Teile diesen Beitrag "Blitz-Erleuchtung, Gurus und andere Zweifelhaftigkeiten (v. Thomas Pfitzer)"
Es folgt ein Gastbeitrag von Thomas Pfitzer.
Wirkliche Einsicht ist nur das, was wir selbst erkennen – nicht das, was wir lesen oder gesagt bekommen. Das gilt auch für das, was uns Lehrer, gleich welcher Art, sagen.
Es gibt keine allgemein gültige Wahrheit. In jedem Mensch wohnt eine, nur für ihn persönlich gültige Wahrheit. Diese Wahrheit ist veränderbar. Sie kann sich und soll sich entwickeln. Diese individuelle Wahrheit entspringt seinem eigenen ganz persönlichen Unterbewusstsein. Die Aufgabe des Menschen ist die Weiterentwicklung dieses Geistes durch die Selbstverwirklichung – die ständige Verbesserung. Was letztendlich „besser“ ist, entscheidet nur das Individuum für sich selbst.
Warum ist das meine Aufgabe und wer gibt mir das als Aufgabe?
Das Unterbewusstsein weist mich auf diese Aufgaben hin. Ich erkenne sie in Form von Blockaden, Ängsten, Stress und hinderlichen Handlungsweisen, die mich in irgend einer Weise ärgern, meine Ziele behindern und meine Kommunikation mit Menschen beeinträchtigen.
Religionen, Sekten und Organisationen unterbinden oftmals die unabhängige Entwicklung der persönlichen Wahrheit und führen daher nicht zu einer freien und sich selbst entwickelnden Seele, sondern zum Dogma.
Da jeder Mensch absolut individuell ist, können Religionen et cetera nicht zur Weiterentwicklung der eigenen Persönlichkeit dienen, sondern nur zur Entwicklung einer Gruppenpersönlichkeit, die meist leicht manipulierbar ist, was ausgenutzt werden kann.
Wissen kann nie vollständig sein. Forschung führt ständig zu neuem, teilweise den bisherigen Erkenntnissen widersprechendem Wissen.
Unser Denken beruht auf diesem Wissen oder besser gesagt auf dem, was wir erlebt, gelesen, gehört und visualisiert haben. Also beruht es auf dem, was wir zu wissen glauben (unsere momentane „Wahrheit“). Daher ist unser Denken von vornherein falsch und kann so auch nicht zur wirklichen Wahrheit führen. Was wir uns vorstellen ist nicht die Wirklichkeit, sondern nur ein Abbild dessen.
Die Wahrheit über die Welt kann also nicht durch denken gefunden werden, sondern nur durch „erfühlen“. Aber selbst dann bleibt es die Wahrheit des einzelnen und ist nicht für alle gültig.
Wenn es unzählige Wahrheiten gibt, ist es für mich auch völlig in Ordnung, wenn es die entsprechende Anzahl von unterschiedlich langen Entwicklungsphasen gibt.
Einsicht entsteht durch ständiges hinterfragen der eigenen Handlungen und der Auflösung störender Handlungsweisen wobei „störend“ wieder nur der individuellen Sicht der Dinge, also der momentanen eigenen „Wahrheit“ entspringt.
Da die momentane Wahrheit aber eine Folge der Prägung durch die Umwelt ist, die sich ständig ändert und ebenfalls weiterentwickelt, ist es eher unwahrscheinlich, dass die Wahrheitsfindung des Individuums jemals abgeschlossen sein wird.
Erfahrungsgemäß und hier schließe ich mich mit ein, ist der Rückschlag besonders heftig, wenn man glaubt, man hat es geschafft und man befinde sich auf dem Pfad der Erlösung. Wobei Erlösung hier für angstfrei, stressfrei, vorurteilsfrei, achtsam, gut gelaunt, gelassen usw. steht. Wer irgendwann einmal das Gefühl hat, genau das erreicht zu haben, dem kann man ein böses Erwachen fast schon garantieren.
Unser Unterbewusstsein scheint auf Hochmut besonders genervt zu reagieren. Die Auflösung des Ego, wie von so vielen „Weltenlehrern und Gurus“ gefordert, ist ein hartes Stück Arbeit. Hier ist besonders Gelassenheit und Nachsicht mit sich selbst hilfreich.
Je höher der Umwelteinfluss, desto langwieriger der Weg zur Erkenntnis über das Ego.
