Teile diesen Beitrag "Vertraue niemandem, der Kellner und Kassierer schlecht behandelt"
Kellner, Kassierer, Klempner, Klofrauen und -männer sind Menschen, genau wie wir alle. Sie haben vielleicht den mieser bezahlten Job. Das ist aber auch schon alles.
Selbstverständlich. Sollte das sein. Ich komme mir gerade ein bisschen lächerlich vor, dass ich das überhaupt schreibe.
Doch fast jeden Morgen sitze ich (und arbeite) in einem Münchner Café und erlebe da so einiges mit. Kommandoton. Lachen, wenn sich die Kellnerin umdreht. Anspielungen. Oder so tun, als wäre sie unsichtbar. Ein Diener, der gefälligst auf dem Boden kriechen sollte für die 50 Cent Trinkgeld, mit denen man schon gönnerhaft in der Tasche klimpert … aber nur bei guter Führung. Und wehe, irgendwas passt mal nicht, das Wasser war dann doch mit mittel-viel statt medium-viel Sprudel. Am Abend, wenn Alkohol fließt und den letzten Schein von Anstand wegspült, ist die Lage noch übler. Scheint Alltag geworden zu sein.
Als würde ein Dienstleistungsjob einen komplett entwerten. Nur, weil der andere (oder dessen Arbeitgeber) einen als Kunden mehr braucht als andersrum.
Vorsicht vor solchen Leuten.
Denn aus so einem idiotischen, kalten Verhalten lässt sich eine Menge über den Charakter ablesen. Nicht daraus, wie jemand drauf ist, wenn er was von seinem Gegenüber will, und eventuell ja nur deshalb den Netten rauskehrt.
Wer schlecht bezahlte Menschen schlecht behandelt, trägt ein Shirt, auf dem steht: „Ich fühle mich tief im Herzen wie eine ganz arme Wurst und deshalb muss ich andere von oben herab behandeln.“ Oder auch: „Ich hab in meinem ganzen Status-Getue wohl dummerweise meine Menschlichkeit verloren.“
Was, wenn derjenige irgendwann mal Macht über uns wähnt, wir ihn mal brauchen? Wie wird er uns dann wohl behandeln?
Wir müssen dem anderen ja nicht die Füße massieren (obwohl die ihm sicher manchmal weh tun), ihn nach seinem Chef fragen (obwohl der womöglich ein Tyrann ist und ihm drei Monatslöhne schuldet) oder ob er noch mehr Jobs hat, die nach dieser Schicht beginnen (obwohl das immer häufiger nötig ist für immer mehr von uns).
Aber ein bisschen Freundlichkeit sollte doch echt drin sein. Auch, wenn der Getränkenachschub mal ein bisschen dauert oder der Nachbartisch eher dran kommt.
Ich selbst bin eher zu unterwürfig Kellnern gegenüber, frage, ob ich „bitte etwas haben könnte“, lächle zwischen angemessen freundlich, halbwegs charmant und völlig überzogen, wenn das Essen kommt, und gebe am Ende oft zu viel Trinkgeld. Das ist vielleicht auch manchmal irgendwie seltsam, aber vermutlich die immer noch die gesündere Variante für alle Beteiligten.
Mehr dazu unter Das unterscheidet Narzissten und Selbstbewusste sowie unter Ein bedeutsames Leben braucht keine Karriere.
Photo: Jeroen Werkman | Inspiriert von: Rachel Cooke
Das habe ich mal in „Wie man Freunde gewinnt“ gelesen:
„Die Größe eines großen Mannes zeigt sich darin, wie er die kleinen Leute behandelt.“
Natürlich sind Putzfrauen, Kellner & Co. als Menschen nicht „kleiner“, aber ihr wisst, wie es gemeint ist.
Warum lächerlich? Ich kenne wohlhabende Schnösel, die dem Toilettenservice das Trinkgeld vom Teller stehlen
und dies für eine lustige Heldentat halten. Ich habe als Künstlerin schon selbst geputzt und nebenher dienstleisten müssen. So weiß ich wie man da (leider doch zumeist) behandelt wird. Sensitive brauchen aber diese Erfahrung eigentlich nicht, um mit Menschen so umzugehen, wie sie selbst behandelt sein möchten.
Da wundert’s nicht, wenn viele diese Berufswege meiden möchten. Vielen tät es aber gut, diesen Weg
der Existenzsicherung (wenigstens mal eine Zeit lang) gehen zu müssen; schult das Einfühlungsvermögen.
