Teile diesen Beitrag "10 Anzeichen, dass Du in einer gesunden Beziehung bist"
Krank die Welt, an vielen Stellen, und krank sind auch viele Beziehungen. Da verbringen Menschen Jahre und Jahrzehnte zusammen und machen sich das Leben noch schwerer, als es ohnehin schon ist. Hören sich nicht zu. Beleidigen sich. Belügen sich. Betrügen sich (eine Rutschpartie auf der Sekretärin, ein Ritt auf dem buckligen Gärtner). Fallen sich in den Rücken, bei jeder Gelegenheit. Schaffen sich ihre persönliche Hölle. Aber selbst an diese Hölle gewöhnt man sich, richtet sich dort ein, wo Blut von der Decke tropft und Tränen ganze Badewannen füllen und zahnlose Münder stumm vor Schmerzen schreien.
Dann gibt’s noch den Gegenentwurf. Die Hollywoodfilme und den Medienkäse mit Leuten, die sich so sehr lieben, dass einem die Worte fehlen, wooow. Seelenverwandt, angeblich, auf Wolke 7, tagein, tagaus. Mit 102 Jahren immer noch dreimal Sex am Tag miteinander, jedes Gespräch eine Offenbarung, jede noch so harte Zeit durch das Miteinander in Watte gepackt, jede Wunde durch das Herz des Anderen geheilt.
Unsere Realtität liegt oft dazwischen. Weder durchfallbraun, noch rosarot. Nicht mehr verliebt wie am ersten Tag, nicht immer einer Meinung und nicht immer nur alles leicht. Aber trotz einiger Abstriche vielleicht ja gesund und gut für uns. Das Richtige. Das, was wir festhalten sollten.
Die Frage ist nur:
Woran erkennt man eine gesunde Beziehung?
Oder: Woran merkt man, dass man zusammenpasst?
Dafür gibt es einige Anzeichen.
Hier zehn davon:
- Geteilte Werte. Aus unseren Werten wachsen unsere Lebenspläne. Schwierig kann es werden, wenn der Eine die Freiheit liebt, die Welt bereisen will, und der Andere sich nur nach einem gemütlichen Zuhause sehnt und zwanzig Kindern. Saint-Exupery schrieb ja, Liebe würde nicht bedeuten, dass man einander ansieht, sondern dass man gemeinsam in die gleiche Richtung blickt. Viele gemeinsame Interessen braucht eine gesunde Beziehung dagegen nicht. Solange es trotzdem gemeinsame Quality Time gibt, müssen nicht beide eine Leidenschaft für Briefmarken oder gestörten Nazi-Schmuck teilen.
- Akzeptanz. Für das, was dem Partner wichtig ist. Für seine Einstellung, für seine Ziele, selbst dann, wenn sie sich mal nicht mit unserer decken. Und für seine Fehler. Wir fühlen uns nicht nur angezogen, sondern mögen ihn auch.Klar regt uns manches manchmal auf. Warum auch nicht. Nur lassen wir ihn grundsätzlich sein, wie er ist, reparieren nicht an ihm herum, als wäre er ein kaputtes altes Auto. (Heißt natürlich nicht, dass wir uns alles gefallen lassen müssen.)
- Vertrauen und Sicherheit. Das Gefühl von Sicherheit. Kein unfairer Krieg in stürmischer See, mit einschüchternden Flugzeugträgern und fiesen U-Booten. Sondern ein Hafen, in dem man einkehren und Ruhe finden kann, wenn die Wellen draußen hoch wie Türme sind. Es mag Auseinandersetzungen geben. Auch mal kleine Stellungskriege. Doch ist die Landschaft alles in allem eine friedliche; eine, die sich wie Heimat anfühlt. Dazu braucht es die Bereitschaft, nach einer Krise wieder aufeinander zuzugehen und nicht sofort alles hinzuwerfen, nur weil es nicht perfekt ist.
- Offenheit. Sprechen, sprechen, sprechen. Die eigenen Bedürfnisse und Gefühle teilen. Regelmäßig. Ohne Furcht, dafür bestraft zu werden. Sich verletzbar zeigen können, mit allem, was zu einem gehört, die Traurigkeit und der Zorn und die Zweifel, die einen durch den Kopf geistern, und die alten Leichen im Keller.
