Clint Eastwood auf dem Pferd, die Zigarette lässig im Mundwinkel. Bruce Willis in einer Schießerei, keine Miene verzogen. James Bond bei einer Verfolgungsjagd, weniger gestresst als ich beim Einkaufen im Supermarkt („Die Bio-Avocado oder die normale, aber günstigere … ich weiß nicht, was ich tun soll … oh man, was soll ich nur tun!!“).
Unser Bild von einem echten Mann ist noch immer das des Coolen, Abgeklärten, ein Typ, den nichts aus der Ruhe bringt. Und schon gar nichts so „Lächerliches“ wie Gefühle.
Doch es liegt nicht an Hollywood, dass Männer ihre Gefühle unterdrücken. Die Sache geht deutlich tiefer.
Es liegt erstens an etwas Biologischem und zweitens an dem, was die Gesellschaft daraus macht.
Männer haben schon als kleine Jungs im Durchschnitt deutlich mehr Testosteron (genau genommen sogar schon vor der Geburt), sind lauter, körperlich aktiver, impulsiver, aggressiver.
Männliche Gefühle sind gefährlich, wenn sie impulsiv ausgelebt werden
Soziale Gruppen und auch Gesellschaften im Ganzen fürchten sich vor diesen Ausbrüchen. Zurecht, schaut man sich die Verteilung von Schlägern und Vergewaltigern und Mördern an. Meistens sind es eben doch keine Frauen, die Macheten und Knarren schwingen oder nachts Männer auf dem Heimweg verfolgen (und das hat nicht nur mit körperlicher Kraft zu tun).
Da jedoch nicht nur Wut zu aggressivem Verhalten führen kann, sondern (eher) Männer auch aus anderen Gefühlen heraus wie Eifersucht oder Zurückweisung töten, ging man in der Sozialisation lieber auf Nummer sicher und hielt gleich sämtliche Emotionen des Mannes für unerwünscht. Also am besten alles „verbieten“, man weiß ja nie.
Dieses Verbieten zeigt sich indirekt in den Männerbildern, die die Gesellschaft hat. Es zeigt sich jedoch auch direkt in der Erziehung. Etwa wenn ein Junge hinfällt und weint und zu hören bekommt: „Ein Indianer kennt keinen Schmerz“. Damit er die Gefühle vor anderen verstecken kann, beginnt er, sie vor sich selbst zu verstecken (siehe Die 4 Stufen emotionaler Entfremung). Verliert den Kontakt zu ihnen. Weil es vielen anderen Jungs ähnlich geht, werden bald schon „Heulsusen“ in der Klasse ausgelacht. Wer dazugehören will, muss sich taff und abgeklärt geben. Die Jungs sozialisieren sich selbst.
Was da passiert, ist weniger cooles Heldentum als das Gegenteil: die Männer werden domestiziert. Ein bisschen wie ein Hund, dem man das Bellen und Beißen abgewöhnt. Wie gesagt, gewissermaßen auch aus gutem Grund.
Besser als unterdrücken
Ein Stück weit bzw. eine Weile lang mag diese Strategie für uns sogar funktionieren. Nur gibt es da natürlich ein Problem: Ein Gefühl zu unterdrücken macht es nicht weg, es macht es auf Dauer nur stärker.
Neben hemmungslosem Ausleben und Unterdrücken gibt es glücklicherweise einen dritten Weg. Einen, den nach meinem Empfinden auch immer mehr Männer lernen. Den achtsamen Umgang mit Gefühlen. Das Gefühl bewusst wahrnehmen, es benennen und verstehen können. Damit gleichzeitig einen Schritt zurücktreten können, nicht mehr blind von dem gesteuert werden, was da in einem wütet.
Mehr dazu unter Wie man schmerzhafte Gefühle überlebt.
Photo: Sjoerd Lammers
Ich glaube dass es hier ein grundsätzliches Missverständnis gibt, das darin besteht, dass Verwundbarkeit mit Schwäche gleichgesetzt wird. Nichts könnte der Wahrheit ferner liegen. Ohne Bereitschaft sich verletzlich zu machen sind kein Wachstum und keine menschliche Beziehung möglich. Ganz im Gegenteil braucht es dazu sehr viel mut. „Hart wie Stahl“ zu sein ist im Grunde eine eklatante Schwäche. Wenn man das einmal erkannt hat, dann kann man wirklich stark werden und sich seiner Maskulinität stellen und sie zum Ausdruck seiner selbst machen.
