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Charles Whitman war ein 25-jähriger Architektur-Student an der University of Texas in Austin, als er im August 1966 erst seine Frau und seine Mutter umbrachte, sich dann ins Auto setzte, zum Campus fuhr ist, dort auf einen Turm stieg ist und 17 Menschen erschoss und 30 weitere verletzte, bevor er sich selbst hinrichtete.

Als Psychologen um Stuart Brown hinterher untersucht haben, wie es so weit kommen konnte, stießen sie etwas sehr Interessantes.

Eigentlich dachten sie, sie fänden vor allem eine Geschichte voller Misshandlung in der Kindheit, die Whitman so beschädigt hatte, dass er durchdreht und diese unfassbar schlimme Tat begangen hat. Und ja, genau das stimmte auch. Es gab allerdings noch etwas anderes.

Die Psychologen fanden etwas, das sie „Spiel-Entzug und andere bedeutende Spiel-Abnormitäten“ nannten.

Zum Beispiel wurde dem Jungen jeglicher Spieltrieb und alle Verspieltheit systematisch ausgeprügelt von seinem grausamen Vater, er durfte auch nie mit anderen Kindern spielen, wie Nachbarn berichtet haben.

Ein Komitee, das den Amoklauf untersucht, kam zum Schluss, dass Whitman vielleicht besser mit seinen Kindheitserfahrungen hätte umgehen können, wäre ihm wenigstens das Spielen erlaubt worden, als Ausgleich und Ventil. Dann hätte er vielleicht diese Gewalttat nicht begangen (es gab auch weitere Stimmen, die davon ausgehen, dass ein Hirntumor die Tat zum Teil erklären könnte).

Psychologe Brown hat später auch das Spielverhalten von 6000 Menschen studiert. Er berichtet, wie ich bei Psychology Today gelesen habe:

„Was all diese Studien wiederholt zeigen, ist … normales Spielverhalten war nahezu komplett abwesend in den Lebensgeschichten von höchst gewaltsamen, antisozialen Männern, ganz unabhängig von ihrer Demographie.“

Andere Studien von anderen Wissenschaftlern haben bestätigt, wie wichtig Spielen und Spaß für die gesunde Entwicklung von Menschen ist – sie wirkt sich sehr darauf aus, wie gut wir mit unseren Gefühlen umgehen können, welche Sozialkompetenz wir haben, wie wir Stress standhalten können und wie viel Neugier wir entwickeln.

Und dass wenn ein Kind zu wenig spielt, das ernsthafte Folgen haben kann zwischen Unglücklichsein und brutaler Aggression.

Es ist wie beim Stephen King Buch und Film „The Shining“, in dem die Hauptfigur Jack Torrance, gespielt von Jack Nicholson auf bedrohliche Weise wiederholt „Nur Arbeit und kein Spielen macht Jack zum stumpfen Jungen.“

Mir geht’s hier ganz ausdrücklich nicht darum, eine unfassbar schlimme Tat zu rechtfertigen. Mir geht’s um was anderes.

Freude ist kein nettes, optionales Zusatz-Ding, sondern sehr wichtig für uns und unser Gehirn und unser Leben. Und zu wenig Freude ist sehr gefährlich.

Eventuell liegt‘s eben auch mit an fehlender Freude, dass so viele Leute, gerade die Erwachsenen, sehr unentspannt und zum Teil sehr aggro sind.

Ich war mal im Supermarkt und nach einem langen und ätzenden Tag im Job ein bisschen ungeduldig, als ich etwas aus dem Kühlregal holen wollte – Kaviar aus der Tube eventuell, oder was anderes – und da stand jemand und blockierte dieses Regal, und da fragte ich ihn – möglicherweise etwas gereizt – ob ich nicht auch mal kurz ran könnte, und er antwortete in einem – nicht möglicherweise, sondern tatsächlich sehr gereiztem Ton – LERN LIEBEN, MANN!

Mir ist schon klar, dass das Erwachsenen-Leben kein einziger großer Sandkasten ist, aber wenn ich lese, dass Kind durchschnittlich 300 Mal am Tag lacht und ein Erwachsener 17,5 Mal am Tag … dann macht mich das schon stutzig.

Vielleicht können wir uns heute irgendwo ein paar Minuten abzwacken und ein bisschen spielen.

Mehr zum Thema findest Du auch im myMONK Podcast:

Photo (oben): Insights Unspoken, Lizenz: CC BY 2.0