Mit jeder Veränderung unserer Handlungs- und Denkweisen, verändern wir den Geist (die Seele) in uns. Sollte diese Seele nach unserem Tod tatsächlich zurück zu Gott gehen, würde das bedeuten, dass wir Gott verändern – vielleicht sogar neu erschaffen. Jeder Mensch wäre somit der Schöpfer seines eigenen Gottes oder ein Mitschöpfer am Gesamt-Gott.
Der indische Philosoph, Autor, Theosoph und spirituelle Lehrer Jiddu Krishnamurti strebt keine Ich-Stabilisierung an, sondern dessen Auflösung. Das Ich, Selbst oder auch Ego ist für Krishnamurti die Ursache aller Konflikte. Das Ich ist seines Erachtens nur ein Produkt des Denkens: „In sich selbst hat es keine Realität“. Eckhard Tolle und andere Weltenlehrer, oder wie man sie nennen mag, vertreten ähnliche Thesen.
Das mag zwar richtig sein, aber erstrebenswert erscheint mir das „Auflösen des Egos“ nur wenn es langsam und schrittweise erfolgt.
Der Wunsch vieler Menschen jetzt sofort erlöst zu werden von ihren Ängsten, Wünschen, Vorurteilen und hinderlichen Gedanken bringt mehr Schwierigkeiten mit sich als eine langsame, wenn auch oft zähe und von Rückschlägen geprägte Entwicklung.
Stellen sie sich vor, sie erwachen morgens und sind erlöst von all ihren Zwängen und sind völlig klar in ihrem Denken. Einigen Menschen soll das tatsächlich schon passiert sein – behaupten sie zumindest.
Diese Blitz-Erleuchtung hätte zur Folge, dass Sie nichts mehr haben wollen von dem was die ganze Zeit Ihr Leben prägte. Sie würden Ihren Job nicht mehr wollen, legen keinen Wert mehr auf Haus, Auto und Mallorkaurlaub. Auch Ihre Familie und besonders der Freundeskreis passen dann plötzlich nicht mehr zu Ihnen und Ihrem neuen Denken.
Ich stelle mir das wenig erfreulich vor.
Nur ein System oder viele?
Ich halte es nicht für gut einem Guru, sprich einem System zu folgen. Viele Gurus zu hören und sich dann entspannt auf den Weg zur eigenen Verbesserung zu machen, auf den Weg zur inneren Freiheit, ist meines Erachtens die zwar langwierigere aber angenehmere Art. Ein schrittweises zu sich selbst finden setze ich gleich mit „ständig an-sich-arbeiten“. Die Ungeduld steht uns da allerdings oft im Weg.
Es gibt wohl keinen Schalter auf dem „jetzt erleuchten“ steht. Und es gibt wohl auch keinen Guru der diesen Schalter besitzt. Es wäre zu einfach – und das was wir einfach so bekommen ist uns ja bekanntlich nichts wert. Deshalb muss es wohl schwierig bleiben.
Text von und herzlichen Dank an:
Thomas Pfitzer |
Photo: commune_absence_giboyeuse
Jeder Mensch hat eine eigene Meinung und bildet sich seine eigene Wahrheit. Das ist wahr! Aber im Laufe des Lebens verändert sich bei jedem die Wahrheit immer ein bisschen.
Ja das sehe ich auch so. Jede Wahrheit ist immer nur ein Ausschnitt, auf den wir schauen. So wie wir (ohne Spiegel) nie alle Seiten eines Apfels gleichzeitig anschauen, oder beide Seiten des Mondes sehen können, so ist es auch mit den Perspektiven um die Wahrheit.
