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Entspannt leben. So richtig entspannt. Das wär‘s doch. Den ganzen Stress vorbeiziehen lassen. Als würden wir am Fenster hocken, aufs Kissen gestützt, und das irre Treiben nur noch beobachten, während alle anderen von hier nach dort hetzen und später wieder in die andere Richtung. Zwischen Kindergärten und Arztpraxen und Supermärkten und Gar-nicht-so-super-Jobs. Zwischen Termindruck und Geldsorgen. Zwischen hochgedrücktem Blut und dem wuchernden Wunsch, sich einfach mal – nein, immer wieder – bis zum Rand zu besaufen oder wenigstens endlich komplett durchzudrehen und in Ruhe die Wände in einer Gummizelle abknutschen zu können, auf Nimmerwiedersehen Leistungsgesellschaft.

Davon habe ich lange geträumt, vom stressfreien Leben. Und daran habe ich lange geglaubt. Immerhin bin ich ein ganzes Stück weit ausgestiegen, seit vier Jahren jetzt lebe ich von meinen Internetseiten. Habe Termine aufs oder unters Notwendigste reduziert. Sitze in Cafés zum Schreiben oder kann gleich daheim bleiben. Das ist auch ziemlich gut. Was aber nicht gut ist, ist ein Leben ohne Stress. Doch da wollte ich hin wie die Motte zum Licht und ich glaube, fast hätte ich mich verbrannt.

Dazu eine kurze Geschichte, im Kern aus dem Zen:

Ein Kloster.

Ein Mönch, der Stress stets aus dem Weg ging.

Ein Meister, der den Mönch zu sich rief.

Der Meister hielt ihm die Faust vors überraschte Gesicht.

„Was soll das?“, fragte der Mönch.

„Wäre meine Hand immer so, wie würdest Du sie nennen?“

„Entstellt“, antwortete der Mönch.

Der Meister öffnete die Faust, hielt dem Mönch seine flache Hand vors Gesicht, und fragte: „Wäre meine Hand immer so, wie würdest Du sie nennen?“

„Auf eine andere Art entstellt“, antwortete der Mönch.

„Wenn Du das verstanden hast, wirst Du gelegentlichen Stress nicht mehr scheuen.“

So war es dann auch. Der Mönch lebte intensiver, trat der örtlichen Feuerwehr bei und veranstaltete sogar die klosterinterne Miniplayback-Show, obwohl er Angst davor hat, vor Menschen zu sprechen, geschweige denn zu singen.

Ein dauerhaft entspanntes Leben ist ein Krampf. Wie bei einer Hand, die sich nicht öffnen oder schließen lässt.

Anspannung und Entspannung. Wir brauchen beides. Wie den Tag und die Nacht (frag die Typen im Norden Skandinaviens, die wahrscheinlich monatelang die Augen nicht zubekommen, weil die Sonne nicht untergehen will, und die anschließend schwermütig in der Ecke hocken, weil die Dunkelheit an jeder Stunde klebt).

Damit meine ich nicht nur „positiven“ Stress, der uns kribbelig fordert und wachsen lässt. Sondern auch den „negativen“ Stress. Denn das Leben verschont niemanden von uns, und wenn wir das Unvermeidbare vermeiden wollen, bringt uns das nicht in Sicherheit, sondern in eine Angststörung, da wir immer weniger aushalten und uns irgendwann alles überfordert, was nicht positiv und entspannt ist.

Na ja, ich jedenfalls hocke mich jetzt wieder ans Fenster. Vielleicht passiert da draußen ja irgendwas Aufregendes.

 

P.S.: Heißt natürlich nicht, dass nicht die meisten von uns deutlich weniger Stress gut bekommen würde, selbst wenn er mit deutlich weniger Geld zusammenhinge.

P.P.S.: Siehe auch Der Unsinn vom ständigen Leben „im Hier und Jetzt“

 

Photo: Aleera