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Fallen erwarten den, der mehr vom Leben will als Sex, Status und Geld, und der sich aufmacht auf den spirituellen Weg zu mehr Tiefe, Sinn, Verstehen, Mitgefühl und Freiheit. Gefährlich sind diese Fallen, weil sie uns erst glauben lassen, wir würden auf einem zunehmend festeren Boden stehen, nur um uns diesen anschließend unter den Füßen wegzuziehen, als wäre er nichts als ein Blatt Papier über einem Schlucht.

So fallen wir dann tiefer denn je in ein Loch aus Enttäuschung und Frust und Wut und Traurigkeit. Dabei hatten wir so hart an uns gearbeitet, hundert Bücher gelesen, meditiert, yogiert, visualisiert, das Ego und die Gedanken kontrolliert, um glücklicher und standhafter zu werden …

In diese Fallen tritt jeder, der sich auf die große Suche macht. Vielleicht nicht in jede, aber in manche, und das zu Beginn immer wieder.

Der spirituelle Weg verunsichert:
was wir lange für selbstverständlich hielten, wackelt;
an was wir glaubten, daran zweifeln wir nun;
und Dinge, die wir nie nachgedacht haben, machen uns auf einmal Sorgen.

Deshalb greifen wir nach unseren alten Mustern und Geschichten, um Halt zu finden. Im Vajrayâna-Buddhismus spricht man von der „Verstärkung der Neurosen“, manchmal ist auch von „spirituellem Materialismus“ die Rede.

Die Fallen zu kennen ist wichtig, auch wenn wir sie kaum überspringen können: nur wer sie kennt, kann sie erkennen, sobald er ihnen begegnet … sie akzeptieren und lernen, ihnen nach und nach leichtfüßiger auszuweichen.

#1 Verstärkte Selbstzweifel

Der spirituelle Weg eröffnet ganz neue Möglichkeiten für die, die sich oft selbst kritisieren. Nicht mal zwei Stunden auf ner Matte sitzen und an nichts denken kann ich! Nicht mal den herabschauenden Kamikaze-Koyoten bekomm ich beim Yoga hin! Oder: die anderen sind alle schon viel weiter, verdammte Scheiße, selbst hier häng ich schon wieder hinterher! Der letzte Loser im Tempel.

Diese Falle verfestigt unseren Glauben, nicht gut genug zu sein und hart arbeiten zu müssen, uns verändern zu müssen, um endlich wertvoll genug zu sein.

#2 Verstärktes Ego

Das Gegenteil tritt ebenfalls häufig auf: ich bin ja so was von geil und überlegen und überhaupt, schau dir die ganzen Pfeifen an, wie oberflächlich sie sind und verstrickt in die Jagd nach Geld und Erfolg, ist ja lächerlich! Oder: schau Dir die Alte da im Yogakurs mal an, wie sie sich mit dem einfachsten Zeug abplagt, als müsste sie ne Melone mit ihrem Arsch zur Welt bringen, wo wir nur schwungvoll und im Einklang im allem harmonieren, om. Und wie mitfühlend wir sind, da können sich die ganzen Deppen mal ne Scheibe von abschneiden!

So benutzen wir die große Suche und blähen unser Ego damit auf wie mit Bohnen den Darm.

#3 Verstärkte Vermeidung

Wie geeignet scheint das Spirituelle doch zu sein, wenn wir alles Unangenehme hinter uns lassen wollen. Wir „leben im Hier und Jetzt“, ausschließlich, was soll uns da die Pein der Vergangenheit noch anhaben? Gehänselt wurden wir, verlassen und verletzt, missbraucht und verbraucht, aber hey, Schwamm drüber, ab jetzt wird einfach nicht mehr dran gedacht an den alten Mist. Geht nicht nur mit der Vergangenheit, sondern auch mit der Gegenwart und Zukunft. Schließlich sind wir doch jetzt viel zu weit entwickelt, um uns mit den Problemen zu befassen. Oder wir werden angegriffen und tun so, als würde es an uns abprallen, während in Wahrheit ein Stachel in unser Herz durchbohrt. Diese Falle wird manchmal „die Buddha-Maske“ genannt: wir tun so, als könnte uns nichts mehr etwas anhaben, als wären wir unantastbar, als würden wir über allen Dingen stehen, als menschgewordener Frieden, als fleischgewordene bedingungslose Liebe.