Ein wahrer Erleuchteter wird nie versuchen einen Menschen zu verändern. Die Aussage ist immer dieselbe: You are not the body, you are HE. Das bedeutet alles was unser materielles Leben betrifft, wie denken, fühlen, haben wollen…. sind unsere persönlichen Bedürfnisse und Wünsche. Dem ist nichts entgegenzusetzten, im Gegenteil wir sollen diese berücksichtigen und erfüllen, wenn möglich ohne jemanden Schaden zuzufügen. Die Erfüllung der gesunden Bedürfnisse und Wünsche wird benannt als ein glückliches Leben. Wer diese Erfüllung nicht hat, hat ein schweres Leben. Auch das gibt es. Aus Sicht eines echten Erleuchteten gibt es nur einen Fehler und nur das wird als EGO bezeichnet: Nicht zu akzeptieren wer man ist, sondern sich ausschliesslich mit dem Körper und seinen Anlagen zu identifizieren und davon auszugehen dass man der Handelnde ist. NUR DAS IST EGO. Die Nichtakzeptanz einer höheren Kraft die in allem und durch alles wirkt. Ich tue, ich denke, ich handle…. das ist EGO
“ …hast Du ein Ziel nicht erreicht oder einen „Fehler“ gemacht fühlst Du dich schlecht. Hast Du ein gesetztes Ziel erreicht und alles ist glücklich, bist Du stolz auf Dich. Beides kannst Du dir sparen, denn es liegt nicht an Dir. Es liegt nicht in Deiner Hand. Nie. In deiner Hand liegt nur zu Handeln wie es deinen Anlagen entspricht. Die Früchte, ob richtig oder falsch, sind nicht Deine…… Das ist Stufe I im Verstehen. Weiter geht es mit tieferer Erleuchtung:
…..also tue alles Deinem Ermessen nach, doch wisse: es ist nicht die Realität. Namen und Formen sind nicht existenz, alles ist ER…..
Das zu erkennen ist innere Entwicklung, und doch bleibt auch diese Erkenntnis
Hallo Helga, vielen Dank für Deine Worte! Ich fürchte, Dein letzter Satz fand ein apprubtes Ende, hätte sehr gern noch weiter gelesen!
Ein paar gute Ansätze sind dabei.
Ich denke allerdings, man macht es sich zu einfach, wenn man behauptet, nichts läge in der eigenen Hand, man könne nichts bewegen und sei Opfer jeder Situation. Man manövriert sich immer selbst in die eigene Lebenssituation – das kann 1. unbewusst (durch blindes Vertrauen in das Ego) passieren oder 2. bewusst / ehrlich (durch das „authentische Ich“). Ich behaupte also von mir „Ich mache – ich schreibe gerade diese Zeilen hier“ – ob die Motivation dahinter die des Egos oder meines „echten Selbst“ ist, ist eine andere Geschichte – das kann man im Nachhinein nur mit seinem persönlichen klaren Verstand herausfinden.
Opferbewusstsein ist ein Produkt des Egos. Und es ist ein Wunsch, ein Traum des Egos nach „Erleuchtung“, „Erlösung“ zu streben oder gar gänzlich erleuchtet zu sein – tatsächlich ist dies das Davonlaufen vor der eigenen Psyche, vor den eigenen „Abgründen“. Du kannst deiner Psyche und deinem Ego nicht davonlaufen… du kannst das Gehirn nicht an der Nase herumführen – da zieht man den Kürzeren. Stattdessen muss man sich seiner Schattenseite zuwenden, psychische Konflikte erkennen und lösen, um ein harmonisches Erleben seiner Umwelt (inkl. sich selbst) zu generieren.
Sich in einer Höhle einigeln, 24/7 meditieren ist pure Unterdrückung der eigenen Psyche und des „authentischen Ich’s“.
Ist es also wirklich erstrebenswert, ein Leben entgegen der Natur, also voller Leiden und Verzicht zu führen, für eine Illusion, für die Hoffnung ( < übrigens Produkt des Ego's), eines Tages den "vollen Durchblick", aber keine Liebe für sich selbst und andere Geschöpfe zu haben?
Den Weg der "Erleuchtung" einzuschlagen, ist purer und unnötiger Stress. Und was haben wir vom Ego gelernt? Wenn sich ein Gedanke "schlecht" anfühlt, dann ist er mit größter Wahrscheinlichkeit nicht wahr…
Ein weiser Mann hat mal zu mir gesagt: “ Wo kämen wir denn hin wenn plötzlich alle erleuchtet wären?“
Danke für diesen tollen Artikel, er fasst es wunderbar in Worte.
Wissen ist der Seele zugänglichen und das Ich mit dem Physischen Körper ist die Instanz, mit der die Seele das Wissen auch erfahren kann … Worte aus der Quanten-Philosophie.
Religionen und Gurus können uns wie Seilbahnen dienen. Doch bei der Bergstation solltest du aussteigen und deinen Weg gehen. Dabei solltest du nicht aufhören, bei jedem Schritt achtsam zu sein und die Richtung ggf neu zu bestimmen.