Das Mißverständnis sehe ich auch – und anders als ich’s bei Facebook in den Kommentaren gelesen habe (https://www.facebook.com/myMONK.de/posts/1020505677984690), ist das aus meiner Sicht nach wie vor eine große Herausforderung für viele. Gerade für Männer. Das mag nach Klischee klingen, aber deshalb allein muss es nicht falsch sein, meine ich.
Nun ist dieses Thema kein leichtes, meine ich, besonders nicht für Männer. Doch dass Männer die gefährlichen Beisser sind und es ihnen derzeit in unserer Gesellschaft „mit gutem Grund“ abgewöhnt wird? Dies wird den Männern so nicht gerecht aus meiner Sicht.
Nun hat wohl der durchschnittliche Mann etwa 70% maskuline Energie und 30% feminine. Und bei der durchschnittlichen Frau ist dies umgekehrt. Mit femininer Energie reagieren wir einfühlsam und ausgleichend auf den Augenblick, vergessen eher die längere Sicht. Wir sind dann anscheinen eher sprunghaft und wechseln schnell die Richtung. Im Chaos ist diese Energie wohl auch brauchbar. Aber im praktischen Leben kann das ziemlich weh tun. So braucht es jemanden zum Anlehnen. Jemand, der zuverlässig ist. Jemand mit festem Boden unter den Füssen. Ein Mann eben, der Sicherheit ausstrahlt, der einen schlimmen Augenblick einer Frau umdrehen kann. Einfach indem die maskuline Energie hinzu kommt. Er lässt sie fliessen, wenn die Berührung der Frau mit fester Hand erfolgt und nicht mit Tätscheln. Nur in festen Händen gibt es das „Sich Fallen Lassen“.
Der Mann nutzt diese Energie sinnvoll aus meiner Sicht, wenn er die Ängste und anderen Emotionen aushalten kann, immer wieder SEINEN Weg findet und ihn auch zuverlässig geht. Natürlich zeigt sich das als Mut, trotz Angst „in den Sattel zu steigen“. Natürlich hat solche Energie auch oft den Aspekt von körperlicher Gewalt, wenn er sich herabgesetzt oder unbewusst wenig wert fühlt. Doch wie schlimm kann seelische Gewalt sein? Und mit seelischer Gewalt kann jemand erst in ein Gefühl der Herabsetzung geraten und „bissig“ werden. Hierfür braucht es auch wenig maskuline Energie, um jemanden in solche seelische Nöte zu bringen.
Trotz allem ist unsere Gesellschaft wohl dabei, die strengen Rollen von Mann und Frau abzubauen. Männer kultivieren zunehmend auch feminine Energie, z.B. indem sie grosszügiger mit sich selber umgehen, wenn es um Ziele geht. Und indem sie Achtsamkeit üben, wenn es um den Augenblick geht.
L G Richard
Ich meine, es ist gar nicht selten, dass es eine Frau unbewusst schmerzt, wenn die festen Hände nicht erscheinen, wenn sie wenig die Zuverlässigkeit und wenig das „Sich Fallen Lassen“ erfährt. Und sie erfährt es wenig, weil der Mann seine energetische Essenz zurückhält, um scheinbar der Forderung nach Gleichberechtigung gerechter zu werden. So wird se unzufrieden und setzt den Mann herab, der dann zum „Beisser“ werden kann.
Maskulinität ist nicht zwangsläufig etwas negatives sein, im Gegenteil; sie ist für das funktionieren unserer Gesellschaft notwendig. Leider wird es immer normaler von toxischer Maskulinität zu sprechen. Während das Feminine in den Himmel gelobt wird, wird die Männlichkeit oft verteufelt. Viele sind der Meinung dass die Männer- und Frauenrollen von der Gesellschaft anerzogen werden. Gut dass du in deinen Artikel auf die biologischen Unterschiede (Testosteron) hinweist, die immer wieder ignoriert werden und der wahre Grund für die Geschlechterrollen sind.
wunderbar, genau diesen Weg gehe ich, hoffentlich vorbei an Depressionen und all den andern typischen Männerkrankheiten …
[…] Quelle:myMONK.de | Für innere Ruhe und verwirklichte TräumeVeröffentlicht = Donnerstag, den 07.04.2016https://mymonk.de/gefuehlloser-mann/ […]