Ich erlebe allerdings wesentlich öfter, dass sich das sog. „Servicepersonal“ daneben benimmt.
Arrogante, den Gast mit abfälligen Blicken taxierende Kellner/innen, bei denen ich mich am liebsten für meine Anwesenheit entschuldigen möchte.
Schnippische, desinteressierte Verkäufer- und Kundenberater/innen, denen ich am liebsten einen Wechsel ins Warenlager vorschlagen würde.
Klugscheißende KFZ-Meister, die bereits mit „das kann nicht sein“ antworten, bevor ich die Problembeschreibung überhaupt beendet habe.
Von den zahlreichen, an Irrsinn grenzenden Kontakten mit Bediensteten der großen Kommunikations-bzw. Logistikdienstleister möchte ich hier gar nicht erst anfangen.
Und- nein, ich muss nicht für jede persönliche Befindlichkeit Verständnis haben- wenn sich jemand nicht in der Lage fühlt, seine Arbeitsinhalte den Vorgaben entsprechen zu erledigen, dann soll er ganz einfach über einen Jobwechsel nachdenken, denn davon gibt es ja angeblich genügend.
Diese voranschreitende Jammerkultur geht mir mittlerweile gehörig auf den Senkel.
Ich habe fertig:)
ja – habe ich erst heute wieder in München erleben müssen – Service-Personal, das man 3-4 bitten muss um die Rechnung zu bekommen … tja alles ist möglich 🙁
Danke für den prima Artikel, Tim!
Obschon ich ursprünglich aus dem (Kunst-)Handwerk komme, habe ich bereits in vielen Dienstleistungsbereichen gearbeitet. Und ich kann nur denjenigen beipflichten, die meinten, dass jeder einmal einen solchen Job ausführen sollten,
um sich einfühlen zu können — es kann nicht schaden…
Ich kenne beide Seiten. Die Leistungerbringende und jene die nimmt. Und im Grunde geht es doch mal wieder nur um eines: Wertschätzung des Gegenübers. Der eine hat was, das der andere will. Wenn also ein Austausch stattfinden soll,
hilft nur eins: Freundlichkeit. Im Mindesten aber Bitte und Danke sagen auf beiden Seiten. Dann klappt es vielleicht auch mit der Dienstleistung. Wer sich Faulheit oder Bequemlichkeit leisten will (oder muss, weil er/sie/es nicht kochen oder putzen kann z.B.), der muss halt ins Portemonnaie greifen.
Der Arbeitnehmer ist kein Bittsteller sondern ein Leistungserbringer – dafür wird er bezahlt.
Wie er oder sie dabei guckt oder spricht ist vollkommen unerheblich – dafür wird er >nicht< bezahlt.
Alles was darüber hinausgeht entspringt dem:
"Wie ich in den Wald hinein rufe, so schallt es heraus." Hüben wie drüben
Na ja, so wie manche gucken, ist das Gesamtpaket keine große Leistung, die abgeliefert wird. Und schlechte Leistung wird im Allgemeinen auch schlechter bezahlt. Nicht umsonst werden auch sogenannte persönliche Fähigkeiten nachgefragt, neben dem Teller und Gläser schleppen können.
Schön geschrieben …
ich kann es auch nicht ausstehen, wenn sich „Neu-Reiche“ und Angeber von oben herab benehmen. Da ich aber mittlerweile nicht die andern bewerten/abwerten möchte, meditiere ich in Ruhe darüber. Ich ärgere mich also über das Verhalten von Menschen, die unfreundlich sind. Dann kann man wie Byron Kathie in „The Work“ fragen: Wo bin ich unfreundlich? Und dann umkehren usw.
Ich mag das Wort “ Putzfrau “ nicht. Ich finde Reinigungskraft viel respektvoller.
Es gibt wohl beide Seiten. Und ein Minimum an „Dienst am Menschen“ erwarte ich auch. Mit Trinkgeld lässt sich dies leider in Deutschland nicht so leicht zum Ausdruck bringen oder gar steuern, wie dies in anderen Ländern möglich ist. In den USA gebe ich eben ein Trinkgeld, das ich für angemessen halte, gemessen daran, wie gut ich mich bedient fühle. Und viel mehr Einkommen gibt es dann auch dort nicht für die Bediensteten. In Deutschland kann ich nur meine Wahl, wo ich bedient werden will, eingrenzen, wenn ich die freie Wahl habe. Ein Bediensteter sollte aus meiner Sicht immer noch ein gewisses Einfühlungsvermögen beabsichtigen und zum Ziel haben, dass ich mich mit dem Dienst gut fühle, mich insofern auch wahrnehmen. Und dies ist dann auch einen gewissen Aufpreis wert. Ich erlebe hier z.B. ständig, dass eine Bedienung am Tisch oder an der Wursttheke an mir vorbei schaut, wenn sie mit mir spricht. Oder sie läuft mehrfach an meinem Tisch vorbei, ohne sich umzuschauen, wer ihre Aufmerksamkeit wünscht. Auch ein Signal, dass es wahrgenommen ist, wenn ich noch immer warte, sollte ich erwarten dürfen.