LG Richard
Hallo alle miteinander,
also könnte man zusammenfassend sagen: Erleuchtung, bzw. der Weg zur Erleuchtung bedeutet, aus seinem wahren, „authentischen Ich / Selbst“ zu handeln (teils „Seele“ genannt) und (mittels Verstand / Bewusstsein) auf der Hut vor den Tücken des Ego’s zu sein?
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Ich befasse mich aus diversen Gründen schon länger mit dem „Thema“ Spiritualität und bin kürzlich auf ein Video im Internet gestoßen, wo ein junger, selbsternannter „Guru“ in seinem Video (über „Erleuchtung“) ganz trocken behauptet, wir würden gar nicht existieren… also nicht nur kein Ego, sondern gänzlich nicht.
Als ein junges Mädel mit einem Kommentar darauf reagierte: „Seitdem ich dein Video gesehen habe, bin ich depressiv… ich sehe keinen Grund mehr zu leben und möchte mich umbringen.“, reagierte der Protagonist / „Guru“ umgehend mit dem Kommentar: „Das ist nicht weiter schlimm. Du existierst nicht – also wen willst du umbringen?“. Und es gab tatsächlich Menschen, die seiner Aussage mit einem „Daumen nach oben“ zugestimmt haben.
Finde nur ich derartige Aussage komplett daneben? Und bin nur ich der Ansicht, dass es grundsätzlich zu hart, bzw. fehlerhaft ausgedrückt ist, zu behaupten, dass man überhaupt nicht existiert und ein Menschenleben einen Scheißdreck wert ist?
Ich weiß natürlich, dass der zweite Teil meines Kommentars hier nicht zum grandiosen Artikel (Danke an dieser Stelle dafür!) dieser Seite gehört, aber beim Lesen kam mir diese kleine Anekdote in den Sinn, die mit den wenigsten Menschen diskutieren könnte.
Alles Gute,
Moreno
Hi Moreno,
ich würde zusammenfassend sagen, der Weg zur Erleuchtung ist Bewusst Werdung oder die Anhebung der Bewusstheit. Irgend wo auf diesem Weg sollten wir eine Bewusstheit erlangen, die sich in unserem Zustand der Liebe und Akzeptanz zeigt. Du kannst wohl weniger bewusst sein, wenn du gerade mit dem Verstand nach der Erleuchtung suchst, denn Suchen bedeutet, die Bewusstheit einzuschränken, etwas auszublenden, das scheinbar nicht dazugehört. Bewusst Werdung bedeutet auch das Annehmen und sich Öffnen und die damit einhergehende Transformation von „niedrigeren“ Zuständen. Auch kann der weitere Weg gar nicht von unserem Verstand erfasst werden. Wir können nur die Richtung erahnen. Und Tore sind sicherlich das Tor nach innen und die Stille. Denn um so weiter wir nach innen gelangen und umso stiller unsere Gedanken werden, umso liebevoller, heller und formloser wird es.
Hallo Richard,
ich freue mich über deine flotte Antwort.
Tatsächlich wollte ich etwas ähnliches damit aussagen.
Ich selbst unterscheide grundsätzlich zwischen 1. denken / glauben („glauben“ nicht zwingend im religiösen Sinne) und 2. wissen. Wobei ich denken (und glauben) nochmals in bewusstes UND unbewusstes Denken „splitte“.
Da ich keinen „Gurus“ (mehr) glaube und mir lediglich im bewussten Verarbeiten der Informationen ihrer Worte (teils neue) Perspektiven aufzeigen lasse, WEIß ich inzwischen, dass die absolute Erleuchtung (/ der endgültige „Tod“ des Egos) und die damit verbundene permanente Ekstase nur ein weiterer Wunsch, eine SehnSUCHT des Egos ist. Eine Illusion.
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Seit ich denken kann (meine ersten klaren Erinnerungen – mit Unterbrechungen – beginnen mit meinem 6. Lebensmonat), WEIß / ahnte ich, wer ich bin und dass die Eindrücke unserer Umwelt anders sein können (bzw. sind), als sie erscheinen.
Bereits im Kindergarten, der Grundschule und auf weiterführenden Schulen wurde meine Mutter in die Institute eingeladen, wo man Gespräche über meine Person führte. Es hieß, ich wirke hin und wieder apathisch, rede melancholisch und würde mich nicht (all zu oft) freiwillig an Gemeinschaftsprojekten beteiligen. „Ich könne, wenn ich wolle, aber ich sei recht faul“.
