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Zusammen gelebt jahrelang, zusammen geliebt, und dann irgendwann das Ende. Überfahren oder eingeschlafen oder eingeschläfert.

Ich habe zwei fantastische Kaninchen überlebt und eine genauso fantastische Katze. Und nein, die Katze hat nicht die Kaninchen gefressen und ist dran erstickt. Ich war wirklich traurig, jedes Mal, sehr sogar. Bei einem Hund, dieser Liebes-Maschine, die uns überall hin begleitet, ist das vermutlich noch schlimmer.

Aber was genau macht Haustiere so wertvoll für uns und ihren Tod so schmerzhaft?

Der Psychologe Dr. Frank T. McAndrew schreibt bei Psychology Today von seinem Hund Murphy. Von der Zeit, die ablief, bis zum finalen Termin beim Tierarzt. Von Murphys Blick kurz vor seinem letzten Atemzug, einer Mischung aus Verwirrung und der Vergewisserung, dass alles okay ist, weil Herrchen und Frauchen ja da sind. Und von den Gründen, was die Trennung von einem Tier so schwer macht.

„Ist doch nur ein Haustier“

… denken (oder schlimmer: sagen) Menschen, die nie eins hatten. Für alle anderen ist der eigene Hund bei weitem nicht nur ein Hund, die Katze nicht nur eine Katze, das Kaninchen nicht nur ein Kaninchen.

Es sind Freunde. Geliebte Familienmitglieder. Kinder, irgendwie – schließlich versorgen wir sie und sind voll für sie verantwortlich.

„Ein Zentimeter Hund ist mir lieber als ein Kilometer Stammbaum“, schrieb die Autorin Dana Burnett. Schopenhauer ging noch weiter: „Wenn es keine Hunde gäbe, wollte ich nicht leben.“

Ich weiß von Menschen, die um ihr Tier mehr getrauert haben als um menschliche Angehörige oder Freunde. Oft begleitet von Schuldgefühlen: Oh mein Gott, darf ich wirklich so fühlen und so denken, was stimmt nur nicht mit mir?

Aber: Alles stimmt, alles ist okay.

Aus der Forschung weiß man inzwischen, dass zum Beispiel der Verlust eines Hundes ganz ähnliche und ähnlich starke Trauerprozesse mit sich bringt wie der eines geliebten Menschen. Nur fehlt es hier an einer gesellschaftlich verbreiteten und akzeptierten Trauerkultur. Viele von uns treten dann selbst in die „War doch nur ein Haustier“-Falle und schämen sich für ihren Schmerz.

Was Haustiere für uns bedeuten (am Beispiel Hund)

Hunde leben seit 10.000 Jahren mit uns Menschen zusammen. Es ist die einzige Tierart, die sich eigens für dieses Zusammenleben weiterentwickelt hat, dafür Freund und Begleiter des Menschen zu sein. Der Anthropologe Brian Hare hat die These aufgestellt, dass Wölfe zahm und freundlich wurden, um ihr Überleben zu sichern – die wilden Wölfe nämlich wurden schon lange vom Menschen gejagt. Nicht der Stärkste überlebte, sondern der Freundlichste.

Und nicht wir haben die Wölfe domestiziert – sie haben es selbst getan. Zunächst mit ihrem Verhalten, dann auch mit ihrem Aussehen. Und sie wurden immer besser darin, uns zu lesen. Nicht einmal Schimpansen, die uns nächste Art, kann menschliche Mimik und Gestik besser verstehen als ein Hund. Im Hirnscan der Tiere zeigt sich, dass Hundegehirne auf Lob ihres Herrchens / Frauchens genauso stark reagieren können wie auf Futter, manchmal sogar noch stärker.

Das ist einer der Gründe, warum Beziehungen zu Hunden erfüllender sein können als zu anderen Menschen. Ein weiterer: Kein Mensch (oder kaum ein Mensch) liebt uns so bedingungslos und gibt uns so unkritisch positives Feedback wie ein Hund. Vielleicht, denken wir dann, sind wir wirklich so gut und in Ordnung, wie unser Hund es offenbar empfindet.

Es tut einfach gut, mit einem Hund zu interagieren. Das belegen auch Studien. Ein Hund macht glücklich.

Studien haben weiterin gezeigt, dass das Phänomen des „Misnamings“, der falschen Benennung, auch Hunde betrifft: bei geliebten Personen bringen wir ja gern mal die Namen durcheinander. Da bekommt das Kind mal eben den Namen von Mutti oder anders herum. Oder eben vom Hund – denn dessen Name ist kognitiv an der selben Stelle in unseren Köpfen verankert wie die unser nächsten Menschen.

Vieles davon lässt sich dennoch auf sämtliche Haustiere übertragen. Auch, wenn wir unsere Katzen, Kaninchen oder Fische nicht an der Leine mit nach draußen nehmen können und sie etwas weniger stark auf uns reagieren als ein Hund.

Warum trauern wie so heftig um Haustiere?

Die Antwort ergibt sich schon aus dem letzten Teil: weil sie uns verdammt wichtig sein können. Und alles, was uns wichtig ist, und dann nicht mehr da ist, fehlt uns und tut weh. Wir müssen uns neu ausrichten und mit der entstandenen Lücke neu leben lernen.

Plötzlich nicht mehr Gassi gehen, nicht mehr die bekannte, vertraute Routine, die uns Halt gab. Plötzlich kein Schnurren der Katze mehr, kein Hoppeln und Brummeln der Hasen.

Stattdessen Leere. Geräusche, die es gar nicht gibt, der Schatten der Katze, die es gar nicht mehr gibt. Alles Dinge, die sehr viele Menschen nach dem Tod des Tieres erleben.

Der Psychologin Julie Axelrod nach ist zum Beispiel der Verlust eines Hundes nicht nur der Verlust einer einzigen Sache, es sind mehrere Verluste auf einmal. Wir verlieren mitunter unseren besten Freund, eine Quelle für Liebe, einen ständigen Begleiter (oder jemanden, der uns zuhause immer erwartet), etwas, das uns Sicherheit gibt, uns beruhigt, uns entspannt, und den wir beschützt haben, der unserem Leben zusätzlichen Sinn gab.

Und hinterher die Frage: Will man sich das noch mal antun, den ganzen Schmerz? Und sehr oft die Antwort: ja. Denn die guten gemeinsamen Zeiten waren das mehr als wert.

Mehr unter Die 4 Phasen der Trauer und unter Wie man schmerzhafte Gefühle überlebt.

Photo: Helena Butler