Alternativ können wir auch alles positiv sehen, uns schön reden. Und wenn sich doch mal etwas unangenehm anfühlt, bügeln wir es per Meditation oder Affirmation glatt.

Unter Vermeidung fallen auch sämtliche Lüste, denen wir uns verwehren. Wie bei den „keuschen“ Kirchenangehörigen, die ihre Sexualität unterdrücken, bis sie sich gewaltsame, böse Bahnen bricht.

Die Probleme nagen natürlich weiter an uns, während wir den Kopf auf die eine oder andere Weise wegdrehen. Wenn wir dann doch hinschauen, ist der Anblick kein schöner: alles blutig in Fetzen und voller Eiter statt heiter.

#4 Die falsche Fährte

Wenn Du myMONK schon länger liest, weißt Du, was ich von Gurus halte, die ihren Anhängern das einfach zu erreichende Dauerglück versprechen: nichts halte ich von ihnen.

Plötzliche Erleuchtung, nachdem man ein Buch gelesen oder einen Kurs besucht hat, ist Unsinn. Außer für den Guru natürlich, der damit sein Geld verdient.

#5 Antimaterialismus

Geld, Güter und den ganzen Kram, das brauch ich alles nicht mehr. Wenn alles nach Plan verläuft ernähre ich mich später nur noch von Licht, das wird lecker!

Solange wir jedoch nicht von Almosen leben, brauchen wir Geld. Armut ist keine Tugend, schließlich kann auch sie sehr stark und sehr real abhängig machen und uns zu Handlungen zwingen, mit denen wir nicht im Reinen sind. Ganz davon zu schweigen, dass vielleicht noch Menschen – unsere Familie – davon abhängig ist, dass wir Geld verdienen, um ein Dach über dem Kopf und einen vollen Kühlschrank bieten zu können.

#6 Verstärktes Anderen-auf-den-Sack-gehen

Irgendwie schaffen wir’s zu Beginn der spirituellen Reise jedes Gespräch auf Gott, Buddha, Karma, Engel, Seelen, kollektives Unterbewusstsein, Indianer, Schamanen oder die Sterne zu führen … und damit jedem, der uns zuhören muss, so richtig auf den Sack zu gehen. Oder ständig Zitate von uralten Philosophen auf den Tisch zu hauen, um die Umwelt von unserer Weisheit profitieren zu lassen. Ob wir gefragt wurden oder nicht. Ach was: gerade wenn wir nicht gefragt wurden, ist doch unser Einsatz nötig …

Das ist das Gegenteil von Mitgefühl und Verständnis. Ignoranz im Messias-Pelz.

Der Ausweg

Die Ursache ist in jedem Fall, für jede Falle, dieselbe: wir wollen uns dem Unangenehmen widersetzen – dem schmerzvollen Status quo und dem Gefühl der eigenen Unzulänglichkeit. Wir versuchen, unbedingt notwendige Schritte zu überspringen und stürzen ab. Umso mehr, je stärker wir dagegen angekämpft haben. Denken wir an die Relaxaholics, die ihre Arbeitswut im Büro gegen eine spirituelle eingetauscht haben und so viele Kurse besuchen und Übungen machen, dass sie bald ganz ausgebrannt umfallen.

Was dagegen hilft:

  1. Wahrnehmen, was ist und was wir gerade tun (z.B. schönreden, überlegen fühlen …).
  2. Uns selbst liebevoll in die Arme nehmen (wissen, dass es allen so geht, die sich auf den Weg machen – dass es vielleicht gerade ein Zeichen dafür ist, dass wir vorankommen) und die Gedanken sanft weiterziehen lassen.

So werden wir Schritt für Schritt authentischer statt gefaked spiritueller und gewinnen mehr und mehr Vertrauen in ein Leben ohne die alten Muster, die uns gefangen halten.

Welche Fallen kommen Dir besonders bekannt vor? (Bei mir sind’s #1-#3, die #6 umgehe ich irgendwie, indem ich mich hier bei myMONK auslasse 🙂 )

 

Photo: David Robert Bliwas