Das Leben kann eine Party sein, schrill und exzessiv, Freude machen und Konfetti kacken. Andere von uns verstehen das Leben als Kampfgegner, der über 120 Runden ohne Lendenschutz und Pausen auf uns eindrischt, bis die Organe schlapp machen (oder unser letzter Mut der ist, der uns aus dem achten Stock springen lässt).
Am besten ist’s aber vielleicht, wenn wir es als Fluss sehen.
Dazu die folgenden Worte des britischen Philosophen, Mathematikers und Literatur-Nobelpreisträgers Bertrand Russell:
„Jedes einzelne Menschenleben sollte einem Fluss gleichen: anfangs ein kleiner Bach, in engen Grenzen gehalten, durch seine steilen Ufer und leidenschaftlich dahinrauschend über Felsblöcke und Wasserfälle.
Allmählich verbreitert sich der Bach zum Fluss, die Ufer treten zurück, die Wasser strömen ruhiger, und schließlich mündet der Strom in das Meer ein und gibt gelassen sein eigenes Sein auf.
Der Mensch, der im hohen Alter sein Leben in dieser Weise zu sehen versteht, wird nicht unter der Furcht vor dem Tode zu leiden haben, weil alles, was ihm lieb ist, fortbestehen wird. Und wenn die Lebenskraft nachlässt und die Ermüdung zunimmt, wird ihm der Gedanke, ruhen zu können, auch nicht unwillkommen sein.
Der weise Mensch wird sterben wollen, solange er tätig ist, im Bewusstsein, dass andere fortführen werden, was zu vollenden ihm versagt war, und glücklich in dem Gedanken, getan zu haben, was in seinen Kräften stand.“
Wenn wir’s so angehen, fließt unser Leben … und unser Tod ist kein Ertrinken. Wir kommen nur zurück nachhause ins heimatliche Meer.
Mehr unter Das dunkle Geheimnis der glücklichsten Menschen der Welt und unter Dieses Zitat bringt auf den Punkt, warum unsere Gesellschaft so kaputt ist.
Photo: Mark Goebel
Moin Tim,
was soll ich jetzt dazu sagen? ^^
Der Fluss bzw. das Fließen lassen ist wirklich in vielerlei Hinsicht ein exzellentes Vorbild fürs Leben. Aber im Hinblick auf Leben und Tod hat er eine ganz besonders gute Funktion.
Ich betrachte in diesem Sinne gerne den Fluss nur als die Form eines Menschenlebens. Seine (Lebens)Essenz ist das Wasser. Die tolle Vorstellung, die sich für mich daraus ergibt:
Wenn der Fluss sein Dasein im großen Meer aufgibt, ist sein Leben nicht „vorbei“. Nur eine Form davon. Wer den Kreislauf des Wassers kennt weiß nämlich. Dass dieses an der Meeresoberfläche wieder verdampft, als Wolke über der Himmel gleitet und vielleicht an irgendeinem Berghang wieder herunterregnet, versickert und in einer neuen Quelle hervorsprudelt =)
(In meinem eBook habe ich das etwas ausführlicher beschrieben)
Wie siehst du das Tim? Glaubst du, es ist alles vorbei nach der großen Mündung?
LG und ein schönes Wochenende
Norman
Schönes Thema, Tim. Das Zitat vermittelt für mich Ruhe, Zuversicht und Geborgenheit. Ich vermute, das ist es etwa, wie weit sich ein Rationalist vor 100 Jahren angebunden fühlen und insofern zum Ausdruck bringen konnte.
Die Natur, Wasser, der Fluss, das Meer. Der Schaffensdrang, spätere Gelassenheit und Zufriedenheit, bis hin zur Akzepanz, dass es das dann war. Ganz ohne rationale Begründung ging es dann doch nicht. Wichtig und tröstlich war doch, etwas geschaffen zu haben. Und auch der Anspruch, es werde dann ohne ihn fort geführt.
Aber auch bis dort hin hätte es vermutlich nicht gereicht trotz des Geschaffenen. Die Zufriedenheit kommt herein, indem wir die unbegreifliche Natur einfach nehmen wie sie ist. Und wir empfinden sie dann wunderschön. Wir geben uns ihr einfach hin, ohne sie zu entschlüsseln. Wir wissen, es ist gut. Wird das Denken still, spüren wir uns verbunden, dazugehörig, geborgen.
Schwierig für den Rationalisten ist genau dieses Stillsein und Gewahrwerden, denke ich. Er glaubt, alles begründen zu können. Doch kann auch er nur ahnen, dass ihm sein Rationalismus nicht geholfen hat, sich zufrieden und geborgen zu fühlen bei den Gedanken, in denen der Strom schließlich ein Ende hat.
Das scheinbare Menschlein geht hin, bastelt sich Ausmalbilder und malt sie aus.
Mal sind es wunderschöne Bilder, fast schon Gemälde. Aber auch düstere und schwarze Ansichten findet man in Bild gefasst.
Was der Pinsel Max nicht sehen kann, ist das die Leinwand auf die er herum kritzelt, eine Illusion ist.