Ich befolgte den Rat meiner Eltern und beteiligte mich mehr, da mein Ego mir mitteilte, dass es eventuell eine Notwendigkeit, korrekt und „normal“ für eines jeden Menschen ist, sich so zu verhalten. Glauben konnte ich mir „meinen“ Sinneswandel nicht – ich war also immer noch davon überzeugt, dass dieses Konzept, dieses System nicht der Wahrheit entspricht.
In den Schulen, die ich besuchte, galt ich, laut den Lehrkräften, als „Querulant“, „bockig“ und „aggressiv“… wenn auch gleichzeitig als sensibel mit einem ausgeprägtem Sinn für Gleichberechtigung und Toleranz.
Ich WUSSTE, was ich wollte und WUSSTE gleichzeitig, dass mein rebellisches Verhalten nur eine Reaktion auf das war, was meinen Werten nicht entsprach – ich agierte nicht als ich, sondern als Mensch, der „mehr“ wusste / ahnte, als sie sagten. Ich wusste die ganze Zeit um meinen Ursprung und wer ich wirklich war – nur wusste ich damals noch nicht, dass es wirklich stimmt. Denn alles und jeder in meinem Umfeld lenkte mich davon ab und führte mich auf Irrwege – wenn auch immer nur temporär. Mein Ego, das immer wieder in den Vordergrund trat, bekam natürlich keine Bestätigung von außen, dass ich einen Teil „der Wahrheit“ erkannt hatte.
Irgendwann mit etwa 13, 14 Jahren akzeptierte ich das falsche Spiel; wusste aber auch, dass es ein falsches Spiel ist. Dadurch wurde noch etwas offener anderen Menschen gegenüber und genoss die „Vorzüge“ der „Jugend“ und „Erwachsenwerdens“. Die Wahrheit dabei immer im Hinterkopf.
Das Problem dabei war, dass ich mein Ego (ich wusste bis dato nicht, dass es wirklich diese Tücke im Verstand gibt) sich an dem Wissen ergötzt hat. Somit hielt ich mich gegen Ende der Zwanziger für überlegener und liebte meine Einzigartigkeit auf eine egoistische Art und Weise.
Das Ego fand also über einen kleinen Umweg zu seiner Präsenz in mir, bzw. direkt neben mir. Ich fing an unbewusster am Leben teilzunehmen.
Das brach mir mit 23 Jahren endgültig das Genick, als ich nach diversen „Schwierigkeiten“ (u.a. finanziellen Problemen, Beziehungsaus oder Stress im Beruf) und den daraus resultierenden Minderwertigkeitsgefühlen und ständiger Angst einen Nervenzusammenbruch erlitt.
Das war der Weckruf. Das erkannte ich jedoch erst fast 3 Jahre später, nachdem Panikattacken, Zwänge, Unwirklichkeitsgefühle und Agoraphobie mein komplettes ErLeben bestimmten.
Es gab nichts mehr zu denken… ich hatte genug gedacht, zu viele Strategien ausgeklügelt, meiner Situation zu ENTKOMMEN. Das alles führte nur tiefer ins Verderben. Auch „spirituelle Weisheiten“ und Meditationen brachten nicht mehr als kurze Hoffnungsschimmer. Ich musste mich also beSINNEN und mich mit der menschlichen (insbesondre meiner) Psyche auseinandersetzen – dazu zwang mich die Natur / das Universum / mein wahres Ich… wie man es auch betiteln möchte.
Ich bemerkte dadurch wieder mich – mein „authentisches Ich“. Wer war also „dieser andere“, der so große Angst vor der Angst und der Panik hatte? Ich besorgte mir Literatur von Psychologie und Psychoanalyse über Spiritualität und Esoterik, bis hin zur Physiologie des Menschen.
Dann endlich erkannte ich wieder, was ich die ganze Zeit wusste ohne es zu wissen: der (1) Körper, die (2) Psyche (inkl. Ego) und (3) das „authentische Ich“ (undefinierbar und nur individuell spürbar / „erleb-bar“) bilden zusammen die Einheit, die uns das Erleben auf der Erde in diesem Universum (als Teil des Universums) erfahrbar machen.