Andererseits gehen doch Menschen immer wieder dort hin, wo sie nicht diese Erwartungen erfüllt sehen. Gerade Reiche haben hier oft angehobene Erwartungen und sind trotzdem geizig. Sie meinen dann, etwas ändern zu können, wenn sie sich direkt abwertend oder herablassend zeigen. Oft geht es einfach darum, den Unwillen herauszulassen. Besser finde ich es dann aber doch, die Freundlichkeit aufrecht zu halten und eben bei guter Bedienung sich deutlicher großzügig und aufwertend zu verhalten. Aber ich darf mich schon zum Ausdruck bringen und insofern authentisch sein. Und es ist so. Den Deutschen ist das Dienen nicht angeboren. Sie sehen sich oft alleine durch die Tätigkeit abgewertet, egal wie der Kunde sich benimmt. Dabei sollte doch die Fähigkeit, den Menschen etwas zu geben für ihr Wohlfühlen, auch Erfüllung bringen können.
Es ist tatsächlich erschreckend, wie wenig Anstand und Manieren manche Menschen an denTag legen.
Ich bin geschäftlich sehr viel unterwegs und habe da leider schon oft solch negatives Verhalten sehen müssen.
Und – wie im Artikel beschrieben – sind es oft die Personen, die Dienstleistungen bringen (Restaurant, Hotel, Reinigungskräfte, Portiers, aber auch Kassiererinnen, Verkäuferinnen, …) die solche Kommentare und schlechtes Verhalten leider viel zu oft ertragen müssen.
Ich verstehe nicht, was manche Menschen sich einbilden, wenn sie andere unhöflich und respektlos zu behandeln. Wer glauben sie zu sein?
Ich reise sehr viel international und ich begegne immer alle Menschen stets mit Respekt und Freundlichkeit. Für mich ist es eine Selbstverständlickeit, das Zimmermädchen, den Taxifahrer, die Servicekräfte genauso mit Bitte / Danke / Guten Morgen etc zu behandeln, wie den Hoteldirektor oder den Geschäftsführer meines Kunden. Und ist es nicht viel schooner, wenn man ein lächeln und eine nette Antwort zurück bekommt?
In diesem Sinne – ein Frohes Neues Jahr mit etwas mehr Respekt und Höflichkeit und wir haben alle etwas davon.
Netter Beitrag der mich an einen Freund erinnert, den ich eigentlich wirklich mag, der aber gegenüger KellnerInnen auch immer total ausfällig wird. Ich verstand das nie. Vor allem weil er so eigentlich ein angenehmer Zeitgenosse ist. Aber warum er gegenüber Bedienungen stets das Arschloch raushängen lassen muss, ist mir bis heute ein Rätsel.
Er konnte es mir auch noch nie erklären, wenn ich ihn darauf angesprochen habe.
Wer Achtung und Respekt davon abhängig macht, was eine Person arbeitet, disqualifiziert sich letztlich selber und nimmt sich zudem die Chance, ganz tolle Menschen kennenzulernen.
Im Studium zum Lehramt hatte ich verschiedene Nebenjobs als Kellnerin, um mein Bafög aufzubessern. Eine junge Dame behandelte mich in der Gaststätte genau so von oben herab, wie im Text beschrieben. Ich fühlte mich so minderwertig. Witzig war nur, dass sie ein paar Jahre später ihre Tochter an der Privatschule anmelden wollte, auf der ich unterdessen arbeitete. Ich glaube nicht, dass sie sich an die Situation in der Gaststätte erinnerte, ich mich jedoch sehr wohl. Aus der Bewerbung für ihre Tochter ist kein Vertrag entstanden. Zwar kann die Tochter nichts dafür, jedoch wäre eine Zusammenarbeit mit solchen Eltern für mich persönlich nicht möglich gewesen.
