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Was, wenn die Harry-Potter-Autorin J.K. Rowling nicht ihre große Fantasie genutzt, sondern stattdessen versucht hätte, Versicherungen zu verkaufen?

Was, wenn Einstein sein ganzes Leben lang probiert hätte, 100-Meter-Läufer oder Diskus-Werfer zu werden, statt sich Distanzen von Lichtjahren zu widmen?

Was, wenn Lothar Matthäus nicht Weltfußballer hätte werden wollen sondern der neue Einstein … oder in seinen Worten, Zitat: „Wäre, wäre Fahrradkette“?

Es macht Sinn, unsere Stärken zu kennen und zu kultivieren. Nur: Welche sind das denn? Wie können wir sie finden?

Im Internet findet man oft Empfehlungen wie „Nimm ein Blatt und schreib Deine Stärken auf“ … äh, ja, Danke.

Und dann gibt es natürlich haufenweise Tests, manche davon sind gut, andere das digitale Papier nicht wert. Eins ist aber an den allermeisten davon schwierig. Angenommen, wir sitzen da gerade am Abend mit der Tasse Yoga-Balance-Tee und der Frauenzeitschrift in der Hand und blättern vorbei an den Heidi-hat-ihre-17.-große-Liebe-gefunden-Berichten und da ist er endlich, der Persönlichkeitstest.

Wir denken: Ja, super cool, letzte Woche der Test war schon so wertvoll, da hab ich rausgefunden, dass ich zu den Typen gehören, die Kuschelsex am liebsten allein mit sich selbst haben.

Und dann sind da die Fragen zu unseren Stärken und wir kreuzen total gespannt und so ehrlich wie möglich alles an. Und wir zählen die Punkte zusammen und am Ende kommt was raus und wir freuen uns unendlich, dass sie da jetzt Schwarz auf Weiß stehen, unsere einzigartigen Eigenschaften und Stärken. Zum Beispiel, dass wir wahnsinnig hilfsbereit sind und gütig und unheimlich schnell einen Draht zu anderen Menschen aufbauen oder wie unfassbar spirituell wir sind.

Das Problem ist nur: Sind wir wirklich so … oder wollen wir gern so sein?

Sobald wir uns selbst befragen, ist unsere Wahrnehmung sehr verzerrt. Da gab’s zum Beispiel eine Serie von Studien von den Psychologen Epley und Dunning, dass Menschen ganz zuverlässig überschätzen, wie selbstlos und hilfsbereit sie agieren. Ähnliches trifft für die verschiedensten Bereiche, Neigungen und Fähigkeiten zu, logisches Denken genauso wie Kreativität oder Humor.

Manchmal haben wir dabei eine zu rosane Brille auf, manchmal eher eine braun beschmierte Klobrille, die’s uns ebenfalls sehr schwer macht, uns realistisch einzuschätzen. Wir oder unser Ego oder unsere Selbstzweifel lügen uns dann die Taschen voll.

Von außen zur Antwort

Wenn wir also herausfinden wollen, wo unsere Stärken wirklich liegen, dann ist zuerst gar nicht mal die Frage, was die Frage ist, sondern die Frage ist, wem wir sie stellen. Und am besten stellen wir sie nicht uns selbst, sondern anderen Menschen, die uns den Spiegel vorhalten.

Nun sehen die uns natürlich auch verzerrt, aber wenn wir mehrere Menschen fragen, gleichen sich die Verzerrungen aus und das Bild wird relativ klar.

Es gibt eine Übung namens „Reflected Best self Exercise“, es geht also um unser „bestes Selbst“ und erforscht haben die die Wissenschaftler Robert Quinn, Jane Dutton, Gretchen Spreitzer und Laura Morgan Roberts.

Das geht dann folgendermaßen: Du schreibst zehn Menschen eine Email, die Dich in verschiedenen Situationen kennen, manche aus dem Beruf, andere aus der Familie, oder Freunde, oder Mitglieder Deines Briefmarkenvereins oder Swinger Clubs … je diverser die Leute, desto akkurater am Ende das Bild. Fragst Du hingegen nur Deine engsten Mitmenschen, weil die Dich ja angeblich so kennen, wirst Du mit den Ergebnissen viel weniger anfangen können, weil sie Dich einfach nur in einzelnen Rollen, nicht als Ganzes sehen können.

In dieser Email bittest Du sie um eine Sache:

„Schreib mir kurz von einer speziellen Begebenheit, wo ich für Dich mein bestes Selbst verkörpert habe und welche Stärke ich dort Stärke gezeigt habe.“

Diese wahren Geschichten sind viel, viel aussagekräftiger und bedeutsamer und viel spezieller, als wenn dann zehn abstrakte, Mails zurückkommen a la „Du bist echt voll nett“.

Wenn das Feedback da ist, lies es Dir in Ruhe durch und schau, ob Du vielleicht Muster erkennst, Stärken von Dir, die verschiedene Menschen in verschiedenen Situationen erlebt haben.

Die Ergebnisse sind oft erstaunlich und zeigen wiederholt bestimmte Qualitäten von uns auf. Dadurch, dass wir sie als Geschichten „überliefert“ bekommen, wirken sie außerdem ganz anders auf uns, können sich mehr festkrallen als ein neues Selbstbild und uns mehr darin bestärken, auf diese Stärken zu bauen.

Wichtig ist, dass wir sie wirklich bewusst einsetzen. Martin Seligmann, der Erfinder der positiven Psychologie hat mal untersucht, dass Menschen, die mehr über ihre Stärken herausfinden, glücklicher und seltener deprimiert waren … allerdings nur für kurze Zeit. Nur die, die ihre Stärken ganz bewusst eingesetzt haben, haben langfristig profitiert in Punkto Seelenheil und auch für ihre Leistungsfähigkeit.

Mehr zum Thema findest Du auch im myMONK Podcast:

Photo (oben): Gramicidin, Lizenz: CC BY 2.0