Teile diesen Beitrag "Familienaufstellungen, Organisationsaufstellungen und verdeckte Aufstellungen (v. Thomas Pfitzer)"
Eine Systemaufstellung ist der Oberbegriff für verschiedene Aufstellungsformate. Die Familienaufstellung und die Organisationsaufstellung in Unternehmen und Organisationen sind hier wohl die bekanntesten.
Zielsetzungen können dabei allgemeine Klärungsanliegen oder Fragen zum Management und Selbstmanagement innerhalb sozialer Systeme z.B. aus dem beruflichen und privaten Kontext sein.
Aufstellungen sind äußerst hilfreich zur Konfliktklärung oder wenn ein Mensch sich nicht zwischen mehreren Möglichkeiten entscheiden kann.
Wichtig ist, dass es keine Einmischung und Deutung durch den Aufstellungsleiter gibt. Es darf auch nicht durch Suggestivfragen manipuliert werden. Der Klient entscheidet selbst was und wie er aufstellen möchte. Es darf keine Einflussnahme durch den Aufstellungsleiter stattfinden, was bei der Hellinger-Methode nicht gewährleistet ist. Besonders aus diesem Grund haben sich systemische Therapeuten von dieser Art der Aufstellungsarbeit distanziert.
Ebenso halte ich das Aufstellen von „Stellvertretern“ nicht für zwingend nötig. Es genügt wenn an einer Aufstellungen nur die betroffene Person teilnimmt und alle gewünschten Positionen und Rollen selbst übernimmt, um durch diesen Perspektivenwechsel eine neue, differenzierte Sicht auf das Thema zu bekommen.
So kommt es beim Klienten von innen heraus zu einer neuen Erkenntnis und dem gewünschten Lern- und Veränderungsprozess.
Stellvertreter sind dafür nicht unbedingt erforderlich. Es erhöht lediglich die Kosten der Sitzung und kann dazu führen, dass die Vertreter ihre eigenen Sichtweisen manipulierend einfließen lassen. Zudem werden bei Aufstellungen oft Themen bearbeitet, die eigentlich nur den Klienten und höchstens noch den Coach/Therapeuten etwas angehen.
Lesen sie hierzu auch eine sehr detaillierte Abhandlung von Prof. Dr. Reich zum Thema Systemaufstellungen. Das PDF können Sie auf meiner Webseite www.gapra.de unter dem Link „Downloads“ herunterladen.
Ich möchte jetzt speziell auf eine sehr interessante Variante der Aufstellungsarbeit eingehen – die verdeckte Aufstellung.
Nehmen wir als Beispiel eine verdeckte „Dilemma-Aufstellung“.
Ein Dilemma haben wir dann, wenn wir uns zwischen zwei oder mehr Möglichkeiten, bzw. Lösungswegen nicht entscheiden können.
Ein rein rationaler Lösungsweg wäre, die Vor- und Nachteile der Varianten aufzunotieren und sie gegeneinander abzuwägen. Leider zeigt es sich hier schnell, dass gewisse Vor- und Nachteile nicht so leicht mit anderen Faktoren zu vergleichen sind, weil unterschiedliche Emotionen damit verknüpft sind, die sich nicht abwägen lassen.
Bei der verdeckten Aufstellung erfühlt man die Situation und lässt sich auf das enorme „Wissen“ seines Unterbewusstseins ein, ohne sich vom Denken des Wachbewusstseins ablenken oder manipulieren zu lassen. Das, was wir denken ist nicht die Wahrheit, sondern nur die Folge von Erziehung, Suggestion und Erfahrungen, die selbst wiederum durch unser eigenes Handeln beeinflusst wurden.
Nehmen wir als Beispiel das Dilemma „14 Tage Badeurlaub auf Gran Canaria oder 14 Tage Wanderurlaub in den Alpen“. Wir schreiben eine Karte mit Gran Canaria und eine mit Alpen. Eine weitere Karte lautet „keins von beiden“ und eine „beides“. Diese Karten legt der Klient verdeckt (ohne zu wissen was auf der jeweiligen Karte steht) auf den Boden des Raumes. Wo er welche Karte hinlegt, bleibt ihm überlassen.
Wir bringen den Klienten nun mit der Milton-Sprache (Milton Erikson, Hypnosetherapeut) in einen entspannten, Trance-ähnlichen Zustand und lassen ihn beschreiben was er spürt und wie er sich fühlt, wenn er auf einer der Karten steht.
Wir notieren die Aussagen ohne sie zu werten. Möglich ist lediglich, sich die einzelnen Aussagen noch näher beschreiben zu lassen. Nach jeder Karte machen wir eine Pause und lenken vom eigentlichen Thema ab, um den Klienten wieder in eine neutrale Stimmung zu bringen.
Wenn alle Karten (Positionen) erfühlt und beschrieben wurden, decken wir eine nach der anderen auf, nachdem wir das Gesagte noch einmal vorlesen.
Die Ergebnisse sind erstaunlich. Dem Klienten wird schnell klar, was die einzelnen Aussagen für ihn bedeuten. Auch hier darf der Aufstellungsleiter nicht werten. Wurde zum Beispiel in unserem Fall die Karte „beides“ am positivsten bewertet, könnte man durch weitere Karten ermitteln was mit „beides“ gemeint ist: Wanderurlaub auf Gran Canaria wäre eine Lösung des Dilemmas, ebenso wie „beide Urlaube“ machen und jeden Urlaub dann eben nur eine Woche.
Es ist immer wieder faszinierend zu sehen, dass die Beschreibungen der Emotionen nach dem Aufdecken der Karten soviel Klärung bringen. Bei kniffligeren Themen ist dann aber schon etwas Erfahrung nötig um zu einem optimalen Ergebnis für den Klienten zu kommen.
Bei dieser Art der Aufstellungsarbeit ist eine Manipulation ausgeschlossen, wenn sich der Aufstellungsleiter an die Regeln hält und nicht durch Suggestivfragen beeinflusst.
Text von und herzlichen Dank an:
Thomas Pfitzer |
Photo: Conor Ogle