Diese 3 Hauptkomponenten bilden eine Einheit > dich und mich. All diese Prozesse laufen parallel zu einander, so lange der menschliche Körper mit Blut versorgt wird, also lebt. Das wird als Menschenleben bezeichnet.
Nachdem man das eigene Ego erkannt hat, hat man die Wahl – ja, es existiert Entscheidungsfreiheit – ob man sich (1) unbewusst seinem Ego widmet und an Erleuchtung und den geisteskranken oder egoistischen „Gurus“ und „Meistern“ (à la Krishnamurti) GLAUBT oder der Wahrheit, bzw. einem Teil der Wahrheit, ins Auge blickt und sich einfach selbst spürt. Manch ein „Guru“ mag seine „Wahrheit“ vielleicht sogar nicht bösartig unter’s Volk gebracht haben, weil er eventuell nur einen Knacks oder riesige Angst vor der eigenen Armut hatte, wenn er nicht etwas Außergewöhnliches für seine Mitmenschen dargestellt hätte (die Ihn dann finanziell & emotional unterstützt haben)… aber es gab / gibt mit SICHERHEIT auch den ein oder anderen „Weisen“, der bewusst die Schwäche, Neugierde und Beeinflussbarkeit der Menschen ausgenutzt hat, um sein eigenes Dasein etwas angenehmer zu gestalten.
Daraus zog ich den Schluss, dass wir niemanden brauchen, der uns irgendeinen Scheiß von Erleuchtung erzählt und das es okay ist, hin und wieder beWUSST egoistisch zu sein, wenn es sich gut anfühlt und niemanden (inkl. einem selbst) schadet. Man sollte sich so oft es geht, bewusst sein, was vor sich geht, evtl. warum es vor sich geht und das, was sich unangenehm anfühlt annehmen, akzeptieren und zu sich einladen.
ERLEUCHTUNG heißt, zu WISSEN, was man alles NICHT WEISS.
Die Wahrheit ist zu groß, um sie zu verstehen – man nur ein Stück davon erfühlen, aber das darf und sollte man akzeptieren und sich nicht in Meditation oder sich ausschließlich die Worte von Osho flüchten. Wir dürfen Mensch sein und wenn wir das bewusst tun, kann man das größte Glück daraus ziehen.
Ich erzähle das hier nicht nur, um mir etwas von der Seele zu reden und schon gar nicht, um mein Ego zu befriedigen, sondern VOR ALLEM, um den Leuten, die gerade „spirituell verwirrt“ sind oder Ängste in sich tragen, eine neue, mehr der Wahrheit entsprechende Perspektive aufzuzeigen.
Übrigens bin ich, jetzt 27 Jahre alt / jung, inzwischen fast komplett von meinen Ängsten und Depressionen geheilt – auch ohne Auflösung des Ego’s 😉
Danke an jeden Einzelnen, der sich die Zeit genommen hat, bis hier hin zu lesen 🙂
<3
Danke an MyMonk, dass ich eure Seite als Sprachrohr nutzen durfte!
Hi Moreno,
Ich hab bis zum Ende gelesen. Das Denken ist wohl sehr lebendig bei dir und es drängt nach außen. Deine Wahrheit war dir von klein auf sehr wichtig. So MUSSTEST du dich einfach authentisch verhalten. Das „Verlernen“ des Wissens, das Einschränken des Bewusstseins war auf harten Widerstand gestossen. Sternen Kinder haben es oft erst recht schwer.
So warst du mit diesem Zugang vielen Menschen voraus. Man sagte dir, das sei nicht „normal“ und du hast etwas davon angenommen, in deinen Mentalkörper aufgenommen, doch nicht alles „unnormale“ ließ sich beiseite schieben und du hast mit dem Verstand nach Erklärungen gesucht. Auch das EGO schleicht sich immer ein, überdeckt zeitweise den Konflikt mit einem Gefühl des „Besser Seins Als Andere“. So eine Chance geht an dem EGO wohl selten vorbei.
Doch wie kann der Verstand hier helfen? Auch der Verstand von Gurus und Buchautoren stützt sich auf deren Kontext und auf Worte, die nur Symbole sind. Manche mögen erstaunliche geistige Fähigkeiten haben. Doch vieles, was wir erklärt bekommen möchten, kann der Verstand nicht erfassen und können Worte nicht transportieren. Und wenn, dann lesen wir zwischen den Zeilen. Wir finden es und „wissen“ es dann (wieder). So kommt es nicht auf die Menge an, sondern eher darauf, wie tief eine einzelne Zeile, eine überlieferte Weisheit, sich den Weg nach innen bahnen kann, das Geröll aus Angelerntem, Blockierendem beiseite räumen kann.