- Das richtige Maß aus Unabhängigkeit und Abhängigkeit. Kein siamesischer Zwilling werden, sondern zwei eigenständige Personen bleiben, die sich brauchen, aber nicht gegenseitig verbrauchen in dieser irren Idee, verschmelzen zu wollen oder zu müssen. Gesund ist, wenn es noch Raum gibt für ein Leben außerhalb der Beziehung. Die Bedürfnisse der Partner nach Nähe und Freiheit wandeln sich dabei immer wieder, geraten jedoch nicht dauerhaft in ein Ungleichgewicht.
- Wachstum und Unterstützung. Dem Anderen helfen bei seinen Zielen und seiner Entwicklung, ihn bekräftigen, nicht schwächen. Sich selbst von Zeit zu Zeit zurückstellen und Cheerleader sein. Das „Wir“ vor das „Ich“ stellen können. Unterstützung auch im Alltag, sich hineinteilen, die jeweiligen Stärken einbringen. Nicht vorm Fernseher hocken im abgeranzten Unterhemd, während die Frau sich mit zwei Babys im Arm durch drei Jobs am Tag und den Haushalt quält.
- Positive Annahmen. Den Partner in einem guten Licht sehen. In ungesunden Beziehungen verfolgen wir ihn oft mit grellen Scheinwerfern überall hin und unterstellen ihm permanent etwas Böses. In einer gesunden Beziehung gehen wir davon aus, dass er nur zu spät nachhause kommt, weil er im Büro noch etwas erledigen musste, denn für seine Familie legt er sich ins Zeug in der Arbeit. Und der Ketchup-Fleck ist vielleicht einfach ein Ketchup-Fleck und kein Rückstand von seiner letzten nächtlichen Serienmörder-Tour. Wir stellen die Partnerschaft nicht bei jedem Firlefanz infrage und nehmen nicht alles persönlich.
- Freiwilligkeit. Das Gefühl, aus Entscheidung zusammen zu bleiben. Nicht aus Gewohnheit. Nicht aus dem Gefühl der Abhängigkeit. Nicht „wegen der Kinder“. Nicht, weil man leider schon vorm Lottogewinn eine Vier-Millionen-Euro-Villa zusammen gekauft hat. Nicht aus Angst, dass der Partner sich oder uns selbst umbringen würde, wenn man ginge.
- Glück. Man kann auch unglücklich sein, während man in einer guten Beziehung ist. Man kann aber kaum glücklich sein, wenn man in einer kranken Beziehung ist. Wenn Du also mit einem Lächeln auf den Lippen „ja“ sagen kannst zu Deinem Leben, dann passt die Partnerschaft wahrscheinlich auch. Dazu braucht es keinen ununterbrochenen Rausch aus Verliebtheit und endlosem Verzehren. Vielmehr fühlt sich das Zusammensein natürlich an. Das Herz überschlägt sich vielleicht nicht mehr wie am Anfang, doch geht es noch immer auf, wenn wir an den Gefährten denken, und es vermisst ihn noch immer, wenn er länger weg ist.
- Tiefe, zunehmend. Wir lernen den Partner immer besser kennen. Lernen, was er braucht, um sich geliebt zu fühlen. Meistern gemeinsam Krisen und zeigen der Welt die Stirn, Hand in Hand. Damit schlägt die gesunde Beziehung Wurzeln, gewinnt an Tiefe über die Monate und Jahre.
Auch eine gesunde Beziehung kann mal Schnupfen haben oder sogar einen Beinbruch. Aber sie verblutet nicht aus tausend Schnitten oder verdurstet.
(Vom Gegenteil kannst Du hier lesen: 10 Anzeichen, dass Du Deine Beziehung beenden solltest und 10 Gründe, warum Menschen in kaputten Beziehungen bleiben.)
Was macht für Dich eine gesunde Beziehung aus?
Photo: Vincent Anderlucci
Hey Tim,
gute Punkte! Ich geb dir da vollkommen recht.
