schon gut für 2 Personen. Wichtig ist immer eine gute Planung und die Ausnutzung von jedem Fleckchen, wobei immer ein Stück Wildnis mit dabei sein sollte, in Form eines Totholzhaufens oder Wildblumenwiese. Unsere Wildtiere machen ein ökologisches Wirtschaften erst möglich!
Wie viel Geld braucht ein Selbstversorger im Monat mindestens trotz seines Eigenanbaus etc.?
Naja, solange man Miete zahlen muß und ein Auto als Fortbewegungsmittel braucht, braucht jeder Geld. Dann kommt es noch darauf an, wie viel man für Kosmetik ausgibt und persönlich als wichtig erachtet, ob Kinder da sind oder nicht. Aber gehen wir mal von einer alleinstehenden Person aus, mit eigenem Haus und einem optimalen Lagerkeller, mit einem 1000 qm Garten im Dorf oder in einer Stadt mit guter Infrastruktur und guter Nachbarschaftsvernetzung. Vielleicht ist kein Auto vonnöten, weil eine gute öffentliche Verkehrsanbindung vorhanden ist, trotzdem wird Geld gebraucht für Versicherungen, für Kleidung, auch wenn sie gebraucht gekauft wird, für Schuhe, für Strom, Wasser, Abwasser, Müllabfuhr, usw. aber ich denke, 300 Euro im Monat wären in diesem Beispiel ausreichend. Ein autarkes Leben innerhalb einer Wohnsiedlung kostet leider anfänglich einiges an Investitionen und ist, allein schon beim Thema Wasser und Abwasser (Kanalisationsgebühren) schon ein Thema und Einödhöfe sind 1. nicht so dicht gesät und 2. nicht für jeden geeignet. Die Arbeit für die Selbstversorgung sollte nicht unterschätzt und zu stark romantisiert werden!
Was können die, die keinen eigenen Garten habe, zu Hause auf dem Balkon oder auf dem Fensterbrett gut anbauen?
Auch Balkongärtner, die sogenannten urbanen Gärtner, können schon einiges anbauen. Mit Hilfe von „Salatbäumen“ und aufgehängten „Salatsäcken“, in denen natürlich auch anderes Gemüse gepflanzt werden kann, erhöht man die Anbaufläche um ein Vielfaches. Kräuter zum Würzen, Tomaten, Paprika, Bohnen, Mangold, Salate….all das wächst auch im Balkonkasten oder in größeren Töpfen. Zwergobstbäume und Beerensträucher sind zwar dekorativ, bringen aber nur Naschfrüchte. Tomaten können übrigens auch auf dem Fensterbrett sehr gut kultiviert werden und bringen auch drinnen gute Erträge. Auf die Wahl der richtigen Sorten kommt es an. Von Balkontomate bis Balkongurke werden schon kleinbleibende ertragreiche Züchtungen angeboten, die auch sehr lecker schmecken. Übrigens, Gemüse kann auch sehr dekorativ sein. Paprika im Balkonkasten mit Prunkbohnen und Kapuzinerkresse ersetzt so manchen Geranien- und Petunienkasten ;-).
Welche Bücher und Internetseiten kannst Du den Lesern empfehlen, die mehr über Permakultur und Selbstversorgung erfahren wollen?
Da gibt es mittlerweile schon sehr vieles. Für urbane Gärtner in der Stadt sei das Buch: „Jedem sein Grün“ ans Herz gelegt. Mit vielen Ideen und auch Adressen zeigt es Stadtgärtnern Möglichkeiten auf. Wer schon ein Stückchen Land hat, der kann sich „Gärtnern im Biotop, mit Mensch“ besorgen. Permakultur von A-Z mit guten Pflanzenlisten und Anbaumethoden. Der Oldtimer unter den Selbstversorgerbüchern, aber immer stets aktuell und ein Standardwerk ist: „Selbstversorgung aus dem Garten“ von John Seymour. Aber auch mit dem „Bio-Gartenhandbuch“ von Annelore und Susanne Bruns arbeite ich sehr gerne. Es gibt noch sehr sehr viele Bücher, hier nur mal einige Autoren genannt: Bill Mollison, Masanobu Fukuoka, Patrick Whitefield, Graham Bell, Sepp und Margit Brunner, Marlies Ortner, John Seymour…
Auch Selbstversorger-Bücher gibt es mittlerweile sehr viele. Doch wird es unumgänglich sein, zu einzelnen Themen, wie Vorratshaltung oder Energieversorgung, spezielle, eigene Bücher, anzuschaffen. Ökologisch und sinnvoll ist es allerdings immer, zu schauen, wo die nächste Gruppe ist, mit der man sich austauschen kann. Von Kleingartengruppen oder Obst- und Gartenbauvereinen, von Permakultur-Stammtischen oder ähnliches. Der persönliche Austausch und das praktische Lernen ist immer noch das Beste.
Wie können die Leser Dich am besten kontaktieren?
Am besten per Email: hanne@mienbacher-waldgarten.de. Mehr Infos über meine Arbeit im Garten und die Selbstversorger-Akademie gibt es auf meinen Seiten: www.mienbacher-waldgarten.de oder permagarten.wordpress.com – oder auf Facebook.
Herzlichen Dank!
Photo (oben): Jenny Downing