So gibt es für mich das „Wissen“, das wir auch „Wahrheit“ nennen, das schon immer umfassend der Seele zugänglich war. Es kann sich über
1 den Körper
mitteilen. Als Sehnsucht, Impuls, Intuition, „es einfach wissen“ … Dies kann überschattet werden durch
2 Emotionen
wie Mut, Wut, Ängste, Unwertgefühle, bis hin zu Scham, und aus dem Bewusstsein gedrängt werden. Diese gehören nicht ursächlich zu unserem Kern. Sie haben nur eine Erd-gebundene Bedeutung. Und sie werden gespeist durch
3 Denken,
wobei tatsächlich das allermeiste Denken ausserhalb unserer Bewusstheit geschieht Es läuft selbständig ab, so wir es einmal angenommen und zugelassen haben.
So können wir nur heilen durch Bewusstheit, was „momentanes nicht Denken“ heisst. Anders herum findet auch das Wissen von tief innen, durch den Körper, zum Emotional-Körper. Es kann so Emotionen der Liebe, Zuversicht, Geborgenheit, Akzeptanz, Dankbarkeit, ohne Objekt oder Bedingung, bewirken. Und die Emotionen jeder Art können Gedanken auslösen von entsprechend „positiver“ oder „negativer“ Qualität.
Natürlich hat mein Verstand die Sätze geformt. Doch sie sind stimmig mit meinem Körper, mit einem Wissen tief innen, „meiner Wahrheit“. Energie wärmte dabei meine Wangen. Gelegentlich denke ich, ich sei nur Kanal. Doch mein Verstand kann das nicht wirklich bewerten. Es geschieht einfach.
LG Richard
Hi Richard,
das war der beste Informationsaustausch, den ich seit Langem erfahren durfte. Ich danke dir dafür!
In meinem derzeitigen Bekanntenkreis ist mir das nicht möglich – aber das ist okay. Auch meine Freundin ist keineswegs „auf den Kopf gefallen“, aber sie kann meinen Überlegungen oft nicht richtig folgen – aber auch das ist okay für mich, da ich das, was ich IN ihr „sehe“, bedingungslos liebe und die unerklärliche Anziehungskraft zwischen uns genieße.
Insbesondere das, was du zum Zusammenhang zwischen Körper, Emotionen und Denken geäußert hast, ist etwas, worauf mich Dr. Claire Weekes in ihren Büchern aufmerksam gemacht hat… und es waren ihre Informationen / Denkanstöße, die mir gefehlt haben, um meine Psyche Richtung Heilung zu steuern und das Gesamtbild etwas besser zu verstehen.
Und das ist ein wichtiger Punkt für mich / meinen Verstand, um das Leben voll zu erfahren: Alles ist miteinander verwoben – jede Aktion bringt eine Reaktion; und das auch innerhalb eines menschlichen Wesens. Es geht für mich darum, eine Balance zwischen den vorherrschenden Umständen (wie automatischen Emotionen, dem Körper, der Wahrheit etc.) der eigenen Existenz zu schaffen.
Wenn der Mensch schon ein System entwickelt hat, in dem es Berufe gibt, die ausgeübt werden sollen, um Geld, ein Tauschmittel, zu „ernten“, dass u.a. der Beschaffung von Lebensmitteln dient, wieso sollte man nicht bewusst in eine Rolle, in einen Beruf schlüpfen, die mit dem „authentischen Ich“ resoniert (?) …ich bin bspw. ein außergewöhnlich guter Zeichner und trotzdem resoniert diese Eigenschaft nicht mit mir – sie füllt mich nur selten aus. In einer Firma habe ich mich irgendwann auch nicht mehr gesehen – also habe ich mich selbstständig gemacht. Und weil die Menschen in meiner Umgebung meine Passion / meine Authentizität irgendwie fühlen können, fühlen sie sich angezogen und somit bin ich wirtschaftlich so erfolgreich, dass ich mich ernähren und die Miete bezahlen kann. Mehr will ich nicht. Ich lebe zu wenig Ego (haue also nicht auf die Kacke), als dass ich eine „krasse Karre“ fahren oder zwei Mal im Jahr in den Urlaub fahren / fliegen kann – aber auch das ist okay für mich. Es FÜHLT sich richtig an. Und Alles, was sich schmerzvoll anfühlt, entspricht für mich der Unwahrheit – wie das Befolgen der Worte (bzw. deren Inhalte) von „Gurus“, die die Erlösung aller Schmerzen versprechen, wenn wir uns vom Körper und vom Denken gelöst haben.