Ganz wichtig finde ich den Punkt 7. Genau das ist nämlich oft der Grund für das allgemeine unzufrieden sein: Man unterstellt selbst dem Partner Negatives oder bekommt es unterstellt. Daraus entsteht misstrauen und stille Wut auf den anderen. Kann nicht glücklich machen. Wer öfter denkt „Der/Die will doch nur wieder…“ sollte vielleicht einfach mal ein klärendes Gespräch führen oder hinterfragen ob das überhaupt Sinn macht.
Für mich ist es wichtig, dass beide dem Anderen Gutes tun wollen, an seine Wünsche und Ängste denken und sich füreinander einsetzen.
Liebe Grüße,
Ronja.
Es braucht viel Liebe um einen Menschen so sein zu lassen wie er ist. Das kommt leider nur allzu selten vor und in den meisten Beziehungen versuchen die Partner sich gegenseitig zu verändern – sei es auf direkte oder indirekte Art.
Hey Oliver,
da hast du leider recht. Allerdings ist es vielleicht auch einfach nicht die richtige Beziehung, wenn die Vorstellungen zu weit auseinander gehen und es einem schwer fällt, grundsätzliches Verhalten des anderen zu verstehen und ok zu finden. Eine Beziehung sollte einfach nicht unglücklich machen oder mehr Belastung als Rückhalt geben. Geben und Nehmen muss sich irgendwo auf einem fairen Level befinden.
Liebe Grüße,
Ronja
Hey Ronja und Oliver,
ich vermute, dass es durchaus „richtige“ Beziehungen gibt, in denen einer oder beide erst lernen müssen, den anderen sein zu lassen. In unserer über-individualisierten Welt verlernen wir das schnell – das heißt aber nicht, dass der Partner nicht zu uns passt.
LG Tim
Hey Tim,
ein wirklich toller Beitrag. Meine Freundin und ich erfüllen wohl alle 10 Punkte mittlerweile und wie soll ich sagen…Es ist einfach die schönste Beziehung dadurch die man sich vorstellen kann!
Aber das war natürlich nicht immer so. Wir mussten extrem hart dafür kämpfen am Anfang und hatten eine extrem schwere Zeit. Aber die Mühe, Ausdauer und der Kampfgeist haben sich definitiv gelohnt.
Wir haben es uns deshalb zur Aufgabe gemacht anderen unglücklichen Paaren zu einer erfüllten Partnerschaft zu helfen. Wir geben auf unserem Blog für Paare deshalb unsere ganzen Erfahrungen weiter. Würde mich freuen wenn du mal vorbeischaust!
Liebe Grüße
Marco
Hi Marco,
Dankeschön!
Um was genau musstet ihr denn kämpfen, was stand euch am Anfang denn am meisten im Weg?
Liebe Grüße
Tim
PS: den Link in Deinem Kommentar hab ich entfernt, man kommt ja auch über Deinen Namen auf eure Seite (und das wirkt sonst schnell spamm-ig)
Hallo Oliver,
ich glaube nicht, dass dazu „viel Liebe“ braucht.
– Warum kann man (insbesondere langjährige) Freunde so nehmen, wie sie sind?
– Warum kann man die meisten Kollegen so nehmen, wie sie sind?
Bestimmt nicht, weil dazu sonderlich viel Liebe notwendig ist, sondern weil der Abstand passt. Die meisten Menschen haben einen relativ ausgewogenen Freundeskreis mit verschiednen Funktionen. Wenn ich Trost brauche und umtüddelt werden will, wende ich mich an A.
Wenn ich einen Tritt in den Hintern brauche, dann gehe ich zu B. Und wenn ich feiern bis zum Umfallen möchte, dann rufe ich selbstverständlich nach C.
Wenn ich anerkenne, dass mein/e Partner/in nicht für jede meiner Facetten gleich wichtig und notwendig ist und das auch umgekehrt gilt, dann braucht es eben nicht eine illusorisch große Liebe, sondern in den Teilbereichen „nur“ das jeweils passende aus Nähe und Distanz.
Hi Sven,
ein sehr schöner Gedanke, dass wir nicht jedem jede Funktion aufzwingen sollten.