Hm, das trifft es genau: Es gibt beide Seiten. Und auf beiden kenne ich Gutes und Schlechtes.
Ich erlebe immer wieder mal, dass man mich in Restaurants ignoriert oder unfreundlich behandelt – aus gutem Grund gehe ich also meist an die Orte, wo das ganz anders gemacht wird. Und das ist doch auch für beide Seiten ein Gewinn, wenn das Miteinander gut ist – freundliches Lächeln auf beiden Seiten, Nachfragen wie „Darf’s wieder ein Colabier sein?“ oder „Könnte ich das Gericht mit Pommes haben?“, Verständnis, das nicht immer alles geht, manchmal ein bisschen Geduld, wenn man sieht, dass sehr viel zu tun ist… So in der Art. Ich habe das auch schon oft so erlebt, dass es beiden richtig Freude macht – dem hinter der Theke und mir davor – dem „Bediener“ und der „Bedienten“! 😉
Wenn ich gerne einen Dienst in Anspruch nehmen möchte, hab ich allerdings doch mehr Möglichkeiten zur Auswahl – ich kann zum Beispiel woanders hingehen.
Auf der anderen Seite ist das etwas schwieriger. Und das ist ab und zu schon echt frustrierend und traurig. Ich habe zusammen mit meinem Mann eine kleine Pension – und manchmal haben wir den Eindruck, dass sich unser Stil „persönlich und familiär“ so richtig böse rächt. Dann bekommen wir z.B. schlechte Bewertungen oder sehr unfreundliche Beschwerden – gerade von den Gästen, um die wir uns speziell bemüht haben, denen wir Extrawünsche erfüllen oder für die wir irgendwas Besonderes machen… 🙁
Zum Glück gibt’s auch die anderen – solche, die zurücklächeln oder schon freundlich auf uns zukommen, solche, die es bemerken, dass wir uns bemühen, Ihnen eine schöne Zeit zu ermöglichen – und die sich vielleicht sogar noch dafür bedanken.
Was ich ganz furchtbar finde – dass es diesen „Standesdünkel“ leider immer noch gibt. Als ich vor einigen Jahren den Betrieb meiner Eltern übernahm, da reagierte eine Kollegin mit dem Satz: „Willst du wirklich wie deine Mutter nur noch als Putzfrau arbeiten?“ So, als wäre das etwas Abwertendes. Ja – also erstmal leistet eine Putzfrau einen wertvollen Dienst. Und zweitens stimmt das so nicht – ich habe meine Mutter jedenfalls nie so gesehen. Sondern immer als Chefin eines kleinen Betriebes – im Dienstleistungsbereich, also tut sie natürlich etwas für andere. Aber das habe ich vorher als Akademikerin mit meinem Hochschuldiplom ja auch gemacht – es wurde halt nur besser bezahlt und ist darum dann womöglich besser angesehen. Na, was soll’s?! Ich bin Theologin und habe als Pastoralassistentin gearbeitet. Ja, richtig – in diesem Bereich sollte es doch solchen Dünkel erst recht nicht geben, oder???! Nun, und damals habe ich mich darum gekümmert, anderen ein Stück Leben so zu gestalten, dass sie dabei (vielleicht) Gott begegnen konnten. Und da gab es jede Menge große und kleine, theoretische und praktische Aufgaben, um das zu erreichen. Jetzt kümmere ich mich darum, dass andere ein Stück Leben – Urlaubstage – so gestalten können, dass sie sich erholen. Und auch da gibt es viele große und kleine, theoretische und praktische Arbeiten, um das zu erreichen. In beiden Fällen übrigens gehört Putzen dazu – jetzt halt ein bisschen mehr als vorher.
Eigentlich finde ich, dass es einen Menschen adelt, wenn er sich mit Liebe und Sorgfalt darum kümmert, anderen den Dreck wegzumachen (von wegen Putzfrau!) oder wenn er/sie sich um Menschen kümmert, die es selbst nicht allein können. Aber diese Ansicht muss sich wohl erst noch durchsetzen… 😉
Um es noch ein bisschen deutlicher zu sagen: diese Menschen sind die Stärkeren unter uns, weil sie sich diesen wenig beliebten Aufgaben und gesellschaftlichen Herausforderungen in ihrem Tun und Sosein stellen, diese kaum anerkannten Wege gewählt haben, um weit mehr und angestrengter zu lernen als solche, denen vieles leichter fällt, die manchmal durch scheinbar glückliche Fügung zu gewisser Absicherung und Status gekommen sind, aber eben nicht mehr..