Dein letzter Satz hat das Ganze übrigens sehr schön abgerundet.
Eine Frage brennt mir noch auf der Seele, Richard. Denkst du, dass diese Wahrheit, die du in dir verspürst, eine individualisierte Facette der Wahrheit ist, wie z.B. deine Intuition, deine echten Vorlieben etc. (?) ODER dass jeder Mensch exakt dieselbe, universelle Wahrheit in sich erkennt, wenn jegliche Gedanken, körperlichen Bedürfnisse (und Eigenschaften) und Identifikationen wegfallen und das somit alles „Innere“ aller Lebewesen dasselbe ist?
Hier können nur Mutmaßungen angestellt werden, aber wo wir gerade so tief gehen… 😉
Liebe Grüße und einen schönen Feiertag,
Moreno
Ja, das ist schon etwas für das Glaubenssystem, Moreno. Aber ich teile gern meine Sicht hierzu.
Ich denke SOWOHL ALS AUCH. Umso weiter unsere Bewusstheit die Ebene der Form verlässt, über das Feinstoffliche und darüber hinaus, umso mehr erkennen wir uns als Eins, teilen uns die selbe Aura und die selbe Information. So kann auch Geistheilung stattfinden, und auch Fernheilung.
Umso weiter wir nach innen gehen, umso mehr gemeinsames Wissen finden wir, letztlich die gleiche Kraft, die uns durchströmt, eine Intelligenz, die unserem Streben und unserer Sehnsucht eine gemeinsame Richtung gibt.
Umso mehr wir im Bewusstsein der Form sind, also beim Verstand-Denken, umso mehr sehen wir uns getrennt und individualisiert. Jeder bekommt nur einen kleinen Ausschnitt zu sehen. Schon die Astrologie sagt uns, dass Geburtszeitpunkt und -Ort dies mit beeinflussen.
Aus Sicht der Seele ist auch jeder auf einem anderen Pfad unterwegs und hat sich für so ein Leben etwas anderes vorgenommen. Entsprechend wird das Wissen individuell eingeschränkt, überlappt sich aber irgend wie mit dem Wissen des Anderen.
Also für den Verstand erfassbare Belange eher unterschiedliches Wissen. Jeder hat auch einen anderen Kontext. Doch durch spirituelle Öffnung können wir dies erweitern und mit erweiterter Bewusstheit auch mehr Gemeinsames finden.
Vielen Dank für eure Aufmunterung. Ich habe herzlich gelacht über was ihr euch so Gedanken macht. Ich glaube euch nur allen kein einziges Wort von dem was ihr da denkt. Keine Ahnung von wem ihr diese Form des Denkens habt, erinnert mich an die Fantasien vom Leben nach dem Tod. Ist auch interessant wie sich die Gruppe im Denken selbst bestätigt. Typisch Gruppendynamik. Nach meiner Erfahrung hängt das Lebensgefühl, darum geht s hier wohl, vom handeln ab. Jeder macht irgendwann mal Fehler, damit muss man klar kommen. Das gelingt mal mehr und mal weniger. Am Ende kann man sich wahrscheinlich nicht dabei zusehen wie einen die Würmer aufessen.Mehr is es nicht, man wird geboren, lebt und dann stirbt man. Das Leben hat nun mal nicht endlos Energie. Also in seiner Gesamtheit schon. Aber selbst das ganze Universum kühlt sich allmählich ab und wird irgendwann mal zur Beruhigung oder zum Stillstand kommen. Und dann machen wir uns Gedanken über Erleuchtung? Wenn ich Erleuchtung suche, brauche ich einfach nur mal zu versuchen ne zeitlang in die Sonne zu gucken. Da machst e ne hübsche Erfahrung mit der Erleuchtung. Eure Probleme hätte ich mal gerne.