Ich glaube, an Abstand kann man schon arbeiten, an Nähe nur bedingt (bzw. wird die Bereitschaft nicht groß genug sein, wenn die Liebe nicht passt).
LG
Tim
Hallo Tim,
vielen Dank für diesen (und alle weiteren Artikel)!
Ich habe deinen Blog vor wenigen Wochen entdeckt und lese fast täglich darin. Es steckt soviel Weisheit und Klarheit darin. Es ist erstaunlich wie reflektiert du dich und die Welt erkennst.
Mir ist es trotz einiger Psychotherapien und unzähliger Selbsttherapieversuche leider noch nicht gelungen mich in dem Maße anzunehmen, wie du es offenbar geschafft hast. Dein Blog leistet aber einen mittlerweile regelmäßigen Beitrag dazu, dass ich mich in kleinen Schritten in die richtige Richtung bewege.
Dafür möchte ich dir danken. Das ist nicht nur so dahergesagt, sondern ich möchte dir ernsthaft und aus tiefstem Herzen DANKE sagen!
Alles Liebe, Mandy
Liebe Mandy,
herzlich willkommen und hier und vielen Dank für Deine Wertschätzung!
Was die Selbst-Annahme angeht, da kann ich Dich beruhigen 🙂 – auch ich tue mich manchmal noch recht schwer damit. Aber wie Du schon schreibst, die kleinen Schritte sind es, die zählen, und über die Jahre bin ich da schon ein gutes Stück vorangekommen, glaube ich. Etwas, das wirklich jeder schaffen kann.
Liebe Grüße Tim
Hallo Tim, mir hat dieser Beitrag auch sehr gut gefallen. Vorallem Punkt 4 Offenheit. Es ist so wichtig dem Partner sein Inneres offen zulegen – nur so erreichst du Nähe und Vertrautheit zu ihm. Vielen DAnk für deine direkte Sprache und vorallem für den Inhalt. Liebe Grüße Tete
Hallo Tim,
mit dem Artikel hast du es sehr gut auf den Punkt gebracht.
Ich glaube, dass die Liebe „nur“ eine Zutat in der Beziehungssuppe ist. Viel wichtiger ist, dass beide bereit sind für die Beziehung einzustehen und daran wachsen wollen.
Eine Beziehung bietet eine wunderbaren Spiegel um sich weiterentwickeln und sich seinen eigenen Ängsten zu stellen.
Wenn ich den Ängsten gegenüberstehe, kann ich dann überlegen, ob ich mich ihnen stelle oder lieber wieder in eine neue Beziehung flüchte. Nur leider vergessen die meisten, dass sie sich selbst mitnehmen und damit auch ihre Ängste.
Ein wunderbares Thema, was leider sehr viele sehr sträflich vernachlässigen.
Liebe Grüße
Melanie
Was für ein toller, einfacher, auf den Punkt bringenden Artikel. Wie immer eigentlich :-). Ich schreibe heute das erste Mal einen Kommentar zu deinen Artikeln, die ich aber regelmässig verfolge. Heute fand ich es einfach gerade super speziell, weil ich quasi parallel zu diesem deinem Artikel einen anderen Verfasst habe, indem ich genau darauf hinweise, dass ein bischen Hingabe und Selbstaufgabe schon auch wichtig ist für eine Beziehung. Also ein pures ICH-BLEIBE-WIE-ICH-BIN geht ja eben doch auch nicht. Irgendwo brauchen diese zwei Individuen schon eine gemeinsame Schnittmenge – oder nicht? 🙂
Darf ich hier den link reinstellen von meinem Artikel? Sonst einfach löschen und grosses Sorry – http://bigmove.ch/beziehung
Idealisierungen…
real existierende Beziehungen sind eben keine supersprituellbedingungslose persönlichkeitsachtsamkeitswachstumswallfahrt…lach…. Machtverhältnisse… Bedürfnissymbiose, da wird ein Schuh draus 😉
P.S.: und ja, die Liebe ist frei.. Beziehungen sind es nicht
Soo charmant und humorvoll auf den Punkt gebracht 🙂 Hat richtig Spaß gemacht